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Johanna Romanowa

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
462 Seiten
Deutsch
Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am08.11.20131. Auflage
»Geschickt verwebt die Autorin Fakten mit Fiktionen und versteht es wunderbar, auch ihren erfundenen Protagonisten Leben einzuhauchen ... Hollywood-Kino im Buchformat!« (Brigitte) Als Peter der Große durch Europa reist, trifft er 1697 in Neuruppin auf die Hebamme und Heilerin Johanna, deren ungewöhnlicher Auftritt ihn tief beeindruckt. Da weiß er noch nicht, dass in Russland gemunkelt wird, sie und nicht er sei das spät geborene Kind des letzten Romanow-Zaren. Beide sind Menschen des Aufbruchs, beide sind eigenwillig und stark, beide sind fasziniert von dem leidenschaftlichen Gefühl, das sie füreinander empfinden. Und doch wird Peter, der rätselhafte Mann mit den zwei Gesichtern, Johannas Glück für immer im Wege stehen.

Helga Hegewisch, geb. 2. Februar 1931, in Hamburg, ist eine deutsche Schriftstellerin und Kunstsammlerin. Helga Hegewisch studierte Theologie und Germanistik an den Universität Lausanne und der Universität Hamburg. Sie schrieb Fernsehspiele und Kinderbücher und baute ab 1954 mit ihrem ersten Ehemann Klaus-Bernt Hegewisch eine Kunstsammlung auf. 1976 verließ sie Deutschland und fing als Journalistin ein neues Leben an. Von 1977 bis 1985 war sie mit ihrem Ehemann Melvin Lasky Mitherausgeberin der Zeitschrift Der Monat. Von 1999 bis 2006 veröffentlichte sie Historische Romane.
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Produkt

Klappentext»Geschickt verwebt die Autorin Fakten mit Fiktionen und versteht es wunderbar, auch ihren erfundenen Protagonisten Leben einzuhauchen ... Hollywood-Kino im Buchformat!« (Brigitte) Als Peter der Große durch Europa reist, trifft er 1697 in Neuruppin auf die Hebamme und Heilerin Johanna, deren ungewöhnlicher Auftritt ihn tief beeindruckt. Da weiß er noch nicht, dass in Russland gemunkelt wird, sie und nicht er sei das spät geborene Kind des letzten Romanow-Zaren. Beide sind Menschen des Aufbruchs, beide sind eigenwillig und stark, beide sind fasziniert von dem leidenschaftlichen Gefühl, das sie füreinander empfinden. Und doch wird Peter, der rätselhafte Mann mit den zwei Gesichtern, Johannas Glück für immer im Wege stehen.

Helga Hegewisch, geb. 2. Februar 1931, in Hamburg, ist eine deutsche Schriftstellerin und Kunstsammlerin. Helga Hegewisch studierte Theologie und Germanistik an den Universität Lausanne und der Universität Hamburg. Sie schrieb Fernsehspiele und Kinderbücher und baute ab 1954 mit ihrem ersten Ehemann Klaus-Bernt Hegewisch eine Kunstsammlung auf. 1976 verließ sie Deutschland und fing als Journalistin ein neues Leben an. Von 1977 bis 1985 war sie mit ihrem Ehemann Melvin Lasky Mitherausgeberin der Zeitschrift Der Monat. Von 1999 bis 2006 veröffentlichte sie Historische Romane.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783955302818
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum08.11.2013
Auflage1. Auflage
Seiten462 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3706 Kbytes
Artikel-Nr.1724762
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
KAPITEL 1

Johanna Wolters war eine Hexe.

Auf den ersten Blick konnte man nichts Besonderes an ihr erkennen - sie war mittelgroß, mittelkräftig, kaum mehr als mittelschön, sie hatte feste Hände, eine schmale Taille und stabile Beine. Das einzig Auffallende war vielleicht, dass sie gelegentlich vor sich hin redete, dies jedoch nur, wenn sie sich allein wähnte.

Ihr Lebenswandel ließ jedoch zu wünschen übrig: Obgleich Tochter eines ehrsamen Handwerkermeisters und dazu noch Witwe des Lehrers Wolters, der vielen Neuruppiner Kindern das Lesen und Schreiben beigebracht hatte, hielt sie engen Kontakt mit dem Abdecker, der sich auf dem Schindanger um die Häutung und Beseitigung der Tierkadaver kümmerte, und vor allem mit den beiden Totenwäscherinnen, von denen die jüngere, Katharina Wiesner, sich angeblich gegen Geld erbot, die heimlichen Abgänglein der Unverheirateten in einer verborgenen nördlichen Ecke des Stadtfriedhofes zu begraben.

Doch trotz dieser anrüchigen Beziehungen wurde Johanna keineswegs immer und von jedermann als Hexe angesehen, letztlich wohl nur von denjenigen, die ihrer Hilfe gerade nicht bedurften. Für die Bedürftigen hingegen war sie die Heilerin, die weise Frau, das galt für die Mutterschaftssehnsüchtigen ebenso wie für die Mutterschaftsüberdrüssigen, für die Weiber mit unfruchtbarem und vor allem für die mit dem allzu fruchtbaren Schoß. Außerdem war sie - Hexenkunst hin und her - die einzige Hebamme im Ruppiner Land, unter deren Händen noch nie ein Kind bei der Geburt oder kurz danach gestorben war. Allerdings nahm man ihr übel, dass sie ihre Geburtshilfe an feste Bedingungen knüpfte: Während der letzten Monate der Schwangerschaft verlangte sie von den Frauen wöchentliche Visitationen in ihrem Haus, wo sie sich ein Behandlungszimmer eingerichtet hatte. Und auch die eigentliche Geburt hatte dorten stattzufinden, wobei anderen Menschen, ob Männern oder Frauen, der Zutritt streng untersagt war. Es erforderte von einer Schwangeren schon einigen Mut, sich in Johanna Wolters´ Hände zu begeben.

In den dunklen Jahrhunderten zwischen Altertum und Mittelalter wäre so eine wie Johanna vermutlich als weise Frau in der ganzen Region hoch geehrt gewesen, als Kennerin und Hüterin vor allem der weiblichen Geheimnisse. Im Mittelalter allerdings, als durch Kriege und Pest die Bevölkerung stark dezimiert worden war und die Landesherrn dringend Nachschub an Soldaten und Leibeigenen brauchten, wäre sie wohl auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.

Jetzt, in den Jahren des Aufbruchs in die Moderne, fühlte sich das protestantische Neuruppin zwar erhaben über den Aberglauben und die Praktiken des Mittelalters, also ließ man die Hexe leben, ging ihr jedoch bei Tageslicht besser aus dem Weg und schlich sich erst nach Sonnenuntergang in ihr Haus, das am westlichen Rande der Stadt lag.

Für eine weise Frau war Johanna noch reichlich jung. In diesem Jahr des Herrn 1697 wurde sie sechsundzwanzig Jahre alt, doch war sie schon als Kind, anstatt zu spielen oder der Mutter im Haus zur Hand zu gehen, in den Wiesen und Wäldern herumgestrolcht, um bestimmte Kräuter, Wurzeln, Beeren und vor allem die Webfäden der großen Waldspinne einzusammeln.

Nach ihrer frühen Heirat und der Geburt ihres Sohnes Alexander, die dem Vernehmen nach schwer und langwierig gewesen war und nur durch einen beherzten Bauchschnitt des Medicus Dr. Heinrich Ansbach zu einem guten Ende geführt werden konnte, hatte sie sich dann mit aller Kraft auf das Erlernen medizinischen Wissens geworfen. Dass die Universitäten den Frauen verschlossen waren und ihnen der Umgang mit der Wissenschaft, vor allem mit der Medizin, verboten war, schien Johanna in ihrem Wissensdrang nicht sonderlich behindert zu haben. Klar, sagten die Leute, sie könne sich ja auf höhere Mächte als auf die der brandenburgischen Justiz beziehen - auf dunkle Mächte! Der Teufel handele durch das Weib, und im Leiden, zumal im Geburtsleiden der Frauen, habe man eine gottgegebene Möglichkeit zu sehen, sich von der Ursünde zu befreien.

Weibliches Wissen, auch wenn man es gelegentlich gut gebrauchen konnte, war vom Teufel inspiriert.

Am siebzehnten August 1697 stand Johanna am Rande der großen Durchgangsstraße und wartete auf die russische Reisegesellschaft, die den Neuruppinern von Fürstenberg her angekündigt worden war. An die zweihundert Männer sollten da unterwegs sein, zu Fuß, zu Pferde, im Reisewagen. Mehr als dreißig vierspännige Kutschen waren gezählt worden, dazu mindestens zehn sechsspännige Frachtwagen und fünfzig oder hundert oder noch mehr Ersatzpferde. Und mitten unter dieser bunten Schar sollte sich Pjotr Alexejewitsch Romanow befinden, der Zar aller Reußen. Er reiste inkognito, aber da die Kunde von seinem angenommenen Namen Pieter Michailowitsch wie auch die Beschreibung seiner Riesengestalt - mindestens zwei Meter zehn sei er lang - dem Zug von Ort zu Ort voraneilte, konnte es mit dem Inkognito nicht allzu weit her sein.

Johanna wartete zwar gemeinsam mit hunderten anderer Neuruppiner, doch stand sie in dem Gedränge sichtbar isoliert, als hätte sie einen magischen Kreis um sich gezogen. In ihrer unmittelbaren Nähe befanden sich nur ihr siebenjähriger Sohn Alexander, den alle Schura nannten, und die alte Kinderfrau Olga, die ihren Arm um Johannas Schultern gelegt hatte. Besitzergreifend und dabei doch vor allem sich selbst stützend. Johanna trug ein schlichtes schwarzes Kleid, hatte jedoch statt der gebotenen Witwenhaube ein weißes Tuch um ihren Kopf geschlungen, wodurch sie ein wenig nonnenhaft wirkte.

Es war ein heißer Augusttag. Die Menschen, von denen einige sich in ihre Festtagsgewänder gezwängt hatten, schwitzten. Johanna öffnete die beiden oberen Knöpfe ihres Witwenkleides und rollte die Ärmel hoch. Daraufhin beugte sich Olga zu dem kleinen Alex und sagte auf Russisch: »Geh, Schura, hol der Mama ihren Schirm.«

Der Knabe weigerte sich: »Ich muss hier stehen bleiben, sonst könnte ich noch den Zaren verpassen!«

»Dann geh ich eben selber«, greinte Olga, »ich altes Weib mit meinen krummen Füßen.«

Johanna hielt ihre Hand fest. »Lass doch, Babuschka, ich brauch keinen Schutz. Die Sonne tut mir gut.«

»Was weißt denn du, was dir gut tut!«

Seufzend und ärgerlich vor sich hin babbelnd, humpelte Olga davon. Das silberne Doppelkreuz, das ihr wie immer vor dem eingefallenen Busen hing, schaukelte im Takt ihrer Schritte hin und her. Nach zehn Minuten war sie zurück und breitete einen großen schwarzen Sonnenschirm über Johanna. Die Menschen rundherum spotteten: »Das Zuckerpüppchen könnte ja sonst wegschmelzen. Dabei ist es doch an sehr viel heißeres Feuer gewöhnt.«

Johanna ließ das hämische Gerede der Leute ebenso stoisch über sich ergehen wie Olgas Überfürsorge. Sie sagte nur: »Wenn du das Ding so hältst, wirst du noch einen lahmen Arm kriegen.«

»Besser mein Arm als dein Kopf!«, sagte Olga.

In diesem Moment tauchten vor der Altruppiner Kirche die ersten Reiter auf. Schwere Pferde, bunt gekleidete Menschen mit seltsamen Kopfbedeckungen. Manche Männer trugen einen eleganten Dreispitz, andere schlichte Filzkappen, und zwei oder drei hatten ihre Köpfe sogar trotz der Sonnenhitze mit dicken, runden Fellmützen bedeckt. Der Zug bewegte sich nur langsam vorwärts, offenbar richteten sich die Vorreiter nach dem Tempo der vielen Fußgänger, die hinter den Reitern und vor den Wagen und Kutschen das Kernstück der Gruppe bildeten.

Als der Zug heran war, fing Olga vor Rührung an zu weinen. »O heiliges Mütterchen Russland«, schnaufte sie, »warum nur hab ich dich verlassen!«

»Nimm dich zusammen, Babuschka«, fuhr Johanna die Alte an, »wenn du wirklich nicht weißt warum, dann kannst du dich ja dem Tross anschließen und zurückgehen.«

Sogleich war Olga still.

Direkt hinter den Vorreitern kam ein festlich geschmückter Leiterwagen, auf dem sich zehn oder zwölf Zwerge befanden, gekleidet wie für einen höfischen Ball. Sie grüßten leutselig, als wären sie regierende Fürsten, und die kleinen Damen warfen Kusshändchen.

Der sehr viel schmalere zweite Wagen war ungeschmückt und machte kaum mehr her als ein armseliger Leichenwagen. Auf einem Thron aus grob zusammengefügten Brettern saß ein buckliger Narr mit Schellen an der Mütze und der Narrenklatsche in der Hand. Rechts und links von ihm hockten zwei weitere Gestalten, halb verborgen unter großen Säcken. Alle zwei, drei Minuten stieß der Narr ein scharfes Gelächter aus und zog ihnen für einen kurzen Moment die Säcke von den Köpfen. Zum Vorschein kamen zwei grausige Missgeburten, der einen hing eine handgroße Zunge aus dem Mund, mit der sie sich sabbernd über das plattgedrückte Gesicht fuhr, die andere hatte eine Schweinenase und anstelle des rechten Auges ein großes, violett glänzendes Geschwür.

Die Zuschauer schrien auf bei dem Anblick, und nur wenige Mutige, zu denen auch Johannas kleiner Sohn gehörte, wagten ein hämisches Gelächter. Ärgerlich wies Johanna ihr Kind zurecht. »Über das Unglück anderer Leute lacht man nicht!«

»Warum denn sonst hat der Zar sie uns mitgebracht?«

»Um uns an die finsteren Seiten des Lebens zu erinnern!«

»Olga hat aber gesagt, dass es im Leben eines Zaren keine Finsternis gibt.«

Aufgeregt zappelte er an ihrer Hand. »Wann kommt denn der Zar«, rief er ein ums andere Mal, »ich will endlich den russischen Zaren sehen.«

Ein Mann hinter Johanna hatte sich auf einen Stuhl gestellt. »Da kommt er«, schrie er begeistert, »er ist mindestens drei Köpfe größer als alle anderen, und er geht zu Fuß!«

»Bist nicht ganz gescheit, drei Köpfe...
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