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Die Windsbraut

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
464 Seiten
Deutsch
Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am08.11.20131. Auflage
Um sich aus der engen Welt der Wiener Maler, Modelle und Sammler zu lösen, heiratet die junge Serena, angeblich eine illegitime Tochter des Malers Gustav Klimt, den Hamburger Schiffbauer Rudolf Max Magnussen. Einen Mann mit internationalen Beziehungen und einem besten englischen Freund, der auch in Serenas Leben bald eine wichtige Rolle spielt. Sie ahnt nicht, dass sie sich dadurch in eine noch größere Enge begibt. Auf der Elbinsel, wo sich alles nur um Schiffe, um Geschäfte dreht, flüchtet sie sich in Phantasien und Träume. Doch der Zweite Weltkrieg, der auch von den Schiffbauern dramatische Entscheidungen verlangt, setzt ihren Spielen ein Ende. Erst ihre Tochter Nana, die auf der Werft aufwächst, wird sich aus den von der Mutter geknüpften Abhängigkeiten lösen können. Sie wird das alte Spiel um Liebe, um Besitz und Macht selbst in die Hand nehmen.

Helga Hegewisch, geb. 2. Februar 1931, in Hamburg, ist eine deutsche Schriftstellerin und Kunstsammlerin. Helga Hegewisch studierte Theologie und Germanistik an den Universität Lausanne und der Universität Hamburg. Sie schrieb Fernsehspiele und Kinderbücher und baute ab 1954 mit ihrem ersten Ehemann Klaus-Bernt Hegewisch eine Kunstsammlung auf. 1976 verließ sie Deutschland und fing als Journalistin ein neues Leben an. Von 1977 bis 1985 war sie mit ihrem Ehemann Melvin Lasky Mitherausgeberin der Zeitschrift Der Monat. Von 1999 bis 2006 veröffentlichte sie Historische Romane.
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Produkt

KlappentextUm sich aus der engen Welt der Wiener Maler, Modelle und Sammler zu lösen, heiratet die junge Serena, angeblich eine illegitime Tochter des Malers Gustav Klimt, den Hamburger Schiffbauer Rudolf Max Magnussen. Einen Mann mit internationalen Beziehungen und einem besten englischen Freund, der auch in Serenas Leben bald eine wichtige Rolle spielt. Sie ahnt nicht, dass sie sich dadurch in eine noch größere Enge begibt. Auf der Elbinsel, wo sich alles nur um Schiffe, um Geschäfte dreht, flüchtet sie sich in Phantasien und Träume. Doch der Zweite Weltkrieg, der auch von den Schiffbauern dramatische Entscheidungen verlangt, setzt ihren Spielen ein Ende. Erst ihre Tochter Nana, die auf der Werft aufwächst, wird sich aus den von der Mutter geknüpften Abhängigkeiten lösen können. Sie wird das alte Spiel um Liebe, um Besitz und Macht selbst in die Hand nehmen.

Helga Hegewisch, geb. 2. Februar 1931, in Hamburg, ist eine deutsche Schriftstellerin und Kunstsammlerin. Helga Hegewisch studierte Theologie und Germanistik an den Universität Lausanne und der Universität Hamburg. Sie schrieb Fernsehspiele und Kinderbücher und baute ab 1954 mit ihrem ersten Ehemann Klaus-Bernt Hegewisch eine Kunstsammlung auf. 1976 verließ sie Deutschland und fing als Journalistin ein neues Leben an. Von 1977 bis 1985 war sie mit ihrem Ehemann Melvin Lasky Mitherausgeberin der Zeitschrift Der Monat. Von 1999 bis 2006 veröffentlichte sie Historische Romane.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783955302795
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum08.11.2013
Auflage1. Auflage
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1724179
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Serena war sehr schön. Sie hatte drei Väter.

Albert, der Kohlenhändler, dessen Namen sie trug, war grobschlächtig, und seine wenig markanten Gesichtszüge verschwanden nicht nur unter Kohlenstaub, sondern mehr noch unter Fettpolstern.

Der Maler Gustav Klimt, den sich ihre Mutter zum Kindsvater erkoren hatte, ähnelte mit seiner gedrungenen Gestalt, dem kurzen Hals und den zusammengekniffenen Äuglein eher einem pfiffigen Bauarbeiter als einem Adonis. Und Hugo ten Broich, Serenas »bester Vater«, sah aus wie ein frühzeitig gealterter Don Quijote.

Herma, ihre Mutter hingegen hatte schlanke Waden, extrem lange, feste Oberschenkel, einen Hintern, der laut Klimt intelligenter war als bei den meisten Mädchen das Gesicht, und einen zierlichen runden Busen, der während der Schwangerschaft noch schöner wurde. Eine Idealfigur. Dazu zarte Handgelenke und dünne Finger und nicht nur auf dem Kopf üppige rotblonde Haare. Das Gesicht jedoch ließ zu wünschen übrig, die Nase war zu kräftig, der Mund zu schmal, das Kinn zu lang, wären da nicht ihre Augen gewesen, groß und blau, zwar oft verschleiert, doch von geheimnisvoller Intensität. Vermutlich hat Athene, die Göttin mit den blauen Augen und dem Kuhblick, ihre Partner und Opfer auf ähnliche Weise fixiert. Allerdings dürfte die sich ihrer Wirkung bewusster gewesen sein als Herma.

An einem nasskalten Montag im Februar des Jahres 1902 ging Herma zum ersten Mal, geschoben und gezogen von ihrer Freundin Caroline, in die Modellbörse der Wiener Kunsthochschule.

Was sie zu tun beabsichtigte, passte nicht zu ihrem Leben. Sie wusste, was sich gehörte, sie hatte Prinzipien. Albert, ihr Ehemann, würde einen Wutanfall kriegen, wenn er davon erführe.

Herma war ganz steif vor Aufregung.

»Ich sollt aber nicht hier sein«, flüsterte sie immer wieder.

Caroline, die sehr viel Jüngere, aber offenbar Erfahrenere, rollte die Augen gen Himmel.

»Bist aber hier«, sagte sie, »und du weißt auch, warum. Willst dein eigenes Geld, willst dein eigenes Leben. Willst was aus dir machen.«

»Aber der Albert ...«

»Der Albert hat auch sein eigenes Leben. Geht einen trinken, wenn er Lust drauf hat. Und manchmal sitzt er nach der Kohlenlieferung an das Palais Katz unten in der Küche und macht der Mamsell schöne Augen. Und die revanchiert sich dann mit einem Kaffee.«

»Der Albert ist ein Mann.«

»Und du bist eine schöne Frau. Bloß merkt das keiner, weil du dich ja nie so recht herzeigst. Und natürlich auch, weil der Albert keinen Blick für Schönheit hat und dich behandelt wie ein Möbelstück, wie ...«, Caroline hielt einen Moment inne, »na, sagen wir mal wie eine alte Couch, auf der er jeden Abend nach der Arbeit ein paar Liegestütze macht.«

»Abends nie«, flüsterte Herma, »immer nur morgens, wenn ich noch nicht ganz aufgewacht bin.«

Caroline lachte. »Na, komm schon, gehen wir ein Stück den Flur entlang. Oder die Treppe rauf und runter, damit man sehen kann, wie du dich bewegst. Und die Schultern zurück und den Hals lang machen. Wenn einer Interesse an dir findet, dann nicht etwa zusammenknicken und den Kopf senken, sondern ihm direkt in die Augen schauen, denn er muss unbedingt sehen, was für einen Blick du hast.«

»Wieso Blick? Ich dachte, der will ... also dem geht´s nur um die Figur. Um das rein Körperliche, dachte ich.«

»Klar geht´s ihm darum. Aber das reicht eben nicht.«

»Jesus Maria, was denn noch?«

»Der braucht was Innerliches. Was, das ihn inspiriert - sagt er. Und die Augen sind nämlich das Schaufenster der Seele - sagt er auch. Und ich sag, dass deine Augen ganz was Besonderes sind, und der Blick, den du manchmal hast ... also, wenn du´s heute schaffst, deinen Augen genau diesen Blick zu geben, du weißt schon, also dann wird er nicht anders können, er muss ins Geschäft kommen mit dir.«

»Ich hätt nicht herkommen sollen«, sagte Herma weinerlich. »Das Ganze ist ein Unding. Ist irgendwie pervers.«

»Ja, ja, das hast du schon hundertmal gesagt, bist aber trotzdem mitgegangen. Sieh mal, da kommt er.« Sie deutete den Gang entlang, wo beim Treppenabsatz zwei Männer auftauchten, ein junger, magerer mit tief liegenden dunklen Augen und ein untersetzter, bärtiger, der eine Mappe unter dem Arm trug. »Und er ist nämlich nur hier, weil ich ihn gebeten hab. Aber es ist ihm grad recht so gekommen. Caroline , hat er gesagt, ich braucht mal was Neues. Das, was sich hier bei mir so zeigt, das kenn ich zu gut, nichts Überraschendes mehr. «

Caroline hüpfte auf die beiden Männer zu und stellte sich ihnen in den Weg. Herma blieb zurück, umklammerte das Treppengeländer.

»Ich hab sie also hergebracht«, sagte Caroline und lachte grundlos. »War gar nicht so einfach. Sie hat partout nicht gewollt. Erst als ich ihr gesagt hab, dass sogar der Kaiser zu Ihnen ins Atelier kommt, da hat sie sich´s anders überlegt.«

Die beiden Männer blieben stehen. »Nicht zu mir ins Atelier«, sagte der ältere, »in die Sezession ist er gekommen, der Kaiser. Und auch nur ein einziges Mal.«

»Ist doch egal«, sagte Caroline. »Hauptsache, dass.«

»Ist leider nicht egal. Könnt man dem Kaiser ein echtes Interesse nachweisen, ihn vielleicht gar bereden, ein paar Bilder zu kaufen - ja, das war dann schon was. Und wen hast du mir eigentlich hergebracht?«

»Sie haben gesagt, Sie bräuchten was Neues. Da steht sie.«

Der Blick des Malers folgte Carolines ausgestrecktem Finger, der auf Herma deutete. »Die da?«

Caroline nickte eifrig.

»Was hat sie denn an Erfahrung?«

»Nix.«

»Und warum sollte ich mich für sie interessieren?«

»Wegen die Augen. Und was nützt denn Erfahrung, wenn man keinen guten Körper hat. Aber die da, die hat einen. Und sie könnt auch ein Zubrot gebrauchen.«

»Ist sie denn in Not?«

»Nein, ist sie eigentlich nicht. Aber ihr Mann ist ein Geizhals.«

»Verheiratet ist sie also auch. Und was sagt der Mann, wenn sie ins Atelier kommt?«

»Er wird´s nicht wissen.«

»Ich will aber keinen Ärger.«

»Kriegen S´ auch nicht, ich garantier. Der Mann ist den ganzen Tag bei der Arbeit und abends in der Kneipe.«

»Was Professionelles war mir aber lieber. Da sind doch genug andere. Ich brauch ja bloß in die Nissenstraße zu gehen.«

Der junge Gefährte, der mit dem eingefallenen Hungergesicht, war inzwischen weitergegangen. Vor Herma blieb er stehen, sehr nah. Er starrte sie an. Herma sackte in sich zusammen, doch dann erinnerte sie sich an das, was Caroline ihr eingeschärft hatte, sie hob den Kopf, streckte sich, machte einen langen Hals und starrte dem Mann, den sie für den berühmten Kunstmaler Klimt hielt, mit ihren herausfordernd blicklosen Augen ins Gesicht.

»Jesus und Maria«, sagte der Mann, wandte sich ab und ging zurück. »Wenn ich du wäre, ich tät´s probieren. Augen hat das Mädel ...«

»Und einen Hintern hat sie auch!«, fiel Caroline ein.

»Na gut, dann bring sie mir. Ein Versuch kann ja wohl nicht schaden.«

»Wann?«

»In zwei Stunden bin ich zurück im Atelier.«

So wurde Herma ein Klimt-Modell und hat später durch ein sehr ungewöhnliches Aktbild eine gewisse Berühmtheit erlangt. Dabei hat sie sich anfangs aufgeführt, als wollte man ihr die Haut abziehen.

Im Zimmer neben dem Atelier saßen immer ein paar von den Mädchen herum, die darauf warteten, dass Klimt sie brauchen könnte. Manche in Kleidern, manche nackt, manche in ein Tuch gehüllt. Ins Atelier durften sie erst, wenn sie gerufen wurden. Der Maler selbst jedoch kam oft ins Nebenzimmer - um sich zu erholen. Vor allem, wenn im Hauptatelier eine feine Dame zur Sitzung erschienen war, eine von den jüdischen Jour-Damen, wie er sie hinter vorgehaltener Hand nannte, vermutlich als Unterscheidung von jenen, die ihm gelegentlich die Nächte versüßten. Die Porträt-Sitzungen strengten ihn an, oft hatte er Schweißtropfen auf der Stirn. Kam er dann nach nebenan, setzte er sich nicht etwa und ruhte sich aus, ganz im Gegenteil. Er lehnte seinen großen Skizzenblock an die Staffelei und zeichnete, zeichnete wie besessen, ganze Figuren, einzelne Gliedmaßen, einen gerüschten Saum, Kringellocken über einem Ohr, zeichnete abwechselnd mit der rechten und der linken Hand, das war so, als müsste er sich nach dem Krampf mit der in ihrer Pose erstarrten Jour-Dame nun wieder gelenkig machen.

Anfangs schaute Klimt an Herma vorbei, doch dann beschäftigte er sich - wie nebenher - mit ihr. »Greif dir mal mit der Rechten ins Haar«, sagte er und zeichnete ihr Profil, die Schulter und einen Teil des hochgestreckten Armes. Oder: »Hock dich hier auf den Stuhl, zieh die Knie hoch und leg die Arme um die Beine. Gut so, beweg dich nicht.« Und manchmal sagte er ihr auch, dass sie erst einmal ihre eigene Schönheit begreifen müsse, um die anderen Menschen davon zu überzeugen.

Bald hatte Herma das Gefühl, der Zeichenstift würde zu einem Zauberstab: Hatte der Magier einen Teil von ihr aufs Papier gebannt, dann waren ihr Hals oder ihr gebeugtes Knie oder ihr langer, dünner Oberschenkel tatsächlich schön geworden. Indem sie die Schönheit der Zeichnung erkannte, wurde ihr die eigene bewusst. Dass sie sich daraufhin in Klimt verliebte, war nur eine natürliche Folge dieser Entwicklung.

Ein paar Mal schlief er auch mit ihr, wie mit vielen seiner Modelle. Doch als Herma dann schwanger wurde und behauptete, das Kind sei von ihm, da lachte er nur und sagte: »Aber du bist doch verheiratet!«

Herma bemühte sich um...
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