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Auf immer gejagt (Königreich der Wälder 1)

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Carlsen Verlag GmbHerschienen am28.04.2017Auflage
*** Ein überraschendes, fesselndes Abenteuer und eine wunderschöne Liebesgeschichte! *** Im Wald kennt Tessa sich aus, er ist ihr Zuhause. Im Dorf jedoch wird sie nur geduldet, obwohl ihr Vater Saul der Kopfgeldjäger des Königs ist. Denn ihre Mutter beherrschte Magie, und die ist in Malam verboten. Als Saul getötet wird, hat die junge Fährtenleserin nur eine Chance auf ein sicheres Leben: Sie muss im Auftrag des Königs den angeblichen Mörder jagen - Cohen, der Gehilfe ihres Vaters. Der Junge, den sie heimlich liebt! Tessas besondere Gabe sagt ihr, dass Cohen schuldig ist. Aber ihr Herz spricht eine andere Sprache.

Erin Summerill, in England geboren, wuchs in Hawaii, Kalifornien und schließlich in Utah auf. Sie studierte Literaturwissenschaft an der Brigham Young University in Salt Lake City, begann zu schreiben und wurde Hochzeitsfotografin. Wenn sie nicht auf Reisen ist, dann lebt sie mit ihrer Familie in Utah, zusammen mit zwei Hunden, einer Katze, ein paar Hühnern und ganz vielen Büchern. »Auf immer gejagt« ist ihr Debüt.
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Produkt

Klappentext*** Ein überraschendes, fesselndes Abenteuer und eine wunderschöne Liebesgeschichte! *** Im Wald kennt Tessa sich aus, er ist ihr Zuhause. Im Dorf jedoch wird sie nur geduldet, obwohl ihr Vater Saul der Kopfgeldjäger des Königs ist. Denn ihre Mutter beherrschte Magie, und die ist in Malam verboten. Als Saul getötet wird, hat die junge Fährtenleserin nur eine Chance auf ein sicheres Leben: Sie muss im Auftrag des Königs den angeblichen Mörder jagen - Cohen, der Gehilfe ihres Vaters. Der Junge, den sie heimlich liebt! Tessas besondere Gabe sagt ihr, dass Cohen schuldig ist. Aber ihr Herz spricht eine andere Sprache.

Erin Summerill, in England geboren, wuchs in Hawaii, Kalifornien und schließlich in Utah auf. Sie studierte Literaturwissenschaft an der Brigham Young University in Salt Lake City, begann zu schreiben und wurde Hochzeitsfotografin. Wenn sie nicht auf Reisen ist, dann lebt sie mit ihrer Familie in Utah, zusammen mit zwei Hunden, einer Katze, ein paar Hühnern und ganz vielen Büchern. »Auf immer gejagt« ist ihr Debüt.

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Eins

Wer im Wald überleben will, muss stark sein wie die Bäume, hat Papa immer gesagt. Die Erinnerung ist ein Flüstern im Vergleich zu dem Aufruhr, den mein knurrender Magen verursacht.

Ich versuche, nicht an meinen Vater oder meine zitternden Beine zu denken, während ich mit einem abgebrochenen Zweig meine Stiefelabdrücke in der staubigen Erde verwische. Jede Faser meines ausgehungerten Körpers schreit danach, anzuhalten und gleich hier am Pfad, der durch den Endlosen Wald führt, zu jagen. Nur die Aussicht, dabei erwischt zu werden, treibt mich vorwärts - über Steine und durch Matsch, stolpernd, mit schweren Stiefeln.

Schwach, wie ich bin, schaffe ich es nie und nimmer durchs schroffe Malam-Gebirge bis zu der Tiefebene, an der König Aodrens Jagdgrund endet. Das ist ein Fußmarsch von zwei Tagen. Zwei lange, zermürbende Tage. Vor meinen Augen flimmert es. Bei allen Senfkörnern, ich brauche etwas zu essen. Papas alter Übungsplatz muss reichen. Dort wird mich die Königsgarde, die über die Residenzstadt Brentyn wacht, sicher nicht aufspüren. Die abgelegene, nur über eine schmale Felsenklamm zugängliche Lichtung kennt niemand außer Cohen, Papas einstigem Lehrling, und mir. Mein Magen krampft sich schmerzhaft zusammen, und damit ist die Sache entschieden. Auf zum Übungsgelände.

Die Sonne steht schon fast im Zenit, als ich auf die Lichtung taumle. Herbsüßer Kiefernduft belebt die Luft. Vor dem Hintergrund der dunklen Nadelbäume leuchtet das Laub der Pappeln am nahen See golden und rotbraun, wie Glut. Der Anblick ist mir wohlig vertraut.

Obwohl ich vor Hunger fast ohnmächtig werde und zum Jagen hier bin, kann ich nicht anders, als zu unserem Baum zu gehen und die eingeschnitzten Namen mit dem Finger nachzufahren: Tessa & Cohen.

In meinem Hals bildet sich ein dicker Kloß.

Cohen ist letztes Jahr weggezogen, um für den König zu arbeiten, und Papa ist vor zwei Monaten getötet worden. Seither habe ich die erdrückende Einsamkeit so gut es ging von mir ferngehalten und den Gedanken daran immer nur kurz zugelassen. Doch heute springt mich das Gefühl von Isolation geradezu an; es ist wie ein Schlag ins Gesicht.

Ich wische mir eine verstohlene Träne ab und lege einen Pfeil in meinen Bogen ein.

Mein Körper ist kaum mehr als ein Gerippe, so dünn bin ich geworden. Gegen meine Blässe kann ich nicht viel ausrichten, aber ein Eichhörnchen oder ein Auerhuhn wird meinen Hunger stillen. Und mir etwas Kraft zurückgeben. Später erlege ich dann ein größeres Tier. Der Winter steht vor der Tür, und ich brauche unbedingt eine ordentliche Beute, die ich gegen ein Dach über dem Kopf eintauschen kann. Jetzt, da die Trauerzeit vorüber ist, wird die Königsgarde mein Land - nein, Papas Land - schon bald beschlagnahmen.

In ein paar Tagen werden knüppelschwingende Mistkerle an die Tür hämmern und sich mein Häuschen unter den Nagel reißen. Ich ziehe an der Bogensehne, um den Druck zu prüfen. Ich muss etwas erwischen. Egal was. Auch wenn ich damit gegen das Gesetz verstoße. In Malam gebietet es die Tradition, dass sich Trauernde zwei Monate lang zu Hause einschließen, und ich habe mich daran gehalten, obwohl ich fast verhungert wäre. Denn niemand hat mir nach Papas Tod etwas zu essen gebracht. Nie auch nur eine freundliche Geste für mich, Tessa Flannery, Tochter einer Shaerdanerin und somit eine Geächtete.

Ein Jahr vor meiner Geburt ließ der Prinzregent die Grenze zwischen Malam und Shaerdan schließen. Seither scheint ganz Malam unter Gedächtnisverlust zu leiden; niemand erinnert sich, was das Nachbarland uns Gutes gebracht hat. Einst florierten wir durch den Handel mit Shaerdan und verließen uns auf die Heilsalben der Animisten. Heute scheuen wir ihre sonderbare Magie. Wir fürchten uns vor ihren rätselhaften Fähigkeiten.

Schnaubend verdränge ich meine Wut und konzentriere mich auf die Jagd.

In diesem Moment entdecke ich den Hufabdruck eines Elchs, zwei spitz zulaufende Halbkreise. Die Feuchtigkeit, die sich im Tritt angesammelt hat, verrät mir, dass er erst kürzlich hier durchgekommen ist. Die Aussicht auf eine so reiche Beute lässt meinen Puls schneller schlagen. Starr wie ein Baum stehe ich da und horche auf die Bewegung des Elchs. Vögel zwitschern, Blätter rauschen. Alles ganz gewöhnliche Geräusche im Endlosen Wald. Doch irgendetwas stimmt nicht. Was es auch ist, es zerrt an mir und jagt mit unsichtbarem Finger einen Schauer über meinen Nacken.

Ich bin nicht allein.

Mein Blick zuckt von den Ästen zu den Büschen und hoch zum Himmel. Nichts. Ich wirble herum, überzeugt, der Königsgarde in ihren roten Umhängen gegenüberzustehen, doch ich sehe nur Kiefern. Ich beiße mir auf die Lippe. Streife mir blassblonde Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Wer könnte es sonst sein? Niemand würde es wagen, im Revier des Königs auf die Jagd zu gehen. Jagen ist nur dort erlaubt, wo der Endlose Wald an das Lehnsgebiet von Lord Devlin angrenzt. Das sind zwei Tage in westlicher Richtung bis zu den Tannen der Blutroten Haine oder dreieinhalb Tage in Richtung Süden. Wenn man Glück hat, wird Wilderei mit der Peitsche oder der Folterbank bestraft. Meistens steht darauf der Tod.

Ich umklammere meinen Bogen und zwinge mich, nach Spuren eines Eindringlings zu suchen: abgebrochene Zweige, Abdrücke in der Erde. Es ist frustrierend, von dem Elch abzulassen, aber Sicherheit geht immer vor - Papas erste Lektion.

Eine Stunde lang durchforste ich das Unterholz, bis das sonderbare Gefühl verschwindet. Was fast unheimlicher ist, denn meine Instinkte haben mich noch nie getäuscht. Vielleicht bin ich übernervös, weil ich ohne Papa jage. Vielleicht macht mich die Einsamkeit -

Einige Längen voraus regt sich ein Schatten.

Mit einem Satz ducke ich mich hinter einen verfaulten Baumstamm. Meine Finger krümmen sich um den abgenutzten Griff des Bogens und lockern sich wieder. Strecken. Loslassen. Papa würde mich ohrfeigen, wenn er sähe, wie schreckhaft ich bin. Nicht die Kontrolle verlieren, würde er sagen. Fokus ist ebenso eine Waffe wie dein Bogen.

Ich atme einmal tief durch und gebe mir einen Ruck. Dann löse ich mich von dem modrigen Holz und spähe dahinter hervor.

Was auch immer ich erwartet habe, ein Zwölfender-Elchbulle war es jedenfalls nicht. Langsam schreitet er auf die Lichtung hinaus, ein König des Waldes. Stolze Schultern, kräftige Lenden. Ich brauche einen Moment, bis ich mich erinnere, dass dieser Elch mein Überleben bedeutet. Von meiner Position aus ist der Schusswinkel ungünstig. Einen Fingerbreit zu hoch oder zu niedrig und ich treffe Knochen oder Knorpel und verwunde das Tier schwer, aber nicht tödlich. Wenn ich verschieße, ist es Quälerei.

Ich schieße. Der Pfeil bohrt sich tief in die Brust des Elchs und durchstößt die lebenswichtigen Organe in einem einzigen tödlichen Treffer. Der Elch zuckt, will losgaloppieren und taumelt ein paar Schritte weit, bevor sich seine Augen ins Weiße verdrehen. Dumpf kracht er auf die mit Kiefernnadeln bedeckte Erde.

Ich starre das Tier blind an. Lasse den Bogenarm sinken. Ein Anflug von Traurigkeit, eine Ahnung von Unwürdigkeit durchfährt mich, während Vögel aus dem Geäst aufflattern. Absurd für eine Jägerin, ich weiß. Das heisere, abgehackte Keuchen des Elchs hallt von den Bäumen wider, und ich flüstere tonlose, beruhigende Worte, bis er sich in den Tod fügt. Das bisschen Leben, das noch in ihm pulsiert, hält sich tapfer wie ein verwundeter Soldat, der sich mit letzter Kraft vom Schlachtfeld kämpft, ohne jede Hoffnung auf Rettung.

Mein Jägerinstinkt sagt mir jedes Mal genau, wann der letzte Funke erlischt. Dieses Feingespür, über das du verfügst, ist eine Gabe, die nur die allerbesten Jäger entwickeln, hat Papa oft gesagt. Nur: Wie kann es eine Gabe sein, wenn ich es immer bloß als Fluch empfunden habe? Ich gebe dem Elch mit einem Kehlschnitt einen schnellen Tod.

Meine Hand schließt sich so fest um die verschlungene Gravierung auf Papas Dolch, dass meine Knöchel so bleich werden wie der Griff aus Elfenbein. Ich stoße die Klinge in den Bauch des Tiers, um mit dem Aufbrechen und Zerlegen zu beginnen. Tu, was zu tun ist. Fell durchschneiden. Haut aufschlitzen. Eingeweide rausholen.

Wenig später hängt ein Teil des Elchfleischs zum Trocknen in den Bäumen, während andere Stücke über einem kleinen Feuer braten. So hat Papa vor zehn Jahren mein erstes selbst erlegtes Wild zubereitet. Er lachte, als ich einen Bissen probierte und das Gesicht verzog, weil das Fleisch so streng schmeckte. Es gibt nichts Besseres als dieses Mahl, sagte er. Weil du es geschossen hast. Jetzt weiß ich, dass du es wieder tun kannst. Mit Lob war er sparsamer als mit Lektionen. Wenn er eines aussprach, hütete ich jedes Wort wie einen Schatz.

Ich kaue den letzten sehnigen Bissen und hole eine verschlissene Decke aus meiner Tasche. Der Mantel der Nacht legt sich um den Wald. Kalte Luft stiehlt sich durch das Gewebe der Decke und zwickt mich in die Arme. Trotzdem ist das mein schönster Abend seit Papas Tod. Satt und zufrieden bereite ich mir ein Lager aus Kiefernnadeln. Wenn er doch nur sehen könnte, wie ich allein für mich sorge.

Wenige Augenblicke später bin ich eingeschlafen.

Ich stehe im Freien. Hinter mir hat die Nacht die groben Mauersteine und das strohgedeckte Dach unseres Häuschens blauschwarz verfärbt. Ein Kribbeln durchläuft mich.

Sterne sprenkeln den Himmel wie verschüttetes Salz auf einem...


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Autor

Erin Summerill, in England geboren, wuchs in Hawaii, Kalifornien und schließlich in Utah auf. Sie studierte Literaturwissenschaft an der Brigham Young University in Salt Lake City, begann zu schreiben und wurde Hochzeitsfotografin. Wenn sie nicht auf Reisen ist, dann lebt sie mit ihrer Familie in Utah, zusammen mit zwei Hunden, einer Katze, ein paar Hühnern und ganz vielen Büchern. »Auf immer gejagt« ist ihr Debüt.Nadine Püschel, geboren in Starnberg, studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und Lebensart in Lyon, London und Istanbul. Seit 2004 lebt und arbeitet sie als Übersetzerin für Englisch und Französisch in Berlin.