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Granit und Regenbogen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am22.05.20141. Auflage
Virginia Woolfs Gedanken zu Literatur und Leben Ihre Romane gehören zur Weltliteratur, ihre Tagebücher und autobiographischen Schriften sind berühmt. Aber als glänzende, höchst anregende Essayistin ist Virginia Woolf immer noch zu entdecken. Die leidenschaftliche Leserin schrieb viele ihrer Rezensionen und Betrachtungen für das renommierte ?Times Literary Supplement? und andere Zeitschriften. Mit schwebender Aufmerksamkeit widmet sie sich den Themen, die Literatur, Kunst und Leben ihr stellen, und offenbart dabei den ganzen Reichtum ihres Wissens und Denkens, die Vielfalt ihrer gestalterischen Möglichkeiten und den Zauber ihrer Prosa. Die beiden Textsammlungen ?Granit und Regenbogen? (Bd. 092568) und ?Das Totenbett des Kapitäns? (Bd. 092560), ausgewählt aus dem immensen essayistischen Werk, bilden den Abschluss der Ausgabe der Gesammelten Werke von Virginia Woolf.

Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 als Tochter des Biographen und Literaten Sir Leslie Stephen in London geboren. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kritiker Leonard Woolf, gründete sie 1917 den Verlag The Hogarth Press. Ihre Romane stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust. Zugleich war sie eine der lebendigsten Essayistinnen ihrer Zeit und hinterließ ein umfangreiches Tagebuch- und Briefwerk. Virginia Woolf nahm sich am 28. März 1941 in dem Fluß Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,99
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextVirginia Woolfs Gedanken zu Literatur und Leben Ihre Romane gehören zur Weltliteratur, ihre Tagebücher und autobiographischen Schriften sind berühmt. Aber als glänzende, höchst anregende Essayistin ist Virginia Woolf immer noch zu entdecken. Die leidenschaftliche Leserin schrieb viele ihrer Rezensionen und Betrachtungen für das renommierte ?Times Literary Supplement? und andere Zeitschriften. Mit schwebender Aufmerksamkeit widmet sie sich den Themen, die Literatur, Kunst und Leben ihr stellen, und offenbart dabei den ganzen Reichtum ihres Wissens und Denkens, die Vielfalt ihrer gestalterischen Möglichkeiten und den Zauber ihrer Prosa. Die beiden Textsammlungen ?Granit und Regenbogen? (Bd. 092568) und ?Das Totenbett des Kapitäns? (Bd. 092560), ausgewählt aus dem immensen essayistischen Werk, bilden den Abschluss der Ausgabe der Gesammelten Werke von Virginia Woolf.

Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 als Tochter des Biographen und Literaten Sir Leslie Stephen in London geboren. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kritiker Leonard Woolf, gründete sie 1917 den Verlag The Hogarth Press. Ihre Romane stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust. Zugleich war sie eine der lebendigsten Essayistinnen ihrer Zeit und hinterließ ein umfangreiches Tagebuch- und Briefwerk. Virginia Woolf nahm sich am 28. März 1941 in dem Fluß Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104032115
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum22.05.2014
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1641 Kbytes
Artikel-Nr.1400996
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I Die Kunst des Romans

Die schmale Brücke der Kunst

Weitaus die meisten Kritiker kehren der Gegenwart den Rücken zu und blicken unverwandt in die Vergangenheit. Aus zweifellos klugen Gründen beziehen sie keine Stellung zu dem, was gerade jetzt geschrieben wird; sie überlassen diese Aufgabe der Spezies der Rezensenten, deren Berufsbezeichnung bereits auf das Vergängliche ihres Tuns und der Gegenstände ihrer Betrachtung hinzudeuten scheint. Aber manchmal fragt man sich doch, ob ein Kritiker immer nur der Vergangenheit verpflichtet, sein Blick immer nur rückwärts gerichtet sein muß? Kann er sich nicht hin und wieder umdrehen, die Augen mit der Hand abschirmen wie Robinson Crusoe auf der einsamen Insel und in die Zukunft spähen, um in ihrem Nebel die schwachen Umrisse des Landes auszumachen, das wir vielleicht eines Tages erreichen werden? Das Richtige solcher Spekulationen kann natürlich nie bewiesen werden, aber in einer Zeit wie der unseren ist die Versuchung groß, sie anzustellen. Denn es ist offenkundig eine Zeit, in der wir keineswegs fest vor Anker liegen; alles um uns bewegt sich; auch wir bewegen uns. Ist es nicht die Pflicht des Kritikers, uns zu sagen oder wenigstens Vermutungen anzustellen, wohin wir gehen?

Es liegt auf der Hand, daß diese Untersuchung eng begrenzt sein muß, aber vielleicht können wir auf kleinem Raum ein Beispiel für das Unbefriedigende und Schwierige herausgreifen und sind, wenn wir es geprüft haben, womöglich eher in der Lage, die Richtung zu vermuten, in die wir nach dessen Überwindung gehen werden.

In der Tat können wir nicht viel moderne Literatur lesen, ohne uns darüber klar zu sein, daß etwas Unbefriedigendes, etwas Schwieriges sich uns in den Weg stellt. Allenthalben versuchen Autoren etwas, was sie nicht vollbringen können, zwingen der Form, die sie benutzen, eine Bedeutung auf, die ihr fremd ist. Viele Gründe dafür könnten angeführt werden, aber hier wollen wir nur einen auswählen, nämlich das Versagen der Poesie, uns so zu nützen, wie sie so vielen Generationen unserer Vorfahren genützt hat. Die Poesie gewährt uns ihre Dienste nicht annähernd so bereitwillig wie früher jenen. Der mächtige Strom des Ausdrucks, der so viel Kraft, so viel Genie mit sich trug, scheint sich verengt zu haben oder anders zu verlaufen.

Das trifft natürlich nur innerhalb gewisser Grenzen zu; unsere Epoche ist reich an Lyrik; vielleicht reicher als jede andere Epoche zuvor. Aber für unsere Generation und für die kommende ist der lyrische Aufschrei der Ekstase oder Verzweiflung, der so intensiv, so persönlich und so begrenzt ist, nicht genug. Der Geist steckt voller ungeheuerlicher, widersprüchlicher, unregierbarer Emotionen. Daß das Alter der Erde 3000000000 Jahre beträgt; daß das Menschenleben nur eine Sekunde währt; daß die Fähigkeiten des menschlichen Geistes trotzdem grenzenlos sind; daß das Leben unendlich schön, doch auch widerwärtig ist; daß unsere Mitmenschen bezaubernd, aber auch abscheulich sind; daß Wissenschaft und Religion miteinander den Glauben zerstört haben; daß alle einenden Bande zerrissen zu sein scheinen, es aber ein gewisses Reglement geben muß - in dieser Atmosphäre des Zweifels und des Konflikts müssen Autoren heute schreiben, und das zarte Gewebe eines lyrischen Gedichts ist ebensowenig geeignet, diese Sicht der Dinge zu umfassen, wie sich ein Rosenblatt dazu eignet, einen riesigen, zerklüfteten Felsen zu umhüllen.

Aber wenn wir uns fragen, was in der Vergangenheit dazu gedient hat, eine solche Haltung auszudrücken - eine Haltung, die voller Gegensätze und Widersprüche steckt; eine Haltung, die, so scheint es, nach dem Konflikt einer Person mit einer anderen verlangt und gleichzeitig eines gestalterischen Willens bedarf, eines Entwurfs, der dem Ganzen Harmonie und Kraft verleiht -, dann müssen wir antworten, daß es eine solche Form einst gab, und es war nicht die Form der lyrischen Dichtung; es war die Form des Dramas, des elisabethanischen Versdramas. Und das ist die einzige Form, die heutzutage so tot anmutet, daß jede Auferstehung außerhalb des Möglichen liegt.

Denn wenn wir uns den Zustand des Versdramas anschauen, müssen wir ernsthaft bezweifeln, daß irgendeine Macht auf Erden es jetzt wiederbeleben kann. Autoren von höchstem Genie und Ehrgeiz haben es aufgegriffen und tun es bis heute. Seit dem Tod von Dryden hat so gut wie jeder große Dichter sich daran versucht. Wordsworth und Coleridge, Shelley und Keats, Tennyson, Swinburne und Browning[1] (um nur die toten zu nennen), alle haben Versdramen geschrieben, aber keinem war Erfolg beschieden. Von all den Stücken, die sie schrieben, werden wahrscheinlich nur Swinburnes Atalanta und Shelleys Prometheus noch gelesen, und das seltener als andere Werke derselben Autoren. Alle übrigen sind auf die obersten Borde unserer Bücherregale geklettert, haben den Kopf unter die Flügel gesteckt und sind eingeschlafen. Niemand mag ohne Not diesen Schlummer stören.

Doch es ist verlockend, nach einer Erklärung für dieses Scheitern zu suchen, falls dadurch die Zukunft erhellt wird, um die es uns geht. Der Grund, warum Dichter keine Versdramen mehr schreiben können, liegt vielleicht irgendwo in dieser Richtung.

Es gibt ein vages, geheimnisvolles Ding namens Lebenseinstellung. Wir alle kennen Menschen - wenn wir uns von der Literatur für einen Augenblick dem Leben zuwenden -, die mit dem ihren hadern; unglückliche Menschen, die nie bekommen, was sie wollen; die enttäuscht sind, sich ständig beklagen, in einem unbequemen Winkel dastehen, aus dem sie alles schief sehen. Dann wieder gibt es welche, die zwar vollkommen zufrieden wirken, aber jede Verbindung zur Wirklichkeit verloren zu haben scheinen. Sie verschwenden all ihre Zuneigung an kleine Hunde und altes Porzellan. Sie interessieren sich für nichts anderes als die Wechselfälle ihrer eigenen Gesundheit und das Auf und Ab in ihren versnobten Gesellschaftskreisen. Es gibt jedoch andere, die auf uns den Eindruck machen - warum genau, läßt sich schwer sagen -, daß sie von Natur aus oder durch die Umstände in der Lage sind, ihre Fähigkeiten zur Gänze auf Dinge von Belang zu richten. Sie sind nicht unbedingt glücklich oder erfolgreich, aber sie haben etwas Schwungvolles in ihrem Wesen, ein Interesse an ihrem Tun. Sie wirken ganz und gar lebendig. Das mag teilweise das Ergebnis der Umstände sein - sie sind in eine Umgebung hineingeboren worden, die zu ihnen paßt -, aber weitaus mehr ist es das Ergebnis eines glücklichen Gleichgewichts ihrer Eigenschaften, so daß sie die Dinge nicht aus einem ungünstigen Winkel sehen, völlig schief; auch nicht verzerrt durch einen Nebel; sondern klar und deutlich, im richtigen Verhältnis; sie erfassen etwas Festes; wenn sie handeln, bewirken sie etwas.

Auch Autoren haben eine Lebenseinstellung, obwohl es ihnen um ein anderes Leben geht. Auch sie können in einem unbequemen Winkel dastehen; können verwirrt, verbittert sein, außerstande, das zu erreichen, was sie als Schriftsteller anstreben. Das trifft zum Beispiel auf die Romane von George Gissing[2] zu. Oder sie ziehen sich in die Villenviertel zurück und verschwenden ihr Interesse an Schoßhündchen und Herzoginnen - Koketterien, Sentimentalitäten, Snobismen, und dies trifft auf einige unserer erfolgreichsten Romanciers zu. Aber es gibt andere, die von Natur aus oder durch die Umstände in der Lage sind, ihre Fähigkeiten uneingeschränkt auf belangvolle Dinge zu verwenden. Nicht, daß sie schnell oder leicht schreiben oder sofort erfolgreich sind oder berühmt werden. Man ist vielmehr bemüht, eine Eigenart zu ergründen, die in den meisten der großen Literaturepochen vorhanden ist und im Werk der elisabethanischen Dramatiker am deutlichsten hervortritt. Sie scheinen eine Lebenseinstellung zu haben, eine Haltung, die es ihnen erlaubt, ihre Glieder frei zu bewegen; eine Sichtweise, die zwar aus vielerlei verschiedenen Dingen besteht, ihnen aber für ihre Zwecke die richtige Perspektive gewährt.

Zum Teil war das natürlich das Ergebnis der Umstände. Der Hunger der Menschen nicht nach Büchern, sondern nach dem Drama, die Kleinheit der Städte, die Entfernungen, die die Menschen trennten, das Unwissen, in dem damals sogar die Gebildeten lebten, durch all das war es für die elisabethanische Vorstellung ganz natürlich, sich mit Löwen und Einhörnern zu füllen, mit Herzögen und Herzoginnen, Bluttaten und Geheimnissen. Dies wurde noch verstärkt durch etwas, was wir nicht so einfach erklären, aber deutlich spüren können. Sie hatten eine Lebenseinstellung, die sie befähigte, sich frei und uneingeschränkt auszudrücken. Shakespeares Stücke sind nicht das Werk eines verwirrten und verbitterten Geistes; sie sind die vollkommen elastische Hülle seiner Gedanken. Reibungslos wechselt er von Philosophie zu einer betrunkenen Rauferei; von Liebesliedern zu einem Streit; von schlichtem Ulk zu tiefsinniger Betrachtung. Und für alle elisabethanischen Dramatiker gilt, daß sie uns zwar langweilen mögen - und das tun sie -, uns aber nie das Gefühl geben, daß sie Angst haben oder befangen sind, oder daß irgend etwas den freien Fluß ihres Geistes hemmt, hindert oder aufhält.

Unser erster Gedanke jedoch, wenn wir ein modernes Versdrama aufschlagen - und dies trifft auch auf einen Großteil der modernen Lyrik zu -, ist, daß der Autor sich in seiner Haut nicht wohl fühlt. Er ist verängstigt, er ist angespannt, er ist gehemmt. Und aus guten Gründen!, mögen wir ausrufen, denn wer von uns fühlt sich vollkommen wohl in Gegenwart eines Mannes in...

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Autor

Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 als Tochter des Biographen und Literaten Sir Leslie Stephen in London geboren. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kritiker Leonard Woolf, gründete sie 1917 den Verlag The Hogarth Press. Ihre Romane stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust. Zugleich war sie eine der lebendigsten Essayistinnen ihrer Zeit und hinterließ ein umfangreiches Tagebuch- und Briefwerk. Virginia Woolf nahm sich am 28. März 1941 in dem Fluß Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.Klaus Reichert, 1938 geboren, ist Literaturwissenschaftler, Autor, Übersetzer und Herausgeber. Von 1964 bis 1968 war er Lektor in den Verlagen Insel und Suhrkamp, von 1975 bis 2003 war er Professor für Anglistik und Amerikanistik an der Frankfurter Goethe-Universität, 1993 gründete er dort das »Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit«. Von 2002 bis 2011 war er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Bei S. Fischer erschien zuletzt »Türkische Tagebücher. Reisen in ein unentdecktes Land« (2011) und »Wolkendienst. Figuren des Flüchtigen« (2016).Heidi Zerning, geboren 1940 in Berlin, studierte Anglistik, Amerikanistik, Geschichte und Philosophie und ist seit 1990 hauptberuflich als Übersetzerin tätig. Neben Alice Munros Erzählungen hat sie Werke von Virginia Woolf, Truman Capote und Steve Tesich übersetzt. Heidi Zerning verstarb im Oktober 2022 in Berlin.