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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
864 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am04.10.20161
Ein Anruf der Anwaltskanzlei Rogers & Rogers verändert schlagartig das Leben des Literaturprofessors Samuel Anderson. Er, der als Kind von seiner Mutter verlassen wurde, soll nun für sie bürgen: Nach einem tätlichen Angriff auf einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten verlangt man von ihm, ihre Integrität zu bezeugen, obwohl er sie seit mehr als zwanzig Jahren nicht gesehen hat. Ein Gedanke, der ihm zunächst völlig abwegig erscheint. Doch Samuel will auch endlich begreifen, was damals wirklich geschehen ist. Ein allumfassender, mitreißender Roman über Liebe, Unabhängigkeit, Verrat und die lebenslange Hoffnung auf Erlösung, ein Familienroman und zugleich eine pointierte Gesellschaftsgeschichte von den Chicagoer Aufständen 1968 bis zu Occupy Wall Street.

Nathan Hill, geboren 1975, lebt mit seiner Frau in Naples, Florida. Seine Erzählungen erschienen in zahlreichen Magazinen und Zeitungen, sie waren nominiert für den Pushcart und den Barthelme Preis. »Geister« ist sein erster Roman und wurde in über zwanzig Sprachen übersetzt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextEin Anruf der Anwaltskanzlei Rogers & Rogers verändert schlagartig das Leben des Literaturprofessors Samuel Anderson. Er, der als Kind von seiner Mutter verlassen wurde, soll nun für sie bürgen: Nach einem tätlichen Angriff auf einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten verlangt man von ihm, ihre Integrität zu bezeugen, obwohl er sie seit mehr als zwanzig Jahren nicht gesehen hat. Ein Gedanke, der ihm zunächst völlig abwegig erscheint. Doch Samuel will auch endlich begreifen, was damals wirklich geschehen ist. Ein allumfassender, mitreißender Roman über Liebe, Unabhängigkeit, Verrat und die lebenslange Hoffnung auf Erlösung, ein Familienroman und zugleich eine pointierte Gesellschaftsgeschichte von den Chicagoer Aufständen 1968 bis zu Occupy Wall Street.

Nathan Hill, geboren 1975, lebt mit seiner Frau in Naples, Florida. Seine Erzählungen erschienen in zahlreichen Magazinen und Zeitungen, sie waren nominiert für den Pushcart und den Barthelme Preis. »Geister« ist sein erster Roman und wurde in über zwanzig Sprachen übersetzt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492975346
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum04.10.2016
Auflage1
Seiten864 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1746 Kbytes
Artikel-Nr.1927673
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

Professor Samuel Anderson sitzt in der Dunkelheit seines kleinen Universitätsbüros, das Gesicht grau erleuchtet vom Schein des Computerbildschirms. Jalousien decken die Fenster ab, ein Handtuch verschließt den Spalt unter der Tür. Er hat den Papierkorb auf den Korridor gestellt, damit der Nachtwächter ihn nicht stört. Samuel Anderson trägt Kopfhörer, damit niemand hört, was er tut.

Er loggt sich ein und kommt zum Eröffnungsbild des Spiels, auf dem die allseits bekannten und sich bekriegenden Orks und Elfen zu sehen sind. Er hört die Blechbläser, triumphierend, kühn und kriegerisch, und gibt das Passwort ein, das noch komplizierter und vertrackter ist als das für sein Bankkonto. Als er in die World of Elfscape eintritt, tut er das nicht als der Juniorprofessor für Englisch Samuel Anderson, sondern als Dodger, der Elfendieb, und er hat das Gefühl, in ein Zuhause zurückzukommen, wo sich jemand auf ihn freut. Es ist genau dieses Gefühl, das ihn sich immer wieder einloggen lässt. Bis zu vierzig Stunden in der Woche bereitet er sich auf einen Angriff wie den des heutigen Abends vor, bei dem er gemeinsam mit seinen anonymen Onlinefreunden etwas Großes, Gefährliches umbringen wird.

Heute ist es ein Drache.

Sie loggen sich aus Kellern, Büros, düster erleuchteten Hobbyräumen und Arbeitswaben ein, aus öffentlichen Bibliotheken und Wohnheimzimmern, sie sitzen an Laptops, die auf Küchentischen liegen, und an heiß surrenden Computern, die klicken und knistern, als würde in ihnen ein Stück Fleisch gegrillt. Sie setzen ihre Kopfhörer auf, loggen sich ein und tauchen in die Welt ihres gemeinsamen Spiels ein, wie sie es jeden Mittwoch-, Freitag- und Samstagabend während der letzten paar Jahre getan haben. Fast alle leben in Chicago oder zumindest in der Nähe. Der Spielserver, zu dem ihre Daten geleitet werden, einer von Tausenden weltweit, steht in einem ehemaligen Fleischverarbeitungskomplex im Süden der Stadt. Um Verzögerungen und Wartezeiten zu vermeiden, verbindet dich Elfscape immer mit dem Server, der deinem Standort am nächsten ist, und das heißt, dass sie praktisch alle Nachbarn sind, obwohl sie sich im wirklichen Leben nie gesehen haben.

»He, Dodger!«, sagt jemand, als sich als Samuel einloggt.

He, schreibt er. Er sagt nie etwas, und sie denken, es liegt daran, dass er kein Mikro hat. Natürlich hat er eines, aber er fürchtet, dass während des Kampfes ein Kollege den Flur herunterkommen und ihn von Drachen reden hören könnte. Die »Gilde« weiß tatsächlich nichts von ihm, nur dass er keinen Angriff verpasst und im Allgemeinen alle Worte ausschreibt, statt die im Internet gebräuchlichen Kürzel zu verwenden. Er schreibt zum Beispiel »bin gleich wieder da« und nicht das übliche brb für »be right back« oder »nicht an der Tastatur« statt afk für »away from keyboard«. Die Leute sind sich nicht sicher, warum er auf diesem Anachronismus besteht. Im Übrigen denken sie, der Name »Dodger« hätte etwas mit Baseball zu tun, dabei ist es ein Bezug auf Dickens. Dass niemand hinter die Anspielung kommt, gibt Samuel das Gefühl, klüger und seinen Mitspielern überlegen zu sein, was er braucht, um mit der Scham zurechtzukommen, dass er so viel Zeit mit einem Spiel verbringt, das auch von Zwölfjährigen gespielt wird.

Samuel sagt sich, dass Millionen anderer Leute das auch tun. Auf allen Kontinenten. Rund um die Uhr. Zu jeder Tages- und Nachtzeit hat die Zahl der World of Elfscape spielenden Leute etwa das Ausmaß der Bevölkerung von Paris, sagt er sich, wenn er wieder diesen Riss in sich spürt, weil sein Leben an diesen Punkt gekommen ist.

Einer der Gründe, warum niemand wissen soll, dass er World of Elfscape spielt, besteht darin, dass er gefragt werden könnte, worum es in dem Spiel geht. Was sollte er darauf antworten? Das Ziel ist, Drachen und Orks zu töten?

Man kann das Spiel auch als Ork spielen, was heißt, dass das Ziel darin bestände, Drachen und Elfen zu töten.

Das ist es, das ist die Szenerie, die Grundkonstellation, das Yin und Yang, auf dem alles fußt.

Er hat als Level-eins-Elf angefangen und sich bis auf Level neunzig hochgearbeitet, was ihn grob zehn Monate gekostet hat. Zehn Monate voller Abenteuer. Über Kontinente ist er gereist, hat Leute kennengelernt, Schätze gefunden, Aufgaben erfüllt. Auf Level neunzig ist er in eine Gilde eingetreten, und nun löscht er zusammen mit seinen Gildekameraden Drachen und Dämonen aus und ganz besonders Orks. Er hat so viele Orks getötet. Wenn er einen von ihnen an einer der kritischen Stellen trifft, gibt es ein Geräusch, einen orkischen Todesschrei. Er braucht dieses Geräusch, er ist süchtig danach. Samuel gehört zur Klasse der Diebe, und so gehören Taschendiebstahl, die Herstellung von Bomben und das Sich-unsichtbar-Machen zu seinen speziellen Fähigkeiten, wobei er sich am liebsten aufs Territorium der Orks schleicht, Dynamit auf ihren Straßen versteckt und sie damit in die Luft jagt. Anschließend plündert er die Leichen seiner Feinde, nimmt ihnen ihre Waffen, ihr Geld und ihre Kleider ab und lässt sie nackt und tot zurück.

Warum das so unwiderstehlich ist, kann er nicht sagen.

Heute Abend treffen sich zwanzig bewaffnete und gepanzerte Elfen, um gemeinsam einen Drachen zu erledigen. Es ist ein sehr großer Drache mit rasiermesserscharfen, metergroßen Zähnen. Und er spuckt Feuer. Und er ist mit metallenen Schuppen bedeckt, was man erkennen kann, wenn die Grafikkarte gut genug ist. Der Drache liegt schlafend da. Wie eine Katze eingerollt auf dem Boden seiner Höhle, die sich natürlich in einem ausgehöhlten Vulkan befindet. Die Decke ist hoch genug, dass der Drache ausgiebig fliegen kann, denn während der zweiten Phase des Kampfes wird er sich in die Luft erheben, über ihnen kreisen und Brandbomben auf ihre Köpfe werfen. Es ist das vierte Mal, dass sie versuchen, den Drachen zu töten, Phase zwei haben sie nie überlebt. Sie wollen ihn töten, weil er einen Schatz bewacht, Waffen und Rüstungen, die hinten in seiner Höhle liegen und ihnen in ihrem Krieg gegen die Orks helfen werden. Adern hellroter Magma glühen direkt unter dem Felsboden der Höhle. In der dritten und letzten Phase des Kampfes werden sie aufbrechen, was sie noch nicht erlebt haben, weil sie nicht wissen, wie sie mit den Brandbomben klarkommen sollen.

»Habt ihr euch die Videos angesehen, die ich euch geschickt habe?«, fragt ihr Anführer, ein Elfenkrieger namens Pwnage. Einige Spieleravatare nicken mit den Köpfen. Er hat ihnen Anleitungen gemailt, wie sich der Drachen bezwingen lässt. Sie sollten sich genau ansehen, wie Phase zwei zu bewältigen ist. Der Trick scheint darin zu bestehen, immer in Bewegung zu bleiben und sich nicht zusammentreiben zu lassen.

GREIFEN WIR AN!!!, schreibt Axman, der im Moment eine Felswand begattet. Etliche Elfen springen auf und ab, während Pwnage noch einmal das Vorgehen erläutert.

Samuel spielt Elfscape von seinem Bürocomputer aus, weil die Internetverbindung hier schneller ist, was seine Angriffsstärke bei einem Kampf wie diesem um bis zu zwei Prozent erhöht, allerdings nur, solange es keine Probleme mit der Bandbreite gibt, etwa weil sich die Studenten gerade für ihre Kurse anmelden. Samuel unterrichtet Literatur, das College ist klein und liegt etwa eine Autostunde nordwestlich von Chicago, wo die großen Freeways vor riesigen Warenhäusern und Büroparkplätzen enden und in dreispurige, verstopfte Straßen übergehen, über die Eltern ihre Kinder in Samuels Kurse schicken.

Kinder wie Laura Pottsdam, blond, leicht sommersprossig und nachlässig gekleidet, in mit Logos bedruckten Tanktops und Sweatshorts mit quer über den Hintern geschriebenen Wörtern. Laura studiert Wirtschaftsmarketing und Kommunikation und besucht Samuels Einführung in die Literatur. Sie ist heute kurz in den Kurs gekommen, um eine abgekupferte Arbeit einzureichen, und wollte gleich wieder verschwinden.

»Wenn es einen Test gibt«, meinte sie, »dann bleibe ich. Wenn nicht, muss ich wirklich sofort wieder weg.«

»Gibt es einen Notfall?«, fragte er.

»Nein. Aber ich möchte auf keinen Fall Punkte verlieren. Machen wir heute was, wofür es Punkte gibt?«

»Wir diskutieren, was Sie gelesen haben. Das sollte Sie interessieren.«

»Aber gibt es dafür Punkte?«

»Nein, nicht direkt.«

»Okay, dann muss ich wirklich wieder weg.«

Sie lasen gerade Hamlet, und Samuel hatte vorhergesehen, dass der Unterricht ein Kampf werden würde. So viel Sprache erschöpft die Studenten. Als Aufgabe hatte er ihnen mitgegeben, etwas über die logischen Fehlschlüsse in Hamlets Denken zu Papier zu bringen, was, wie er selbst zugeben muss, eine Schwachsinnsaufgabe war. Natürlich haben die Studenten gefragt, warum sie das machen müssten. Wann werden wir je in unserem Leben etwas über Hamlet wissen müssen?

Samuel hatte dem Kurs von vornherein nicht mit Freude entgegengesehen.

Woran er in solchen Augenblicken denkt, ist, dass er einmal eine ziemlich große Nummer war. Als er gerade vierundzwanzig war, wurde eine seiner Geschichten in einer Zeitschrift veröffentlicht, und zwar nicht in irgendeiner Zeitschrift, sondern in der, auf die es ankam, in einer Sonderausgabe über junge Autoren mit dem Titel: »Fünf unter fünfundzwanzig. Die nächste Generation großer amerikanischer Autoren«. Und er, Samuel, war einer von ihnen. Es war das Erste, was er je veröffentlicht hatte, und blieb, wie sich herausstellen sollte, leider auch das Einzige. Sie brachten sein Bild, ein paar biografische...


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Autor

My debut novel THE NIX will be published next year by Knopf. The story follows one family's experience over generations and geographies, and through cultural moments such as World War II Norway, the Chicago Riots of 1968, the Gulf War, Occupy Wall Street, and the virtual environments of the massively multi-player online gaming world of Elfquest. My short stories have appeared in The Iowa Review, AGNI, Gulf Coast, The Denver Quarterly, Fugue, The Gettysburg Review, and many other journals. I was the winner of the annual Short Story Prize from the journal Fiction for my story "The Bottle." Last year, The Iowa Review nominated my story "SuperAngel" for a Pushcart Prize. I was also a finalist for the Donald Barthelme Prize in Short Prose.