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Tildas Geheimnis

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
560 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am31.03.2011Auflage
Mitreißend und bewegend wie »Das Winterhaus« ist dieser wundervoll erzählte Roman von Judith Lennox, in dem sie zwei unterschiedliche Frauen zusammenführt. Tilda Franklins erschütternde Lebensgeschichte, der die talentierte junge Biografin Rebecca nachspürt, gibt ihrem eigenen Schicksal die entscheidende Wende.

Judith Lennox, geboren 1953 in Salisbury, wuchs in Hampshire auf. Sie ist eine der erfolgreichsten Autorinnen des modernen englischen Gesellschaftsromans und gelangt mit jedem neuen Buch auf die deutschen Bestsellerlisten. Judith Lennox liebt Gärtnern, ausgedehnte Wanderungen, alte Häuser und historische Stätten. Sie lebt mit ihrem Mann in Cambridge. Die beiden sind Eltern dreier erwachsener Söhne.
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Produkt

KlappentextMitreißend und bewegend wie »Das Winterhaus« ist dieser wundervoll erzählte Roman von Judith Lennox, in dem sie zwei unterschiedliche Frauen zusammenführt. Tilda Franklins erschütternde Lebensgeschichte, der die talentierte junge Biografin Rebecca nachspürt, gibt ihrem eigenen Schicksal die entscheidende Wende.

Judith Lennox, geboren 1953 in Salisbury, wuchs in Hampshire auf. Sie ist eine der erfolgreichsten Autorinnen des modernen englischen Gesellschaftsromans und gelangt mit jedem neuen Buch auf die deutschen Bestsellerlisten. Judith Lennox liebt Gärtnern, ausgedehnte Wanderungen, alte Häuser und historische Stätten. Sie lebt mit ihrem Mann in Cambridge. Die beiden sind Eltern dreier erwachsener Söhne.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492953467
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum31.03.2011
AuflageAuflage
Seiten560 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3027 Kbytes
Artikel-Nr.1019145
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

ALS TOBY GEGANGEN war, nahm ich die Blumen, die er mir mitgebracht hatte, und spülte sie eine nach der anderen in der Toilette hinunter. Ein paar Blütenblätter blieben auf dem Wasser zurück, glatt, rosig, süß duftend. Ich ging wieder in das triste kleine Zimmer am Ende des Korridors und starrte zum Fenster hinaus. Feiner Oktoberregen legte einen dunklen Glanz auf die Straßen vor dem Krankenhaus. Der Fernsehapparat lief, aber ich hörte nichts. Ich hörte nur Tobys Stimme: Ich denke, wir sollten uns in Zukunft nicht mehr so häufig sehen, Rebecca.

»Toby, bitte! Nicht jetzt«, hatte ich schwach gesagt, und er war zusammengezuckt. Dann hatte er entgegnet: »Es stimmt doch schon seit einer Weile nicht mehr zwischen uns. Aber wegen des Kindes …« Er war rot geworden und hatte weggesehen, und ich hatte kühl gesagt: »Natürlich. Wenn du es so empfindest.« Nur das nicht, nur nicht zum unerwünschten, lästigen, bemitleideten Anhängsel werden!

Ich wandte mich vom Fenster ab. Im Fernsehen lief East-Enders. Ein sehr junges Mädchen in einem schäbigen Morgenrock saß vor dem Apparat und rauchte. Sie bot mir eine Zigarette an, und ich nahm sie, obwohl ich seit dem Studium nicht mehr geraucht hatte. Auf der Packung stand RAUCHEN KANN DER GESUNDHEIT IHRES UNGEBORENEN KINDES SCHADEN, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Das Kind, das ich erwartet hatte, gab es nicht mehr. Ich zündete die Zigarette an und schloß einen Moment die Augen. Ich sah Blütenblätter auf Wasser treiben, rosig und wie Föten geformt.

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus kehrte ich in meine Wohnung in Teddington zurück. Ich bewohnte das Erdgeschoß eines der vielen viktorianischen Häuser, die für das Straßenbild im Westen Londons so typisch sind. Die Räume - Küche, Badezimmer und Wohn-Schlaf-Zimmer - wirkten fremd und verstaubt. Unter dem Briefkastenschlitz in der Wohnungstür lag ein Stapel Post, und der Anrufbeantworter blinkte wie verrückt. Ich ließ beides, wie es war, und legte mich im Mantel auf das Bett.

Ich dachte an Toby. Ich hatte ihn vor anderthalb Jahren in South Kensington kennengelernt. Von einem Platzregen überrascht, stand ich ohne Schirm und Mantel da, als auf einmal ein Mann neben mich trat und anbot, seinen Schirm mit mir zu teilen. Ich nahm dankbar an. Toby Carne wirkte vom Scheitel bis zur Sohle wie der vollendete Gentleman im besten altmodischen Sinn des Wortes - Burberry und schwarzer Regenschirm; dunkles Haar, das gerade noch seinen Kragen streifte; eine alte, aber unverkennbar teure lederne Aktentasche. Meiner Schätzung nach mußte er ungefähr zehn Jahre älter sein als ich. Seite an Seite gingen wir weiter, und ich war so fasziniert von seinem Lächeln und dem unmißverständlichen Interesse in seinem Blick, daß ich vergaß, auf die Pfützen auf der Straße zu achten. Als er vorschlug, irgendwo gemeinsam ein Glas zu trinken, um dem Regen zu entkommen, willigte ich ein. Und als wir uns später trennten, hatte er meinen Namen und meine Telefonnummer. Ich erwartete nicht, daß er sich melden würde, aber er tat es wenige Tage später. Ich hätte ihn zum Lachen gebracht, erklärte er. Ich sei erfrischend, so anders.

Toby war für mich das große Abenteuer. Er kam aus einer anderen Welt, und ich bildete mir ein, durch ihn würde ich eine andere werden. Eine Zeitlang war das auch so. In der Zeit mit Toby wurde ich schlanker, kleidete mich pfiffiger und ließ mein langes Haar aufhellen. Ich trug hohe Absätze, ohne bei jedem Schritt zu stolpern, und ich kaufte mir teures Make-up, das wirklich hielt. Ich besuchte Tobys Eltern in Surrey und tat so, als wären Sofas ohne Flecken und Badezimmer mit farblich aufeinander abgestimmten Handtüchern alltäglich für mich.

Wir reisten nach Amsterdam, Paris und Brüssel; wir aßen in teuren Restaurants und wurden zu schicken Partys eingeladen. Er stellte mich seinen Freunden, die meisten von ihnen Anwälte wie er, als »Rebecca Bennett, die Biographin« vor; eine Reaktion blieb häufig aus, was ihm nach einiger Zeit auffiel. Er schlug vor, ich solle einen Roman schreiben; ich erklärte, daß ich zum Schreiben das feste historische Gerüst brauchte. In einer von Alkohol verklärten Sommernacht sagte er, er wolle ein Kind von mir, und als ich ihm zwei Monate später eröffnete, daß ich schwanger sei, feierte er das Ereignis mit dem besten Champagner. Aber er sagte kein Wort davon, daß wir nun zusammenziehen sollten. Und als ich mehrere Wochen später bei einem langweiligen, aber wichtigen geschäftlichen Abendessen Blutungen bekam und danach eine Fehlgeburt hatte, war er nur verärgert, daß ich mir ausgerechnet diesen Zeitpunkt und diesen Ort dafür ausgesucht hatte.

Ich hatte geglaubt, die Verwandlung, die er bei mir bewirkt hatte, werde von Dauer sein. Aber mit einem einzigen Satz - Ich denke, wir sollten uns in Zukunft nicht mehr so häufig sehen - hatte er mich daran erinnert, wer ich wirklich war. Mein »Anderssein« war lästig geworden, schlimmer noch, peinlich. Und ich hatte ihn seit einer Ewigkeit nicht mehr zum Lachen gebracht.

Nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus setzte ich tagelang keinen Fuß vor die Tür meiner Wohnung. Ich trank eine Tasse Tee nach der anderen und ernährte mich, wenn ich schon mal Appetit hatte, von alten Konserven, die ganz hinten auf dem Küchenregal schon eine Staubschicht angesetzt hatten. Ich ging nicht ans Telefon, und ich machte die Post nicht auf. Der dumpfe Schmerz in meinem Unterleib verging langsam. Die innere Panik, das Gefühl des totalen Zusammenbruchs, blieb. Ich schlief, soviel ich konnte, fast nie ohne Alpträume.

Dann kam Jane. Jane ist meine ältere Schwester. Sie hat zwei kleine Söhne, ein Jahr und drei Jahre alt, und ein Haus in Berkshire. Immer hat leiser Neid von beiden Seiten unsere Beziehung mit geprägt.

Jane hämmerte an die Tür, bis ich aufmachte, warf einen Blick auf die verwahrloste Wohnung und ihre verwahrloste Schwester und rief: »Also wirklich, Becca, du bist unmöglich.« Ich fing an zu weinen, und wir umarmten einander mit täppischer Verlegenheit, Kinder einer Familie, in der zärtliche Gefühle selten gezeigt worden waren.

Ich verbrachte eine Woche bei Jane, dann kehrte ich nach London zurück. »Du mußt anfangen, dein Leben wieder in die Hand zu nehmen«, sagte sie, als sie mich zum Zug brachte. Aber ich hatte das Gefühl, als wäre nichts übrig von meinem Leben. Meine Zukunftspläne hatten sich um Toby und das Kind und die Weiterführung meiner schriftstellerischen Arbeit gedreht. Toby und das Kind hatte ich verloren, und schreiben konnte ich nicht, obwohl ich mich jeden Tag gewissenhaft an den Schreibtisch setzte und den Computer anstarrte. Mir fiel nichts ein, worüber zu schreiben sich gelohnt hätte. Jeder Satz, den ich zusammenbastelte, klang hölzern und leer. Ideen schossen mir durch den Kopf, und ich notierte sie mir in meinem Heft, aber am nächsten Morgen erschienen sie mir unweigerlich belanglos und oberflächlich.

Zu Weihnachten luden Jane und Steve mich zu sich ein. Das fröhliche Lärmen der beiden kleinen Jungen füllte die Lücken, die der Tod meiner Mutter vor vier Jahren hinterlassen hatte, und half über die Lieblosigkeit meines Vaters hinweg.

Zurück in London, ließ ich mich von Charles und Lucy Lightman auf eine Silvesterfete schleppen. Ich kenne Charles seit vielen Jahren. Er und seine Schwester Lucy haben beide blaßgrüne Augen und sehr feines hellbraunes Haar, das sich nicht bändigen läßt. Charles und ich kennen uns seit der Uni, inzwischen hat er seine eigene Produktionsfirma, Lighthouse Productions, die auf Fernsehsendungen mit archäologischem oder historischem Schwerpunkt spezialisiert ist. Im vergangenen Sommer hatten wir gemeinsam einen Dokumentarfilm mit dem Titel Mondschwestern gemacht.

Alles auf der Party erschien mir künstlich, die üblichen Annäherungsrituale - Was arbeiten Sie? und Kann ich Ihnen etwas zu trinken holen? - fand ich nur albern. Im Badezimmer sah ich mich im Spiegel. Rundes Gesicht, kurzes mausbraunes Haar (Ich hatte es einige Wochen zuvor schneiden lassen und machte mir nicht mehr die Mühe, es zu tönen), blaßblaue Augen mit einem Ausdruck fassungsloser Verwirrtheit, der mir für meine einunddreißig Jahre unangemessen schien. Einen Moment lang starrte ich dieses jämmerliche Spiegelbild angewidert an, dann nahm ich meinen Mantel und fuhr nach Hause. Aber, dachte ich, als ich mir im Bett die Decke über den Kopf zog, um das ausgelassene Treiben auf der Straße nicht hören zu müssen, ich bin auf dem Weg der Besserung. Es war Wochen her, seit ich mich das letzte Mal in den Schlaf geweint, seit ich das letzte Mal beim Anblick eines dunkelhaarigen Mannes oder eines Kinderwagens Schmerz verspürt hatte. Ich übte mich darin, nicht zu fühlen. Und ich machte gute Fortschritte.

Vierzehn Tage später hängte ich im Laden um die Ecke eine Anzeige aus, in der ich Nachhilfeunterricht in Geschichte für die Oberstufe anbot. Ich hatte früher an einer Schule unterrichtet, diese Tätigkeit jedoch nach dem ersten bescheidenen Erfolg meiner Biographie über Ellen Wilkinson frohen Herzens an den Nagel gehängt. Leider schien nun jeder Funke von Kreativität in mir erloschen zu sein, und mein Bankkonto war weit überzogen. Ich erhielt mehrere Antworten auf meinen Aushang, doch als ich die vereinbarten Stunden in meinen Terminkalender eintrug, überfielen mich nervöse Bedenken, ein ängstlicher Verdacht, daß ich auf diese unbekannten Schüler langweilig wirken und es mir nicht gelingen würde, sie zu begeistern.

Eines Abends Mitte Februar läutete Charles bei mir. Er brachte ein komplettes Abendessen vom Chinesen und eine Flasche Rotwein mit. Um neun sollte...
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Autor

Judith Lennox, geboren 1953 in Salisbury, wuchs in Hampshire auf. Sie ist eine der erfolgreichsten Autorinnen des modernen englischen Gesellschaftsromans und gelangt mit jedem neuen Buch auf die deutschen Bestsellerlisten. Judith Lennox liebt Gärtnern, ausgedehnte Wanderungen, alte Häuser und historische Stätten. Sie lebt mit ihrem Mann in Cambridge. Die beiden sind Eltern dreier erwachsener Söhne.