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Das Erbe des Vaters

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
592 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am31.03.2011Auflage
London in den 50er-Jahren: Hier kämpft die junge Romy Cole, die in den Kriegswirren viel zu früh ihren Vater verlor, umso leidenschaftlicher für ihre Zukunft. Doch erst als sie die geschäftstüchtige Hotelbesitzerin Mirabel kennenlernt und der attraktive Caleb in ihr Leben tritt, kann sich Romy ihrer Vergangenheit stellen. Endlich findet sie das große Glück und auch zu sich selbst. Bestsellerautorin Judith Lennox verwebt fesselndes Zeitbild und bewegendes Frauenschicksal zu einem mitreißenden Roman.

Judith Lennox, geboren 1953 in Salisbury, wuchs in Hampshire auf. Sie ist eine der erfolgreichsten Autorinnen des modernen englischen Gesellschaftsromans und gelangt mit jedem neuen Buch auf die deutschen Bestsellerlisten. Judith Lennox liebt Gärtnern, ausgedehnte Wanderungen, alte Häuser und historische Stätten. Sie lebt mit ihrem Mann in Cambridge. Die beiden sind Eltern dreier erwachsener Söhne.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextLondon in den 50er-Jahren: Hier kämpft die junge Romy Cole, die in den Kriegswirren viel zu früh ihren Vater verlor, umso leidenschaftlicher für ihre Zukunft. Doch erst als sie die geschäftstüchtige Hotelbesitzerin Mirabel kennenlernt und der attraktive Caleb in ihr Leben tritt, kann sich Romy ihrer Vergangenheit stellen. Endlich findet sie das große Glück und auch zu sich selbst. Bestsellerautorin Judith Lennox verwebt fesselndes Zeitbild und bewegendes Frauenschicksal zu einem mitreißenden Roman.

Judith Lennox, geboren 1953 in Salisbury, wuchs in Hampshire auf. Sie ist eine der erfolgreichsten Autorinnen des modernen englischen Gesellschaftsromans und gelangt mit jedem neuen Buch auf die deutschen Bestsellerlisten. Judith Lennox liebt Gärtnern, ausgedehnte Wanderungen, alte Häuser und historische Stätten. Sie lebt mit ihrem Mann in Cambridge. Die beiden sind Eltern dreier erwachsener Söhne.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492953405
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum31.03.2011
AuflageAuflage
Seiten592 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2887 Kbytes
Artikel-Nr.1019140
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

ERST ALS ER DAS GEWEHR HERAUSHOLTE, bekam sie Angst.

Seit sie am frühen Morgen erwacht war, hatte sie gespürt, daß dies kein normaler Tag war. Die Strophe eines Liedes, das ihr Vater manchmal sang, ging ihr durch den Kopf. »Die Männer im Wald, die fragten mich einst: Wie viele wilde Erdbeeren wachsen im Meer?« Romy hatte das Lied immer blöd gefunden. Im Meer wuchsen doch keine Erdbeeren! Aber dieser Tag heute war so merkwürdig, daß sie an die verkehrte Welt des Liedes denken mußte, in der nichts richtig war, nichts so war, wie es sein sollte. »Mit Tränen im Auge fragt' ich zurück: Wie viele Schiffe segeln im Wald?« Nein, der Tag war nicht normal. Aber das hatte ihr keine Angst gemacht. Angst bekam sie erst, als ihr Vater das Gewehr herausholte.

Das Gewehr wurde in einem hohen Schrank im oberen Flur aufbewahrt. Von ihrem Versteck aus sah Romy zu, wie ihr Vater den Schlüssel ins Schloß schob und die Tür aufzog. Mit seinen kräftigen, schwieligen Fingern strich er über den Doppellauf der Waffe und hielt plötzlich wie unsicher geworden inne. Aber dann öffnete er das Schloß und legte zwei Patronen ein.

Romy hatte sich in dem grünen Schrank am Ende des Flurs versteckt. Er war klein und eng, sie mußte sich hinknien, sonst hätte sie gar nicht hineingepaßt. Sie hörte die lauten Rufe aus dem Garten und beobachtete durch ein Astloch in der Schranktür ihren Vater. Immer wenn man im Haus etwas suchte und nicht fand, pflegte ihre Mutter zu sagen: Schaut doch mal im grünen Schrank nach. Alles, was alt und hoffnungslos kaputt war, landete im grünen Schrank: eine einzelne Gamasche, an der alle Knöpfe abgerissen waren; eine Teekanne mit angeschlagener Tülle und ohne Deckel. Die Teile eines Puzzlespiels drückten gegen Romys Knie, und Federn aus einem zerschlissenen alten Kopfkissen schwebten im Dunkeln um sie herum wie sanfte graue Schneeflocken. Obwohl sie Schal und Mantel anhatte, war ihr kalt; so kalt, daß ihre Zähne aufeinanderschlugen. Sie fürchtete, ihr Vater könnte es hören. Wenn er wüßte, daß sie im Haus war, würde er sie mit Mam und Jem fortschicken. Und sie mußte doch bei ihm bleiben.

Die Männer im Wald, die fragten mich einst … Romy fröstelte. Die lauten Stimmen ihrer Eltern hatten sie am Morgen geweckt; die ihres Vaters trotzig und wütend, die ihrer Mutter schrill und voller Tränen. Keiner schien an Frühstück oder Schule zu denken. Es gab kein Porridge und kein Brot. Das Feuer im Herd war ausgegangen. Niemand hatte Wasser geholt. Jem war noch nicht einmal halb angezogen, hatte nur Hemd und Unterhose an und einen Schuh. Romy half ihm ungeduldig in den zweiten, schnürte die Bänder und zog ihrem Bruder danach den Pulli so energisch über den Kopf, daß er schrie, sie reiße ihm ja die Ohren ab.

Auf der Uhr auf dem Kaminsims hatte sie gesehen, daß es halb neun war. Sie hätten längst zur Schule unterwegs sein müssen. Sie hätte sich gern über die zusätzlichen Minuten zu Hause gefreut, aber dazu war ihre Beunruhigung zu groß. Mam und Dad schienen die Schule ganz vergessen zu haben; als wäre sie völlig bedeutungslos. Romy fragte sich, was da passiert sein konnte, daß ihr Vater, der sonst immer sagte, die Schule sei das allerwichtigste, plötzlich keinen Gedanken mehr daran verschwendete.

Sie hatte, schon fertig angezogen und mit hungrig knurrendem Magen, in der Küche gestanden und gewartet, während ihre Mutter geweint und ihr Vater gebrüllt hatte, und schließlich hatte sie sich unbemerkt nach oben geschlichen, um sich dort im grünen Schrank zu verstecken. Sie mochte den grünen Schrank. Immer wenn sie traurig war oder Ärger hatte und nicht gefunden werden wollte, pflegte sie sich dort zu verkriechen. Damals, als sie Annie Paynter den Kopf in den Wassertrog getunkt hatte, war sie hinterher auch im grünen Schrank untergeschlüpft; einen Moment lang erheiterte sie die Erinnerung daran, wie Annie das schmutzige Wasser aus den triefnassen blonden Locken getropft war. Und wenn sie helfen sollte - Birnen pflücken oder Kohlen holen oder dergleichen -, versteckte sie sich ebenfalls oft im Schrank. Aber ihre Mutter fand sie immer. Jem mochte den grünen Schrank nicht, weil es drinnen so eng und finster war, da hatte er stets Angst vor Gespenstern.

Nach einer Weile hörte sie ihre Mutter schreien: »Glaub ja nicht, daß ich hierbleibe und zusehe, wie sie dich ins Gefängnis abtransportieren!« Und ihr Vater brüllte zurück: »Dann nimm auch gleich die Kinder mit. Kinder kann ich hier nicht gebrauchen, wenn die mir Middlemere wegnehmen wollen.« Ein bißchen später sagte ihre Mutter: »Wo ist dieses verwünschte Kind?« Und Jem antwortete: »Romy ist in die Schule gegangen.«

Dann wurde die Tür zugeschlagen, und eine Zeitlang war es wunderbar still. Romy aß den Apfel, den sie heimlich aus dem Korb auf dem Küchenbüfett genommen hatte, und beschloß, den ganzen Tag im Schrank zu bleiben. Das war sowieso besser als Schule, schon gleich an einem Freitag. Freitags hatten die Mädchen Handarbeiten, und Romy haßte Handarbeiten. Rechnen war ihr tausendmal lieber, als Schürzen zu nähen und Socken zu stricken. Zahlen hatten so etwas Klares, Scharfes, Zuverlässiges: Man mußte nur die Regeln begreifen, dann stimmte es jedesmal. Bei der Handarbeit hingegen konnte sie sich Mühe geben, soviel sie wollte, die Schürzen und die Socken waren früher oder später stets nur noch ein formloser verhedderter Wust.

Gerade begann sie, Mut zu fassen und zu glauben, die Welt wäre wieder ins Lot gekommen, als der Krach losging. Das plötzliche Klopfen und Hämmern brachte mit einem Schlag das ungute Gefühl des frühen Morgens zurück. Angespannt lauschend hörte sie, wie ihr Vater Türen abschloß und verriegelte. Dann vernahm sie ein neues Geräusch, lautes Knarren und Kratzen, und erkannte, daß ihr Vater irgendein schweres Möbelstück über den Küchenboden schob. Sie öffnete die Schranktür einen Spalt und sah hinaus. In der Ferne konnte sie das Brummen eines Autos hören, das den holprigen Fahrweg nach Middlemere heraufkam. Dann hörte sie ihren Vater die Treppe hinauflaufen. Hastig zog sie die Schranktür wieder zu.

Das Auto hielt vor dem Haus an. Es wurde mit Fäusten an die Haustür getrommelt und laut gerufen, aber ihr Vater blieb im oberen Flur. Die hartgefrorene Erde knirschte unter den Stiefeln der Besucher, als diese um das Haus herum nach hinten gingen. Romy hörte Männerstimmen. Laute, aufgebrachte Stimmen. Das war der Moment, in dem ihr Vater das Gewehr aus dem Schrank nahm.

Romy hatte nicht oft Angst. Sie graulte sich nicht vor Spinnen wie Annie Paynter, und sie fürchtete sich nicht vor Gespenstern wie Jem. Sie hatte nicht einmal Angst gehabt, als das deutsche Flugzeug den Inkpen Hill bombardiert und sie die grellen Feuergarben auf dem Hügelkamm gesehen hatte, auf dem Combe Gibbet, der Galgen, stand.

Sie drückte ihr Auge an das Loch in der Tür. Ihr Vater hielt das Gewehr unter dem Arm und war dabei, das Flurfenster aufzumachen. Eisige Luft wehte ins Haus. Romy fröstelte von neuem. Jetzt, wo das Fenster offen war, konnte sie ausmachen, was die Leute draußen riefen. Von der Kälte und dem Nebel gedämpft, stiegen die Stimmen aus dem Garten auf.

»Kommen Sie raus, Mr. Cole. Schluß jetzt mit dem Unsinn!«

»Sam, jetzt hör doch, es hilft nichts.«

»Ihr nehmt mir mein Haus nicht weg!« Ihr Vater beugte sich zum Fenster hinaus und schrie in den Garten hinunter. »Ihr nehmt mir Middlemere nicht weg.«

»Der Ausschuß ist berechtigt -«

Der Gewehrlauf schlug knallend auf das Fensterbrett. »Er ist zu nichts berechtigt. Zu gar nichts. Verschwinden Sie von meinem Grund und Boden, Mark Paynter.«

Mark Paynter war Annie Paynters Vater. Nach der Geschichte mit Annie und der Pferdetränke war er nach Middlemere gekommen, ein kleiner, dicker Mann mit einem pausbäckigen Gesicht und dünnem braunem Haar, durch das man den rosigen Schimmer der Kopfhaut sehen konnte. Er hatte einen Anzug angehabt und glänzend gewichste Schuhe. Romy fiel wieder ein, wie er im schlammigen Hof gerutscht und geschlingert war, das Gesicht hochrot vor Wut und Verlegenheit.

Jetzt hörte er sich gar nicht verlegen an. Eher herrisch, dachte Romy, so bestimmerisch wie die großen Mädchen in der Schule. Als würde es ihm Spaß machen, ihrem Vater Befehle zu erteilen.

Mr. Paynter sagte: »Seien Sie kein Narr, Cole.«

»Runter von meinem Grund und Boden!« brüllte ihr Vater.

»Das ist nicht mehr Ihr Grund und Boden«, sagte Mr. Paynter. »Das Land gehört jetzt dem Kreiskriegsausschuß für Land- und Forstwirtschaft. Hören Sie also auf, Schwierigkeiten zu machen, und tun Sie, was Ihnen gesagt wird. Sie haben alle Chancen gehabt. Wir warten nicht mehr.«

»Tu das Gewehr weg, Sam«, rief der andere Mann. »Du machst alles nur noch schlimmer!«

Romys Vater feuerte aus beiden Läufen. Das Krachen der Detonationen brach sich an den Hügelhängen, und Krähen flogen krächzend von den Bäumen auf. Romy wimmerte leise und hielt sich die Ohren zu.

»Sie kriegen mich hier nicht weg, Mark Paynter.« Die leeren Patronenhülsen fielen klirrend zu Boden. »Und Sie verschwinden von meinem Grundstück, wenn Sie wissen, was gut für Sie ist. Ich warne Sie - der nächste Schuß geht nicht in die Bäume. Sie wollen sich doch Ihren schnieken Anzug nicht versauen, oder? Also, verschwinden Sie und lassen Sie sich nicht wieder blicken.«

»Ich hole die Polizei. Bilden Sie sich bloß nicht ein, daß Sie damit durchkommen. Ich -«

Das Fenster flog krachend zu, die Stimmen waren nur noch undeutlich vernehmbar. Durch das Dröhnen ihrer Ohren hindurch hörte Romy ihren Vater vor sich hin schimpfen. Mit geschlossenen Augen an die Wand...
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Autor

Judith Lennox, geboren 1953 in Salisbury, wuchs in Hampshire auf. Sie ist eine der erfolgreichsten Autorinnen des modernen englischen Gesellschaftsromans und gelangt mit jedem neuen Buch auf die deutschen Bestsellerlisten. Judith Lennox liebt Gärtnern, ausgedehnte Wanderungen, alte Häuser und historische Stätten. Sie lebt mit ihrem Mann in Cambridge. Die beiden sind Eltern dreier erwachsener Söhne.