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Trotzkis Narr

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am08.10.2013
Eine starke Frau unter Beobachtung - ein brisanter Fall für Ex-Kommissar Berndorf ...
Vorwahlkampf in Berlin. Eine energische und populäre, weil hart durchgreifende Staatsanwältin soll als Kandidatin für das Amt des Regierenden Bürgermeisters aufgebaut werden. Noch mehr wird sie ins Rampenlicht gerückt, als sie die Ermittlungen in zwei Mordfällen übernimmt: Innerhalb von 24 Stunden waren ein Senatsangestellter und ein Polizeihauptkommissar erschossen worden, und zwar mit ein- und derselben Waffe. Zuerst mit Verwunderung, dann mit Verdruss stellen Staatsanwältin und die Beamten der Mordkommission fest, dass sich ein privater Ermittler in den Fall einzumischen beginnt. Es ist ein Ex-Kommissar aus Ulm. Sein Name: Hans Berndorf. Eigentlich recherchiert er in einer ganz anderen Sache. Eine junge Journalistin hat ihn gebeten herauszufinden, wer sie beschatten lässt. Sie hat ihren Mann in Verdacht. Dieser ist Leitender Mitarbeiter in einem großen, mit Berlin verbundenen Konzern. Berndorf wird schnell klar, dass es hier nicht nur um private Motive geht - er stößt auf informelle Netzwerke zwischen Senatsverwaltung und den großen Firmen der Stadt, in denen sich erhebliche kriminelle Energien verbergen...

Ulrich Ritzel, geboren 1940, aufgewachsen auf der Schwäbischen Alb, arbeitete mehr als drei Jahrzehnte als Journalist und wurde 1980 mit dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet. Mit dem Roman 'Der Schatten des Schwans' debütierte er 1999 als freier Autor. Aus der Reihe seiner Romane um den Kommissar Berndorf erhielten 'Schwemmholz' und 'Beifang' den Deutschen Krimi-Preis, 'Der Hund des Propheten' den Preis der Burgdorfer Krimi-Tage. Ulrich Ritzel lebt mit seiner Ehefrau Susanne und seinen beiden Hunden seit 2008 in der Schweiz.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextEine starke Frau unter Beobachtung - ein brisanter Fall für Ex-Kommissar Berndorf ...
Vorwahlkampf in Berlin. Eine energische und populäre, weil hart durchgreifende Staatsanwältin soll als Kandidatin für das Amt des Regierenden Bürgermeisters aufgebaut werden. Noch mehr wird sie ins Rampenlicht gerückt, als sie die Ermittlungen in zwei Mordfällen übernimmt: Innerhalb von 24 Stunden waren ein Senatsangestellter und ein Polizeihauptkommissar erschossen worden, und zwar mit ein- und derselben Waffe. Zuerst mit Verwunderung, dann mit Verdruss stellen Staatsanwältin und die Beamten der Mordkommission fest, dass sich ein privater Ermittler in den Fall einzumischen beginnt. Es ist ein Ex-Kommissar aus Ulm. Sein Name: Hans Berndorf. Eigentlich recherchiert er in einer ganz anderen Sache. Eine junge Journalistin hat ihn gebeten herauszufinden, wer sie beschatten lässt. Sie hat ihren Mann in Verdacht. Dieser ist Leitender Mitarbeiter in einem großen, mit Berlin verbundenen Konzern. Berndorf wird schnell klar, dass es hier nicht nur um private Motive geht - er stößt auf informelle Netzwerke zwischen Senatsverwaltung und den großen Firmen der Stadt, in denen sich erhebliche kriminelle Energien verbergen...

Ulrich Ritzel, geboren 1940, aufgewachsen auf der Schwäbischen Alb, arbeitete mehr als drei Jahrzehnte als Journalist und wurde 1980 mit dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet. Mit dem Roman 'Der Schatten des Schwans' debütierte er 1999 als freier Autor. Aus der Reihe seiner Romane um den Kommissar Berndorf erhielten 'Schwemmholz' und 'Beifang' den Deutschen Krimi-Preis, 'Der Hund des Propheten' den Preis der Burgdorfer Krimi-Tage. Ulrich Ritzel lebt mit seiner Ehefrau Susanne und seinen beiden Hunden seit 2008 in der Schweiz.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641093471
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum08.10.2013
Reihen-Nr.9
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3218 Kbytes
Artikel-Nr.1294831
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Zwischen Immergrün und verblühten Herbstblumen stakst wippend eine Amsel, verharrt plötzlich mit hochgestrecktem Kopf und äugt, ganz still und starr, hüpft aber gleich darauf einen oder zwei Schritte weiter und pickt etwas aus dem Boden, einen Wurm oder ein Kerbtier. Und schon wieder muss sie äugen, wohin? Hinauf zu den Falken oder was sonst aus dem blaugrauen Himmel herabstoßen kann auf den Neuen Städtischen Friedhof? Was ist das überhaupt, was dieser Vogel aus dem Boden holt?

Das, denkt Jonas Regulski, will ich lieber nicht so genau wissen. Der Boden unter Cotoneaster und welkem Gesträuch bietet allerhand Getier Nahrung. Warum nicht auch der Amsel? Es ist ein Amselmännchen, falls die einen gelben Schnabel haben. Und auf seinem Kopf ist eine kahle Stelle, vielleicht von einem Schnabelhieb, vielleicht von einem Treffer aus Luftgewehr oder Steinschleuder. Nein, denkt Regulski, die Welt ist nicht freundlich. Nicht zu Amselmännchen und auch zu niemandem sonst.

Er wendet sich ab, etwas zu abrupt, so dass die Amsel missversteht und hochflattert. Nix für ungut, denkt Regulski und blickt zu Hintze. Der steht ein paar Schritte weiter, vor dem Grab mit dem Findlingsstein und dem kurz geschnittenen Rasen, und betrachtet seine Arbeit, die Rasenschere in der Hand. Aber er ist nicht zufrieden, und so lässt er sich wieder auf seine Knie sinken und macht sich daran, auch die Grashalme rund um den Findlingsstein auf gleiche Höhe zu stutzen.

Einmal Maurer, immer Maurer, denkt Regulski: Alles muss nach der Richtschnur gearbeitet sein. Nur das Leben schert sich einen Dreck darum. Aber vielleicht ist es auch ein Vorwand, und der Schlingel will vor dem Grab nur knien.

Dabei trifft den Maurer Paul Hintze gar keine Schuld. Ihn doch nicht. Schwarz auf weiß hat er es, dass er nicht schuld ist. Aber auch darum schert sich das Leben einen Dreck.

»So!«, sagt Hintze, der wieder aufgestanden ist und sich die Hosenbeine abklopft. »Das sollte jetzt seine Ordnung haben.«

»Sieht gut aus«, sagt Regulski. Und dass etwas gut aussieht, das ist doch die Hauptsache, oder nicht? So, wie die Wally ausgesehen hat, nachdem sie es getan hat, kann einer mit dem Grab gar nicht zufrieden genug sein. Nur kann er das dem Maurer Hintze nicht sagen. Ums Verrecken nicht. Wer weiß, wie gründlich Frauen sein können, wenn sie Schluss machen wollen, der geht nicht in Details. Bitte nicht.

»Gehen wir ein Bier trinken?«

»Wenn du meinst«, antwortet Hintze, während er die Rasenschere und die kleine Handhacke in seiner Werkzeugtasche verstaut. »Ein Bier und einen Kurzen. Die Wally wird es uns gönnen.«

An den Gräberreihen entlang gehen die beiden Männer zum Ausgang. Irgendwo jault ein Mobiltelefon, nein, nicht irgendwo, sondern in der Tasche von Regulskis Uniformjacke. Er macht einen Schritt zur Seite, bleibt dann stehen und holt das Handy heraus. Sein Schwager läuft ein paar Meter weiter, bis er außer Hörweite ist. Das gehört sich so, denn es kann ein dienstlicher Anruf sein.

Das Gespräch ist nur kurz, dann klappt Regulski das Mobiltelefon wieder zu und schließt zu Hintze auf. »Entschuldige«, sagt er. »Ein Kollege ... du kennst ihn.«

»Ach, der!«

Ja, der!, denkt Regulski und versteht schon, was Hintze meint: noch einer, der nicht hat helfen können. Du tust ihm Unrecht, will er sagen und unterdrückt es rechtzeitig. Sie erreichen den Ausgang und gehen an den geöffneten schmiedeeisernen Torflügeln vorbei, verharren kurz am Gehsteig und überqueren dann die Straße, auf deren anderer Seite das Café zur »Stillen Einkehr« liegt. Am Eingang ist ein Zeitungsautomat aufgestellt, der »Express« titelt mit großen roten Buchstaben: »Staatsanwältin Gnadenlos ins Rote Rathaus?«

Regulski ist stehen geblieben und liest die Schlagzeile. »Ist was?«, fragt Hintze.

»Nöh«, sagt Regulski, zuckt mit den Schultern und geht durch die Tür, die ihm Hintze aufhält.

Wir müssen die einfachen Dinge wieder lernen«, ruft Dagmar Wohlfrom-Kühn in den Saal, den Kopf mit der graugelockten Mähne zum Mikrofon geneigt und gleichzeitig das Publikum im Auge. Ihre Hände unterstreichen den Satz, als seien die einfachen Dinge vor allem rund und angenehm. Dann aber ändert sich die Gestik, die Finger fächern sich auf und zeigen auf die Zuhörer. »Und dazu gehört, dass wir, die Berlinerinnen und Berliner, uns fragen - und wir, was tun wir für unsere Stadt?«

Eine angenehme Stimme, konstatiert Karen Andermatt. Nicht zu hoch, nicht angestrengt. Die Rede - frei vorgetragen. Locker und gewandt. Sehr dezentes Make-up. Die Frisur? Die Dame hat einen erstklassigen Coiffeur - man sieht nicht, dass sie bei ihm war! Gottlob kein Hosenanzug, sondern ein dunkles Kostüm. Also? Ein Beispiel dafür, wie frau aussehen und auftreten kann, wenn frau nicht mehr jung ist?

DWK, wie die Boulevardpresse sie nennt, wenn zur Abwechslung mal nicht von der »Staatsanwältin Gnadenlos« die Rede sein soll - DWK also wendet sich zu dem Transparent, das hinter ihr die Rückwand des Ballsaals im Brandenburg Residence Hotel ausfüllt, und weist mit einer dramatischen und zugleich anmutigen Geste hoch zu dem Slogan, der in preussisch blauer Helvetica-Schrift auf silbernem Untergrund strahlt. »Eine Stadt steht auf«, liest sie vor und reißt spielerisch die geballte Faust hoch, um das auf zu unterstreichen, »das ist gewiss ein schönes Motto, ermutigend und aufrüttelnd, aber das Schicksal einer Stadt hängt nicht von einer kollektiven Aufwallung ab, sondern vom verantwortungsbewussten Handeln jedes einzelnen Bürgers ...«

Nein, denkt Karen, solche Sätze würde sie bei Gott nicht in den Mund nehmen wollen. Zu keiner Zeit. Sie schaut zur Seite, zu ihrem Mann, aber Stefan hat dieses höfliche, aufmerksame Gesicht aufgesetzt, das sie von ihm kennt, wenn sie in Gesellschaft sind, und von dem sie nicht weiß, was sie davon halten soll ... Sie unterdrückt ein Lächeln und sieht sich im Saal um.

Wie würde sie beschreiben, was sie sieht? Viel blondgelocktes Haar über starren, gelifteten Masken. Gelhaarfrisuren zu Dreitagebärten und Nadelstreifenanzügen. Die ewig Neunundvierzigjährigen, vom Golf-Training in Form gehalten und bei Bedarf vom Viagra. Herrenmenschengesichter mit den Kerben darin, die man nicht einmal dann bekommt, wenn man kopfüber durch die Windschutzscheibe fliegt ...

»Lassen Sie mich jetzt einmal - und lachen Sie bitte nicht - von China sprechen«, sagt Dagmar Wohlfrom-Kühn über das Mikrofon gebeugt und eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger hochhaltend, »in China ist dieser Tage eine neue Eisenbahnlinie in Betrieb genommen worden, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke über zweitausenddreihundert Kilometer, von Beijing nach ... das kann ich gar nicht aussprechen wohin, die Fertigstellung dieser Bahnstrecke hat einen unvergleichbar größeren Arbeitsaufwand erfordert als der Bau des neuen Berliner Flughafens, mit unvorstellbar größeren geologischen und technischen Schwierigkeiten. Dennoch ist dieses Projekt fristgerecht fertiggestellt worden, und selbstverständlich verkehren auch die Züge darauf fristgerecht. Wann bitte, meine Damen und Herren, sind Sie zum letzten Mal in einem Zug der Deutschen Bahn gesessen, der fahrplanmäßig gefahren wäre? Und wann, bitte, wird wohl der Berliner Flughafen fertig sein und zu welchen Kosten? Doch diese Frage wird Ihnen und mir niemand beantworten, denn dieser Senat hat zu nichts und nirgends einen Überblick mehr und weiß vermutlich nicht einmal, wie viele Milliarden man bereits im brandenburgischen Sand verbuddelt hat ...«

Beifall rauscht auf. Karen spürt einen Blick. Jemand beobachtet sie beim Beobachten. Unwillkürlich wendet sie den Kopf und sieht Carsten Stukkart in der Reihe hinter ihr drei oder vier Sitze weiter, noch im Sitzen hochragend, im Halbdunkel des Zuhörerraums glitzert belustigtes Funkeln unter den buschigen Augenbrauen. Sie antwortet mit einem Augenaufschlag und einem Lächeln, wendet den Kopf dann aber wieder ab und der Rednerin zu.

»Vielleicht beginnen wir damit, dass wir uns daran erinnern, was früher einmal möglich war«, fährt die Rednerin fort und hebt beschwörend die rechte Hand, »zum Beispiel in den Hungermonaten der Blockade 1948/49, da ist binnen weniger Monate der Flugplatz Tegel hergerichtet und in Betrieb genommen worden. Warum achten wir nicht darauf, was die alten Berlinerinnen und Berliner uns zu sagen haben?«

Lutz Harlass verlässt die U-Bahn an der Station Onkel Toms Hütte, bleibt dann aber für einen Augenblick im Halbdunkel des Ausgangs stehen, neben den Läden, die längst geschlossen haben, und wirft einen Blick auf das Display seines Handys. Es ist noch nicht ganz 21.35 Uhr.

»Punkt 21.35 Uhr stehst du am Straßenrand«, hatte ihm Dolf ausgerichtet. »Keine Sekunde davor, keine danach.«

Es ist merkwürdig, wie lang eine Minute werden kann. Manchmal hatten sie in der Schule ausprobiert, wie lang einer die Luft anhalten kann. Eine halbe Minute kam einem da schon vor wie die Ewigkeit. Aber das hier ist noch mal was anderes. Einfach bloß warten. Zusehen, wie die Sekunden trödeln. Bestellt und nicht abgeholt. Eine Frau führt ihren Pudel aus, das ist alles. Die Frau trägt kniehohe Stiefel und einen schwarzen glänzenden Regenmantel, denn am Abend hat es zu regnen begonnen, unterm kurzgeschorenen Haar spürt er die Nässe auf der Kopfhaut. Vielleicht hat Dolf ihn einfach bloß verarscht. Wieder einmal. Die ganze Zeit schon hält er ihn hin. Das können sie alle gut, einen verarschen.

Wieder wirft er einen Blick auf das Handy....


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Autor

Ulrich Ritzel, geboren 1940, aufgewachsen auf der Schwäbischen Alb, arbeitete mehr als drei Jahrzehnte als Journalist und wurde 1980 mit dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet. Mit dem Roman "Der Schatten des Schwans" debütierte er 1999 als freier Autor. Aus der Reihe seiner Romane um den Kommissar Berndorf erhielten "Schwemmholz" und "Beifang" den Deutschen Krimi-Preis, "Der Hund des Propheten" den Preis der Burgdorfer Krimi-Tage. Ulrich Ritzel lebt mit seiner Ehefrau Susanne und seinen beiden Hunden seit 2008 in der Schweiz.