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Mein junger Lover

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
351 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am02.03.20151. Auflage
Antonia ist es leid, nach sieben Jahren immer noch auf Chris' Scheidung von seiner Frau zu warten. Guten Worten hat sie lange genug geglaubt. Sie beschliesst, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und siehe da, es stellt sich heraus, dass es auch noch andere Männer auf der Welt gibt: zum Beispiel den jungen David von nebenan ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Annegrit Arens, freie Autorin, geb. 1950 in Köln, studierte Germanistik und arbeitete als Lehrerin.
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Produkt

KlappentextAntonia ist es leid, nach sieben Jahren immer noch auf Chris' Scheidung von seiner Frau zu warten. Guten Worten hat sie lange genug geglaubt. Sie beschliesst, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und siehe da, es stellt sich heraus, dass es auch noch andere Männer auf der Welt gibt: zum Beispiel den jungen David von nebenan ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Annegrit Arens, freie Autorin, geb. 1950 in Köln, studierte Germanistik und arbeitete als Lehrerin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105600078
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum02.03.2015
Auflage1. Auflage
Seiten351 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1591191
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Liebe, Zoff und zweimal Storno

Antonia wachte auf, sah auf ihren Wecker und dann auf den weiblichen Akt über ihrem Kopf. Kein Rasseln, kein Hämmern, nur samstägliche Stille. Sogar die sich räkelnde Schöne da oben wirkte noch schläfrig.

Spießer, dachte Antonia, alle miteinander, am Wochenende wurde brav geruht. Ihr neuer Nachbar pennte anscheinend auch. Totenstille ringsum, sogar das auf sieben Uhr programmierte Gedudel in Marks Zimmer versagte. Vor zwölf Uhr mittags war samstags sowieso nicht mit ihm zu rechnen, bis dahin waren es noch fast fünf Stunden.

Sie stand auf, verbot Chris, sie unter die Dusche zu verfolgen, und verfluchte ihn, weil sie dreimal das Wasser abstellen mußte, um festzustellen, daß das Telefon nicht läutete. Natürlich wäre sie nicht drangegangen, doch er hätte sich zumindest für seine gestrige Number-one-Nummer entschuldigen müssen. Das Telefon blieb jedoch stumm. Chris Bosse machte telepathisch gesteuerten Psychoterror - das kostete ihn nicht mal eine Gebühreneinheit bei der Telekom -, während er sich vermutlich von Clara Bosse seine eineinhalb Brötchen streichen ließ.

Irgendwann einmal hatte er herausgelassen, daß seine Frau sich von dieser ihr lieben Gewohnheit einfach nicht trennen mochte, und er sie gewähren ließ: «Sind doch nur die Brötchen!» Als Antonia ihn fragte, wie naiv er eigentlich sei, hatte er sie ausgelacht - «Naiv, ich?» - und war nicht einmal rot geworden, als sie ihn knallhart als Macho enttarnte, der seine Ehefrau noch während eines schwebenden Scheidungsverfahrens seine zweite Unterhälfte zu essen nötigte - er bevorzugte den Brötchendeckel - und parallel dazu an seiner Geliebten Liebesverrat übte.

Bei dem Gedanken an Brötchen rumorte es in Antonias Magen. Das Frust-Hunger-Loch meldete sich zur Stelle, worauf sie beschloß, trotz Neungangmenü und Mozartkugeln am Vorabend, zum Bäcker zu gehen. Irgendwie mußte sie die Zeit schließlich totschlagen.

Als sie mit einer großen Tüte Schokoladencroissants zurückkam, traf sie auf den Postboten, der ihr einige Briefe aushändigte und «Guten Hunger!» wünschte. Antonia zog automatisch den Bauch ein, murmelte etwas von «Marks Hungerattacken» und schlitzte noch im Hinaufgehen die Umschläge auf: Lauter Rechnungen, dazwischen zwei Postkarten für ihren Sohn, eine mit FKK-Motiv und die andere mit höchst zweideutigem Gruß an «das Trimmgerät im Untergeschoß» - seine Verehrerinnen sollten gefälligst auf die Moral eines städtischen Angestellten Rücksicht nehmen -, ganz zuletzt folgte ein Schreiben aus der Schweiz.

Antonia blieb mitten auf der Treppe stehen.

Gockhausen. Greifensee. Idylle pur. Seit sieben Jahren Inbegriff von allem, was sie sich an der Seite von Chris erträumte. Damit die Bestätigung für ein paar Traumtage nicht bei der ersten Frau Bosse landete, buchte immer Antonia. Diesmal nicht. Sie hatte es vergessen, was psychologisch betrachtet wohl ein Wink ihres Unterbewußtseins war. Oder von dem da oben. Antonia sah hoch, ihr Blick glitt in den Treppenschacht und blieb an der seit Wochen defekten Beleuchtung eine Etage höher hängen. Sie malte sich aus, wie allmächtiger Zorn sich über den Hausbesitzer und Chris Bosse und jeden verfluchten Ausbeuter ergösse.

Und wenn doch noch ein Hotelzimmer frei wäre? «Gib dem Glück noch eine Chance!» - der Titel war genauso schnulzig wie die Story des Romans, den sie sich nach dem letzten großen Streit mit Chris reingezogen hatte. Damals war es um das Klavier gegangen, das er seinem Sohn schenken wollte. Chris, Herr der großen Gesten. Nur daß die Klavierstunden und der Streß mit den Nachbarn an ihr hängenblieben. Ich mache Schluß, hatte sie gedacht, endgültig. Aber dann war ihr diese Oberschnulze in die Hände gefallen, Wink des Himmels, und tatsächlich hatte sich das Problem noch am gleichen Tag gelöst: Chris hatte seinen Filius an der Rheinischen Musikschule untergebracht, wo er für einen Spottpreis unterrichtet wurde und obendrein üben konnte.

Antonia riß den Umschlag auf und las. Von wegen zweite Chance! Die «Bonne Auberge» bedauerte es ganz außerordentlich, Madame und Monsieur Abels zum diesjährigen Osterfest nicht als Gäste begrüßen zu dürfen, die Reservierung sei zu spät eingetroffen, schlug Alternativen für Sommer, Herbst oder Winter vor und hatte keinen Schimmer, daß es keine Neuauflage der Idylle und noch nicht einmal einen Monsieur Abels gab, wenigstens nicht unter dieser Adresse.

Antonia sah sich um. Ihre Adresse: schäbig von den lindgrünen Metzgerkacheln an der Wand bis zu dem kackbraunen Handlauf, echt Plastik. Nichts für einen Chris Bosse. Der verlagerte sogar ihre wöchentliche Nummer in sein schniekes Hotel, wo der Portier gezielt an ihr vorbeisah, weil sie eben «Abels» und nicht «Bosse» hieß.Hatte sich was mit «Madame»! Antonia stauchte den Brief, die beiden Karten und die Rechnungen in ihren Händen zusammen, es knisterte, aber das kam nicht von der Post. Sie hatte sich die Bäckertüte unter den Arm geklemmt, Croissants waren von Natur aus bröselig, am besten frühstückte sie gleich mit dem Suppenlöffel.

Fast schon mit einem Gefühl der Genugtuung überzeugte sich Antonia in der Küche davon, daß sechs luftige Gebilde sich in Null Komma nichts in Vogelfutter verwandelt hatten. Das paßte. Nur eine echte «Madame» brauchte Teller und Besteck. Sie war keine, zum Beweis griff sie in die Tüte, quetschte ein paar Brösel zusammen und schob sie sich in den Mund, als gleichzeitig Telefon und Türgong anschlugen.

Antonia drehte den Kopf hierhin und dorthin, das Telefon war hartnäckiger, logisch, aber den Anrufer kannte sie, auf den konnte sie verzichten. Sie wischte sich über den Mund, dann über den bräunlich-fettigen Handrücken und steuerte die Haustür an. Wahrscheinlich war es ein fliegender Händler. Sie war genau in der richtigen Laune, um einem Schwätzer klarzumachen, daß man eine hart arbeitende Frau an ihrem wohlverdienten Wochenende nicht in aller Herrgottsfrühe zu belästigen habe.

Als sie nach dem Hörer der Sprechanlage griff, klopfte es draußen gegen das Türblatt. Die Dreistigkeit kannte keine Grenzen, die Dummheit ihrer Nachbarn offensichtlich auch nicht, irgendeiner mußte schließlich den Summer gedrückt haben. Antonia griff nach der Türklinke und malte sich aus, wie sie dem Werbefritzen eines obskuren Verlags - oder waren es diesmal die Zeugen Jehovas? - die Meinung sagen würde.

«Wenn Sie nicht sofort ...», setzte sie an und hustete. Ein verirrter Krumen, hoffentlich lief sie nicht rot an, puterrot war ihre Stärke, darin war sie unschlagbar.

«Sorry», sagte der junge Mann in ihr Husten hinein, «eigentlich wollte ich mich nur erkundigen, ob ich Sie heute morgen nicht schon wieder gestört habe.» Seine Hände betätigten eine unsichtbare Bohrmaschine.

«Nicht die Bohne.» Antonia keuchte, schluckte und überlegte krampfhaft, wie er hieß.Bei den beiden Begegnungen zwischen Tür und Angel war ihr doch glatt entgangen, wie flott ihr neuer Nachbar aussah. Kein Vergleich zu dem Nörgler davor, der schon gegen die Wand klopfte und «Ruhe» brüllte, sobald ihr Sohn den Schlüssel im Schloß drehte. Täte der hier nie, eher schon rockte er mit, wenn Mark seine Anlage dolby-surround-mäßig aufdrehte oder in die Tasten hieb. «Danke für die Brötchen gestern», fügte sie endlich hinzu.

Ein verschmitztes Lächeln glitt über das Gesicht vor ihr, gleichzeitig tauchte eine Bäckertüte auf. «Es gäbe Nachschub, viel zuviel für mich allein, Kaffee kochen kann ich auch», ein kurzes Atemholen, «sozusagen ein gutnachbarschaftliches Frühstück.»

«Also», sagte Antonia, «das ist sehr nett», sie wischte sich über den Mund, Pawlowscher Reflex, wenigstens sabberte sie nicht. Was sagte der «Knigge» zum Mahlhalten zwischen ledigen Hausgenossen? Oder war ihr neuer Nachbar schon in festen Händen? «Aber Sie sind bestimmt ...», es gelang ihr in letzter Sekunde, das «verheiratet» hinunterzuschlucken.

«In Eile?» assistierte ihr Gegenüber.

Antonia nickte dankbar.

«Bin ich nicht, ganz bestimmt nicht. Ich kenne keine Menschenseele in dieser Stadt, am Montag beginnt mein neuer Job, Sie täten quasi ein gutes Werk.» Er schwenkte die Tüte. «Meine Eier sind übrigens auch traumhaft, bevorzugen Sie weich oder mittel?»

«Mittel», antwortete Antonia, «ich muß nur noch schnell eben ...»

Sie raste in ihre Küche, drehte dem erneut lostutenden Telefonapparat in der Diele eine lange Nase, kippte ihre eigene Tüte aus der Bäckerei über dem Fensterbrett aus - das reinste Festmahl für Piepmätze - und drapierte einen Zettel für Mark neben dem Tuten. In einer knapp fünfzig Quadratmeter kleinen Wohnung mußte selbst ein Siebenschläfer von diesem stereotypen Sound über kurz oder lang wachgerüttelt werden und könnte auf die telefonische Frage nach Antonia mitteilen, daß diese sich derzeit mit dem neuen Nachbarn an frischen Brötchen und Traumeiern labe. Chris würden die Ohren klingen!

Im Bad zögerte sie kurz, ob sie ein flottes T-Shirt anziehen sollte, begnügte sich dann aber mit einem besser formenden BH Typ Maidenform, Lippenstift und einem Hauch Parfüm.

«Lolita», sagte der junge Mann nebenan - laut Klingelschild hieß er D. Fink.

Antonia wollte schon protestieren, als ihr einfiel, daß dies der Name des Duftes war. Ein Geschenk ihres Sohnes zu Weihnachten. Chris behauptete, daß Gehäuse und Inhalt von «Lolita» entschieden besser zu einer von Marks Gespielinnen paßten. «Exakt», sagte sie.

«Genau meine Richtung», darauf er.

«Auwei!»...
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