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So rot wie Blut

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am15.09.2014
Als Einzelgängerin hält sie sich aus allem raus - bis Lumikki die tropfnassen Geldscheine auf einer Wäscheleine entdeckt und in eine gefährliche Geschichte hineingezogen wird. Was für ihre Mitschüler als dummer Streich begann, entwickelt sich schnell zu einer Hetzjagd auf Leben und Tod. Die 17-Jährige muss sich im gnadenlosen Drogengeschäft zurechtfinden, in dem nur eine Währung zählt: Blut. Wem kann sie noch trauen?

Salla Simukka, Jahrgang 1981, ist eine junge Autorin, die sich mit preisgekrönten Jugendbüchern in Finnland einen Namen gemacht hat. Sie arbeitet außerdem als literarische Übersetzerin sowie Rezensentin und Redakteurin für verschiedene finnische Zeitungen. Ihre Trilogie um Lumikki hat sie zu internationalem Erfolg geführt. 'So rot wie Blut' erscheint in mehr als 40 Ländern.  Foto © Karoliina Ek
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Produkt

KlappentextAls Einzelgängerin hält sie sich aus allem raus - bis Lumikki die tropfnassen Geldscheine auf einer Wäscheleine entdeckt und in eine gefährliche Geschichte hineingezogen wird. Was für ihre Mitschüler als dummer Streich begann, entwickelt sich schnell zu einer Hetzjagd auf Leben und Tod. Die 17-Jährige muss sich im gnadenlosen Drogengeschäft zurechtfinden, in dem nur eine Währung zählt: Blut. Wem kann sie noch trauen?

Salla Simukka, Jahrgang 1981, ist eine junge Autorin, die sich mit preisgekrönten Jugendbüchern in Finnland einen Namen gemacht hat. Sie arbeitet außerdem als literarische Übersetzerin sowie Rezensentin und Redakteurin für verschiedene finnische Zeitungen. Ihre Trilogie um Lumikki hat sie zu internationalem Erfolg geführt. 'So rot wie Blut' erscheint in mehr als 40 Ländern.  Foto © Karoliina Ek
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401803944
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum15.09.2014
Reihen-Nr.1
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1450420
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

3

»Aufstehen! Sofort! Und komm ja nicht auf den Gedanken, die Schlummertaste zu drücken!«

Die laute Stimme weckte Lumikki Andersson sofort. Sie kannte sie leider nur zu gut - es war ihre eigene. Sie hatte sie irgendwann aufgenommen und als Weckton auf ihrem Handy gespeichert, da sie gehofft hatte, so am besten aus den Federn zu kommen. Es funktionierte tatsächlich. Sie kam wirklich nicht auf den Gedanken, die Schlummertaste zu drücken.

Benommen saß sie da und spähte zum Muminkalender an der Wand. Montag, der 29. Februar. Schalttag. Der dümmste Tag überhaupt. Wieso war das eigentlich kein Feiertag? Der Tag war doch sowieso überflüssig. Wozu sollte sich heute irgendwer anstrengen und produktiv sein?

Lumikki schlüpfte in ihre blauen Igelpuschen, schlurfte in die Kochnische und gab Wasser und Kaffee in die Espressokanne. Ohne starken Kaffee ging gar nichts. Es war sowieso noch viel zu dunkel, um richtig wach zu sein.

Sie hasste diese Phase des Winters. Minusgrade und Schnee, und von beidem zu viel. Der Frühling war noch lange nicht in Sicht und der Winter zog sich endlos hin, erbarmungslos ließ er alles erstarren. Man fror zu Hause, man fror draußen, man fror in der Schule. Nur beim kurzen Eislochbaden fror man seltsamerweise nicht, aber ewig konnte man das ja auch nicht machen. Lumikki zog einen riesigen grauen Wollpulli an und goss sich Kaffee ein. Sie setzte sich auf den einzigen Stuhl in der Einzimmerwohnung, die fürstliche zwanzig Quadratmeter groß war. Sie schmiegte sich an die abgenutzte Stofflehne, trank Kaffee und wartete darauf, dass ihr wärmer wurde. Obwohl sie im Herbst die Ritzen abgedichtet hatte, zog es durch die Fenster.

Der Kaffee schmeckte nach Kaffee und mehr wollte sie auch nicht. Sie konnte diese ganzen komischen Schoko-Kardamom-Nuss-Vanille-Sorten nicht ausstehen. Kaffee musste schwarz und stark sein, fertig, Kaffee war Kaffee. Das galt auch für alles andere. Eine Wohnung musste nur eine Wohnung sein und gut.

Beim letzten Besuch hatte ihre Mutter wieder gejammert: »Willst du es dir hier gar nicht gemütlich machen? Als Zuhause einrichten?« Nein, wollte sie nicht. Lumikki hatte bereits eineinhalb Jahre in dieser Wohnung gewohnt, ihr genügten die Matratze auf dem Fußboden, der Schreibtisch, der Stuhl und ihr Laptop. Die ersten Monate hatte ihre Mutter ständig versucht, ihr ein Bett und ein Bücherregal aufzuschwatzen, aber Lumikki hatte sich erfolgreich dagegen gewehrt. Ihre Bücher lagen in Stapeln auf dem Fußboden und das einzige wohnliche Element war der Kalender mit den schwarz-weißen Muminfiguren. Wozu hätte sie sich ein Nest bauen sollen? Es womöglich noch extravagant einrichten sollen? Das hier war einfach das Zimmer, in dem sie wohnte, bis die Oberstufe zu Ende war. Sie hatte nicht vor, hier länger Wurzeln zu schlagen. Wenn sie erst ihr Abi hatte, würde sie sowieso woandershin gehen; sie war bereit zum Aufbruch und wollte sich nicht an ein gemütliches Zuhause klammern. Und schon gar nicht an irgendwelche Leute.

Auch bei ihren Eltern in Riihimäki fühlte sie sich nicht mehr zu Hause, sondern nur noch wie ein Gast. Möbel und Zimmerdeko erinnerten sie an Zeiten, die sie lieber vergessen hätte. Aber das war nicht möglich, die Vergangenheit verfolgte sie ja sogar bis in die Träume.

Auf ihren Wunsch auszuziehen, hatten ihre Eltern widersprüchlich reagiert. Manchmal schien es ihr, als wären sie erleichtert. Klar, die Stimmung bei ihnen zu Hause war oft angespannt gewesen, aber das war sie schon immer. Solange Lumikki denken konnte. Sie war nie dahintergekommen, warum eigentlich. Soweit sie wusste, stritten ihre Eltern sich nie und sie selbst hatte ihnen keine Probleme bereitet. Als ihr Umzug näher rückte, fingen ihre Eltern dann mit diesen langen Umarmungen an, die sie sonderbar und ein wenig unangenehm fand, schließlich war das bei ihnen sonst nicht üblich gewesen. Ihre Mutter hatte nach solch einer Umarmung ihr Gesicht in die Hände genommen und sie eindringlich angeschaut.

»Wir haben doch nur dich, Lumikki. Nur dich.«

Dabei hatte sie ausgesehen, als könne sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Lumikki fühlte sich immer unwohler. Als sie endlich mit ihren Sachen in der neuen Wohnung in Tampere angekommen war und - nachdem ihre Eltern das Haus verlassen hatten - die Tür hinter sich zumachte, fiel ihr eine schwere Last von den Schultern, von deren Existenz sie bis dahin gar nicht gewusst hatte.

»Kommst du auch wirklich klar hier?«, fragte ihre Mutter immer wieder.

Ihr Vater war pragmatischer.

»Das Mädchen wird doch bald volljährig. Lumikki wird schon zurechtkommen.« Er war schwedischsprachiger Finne, Lumikki war mit zwei Sprachen aufgewachsen.

Und in der Tat kam sie gut klar. Mit jedem Tag besser.

Aus dem Spiegel im winzigen Bad sah ihr heute ein müdes Mädchen entgegen. Das Koffein wirkte zu langsam. Lumikki spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und band ihre braunen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ihre Eltern hatten sie mit einem Namen gestraft, der nicht mit ihrem Aussehen übereinstimmte. Lumikki. Mal ehrlich, wer nannte seine Tochter schon Schneewittchen? Weder hatte sie schwarze Haare noch weiß schimmernde Haut noch aufsehenerregend rote Lippen. Mit Haarfarbe und Make-up hätte sie ihr Spiegelbild ihrem Namen annähern können, aber wozu? Ihr genügte, was sie im Spiegel sah, und die Meinung anderer interessierte sie nicht besonders.

Drei Sekunden lang überlegte sie, was sie anziehen sollte, dann beschloss sie, den grauen Pulli anzulassen, und schlüpfte in eine Jeans. Dazu Doc Martens, ihre schwarze Winterjacke, den grünen Schal, Handschuhe und die graue Mütze. Und der Fjällräven-Rucksack.

Ihr Magen knurrte, aber der Kühlschrank war leer und das Licht darin ging auch nicht mehr an. Sie würde sich in der Schule ein Brötchen kaufen müssen oder zwei. Und unbedingt noch mehr Kaffee.

An der Schultür schlug ihr der übliche Lärm entgegen. Alle hatten es total eilig und mussten das lautstark verkünden - all diese brillanten, kreativen und talentierten Schüler der Kunstoberstufe. Lumikki wusste, dass Ironie nicht angebracht war, aber an manchen Tagen fiel es ihr schwerer als sonst, die grellen Klamotten und dramatischen Gesten ihrer Mitschüler zu ertragen. Diese wohlüberlegte, nach unausgesprochenen Regeln funktionierende Selbstdarstellung. Aber irgendwo hinter Lumikkis Genervtheit verbarg sich auch Dankbarkeit - immerhin war sie an der Schule angenommen worden und musste nicht weiter in Riihimäki wohnen. Sie hatte sich an der Schule in Tampere vor allem deshalb beworben, um endlich von zu Hause ausziehen zu können. Ohne einen triftigen Grund wie die angesehene Kunstoberstufe Tampere hätten ihre Eltern das nie akzeptiert. In den ersten Monaten an der neuen Schule hatte Lumikki das Gefühl, mitten im Paradies gelandet zu sein. Doch das Gefühl hatte sich mit der Zeit abgenutzt, das Leben hier war zum Alltag geworden und sie las aus den lächelnden Gesichtern ihrer Mitschüler jede Menge Maskerade, Neid, Wichtigtuerei und Unsicherheit.

Das Schulgebäude empfing sie zum Glück nicht nur mit Hektik und Lärm, sondern auch mit einer wärmeren Temperatur als draußen. So langsam wachten Lumikkis eingefrorene Glieder wieder auf. Gleich würde die unangeneh me Kribbelphase anfangen, wenn das Blut in den Zehen- und Fingerspitzen wieder in Bewegung kam. Dumm, dass sie zu Hause keine dicken Wollsocken angezogen hatte. Lumikki hängte Jacke, Mütze und Schal an der Garderobe auf und rannte die Treppen runter in die Mensa, neben der die kleine Cafeteria lag.

»Und, das Brötchen heute mit oder ohne Körner?«, fragte die Küchenhilfe.

»Heute mal von jedem eins«, sagte sie, »und noch einen großen Kaffee dazu.«

Die Frau hinter der Theke lachte. »Und bloß keinen Platz für Milch lassen!«

Lumikki setzte sich an einen Tisch und spürte ihre Arme und Beine wärmer werden. Dann kam das Kribbeln, aua, wirklich unangenehm. Aber danach war alles wieder gut. Sie legte ihre Finger einen Moment um den Kaffeebecher, biss dann in das große Brötchen, das lecker mit reifer Tomate und knackiger Paprika belegt war. Lumikki bezeichnete sich als »Vegetarierin auf eigene Kosten« und dahinter steckte das Konzept, dass sie nie selbst Fleisch kaufte. Wenn andere das taten und sie irgendwo ein Gericht mit Fleisch vorgesetzt bekam, dann aß sie mit. Vielleicht nicht ganz konsequent, aber eine praktische Regel für den Alltag.

An den Nachbartisch setzten sich drei Mädchen. Die Blonde warf ihre langen Haare über die Schulter, die Dunkelhaarige wuschelte sich durch ihre Kurzhaarfrisur, die Rothaarige spielte mit einer lockigen Strähne. Sofort roch es nach Baby Doll von Yves Saint Laurent, Fantasy von Britney Spears und Chérie von Miss Dior.

»Ich dreh durch, wenn der sich nachher immer noch benimmt, als wäre ich Luft. Auf der Party macht der Typ alles Mögliche mit mir und in der Schule grüßt er nicht mal richtig. Ich fass es nicht und der will achtzehn sein?«

»Ich dreh auch so schon durch. So fertig war ich lange nicht mehr, wir hätten die letzten Drinks nicht mehr runterkippen sollen. Keine Ahnung, was da drin war!«

»Also Leute, Moment mal, wir haben immerhin...
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Salla Simukka, Jahrgang 1981, ist eine junge Autorin, die sich mit preisgekrönten Jugendbüchern in Finnland einen Namen gemacht hat. Sie arbeitet außerdem als literarische Übersetzerin sowie Rezensentin und Redakteurin für verschiedene finnische Zeitungen. Ihre Trilogie um Lumikki hat sie zu internationalem Erfolg geführt. "So rot wie Blut" erscheint in mehr als 40 Ländern. Foto © Karoliina Ek