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Mit meinem ganzen Leben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
HarperCollinserschienen am05.12.20161. Auflage
Rora kehrt gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter in das idyllische Hastings zurück, um ihren Vater zu pflegen. Dort sieht sie Carl wieder, den ersten Mann, der ihr jemals etwas bedeutet hat. Ein schicksalhafter Tag vor vielen Jahren hat das junge Paar damals auseinandergerissen. Seitdem ist das einzige, was die beiden noch verbindet, ein grausames Geheimnis. An der Klippe in Hastings, an der Roras Leben eine dramatische Wende nahm, zeigt sich nun, ob es für sie beide noch einen Weg geben kann.


Madeleine Reiss wurde in Athen geboren und arbeitete viele Jahre als Journalistin. Mittlerweile lebt sie zusammen mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Cambridge. Mit meinem ganzen Leben ist ihr zweites Buch.
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Produkt

KlappentextRora kehrt gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter in das idyllische Hastings zurück, um ihren Vater zu pflegen. Dort sieht sie Carl wieder, den ersten Mann, der ihr jemals etwas bedeutet hat. Ein schicksalhafter Tag vor vielen Jahren hat das junge Paar damals auseinandergerissen. Seitdem ist das einzige, was die beiden noch verbindet, ein grausames Geheimnis. An der Klippe in Hastings, an der Roras Leben eine dramatische Wende nahm, zeigt sich nun, ob es für sie beide noch einen Weg geben kann.


Madeleine Reiss wurde in Athen geboren und arbeitete viele Jahre als Journalistin. Mittlerweile lebt sie zusammen mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Cambridge. Mit meinem ganzen Leben ist ihr zweites Buch.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959676090
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum05.12.2016
Auflage1. Auflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1926021
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
KUSS 2

Die Erde öffnete sich unter ihren Füßen, und sie war verloren.

9. Juli 1996

Nach ihrem Kuss im Wald schienen sie und ihre Klassenkameraden es für ganz selbstverständlich zu halten, dass Rora und Carl ein Paar waren. Die beiden verbrachten jede Mittagspause zusammen, und da Carl nie eigenes Essen dabeihatte, teilte Rora häufig die riesigen Doppeldecker-Sandwiches mit ihm, die Isobels Spezialität waren. Die Leute gewöhnten sich daran, sie nah aneinandergeschmiegt und ins Gespräch vertieft mit gesenkten Köpfen vorbeigehen zu sehen. Da Hannah ihre Freundin nun teilen musste, die sie vorher immer für sich allein gehabt hatte, war sie erwartungsgemäß abweisend zu Carl.

Ich kann seine Allüren nicht ertragen , sagte sie eines Tages hochmütig, als sie mit Rora zusammen nach Hause ging. Sie war ganz vernarrt in das Wort Allüren und benutzte es in allen möglichen Zusammenhängen, vor allem, wenn sie von ihrem leidenschaftlichen Verlangen nach Mr. Brampton sprach, ihrem Physiklehrer, der morgens mit dem Motorrad zur Schule kam, von Kopf bis Fuß in eine ziemlich alberne Lederkluft gehüllt. Er wohnte nur zehn Minuten entfernt, und Rora fand, dass er sich für den kurzen Weg wirklich nicht kleiden musste, als nähme er am Grand Prix teil.

Carl versteht mich , sagte Rora und fügte, als sie sah, wie Hannah ein langes Gesicht machte, eilig hinzu: Du verstehst mich auch. Aber du hast eine Million Leute in deiner Familie, und Carl ist ein wenig einsam, genau wie ich.

Er ist beängstigend unreif , sagte Hannah und verabschiedete sich mit einem Kopfnicken, als sie in ihre Straße einbog. Und ein bisschen zwielichtig , fügte sie im Weggehen boshaft hinzu.

Was habt ihr nur so viel zu bereden? , fragte eine Lehrerin, irritiert davon, dass Carl und Rora wieder einmal während des Unterrichts miteinander flüsterten, statt sich auf die kreuzweise geschnürten Strumpfbänder von Shakespeares Held Malvolio zu konzentrieren.

Gar nichts , sagte Rora, die bis zu ihrer Verbindung mit Carl verlässlich fleißig und aufmerksam gewesen war, doch inzwischen regelmäßig für ihr Reden im Unterricht und ihre Unaufmerksamkeit gerügt wurde.

Ich hab angefangen , sagte Carl und verschwand ein Stück in dem Kragen seines grauen Schulhemdes. Da er bereits als Störenfried bekannt war, hatte er nichts zu verlieren und nahm Rora gerne aus der Schusslinie.

Samstags, wenn sie aus dem Haus schlüpfen konnte, ohne zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, traf sie sich mit Carl, und zusammen liefen sie die steilen Stufen zum Café auf dem West Hill hinauf, wo sie zwei Stunden bei einer Cola saßen. Von dieser hohen Warte aus, mit dem Ausblick über die Stadt und auf das Meer, fühlten sie sich, als würde ihnen die ganze Welt gehören. Manchmal folgten sie den Wanderwegen des Naturschutzgebiets oberhalb der Stadt und nahmen dann hinunter zum Strand einen abschüssigen, gefährlichen Pfad, den sie entdeckt hatten. An dessen Ende mussten sie nur darauf achten, den FKK-Anhängern mit ihren seltsam geformten Hüten und grauenvollen Sandalen aus dem Weg zu gehen. An anderen Tagen schlugen sie ihr Lager in der verlassenen Hütte am Ende der Klippe auf, einer alten Aussichtswarte, die nun Liebespaaren, Kaninchen und dem Wind überlassen war, der vom Meer her durch das offene Fenster hereinwehte.

Wenn das Wetter sehr schlecht war, suchten sie Zuflucht auf dem Vergnügungspier. Der notdürftig zusammengeflickte Steg, von dem aus man einen guten Blick auf Pelham Crescent und die Burg darüber hatte, war für Rora in ihrer Kindheit immer ein glamouröser und aufregender Ort gewesen. Ein Jahr zuvor hatte ihn ein heftiger Sturm beschädigt, und nun stand der Pier am Rande des Bankrotts. Mit den Jahren war er immer mehr heruntergekommen und wurde jetzt vor allem von Anglern, Bingo-Spielern und betagten Tänzern bevölkert, die sich an Freitagnachmittagen mit steifer Grazie in ihren besten Schuhen über die Tanzfläche bewegten. Doch da waren immer noch die Spielhallen, in denen es an Regentagen warm war und moderig roch, da war der köstliche Geruch von gebratenen Zwiebeln und die Wahrsagerin, die ihre mit einem Vorhang versehene Bude neben dem Süßigkeitenstand an der Anlegestelle des Piers hatte. Ihr Name war Sophie, und sie war eine Bekannte von Isobel. Sie trug ihr Haar zu einem raffinierten Knoten hochgebunden. Manchmal lugten Rora und Carl durch den purpurfarbenen Samtvorhang und unterdrückten ein Kichern, wenn Sophie, mit eigentümlich wippender Frisur, den Kopf über die Hände ihrer Besucher beugte, die allesamt mit sonnenverbrannten Schultern und hoffnungsvollen Fragen dasaßen. Carl machte sich über die absurde Theatralik des Ganzen lustig, doch Rora, die weniger zynisch war als er, beeindruckte diese geheimnisumwobene Feierlichkeit. Es rührte sie, dass die Leute sich dazu verleiten ließen, zu glauben, jemand könnte aus der trüben Glaskugel und ihren Handlinien die Zukunft lesen. Rora verstand einfach, wie begierig diese Leute waren, ihre eigenen Geschichten zu hören. Einmal ließ Carl ihre Tarnung beinahe auffliegen, weil er so laut nieste, dass beide Personen im Raum abrupt aufschauten und die Wahrsagerin zum Eingang kam und die beiden Lauscher noch weglaufen sah.

Ständig musst du niesen , sagte Rora vorwurfsvoll, nachdem Carl und sie weit genug gerannt waren und sie wieder zu Atem gekommen war. Als Spion wärst du vollkommen nutzlos. Du würdest dich dauernd selbst verraten.

Ich kann nichts dafür , sagte er. Ich muss immer niesen, wenn mein Blick plötzlich von der Dunkelheit ins Licht wechselt. Das nennt man photischen Niesreflex, hab ich gelesen, zwanzig Prozent der Bevölkerung haben den. Ist genetisch: Ich bin ein Sonnenanbeter und ein Sonnennieser.

Einmal hatten sie den Liebesdetektiv ausprobiert, einen Automaten in der Spielhalle, mit dem Paare testen konnten, wie gut sie zusammenpassten. Sie mussten ihre Sternzeichnen und ein paar weitere Informationen eingeben, zum Beispiel, was ihre Lieblingsfarbe war und welchem Tier sie am meisten ähnelten. Carl und sie hatten eine Kompatibilität von achtundneunzig Prozent erreicht, und Rora fragte sich unwillkürlich, worin die zwei Prozent bestanden, die ihnen zum hundertprozentig perfekten Paar fehlten. Manchmal, wenn sie nachts im Bett lag und an ihn dachte, fürchtete sie, dass genau diese letzten zwei Prozent Carl und sie am Ende auseinanderbringen würden. Es nagte an ihr, dass sie diese mögliche Schwachstelle in ihrer Beziehung nicht genau ausmachen und daher auch nicht beseitigen konnte.

Carl mochte sich nicht um Prozentzahlen scheren und ihre Ängste damit abtun, dass sie auf unwissenschaftlich erhobenen Daten beruhten. Doch er hatte seine eigene Methode zu testen, ob Rora die Richtige für ihn war. Kaum eine Woche verging ohne eine neue, Furcht einflößende Aufgabe, die er ihr stellte. Auch wenn er es nie zugab, sogar sich selbst nicht eingestand, nahm er Roras Bereitschaft, die ausgefallenen Dinge zu tun, als Beweis dafür, dass sie mit ihm zusammen sein wollte.

Als er zum ersten Mal die Mutprobe auf den Klippen erwähnte, hatte Rora sich geweigert, auch nur darüber nachzudenken. Unter anderem hatte sie bereits Ladendiebstahl-Bingo gespielt, wobei sie fünf rote Gegenstände in weniger als einer Stunde hatte klauen müssen; sie war zum Kopf der Statue von Königin Viktoria am Warrior Square hinaufgeklettert und hatte ihn mit einem Stück Lametta bekränzt; sie hatte sich eine Augenbraue abrasiert, die Gegenstände auf dem Altar der örtlichen Kirche neu arrangiert und im Gottesdienst so getan, als würde sie ohnmächtig. Nach all der Mühe, die sie sich bereits gegeben hatte, fand sie, dass sie sich ihre Sporen verdient hatte.

Roras Eltern, die meistens nur eine dunkle Ahnung davon hatten, was sie trieb, bestanden darauf, Carl zum Tee einzuladen, damit sie den Menschen kennenlernen konnten, der ihre Tochter auf Abwege führte. Rora hatte sich Sorgen gemacht, sie könnten ihn für einen zu wilden und ungeeigneten Freund halten, doch sie stellte verblüfft fest, dass Carl über eine bislang gut verborgene soziale Kompetenz verfügte. Er hatte sich am Tisch sehr mitteilsam gezeigt, drei Portionen von Sandis Gemüsecurry gegessen, Isobel erzählt, wie sehr er sich eine Großmutter wünschte, und sich mit Frank über die Geschichte von Hastings Castle unterhalten. Als er ging, sagte Sandi, er habe Augen aus Flusswasser und die Hände eines Künstlers.

Das ist vollkommen ungefährlich , sagte Carl und kitzelte das Innere ihres Ohrs mit einem Grasstängel, während sie auf einer Bank auf dem West Hill saßen.

Ungefährlich? Wie das denn bitte? , fragte sie. Du willst, dass ich mit verbundenen Augen am Rand der Klippe oberhalb von Rock-A-Nore balanciere? An der Stelle, die am steilsten abfällt?

Ich werde dich die ganze Zeit über lotsen , sagte Carl. Dir genau sagen, wo du hintreten sollst.

Warum willst du, dass ich das mache? , fragte sie.

Das ist der ultimative Test , erwiderte er. Danach weiß ich, dass du dein Leben in meine Hände legen würdest. Wie wär s, wenn ich es zuerst mache? Dann wär s ausgeglichen.

Ich will nicht, dass du das machst, und ich will es auch nicht tun , sagte Rora. Ich geh nach Hause.

Doch Carls Überzeugungskraft war so stark, dass Rora eine Woche später am Rand der Klippe stand und die Schlafmaske trug, die er eigens zu diesem Zweck in der Drogerie gestohlen hatte. Sie war sehr nervös; große Höhen waren ihr nie geheuer gewesen, doch sie wusste, bei Carls Aufgabe ging es nicht darum, ihren Mut zu beweisen, sondern lediglich darum, ihre Ergebenheit auf die Probe zu stellen. Ihre...
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Madeleine Reiss wurde in Athen geboren und arbeitete viele Jahre als Journalistin. Mittlerweile lebt sie zusammen mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Cambridge. Mit meinem ganzen Leben ist ihr zweites Buch.