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Glück ist, was wir daraus machen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am20.03.20171
Luce Di Notte könnte mal wieder etwas Glück gebrauchen: Kürzlich hat ihr Freund sie verlassen, und der einzige Mann, der sich für sie zu interessieren scheint, ist ihr schmieriger Chef. Da bekommt die junge Anwältin von ihm einen Auftrag, den sie von Anfang an nur schwer mit ihrem Gewissen vereinbaren kann. Sie soll eine Frau in ihrer Nachbarschaft ausspionieren, die dort mit ihrem siebenjährigen Sohn alleine lebt und ihrer Rolle als Mutter angeblich nicht gewachsen ist. Als Babysitterin getarnt, verschafft Luce sich Zutritt zum Leben der beiden. Und lernt die zwei nicht nur kennen und lieben, sondern auf ungewöhnliche Weise auch, dass man sein Glück einfach selbst in die Hand nehmen muss ...

Lorenzo Marone, geboren 1974 in Neapel, arbeitete fast zehn Jahre lang als Anwalt in seiner Heimatstadt, bis er sich ein Herz fasste, den ungeliebten Beruf an den Nagel hängte und sich seiner wahren Leidenschaft widmete: dem Schreiben. Sein erster Roman eroberte die Herzen der italienischen Leser im Sturm und erntete begeisterte Rezensionen. Er lebt mit seiner Frau Flavia, dem Sohn Riccardo und der Dackeldame Greta in Neapel.
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Produkt

KlappentextLuce Di Notte könnte mal wieder etwas Glück gebrauchen: Kürzlich hat ihr Freund sie verlassen, und der einzige Mann, der sich für sie zu interessieren scheint, ist ihr schmieriger Chef. Da bekommt die junge Anwältin von ihm einen Auftrag, den sie von Anfang an nur schwer mit ihrem Gewissen vereinbaren kann. Sie soll eine Frau in ihrer Nachbarschaft ausspionieren, die dort mit ihrem siebenjährigen Sohn alleine lebt und ihrer Rolle als Mutter angeblich nicht gewachsen ist. Als Babysitterin getarnt, verschafft Luce sich Zutritt zum Leben der beiden. Und lernt die zwei nicht nur kennen und lieben, sondern auf ungewöhnliche Weise auch, dass man sein Glück einfach selbst in die Hand nehmen muss ...

Lorenzo Marone, geboren 1974 in Neapel, arbeitete fast zehn Jahre lang als Anwalt in seiner Heimatstadt, bis er sich ein Herz fasste, den ungeliebten Beruf an den Nagel hängte und sich seiner wahren Leidenschaft widmete: dem Schreiben. Sein erster Roman eroberte die Herzen der italienischen Leser im Sturm und erntete begeisterte Rezensionen. Er lebt mit seiner Frau Flavia, dem Sohn Riccardo und der Dackeldame Greta in Neapel.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492976251
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum20.03.2017
Auflage1
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2850 Kbytes
Artikel-Nr.2134043
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


AM LIEBSTEN SCHREIEN

Alleria, der struppige Mischling, der seit einiger Zeit über mein Leben wacht, stellt die Ohren auf und beginnt zu bellen, während Pino Danieles gleichnamiges Lied durch die kleine Wohnung hallt, in der ich mein Leben friste (fünfunddreißig Quadratmeter inklusive Bad und Minibalkon auf eine dunkle, übel riechende Gasse hinaus). Ich lege mein Schminkzeug weg und gehe zur Sprechanlage.

»Luce, kommst du runter? Ich warte.«

»Ja, bin sofort da.«

Avvocato Arminio Geronimo ist siebzig Jahre alt, ein untersetzter Mann mit zwei seitlich abstehenden Haarbüscheln, die der Schwerkraft trotzen, einem borstigen Gebüsch aus Augenbrauen, einem fast ungepflegt zu nennenden Bart, gelben, schief sitzenden Zähnen und einem Hemd, dessen obere Knöpfe wie immer offen stehen und unter dem (neben ein paar weißen Haaren und einem iPhone-großen, aufwendig verzierten Goldkreuz) das beliebte »Funktionsshirt« hervorlugt. Kurz gesagt, kein schöner Anblick. Das Problem ist nur, dass dieser Mann, der seit über einem Jahr um mich herumtanzt, mein Chef ist, also derjenige, der mir Monat für Monat mein kümmerliches Gehalt zahlt.

Jahrzehntelang hatte er sich als Scheidungsanwalt einen Namen gemacht, kaum ein Ehepaar in Neapel, das sich in den letzten vierzig Jahren nicht vor oder mithilfe von Avvocato Geronimo Gemeinheiten an den Kopf geworfen hätte. Mitte der Neunziger setzte dann die große Zeit des Versicherungsbetrugs ein, und der gute Arminio, der schon immer ein Näschen für außereheliche Techtelmechtel hatte, roch den Braten und stürzte sich ins Geschäft, während er die Scheidungsfälle seinem engsten Mitarbeiter Manuel Pozzi überließ.

In wenigen Jahren baute sich Geronimo mithilfe von Freundschaften und unter Verzicht auf jegliche Skrupel ein wahres Imperium auf, konstruierte ein perfekt geschmiertes Räderwerk, in dem alles ineinanderläuft und das ihm und seinen Mitstreitern bemerkenswerte Versicherungssummen in die Kassen spült. Arminio sitzt im Zentrum eines dicht gewebten Netzes, das Tag für Tag Verkehrsunfälle vortäuscht und den machtlosen Assekuranzen Entschädigungen im vierstelligen Bereich abtrotzt, die ihre Kosten wiederum regelmäßig auf die Schwächsten umlegen, indem sie hanebüchene Summen für die Versicherung eines einfachen Mofas verlangen. Was auch der Grund ist, warum ich auf einer zerbeulten orangefarbenen Vespa von 1982 herumfahre, was aber hier nicht weiter interessiert, ich wollte ja von Geronimo erzählen. Zu seinem Team gehören eine Menge dunkler Gestalten aus dem Spanischen Viertel, aus Borgo dei Vergini und Forcella. Darunter junge Kerle, billige Handlanger, die sich über ein paar Scheine am Monatsende freuen, aber auch andere wie »Händchen« (der wegen seiner zarten Finger so genannt wird, die sich im Bus flink in die Handtaschen der Damen schlängeln) oder »Hühner-Peppe« (wegen seiner staksigen, stark behaarten Beine), wahre Profis auf ihrem Gebiet, die immer wieder in Unfälle verwickelt sind, mal als Geschädigte, mal als Verantwortliche oder auch nur als Augenzeugen. »Händchen« hat zu allem Übel nicht einmal einen Führerschein, trotzdem taucht er in über achtzig Verkehrsdelikten auf. Geronimo jedenfalls koordiniert und dirigiert von übergeordneter Stelle aus sämtliche Mitspieler des kriminellen Systems.

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie und an welchem Punkt sich der Weg einer ehrlichen, ordnungsliebenden Frau wie mir, die pünktlich ihre Strafzettel zahlt, mit dem Arminio Geronimos kreuzen konnte. Das ist schnell erzählt. Nach dem Studium verdingte ich mich als weiblicher Laufbursche für verschiedene Anwaltskanzleien in und um Neapel. »Bevor du Anwältin wirst, musst du dir deine Sporen verdienen«, hieß es immer.

Monatelang war ich also auf der Vespa zwischen Gerichten, Kanzleien und Notariaten unterwegs, in dichtem Regen und sengender Sonne, bis ich eines Tages die Nase gestrichen voll hatte. Ich war die Königin der Sporen, ich kannte sämtliche Gerichtsgebäude Kampaniens, bewegte mich versiert auf allen Fluren des Rechtsapparats und verstand es, mir die Gunst der Gerichtsschreiber zu sichern. Dafür hatte ich noch nie eine Abmahnung verfasst, von allem anderen ganz zu schweigen. Als mir meine Mutter eines Tages von der Kanzlei Geronimo berichtete, wo man schnell etwas lernen konnte und vom ersten Tag an Geld verdiente, zögerte ich nicht.

Mit meinem Summa-cum-laude-Examen (was ja die Kandiskirsche auf der Buttercremetorte sein soll, nur dass ich bis heute noch keine Buttercremetorte zu Gesicht bekommen habe) bewegte ich mich von da an ausschließlich in der trüben Welt von Betrügern und Kleinganoven. Mit dem erschwerenden Umstand, dass ich, anders als Arminio Geronimo, nicht einmal reich dabei wurde.

In den Straßen der Stadt ist der Avvocato eine Respektsperson, wenngleich seine Mitarbeiter und Kollegen ihn weit weniger wertschätzen, sondern ihn zum Teil für das halten, was er ist: ein Aasgeier! Doch bisher hat sich anscheinend niemand getraut, ihm das ins Gesicht zu sagen und ihn sich zur Brust zu nehmen, auch nicht die Frauen, bei denen er sich Vertraulichkeiten erlaubt, die ihm nicht zustehen. Alle halten brav ihren Mund, alle außer mir.

Eines Nachmittags vor ein paar Monaten war ich wegen meines damaligen Freundes ziemlich geladen, der mich gerade per SMS hatte wissen lassen, er sei sich nicht mehr sicher, ob er etwas Ernsthaftes mit mir wolle. Er brauche Zeit zum Nachdenken. Ich schloss mich also auf der Toilette der Kanzlei ein und rief ihn an, um ihm lautstark mitzuteilen, dass ich ihn nie um Ernsthaftigkeit gebeten hätte und er sie sich sonst wohin stecken könne, da ich von Kindesbeinen an ein Übermaß an Ernsthaftigkeit genossen hätte und nun bestens mit diesem schäbigen, ironischen Leben klarkäme, das mir wenigstens hin und wieder ein Lächeln entlocke. Fakt ist, dass der Hundsfott sein wenig ernsthaftes Leben lieber allein verbringen wollte. Er packte seine Koffer und sagte, er werde sich bei mir melden. Zwei Tage später erfuhr ich, dass er mit Freunden nach Thailand gefahren war, woraufhin ich eine hoffentlich grenzüberschreitende Nachricht absetzte, die in etwa so lautete: »Ich wünsche mir, dass du mal wieder so richtig Scheiße baust und die thailändische Polizei dich für immer einlocht!« Darunter setzte ich ein kräftiges »Leck mich!«, was in solchen Fällen nie verkehrt ist.

Letztlich war es kein großer Verlust, denn obwohl ich mir anfangs hartnäckig das Gegenteil einredete, fehlte mir der Mistkerl keine Sekunde. Richtig schwierig war nur der erste Abend, den ich mit einem Joghurt vor dem Computer verbrachte. Halt, stopp, der Joghurt ist eine Lüge, den hatte ich mir nur am Nachmittag vorgenommen, um mir zu beweisen, dass nichts mein Leben erschüttern könne und alles so weitergehe, als ob nichts gewesen wäre. Und zu den Dingen, die bei mir immer weitergehen, gehört unter immensen Mühen meine permanente Diät.

Seit ich fünfzehn bin, halte ich Diät, seit dem Tag, als ein Klassenkamerad mit den Gesichtszügen eines Neandertalers sich einen Witz über meine Polster am Hinterteil erlaubte und mit den anderen Menschenaffen um ihn herum in lautes Gelächter ausbrach. Nun bin ich fünfunddreißig und kann mit einem gewissen Stolz behaupten, dass mein Kampf gegen die oben genannten Polster seit über zwanzig Jahren währt, mit allen Höhen und Tiefen. Als ich noch mit dem Mistkerl zusammenlebte, war ich gegenüber der Cellulite klar im Vorteil, weshalb ich mir vornahm, mich wegen des bisschen Liebeskummers nicht von meinen erbitterten Polsterfeinden unterkriegen zu lassen. Doch als ich nach Hause kam, erwartete mich dort einzig und allein das Brummen des Kühlschranks, und alle guten Vorsätze zerfielen augenblicklich zu Staub. Ich setzte mich vor den Computer und schüttete eine Flasche Bier in mich hinein, kombiniert mit einer Familienpackung Käsechips, die der Mistkerl drei Tage zuvor noch gekauft hatte (was mich zu der Überlegung brachte, ob auch sie schon Teil des gemeinen Plans waren und er in der ganzen Wohnung Unmengen natürlicher Sedativa verteilt hatte, um sich vor meinen hysterischen Ausbrüchen zu schützen). Am Ende schleckte ich meine Finger blitzblank und stellte die Vorratskammer auf den Kopf, wo ich auf meinen Erzfeind stieß, ein Ein-Kilo-Glas Nutella, noch ungeöffnet. »Verflucht sollst du sein, wo immer du bist«, raunte ich in den leeren Raum und versenkte den Löffel tief in dem braunen Labsal.

Tatsächlich schaffte ich es, den ganzen Abend nicht zu weinen, obwohl mir diese paar Quadratmeter im vierten Stock eines heruntergekommenen Wohnhauses in besagtem Viertel plötzlich noch elender vorkamen als der elende Hundsfott, der gerade die Koffer gepackt hatte. Dabei hatte ich sie bei der ersten Besichtigung als Luxusbehausung wahrgenommen. Vielleicht hatte dies mit der Aussicht zu tun, mich endlich der übergriffigen Aura meiner Mutter entziehen zu können, oder dass ich tief in meinem Unterbewusstsein (mit dem ich normalerweise wenig Kontakt pflege) immer noch an romantische Märchen glaubte. Jedenfalls verwechselte ich dieses muffige Loch mit einem Liebesnest.

Der schlimmste Moment kam nach dem Abendessen, als ich bemerkte, dass der Müll vom Vortag noch nicht hinuntergetragen war, was traditionell »Männersache« war, wie mein Vater immer gewitzelt hatte. Nur dass an diesem Abend eben glücklicher- oder unglücklicherweise kein Mann in der Nähe war und ich daher den stinkenden Sack selbst aufnahm und auf die stille Gasse hinuntertrug, an einem Montag im beginnenden Frühling. Bei den Mülltonnen angelangt, warf ich den Sack hinein und machte kehrt. Auf ein Winseln hin blieb ich stehen und sah mich um: keiner da. Ich wollte gerade weitergehen, als ich das...

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Autor

Lorenzo Marone, geboren 1974 in Neapel, arbeitete fast zehn Jahre lang als Anwalt in seiner Heimatstadt, bis er sich ein Herz fasste, den ungeliebten Beruf an den Nagel hängte und sich seiner wahren Leidenschaft widmete: dem Schreiben. Sein erster Roman eroberte die Herzen der italienischen Leser im Sturm und erntete begeisterte Rezensionen. Er lebt mit seiner Frau Flavia, dem Sohn Riccardo und der Dackeldame Greta in Neapel.