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Unbestechlich

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am24.08.20161. Auflage
Derek Franklin, Steeplechase-Jockey, hat genug eigene Probleme. Mit vierunddreißig nähert er sich allmählich dem Ende seiner Karriere, und einem Zusammenstoß mit dem letzten Hindernis in Cheltenham hat er es zu verdanken, daß er jetzt mit einem gebrochenen Knöchel an Krücken herumhumpelt. Der Tod seines geliebten Bruders Greville stürzt ihn jedoch in noch größere Schwierigkeiten.

Dick Francis, geboren 1920, war viele Jahre Englands erfolgreichster Jockey, bis ein mysteriöser Sturz 1956 seine Karriere beendete. Fast 50 Jahre lang schrieb er Thriller, die das Pferderenn- und Wettmilieu als Hintergrund haben. Seine 42 Romane wurden alle Bestseller. Dick Francis starb 2010.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDerek Franklin, Steeplechase-Jockey, hat genug eigene Probleme. Mit vierunddreißig nähert er sich allmählich dem Ende seiner Karriere, und einem Zusammenstoß mit dem letzten Hindernis in Cheltenham hat er es zu verdanken, daß er jetzt mit einem gebrochenen Knöchel an Krücken herumhumpelt. Der Tod seines geliebten Bruders Greville stürzt ihn jedoch in noch größere Schwierigkeiten.

Dick Francis, geboren 1920, war viele Jahre Englands erfolgreichster Jockey, bis ein mysteriöser Sturz 1956 seine Karriere beendete. Fast 50 Jahre lang schrieb er Thriller, die das Pferderenn- und Wettmilieu als Hintergrund haben. Seine 42 Romane wurden alle Bestseller. Dick Francis starb 2010.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257606904
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum24.08.2016
Auflage1. Auflage
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse770 Kbytes
Artikel-Nr.2078418
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
{7}1

Ich habe das Leben meines Bruders geerbt. Habe seinen Schreibtisch, seine Firma, sein technisches Spielzeug, seine Feinde, seine Pferde und seine Geliebte geerbt. Ich habe das Leben meines Bruders geerbt und dabei fast das meine verloren.

Ich war damals 34 Jahre alt, und eine Meinungsverschiedenheit mit dem letzten Hindernis des Rennens in Cheltenham hatte zur Folge, daß ich an Krücken herumhumpelte. Sollten Sie noch nicht erlebt haben, wie es ist, wenn Ihr Fußgelenk zerschmettert wird, dann haben Sie nichts versäumt. Wie immer war es nicht der Sturz bei voller Geschwindigkeit gewesen, der den Schaden verursacht hatte, sondern die halbe Tonne von Rennpferd, das hinter mir über das Hindernis setzte. Es sprang mit einem seiner Vorderhufe direkt auf meinen Stiefel, und der Arzt, der mir diesen dann vom Bein schnitt, überreichte ihn mir als Andenken. Mediziner haben nun mal einen makabren Sinn für Humor.

Zwei Tage nach diesem Vorfall, als ich mich allmählich mit der Tatsache abzufinden begann, daß ich zumindest sechs Wochen der Rennsaison und damit wahrscheinlich auch meine letzte Chance verpassen würde, noch einmal zu Meisterehren zu kommen (mit Mitte dreißig erreichen Steeplechase-Jockeys den Anfang vom Ende ihrer sportlichen Laufbahn), nahm ich so ungefähr zum zehnten Mal an diesem Morgen den Telefonhörer ab - diesmal jedoch, um festzustellen, daß nicht noch ein weiterer Freund mich seines Mitgefühls versichern wollte.

»Könnte ich bitte mit Derek Franklin sprechen?« fragte eine weibliche Stimme.

»Ich bin Derek Franklin«, sagte ich.

{8}»Gut.« Die Stimme klang sowohl energisch als auch zögernd, und das war durchaus verständlich. »Wir haben Sie als den nächsten Angehörigen Ihres Bruders aufgeführt gefunden.«

Der Ausdruck »nächster Angehöriger« mußte zu den unheilvollsten gehören, die es gab, dachte ich mit schneller schlagendem Herzen.

Ich fragte langsam, ohne eigentlich die Antwort hören zu wollen: »Was ist geschehen?«

»Ich rufe vom St. Catherine´s Hospital in Ipswich an. Ihr Bruder liegt hier auf der Intensivstation ...«

Wenigstens lebt er, dachte ich benommen.

»... und die Ärzte sind der Ansicht, daß Sie davon in Kenntnis gesetzt werden sollten.«

»Wie geht es ihm?«

»Es tut mir leid, aber ich habe ihn nicht gesehen. Ich bin hier am Krankenhaus als Sozialarbeiterin tätig. Soweit ich aber weiß, ist sein Zustand sehr ernst.«

»Was ist mit ihm?«

»Er hatte einen Unfall«, sagte sie. »Er ist schwer verletzt und hängt am Tropf.«

»Ich komme«, sagte ich.

»Ja, das wäre wohl das beste.«

Ich dankte ihr, ohne eigentlich so recht zu wissen wofür, und legte auf, wobei erst jetzt der Schock physisch spürbar wurde - ich fühlte mich benommen, und meine Kehle war wie zugeschnürt.

Er würde schon wieder auf die Beine kommen, sagte ich mir. Intensivstation - das bedeutete doch nur, daß man sich wirklich intensiv um ihn bemühte. Er würde sich bald wieder erholen, gar keine Frage.

Ich verdrängte alle Befürchtungen und wandte mich statt dessen dem praktischen Problem zu, wie ich mit einem kaputten Fußgelenk etwa 150 Meilen über Land von Hungerford in Berkshire, wo ich wohnte, nach Ipswich in Suffolk gelangen sollte. Zum {9}Glück handelte es sich um den linken Fuß, was bedeutete, daß ich sehr bald wieder in der Lage sein würde, mein Auto zu benutzen, das ein automatisches Getriebe hatte - im Augenblick jedoch verursachte mir mein Fuß noch heftige Beschwerden. Trotz aller Tabletten und Eisbeutel war er heiß und geschwollen und schmerzte stark. Ich konnte das Gelenk nicht bewegen, ohne daß mir der Atem stockte, und das war teilweise meine eigene Schuld.

Da mir die schädigende Unbeweglichkeit von Gipsverbänden schon immer verhaßt gewesen war, ich diesbezüglich fast so etwas wie eine Phobie hatte, war ich ein gut Teil des vorangegangenen Tages damit beschäftigt gewesen, einen leidgeprüften Orthopäden dazu zu überreden, meinem Knöchel die Stütze einer schlichten elastischen Binde angedeihen zu lassen, statt ihn in Gips einzusperren. Mein Orthopäde gehörte zu jenen Chirurgen, die Platten und Schrauben bevorzugen, weshalb er wie gewohnt mit Murren auf mein Ansinnen reagierte. Eine Bandage, wie ich sie haben wolle, möge zwar im Endeffekt besser für die Muskulatur sein, biete aber keinerlei Schutz vor Stößen, wie er mir schon bei anderen Gelegenheiten klarzumachen versucht habe, und würde mir lediglich mehr Schmerzen eintragen.

»Mit so einem Verband kann ich aber sehr viel schneller wieder Rennen reiten.«

»Es wäre an der Zeit, daß Sie damit aufhören, sich die Knochen zu brechen«, sagte er, gab aber achselzuckend und seufzend nach und legte mir eine sehr eng gewickelte Bandage an. »Eines Tages werden Sie sich noch mal was Ernsthaftes antun.«

»Eigentlich breche ich sie mir gar nicht so gerne.«

»Immerhin brauchte ich diesmal nichts zu klammern«, sagte er. »Aber Sie sind verrückt.«

»Ja, herzlichen Dank.«

»Gehen Sie nach Hause und halten Sie Ruhe. Geben Sie Ihren Bändern eine Chance.«

{10}Die Bänder erhielten diese Chance auf dem Rücksitz meines Wagens, während Brad, ein arbeitsloser Schweißer, diesen nach Ipswich lenkte. Brad, schweigsam und störrisch, war gewohnheitsmäßig und aus freien Stücken ohne Job. Er verdiente sich seinen kargen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten, die er in unserer Wohngegend für jeden übernahm, der seine Launen zu ertragen bereit war. Da ich sein langes Schweigen seinen seltenen Gesprächen entschieden vorzog, kamen wir gut miteinander zurecht. Er sah aus wie vierzig, war noch keine dreißig und lebte bei seiner Mutter.

Brad fand das St. Catherine´s Hospital ohne größere Schwierigkeiten, half mir am Eingang aus dem Wagen und reichte mir die Krücken. Er sagte, er werde das Auto auf den Parkplatz bringen und dann in der Eingangshalle auf mich warten - ich solle mir nur Zeit lassen. Auch am Vortag hatte er schon stundenlang auf mich gewartet und dabei weder Ungeduld noch Mitgefühl erkennen lassen. Er war lediglich auf eine ruhige und neutrale Weise verdrießlich gewesen.

Die Intensivstation erwies sich als streng bewacht von energischen Krankenschwestern, die einen Blick auf meine Krücken warfen und mir dann erklärten, daß ich in der falschen Abteilung gelandet sei. Als ich ihnen jedoch endlich beigebracht hatte, wer ich war, statteten sie mich teilnahmsvoll mit Mundschutz und Kittel aus und ließen mich dann zu Greville hinein.

Irgendwie hatte ich erwartet, daß Intensivstation gleichbedeutend sei mit hellen Lampen und geräuschvoller Geschäftigkeit, sah aber nun, daß dem nicht so war, jedenfalls nicht auf dieser Station in diesem Krankenhaus. Das Licht war gedämpft, die Atmosphäre friedlich, der Geräuschpegel - sobald sich mein Gehör darauf eingestellt hatte - ein wenig über der absoluten Stille, aber noch nicht so weit darüber, daß ich einzelne Laute hätte identifizieren können.

Greville lag auf einem hohen Bett ganz allein in einem Raum, {11}der voller Drähte und Schläuche war. Abgesehen von einem schmalen Leinentuch, das lose über seinen Lenden lag, war er völlig nackt und sein Schädel zur Hälfte kahlgeschoren. Weitere Spuren chirurgischer Eingriffe zogen sich wie die eines Tausendfüßlers quer über seinen Unterleib und eine Hüfte hinab, und er hatte am ganzen Körper Blutergüsse.

Hinter seinem Bett zeigten eine Reihe von Bildschirmen ihre leeren, viereckigen Gesichter - die Apparate waren nicht eingeschaltet, da die Informationen der Elektroden zu anderen, in einem Nebenraum stehenden Geräten weitergeleitet wurden. Der Patient brauche, so sagte man mir, nicht ständig einen Pfleger in seiner Nähe zu haben, da man seine Reaktionen permanent von diesem Nebenraum aus überwache.

Greville war ohne Bewußtsein, sein Gesicht blaß und still, sein Kopf ein wenig zur Tür hin geneigt, als erwarte er den Eintritt von Besuchern. Ein der Druckverminderung dienender Eingriff hatte auf seinem Schädel eine Wunde hinterlassen, die mit einem dick gepolsterten Schutzverband abgedeckt worden war, der eher wie ein seinen Kopf stützendes Kissen aussah.

Greville Saxony Franklin, mein Bruder. Neunzehn Jahre älter als ich - keine Überlebenschance. Dem hatte man sich zu stellen. Das galt es zu akzeptieren.

»Hi, Guy«, sagte ich.

Es war dies eine amerikanische Begrüßungsformel, die er selbst häufig benutzte, aber sie fand keine Erwiderung. Ich berührte seine Hand, die sich warm und entspannt anfühlte und deren Fingernägel wie immer sauber und gepflegt waren. Herz und Kreislauf funktionierten noch, angeregt von elektrischen Impulsen. Durch einen Schlauch an seinem Hals wurde Luft in seine Lungen gepumpt und wieder abgesaugt. Im Inneren seines Kopfes stellten die Nervenknoten ihre Tätigkeit ein. Wo war wohl seine Seele, fragte ich mich - wo der vernunftbegabte, ausdauernde, starke Geist? Wußte er, daß er im Sterben lag?

{12}Ich mochte ihn nicht einfach sich selbst überlassen. Niemand sollte einsam sterben müssen. Ich ging hinaus und sagte das.

Ein Arzt in einem grünen Kittel erklärte mir, daß sie, wenn die gesamte noch feststellbare Gehirntätigkeit aufgehört habe, meine Zustimmung einholen würden, bevor sie die Geräte abschalteten. Wenn ich es wünsche, dürfe ich selbstverständlich in diesem kritischen Augenblick, aber auch schon vorher, bei meinem Bruder sein. »Aber der Tod«, sagte er dann streng, »wird in seinem Falle ein sich unendlich lang...
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Dick Francis, geboren 1920, war viele Jahre Englands erfolgreichster Jockey, bis ein mysteriöser Sturz 1956 seine Karriere beendete. Fast 50 Jahre lang schrieb er Thriller, die das Pferderenn- und Wettmilieu als Hintergrund haben. Seine 42 Romane wurden alle Bestseller. Dick Francis starb 2010.