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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
144 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am08.12.20161. Auflage
Virginia Woolf erzählt vom Spaniel des Dichterpaares Elizabeth Barrett und Robert Browning, und nie ist die uralte Beziehung zwischen Mensch und Hund, die Gemeinsamkeit und Getrenntheit der Kreatur, sensibler geschildert worden als in dieser graziös unterhaltsamen, das Gegenständliche, das Sinnhafte, das Bewusste und das Unbewusste zart und fest greifenden Prosa.

Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 als Tochter des Biographen und Literaten Sir Leslie Stephen in London geboren. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kritiker Leonard Woolf, gründete sie 1917 den Verlag The Hogarth Press. Ihre Romane stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust. Zugleich war sie eine der lebendigsten Essayistinnen ihrer Zeit und hinterließ ein umfangreiches Tagebuch- und Briefwerk. Virginia Woolf nahm sich am 28. März 1941 in dem Fluß Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR12,20
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextVirginia Woolf erzählt vom Spaniel des Dichterpaares Elizabeth Barrett und Robert Browning, und nie ist die uralte Beziehung zwischen Mensch und Hund, die Gemeinsamkeit und Getrenntheit der Kreatur, sensibler geschildert worden als in dieser graziös unterhaltsamen, das Gegenständliche, das Sinnhafte, das Bewusste und das Unbewusste zart und fest greifenden Prosa.

Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 als Tochter des Biographen und Literaten Sir Leslie Stephen in London geboren. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kritiker Leonard Woolf, gründete sie 1917 den Verlag The Hogarth Press. Ihre Romane stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust. Zugleich war sie eine der lebendigsten Essayistinnen ihrer Zeit und hinterließ ein umfangreiches Tagebuch- und Briefwerk. Virginia Woolf nahm sich am 28. März 1941 in dem Fluß Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104904894
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum08.12.2016
Auflage1. Auflage
Seiten144 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3360 Kbytes
Artikel-Nr.2146899
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel Three Mile Cross

Es herrscht allgemeines Einverständnis darüber, daß die Familie, von der der Gegenstand dieser Erinnerungen abzustammen beansprucht, bis in uralte Zeiten zurückreicht. So ist es denn auch nicht weiter seltsam, daß der Ursprung des Namens selbst sich in dunkle Fernen verliert. Vor vielen Millionen Jahren gärte das Land, das heute Spanien genannt wird, im ungemütlichen Prozeß seiner Schöpfung. Unendliche Zeiten vergingen; Vegetation stellte sich ein; wo es Vegetation gibt, so dekretiert das Naturgesetz, da sollen Kaninchen sein; wo es Kaninchen gibt, so bestimmt es die Vorsehung, da sollen Hunde sein. Daran ist nichts Fragliches oder Bemerkenswertes. Wenn wir jedoch fragen, weshalb denn der Hund, der das Kaninchen fing, Spaniel genannt wurde, dann fangen Zweifel und Schwierigkeiten an. Manche Historiker behaupten, als die Karthager in Spanien landeten, hätten die Soldaten wie aus einem Munde »Span! Span!« gerufen - denn Kaninchen seien aus jedem Strunk und Strauch hervorgeschossen. Das Land wimmele von Kaninchen. Und Span bedeute in der karthagenischen Sprache Kaninchen. So sei das Land denn Hispania oder Kaninchenland genannt worden, und die Hunde, die man fast augenblicklich dabei erblickte, wie sie aus Leibeskräften Jagd auf die Kaninchen machten, habe man Spaniels oder Kaninchenhunde genannt.

Viele von uns wären es nun zufrieden, die Sache auf sich beruhen zu lassen; wir sehen uns um der Wahrheit willen jedoch genötigt hinzuzusetzen, daß es noch eine andere Schule des Denkens gibt, die eine andere Meinung vertritt. Das Wort Hispania, behaupten diese Gelehrten, habe nicht das allermindeste mit dem karthagenischen Wort span zu tun. Hispania komme von dem baskischen Wort españa, das Saum oder Grenze bedeutet. Wenn das der Fall ist, müssen Kaninchen, Gesträuch, Hunde, Soldaten - überhaupt das ganze romantische, ergötzliche Bild aus der Vorstellung gestrichen werden; und wir müssen einfach annehmen, daß der Spaniel Spaniel genannt wird, weil Spanien España heißt. Was nun die dritte Schule der Altertumsforscher angeht, die behauptet, gerade wie ein Liebhaber seine Geliebte Ungeheuer oder Äffchen nenne, so würden die Spanier ihre Lieblingshunde abgefeimt oder auch ruppig nennen (das Wort españa läßt sich dazu bewegen, diese Bedeutungen anzunehmen), weil der Spaniel notorisch das Gegenteil davon sei - so ist das denn doch eine allzu phantastische Mutmaßung, als daß man sie im Ernst zu vertreten vermöchte.

Wenn wir diese Theorien, und noch viele andere, die uns hier nicht aufzuhalten brauchen, beiseite lassen, gelangen wir in das Wales um die Mitte des zehnten Jahrhunderts. Der Spaniel ist bereits dort, ist schon vor vielen Jahrhunderten, so heißt es jedenfalls, von dem spanischen Klan der Ebhor oder Ivor dorthin gebracht worden; und mit Sicherheit um die Mitte des zehnten Jahrhunderts ein Hund von hohem Wert und Ansehen. »Der Spaniel des Königs ist ein Pfund wert«, so legte Howel Dha den Preis in seinem Book of Laws fest. Und wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, was man im Jahr des Herrn 948 mit einem Pfund alles kaufen konnte - wie viele Ehefrauen, Sklaven, Pferde, Ochsen, Truthähne und Gänse -, dann wird offenkundig, daß der Spaniel bereits ein Hund von Wert und Ansehen war. Er hatte seinen Platz bereits an der Seite des Königs. Früher als die Familien vieler berühmter Monarchen wurde die seine schon in Ehren gehalten. Er ließ es sich in Palästen wohl sein, während die Platagenets und die Tudors und die Stuarts hinter anderer Leute Pflügen durch anderer Leute Schlamm stapften. Lange bevor sich die Howards, die Cavendishs oder die Russells über das gemeine Volk der Smiths, Jones' und Tomkins erhoben hatten, war die Spanielfamilie bereits eine vornehme und besondere Familie. Und mit dem Verstreichen der Jahrhunderte brachen Seitentriebe aus dem Hauptstamm hervor. Nach und nach entstanden, während die englische Geschichte ihren Lauf nahm, wenigstens sieben berühmte Spanielfamilien - die Clumber, die Sussex, die Norfolk, die Black Field, die Cocker, die Irish Water und die English Water, die zwar alle von dem Urspaniel prähistorischer Zeiten abstammten, dabei jedoch unterschiedliche Eigenschaften aufwiesen und infolgedessen zweifellos ebenso unterschiedliche Privilegien beanspruchten. Daß es, während Königin Elizabeth den Thron innehatte, eine Hundearistokratie gab, bezeugt Sir Philip Sidney: »... Greyhounds, Spaniels und Hounds«, bemerkt er, »wobei erstere als Lords gelten können, die zweiten als Gentlemen und letztere als Freisassen«, schreibt er in seiner Arcadia.[1]

Doch wenn uns das auch vermuten läßt, daß die Spaniels dem menschlichen Beispiel folgten und zu den Greyhounds als über ihnen stehend aufblickten und die Hounds als tieferstehend betrachteten, so müssen wir doch zugeben, daß ihre Aristokratie besser begründet war als die unsere. Zu der Schlußfolgerung muß jedenfalls ein jeder gelangen, der die Satzung des Spaniel Clubs studiert. Durch jenes erlauchte Regelwerk wird klipp und klar festgelegt, was die Untugenden eines Spaniels ausmacht und was seine Tugenden. Helle Augen, beispielsweise, sind unerwünscht; gelockte Ohren sind noch schlimmer; gar mit einer hellen Nase oder einem Schopf geboren worden zu sein, ist nichts weniger als verhängnisvoll. Die Vorzüge des Spaniels sind gleichermaßen klar umrissen. Sein Kopf muß glatt sein und sich ohne allzu ausgeprägte Wölbung von der Schnauze erheben, der Schädel muß entsprechend gerundet sein und gut ausgebildet, so daß darin hinlänglich Platz für ein tüchtiges Gehirn ist; die Augen müssen rund, ohne jedoch vorzuspringen, seine Ausstrahlung muß insgesamt die einer sanftmütigen Intelligenz sein. Der Spaniel, der diese Merkmale an den Tag legt, wird gefördert und zur Zucht verwendet; der Spaniel hingegen, der darauf besteht, Haarschöpfe und helle Nasen fortzupflanzen, wird von den Privilegien und Erträgnissen seiner Rasse abgeschnitten. So legen die Richter das Gesetz fest und schreiben, indem sie das Gesetz festlegen, die Bestrafungen und Privilegien vor, die gewährleisten, daß dem Gesetz auch Folge geleistet werden wird.

Wenn wir uns jetzt jedoch der menschlichen Gesellschaft zuwenden, welchem Chaos und welchem Wirrwarr begegnen wir da! Kein Club hat eine vergleichbare Rechtsprechung im Hinblick auf die Zucht des Menschengeschlechts! Am nächsten kommt dem Spaniel Club noch das Wappenamt. Es unternimmt immerhin gewisse Anstrengungen zur Reinerhaltung der menschlichen Familie. Wenn wir jedoch fragen, was denn die adlige Abkunft ausmache - ob unsere Augen hell sein sollen oder dunkel, unser Ohrbehang gelockt oder glatt, ob ein Schopf verhängnisvoll ist, dann verweisen unsere Richter uns lediglich auf unsere Wappenzeichen. Vielleicht haben Sie keins. Dann sind Sie niemand. Doch erheben Sie einmal berechtigten Anspruch auf sechzehn Teilungsfelder, belegen Sie Ihr Anrecht auf eine Krone, dann heißt es, Sie seien nicht nur geboren, sondern obendrein noch hochwohlgeboren. Daher kommt es denn, daß in ganz Mayfair nicht ein einziger Muffinbäcker ohne seinen kauernden Löwen oder seine sich aufrichtende Meerjungfrau auskommt. Selbst noch unsere Weißzeughändler montieren sich das Königliche Wappen über die Türen, als beweise das, daß sich in ihrem Bettzeug sicher schlafen ließe. Allseits wird Rang beansprucht, und dessen Tugenden werden geltend gemacht. Doch wenn wir dann die Königshäuser derer von Bourbon, Habsburg und Hohenzollern einmal näher betrachten, die mit wer weiß wie vielen Kronen und Teilungsfeldern dekoriert sind, die von wer weiß wie vielen kauernden oder sich aufrichtenden Löwen und Leoparden strotzen, und wir sie sämtlich im Exil finden, ihrer Autorität entkleidet, jeglichen Respekts für unwürdig befunden, können wir nur kopfschüttelnd zugeben, daß die Richter des Spaniel Clubs besser gerichtet haben. So lautet die Lektion, die unmittelbare Bekräftigung findet, sowie wir von derlei hochgestochenen Themen zur Betrachtung der Anfänge Flushs in der Familie der Mitfords[2] übergehen.

Um das Ende des 18. Jahrhunderts herum lebte ein Zweig der berühmten Rasse der Spaniels bei Reading im Haus eines gewissen Dr. Midford oder Mitford. Jener Herr zog es, in Übereinstimmung mit den geheiligten Grundsätzen des Wappenamts, vor, seinen Namen mit t zu schreiben, und behauptete auf diese Weise seine Abstammung von der Familie der Mitfords von Bertram Castle in Northumberland. Seine Frau war eine Miss Russell und stammte, entfernt zwar, aber doch eindeutig, aus dem herzoglichen Haus Bedford. Nun war aber das Eheschließungsgebaren der Vorfahren Dr. Mitfords von einer derart zügellosen Mißachtung aller Grundsätze gekennzeichnet gewesen, daß keine Richterbank seinem Antrag, von guter Abstammung zu sein, hätte stattgeben oder ihm die Fortzucht seiner Sippschaft genehmigen können. Seine Augen waren hell; seine Ohren gelockt; sein Kopf wies den verhängnisvollen Schopf auf. Mit anderen Worten, er war äußerst eigensüchtig, von rücksichtsloser Extravaganz, weltlich, unaufrichtig und dem Glücksspiel verfallen. Er brachte sein eigenes Vermögen durch, das Vermögen seiner Frau und den Erwerb seiner Tochter. Er ließ sie im Stich, als es ihm gutging, und schmarotzte bei ihnen, als er schwach war. Zwei Gesichtspunkte sprachen allerdings zu seinen Gunsten: beträchtliche Schönheit - er war ein Apoll, bis Völlerei und Trunksucht Apoll in einen Bacchus verwandelten - und er war ein echter Hundeliebhaber. Es kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, hätte es einen dem Spaniel Club entsprechenden Man Club...
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Autor

Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 als Tochter des Biographen und Literaten Sir Leslie Stephen in London geboren. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kritiker Leonard Woolf, gründete sie 1917 den Verlag The Hogarth Press. Ihre Romane stellen sie als Schriftstellerin neben James Joyce und Marcel Proust. Zugleich war sie eine der lebendigsten Essayistinnen ihrer Zeit und hinterließ ein umfangreiches Tagebuch- und Briefwerk. Virginia Woolf nahm sich am 28. März 1941 in dem Fluß Ouse bei Lewes (Sussex) das Leben.Klaus Reichert, 1938 geboren, ist Literaturwissenschaftler, Autor, Übersetzer und Herausgeber. Von 1964 bis 1968 war er Lektor in den Verlagen Insel und Suhrkamp, von 1975 bis 2003 war er Professor für Anglistik und Amerikanistik an der Frankfurter Goethe-Universität, 1993 gründete er dort das »Zentrum zur Erforschung der Frühen Neuzeit«. Von 2002 bis 2011 war er Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Bei S. Fischer erschien zuletzt »Türkische Tagebücher. Reisen in ein unentdecktes Land« (2011) und »Wolkendienst. Figuren des Flüchtigen« (2016).