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Das tiefe Blau der Worte

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Carlsen Verlag GmbHerschienen am21.03.2018Auflage
Liebe zwischen den Zeilen! Rachel und Henry waren mal beste Freunde und verbrachten Tage und Nächte in der gemütlichen Buchhandlung von Henrys Familie. Bis Rachel aus der Stadt wegzog und Henry einen Liebesbrief hinterließ - während Henry mit Amy unterwegs war. Nun ist Rachel zurück und arbeitet wieder im Buchladen, zusammen mit Henry, den sie am liebsten nie wiedersehen würde. Und während sich im Laden Dramen ereignen und Liebespaare finden, geben sie einander wieder Halt in einer Welt, in der es zum Glück Bücher gibt. Und Worte. Und eine zweite Chance. Eine wunderschöne Geschichte über Freundschaft, Liebe und Bücher!

Cath Crowley wuchs mit drei Brüdern und einem Hund namens Elvis auf dem Land auf. Sie erzählt schon ihr ganzes Leben lang gern Geschichten - und fing irgendwann an, sie aufzuschreiben. Heute lebt und schreibt Cath Crowley in Melbourne.
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Produkt

KlappentextLiebe zwischen den Zeilen! Rachel und Henry waren mal beste Freunde und verbrachten Tage und Nächte in der gemütlichen Buchhandlung von Henrys Familie. Bis Rachel aus der Stadt wegzog und Henry einen Liebesbrief hinterließ - während Henry mit Amy unterwegs war. Nun ist Rachel zurück und arbeitet wieder im Buchladen, zusammen mit Henry, den sie am liebsten nie wiedersehen würde. Und während sich im Laden Dramen ereignen und Liebespaare finden, geben sie einander wieder Halt in einer Welt, in der es zum Glück Bücher gibt. Und Worte. Und eine zweite Chance. Eine wunderschöne Geschichte über Freundschaft, Liebe und Bücher!

Cath Crowley wuchs mit drei Brüdern und einem Hund namens Elvis auf dem Land auf. Sie erzählt schon ihr ganzes Leben lang gern Geschichten - und fing irgendwann an, sie aufzuschreiben. Heute lebt und schreibt Cath Crowley in Melbourne.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783646929461
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum21.03.2018
AuflageAuflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6097 Kbytes
Artikel-Nr.2532823
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

HENRY

Ich liege zusammen mit Amy in der Ratgeberecke von Howling Books. Wir sind allein. Es ist Donnerstagabend, zehn Uhr, und um ehrlich zu sein: Ich habe gerade einen ziemlich unpassenden Ständer. Das liegt nicht nur an mir, mein Körper entwickelt da manchmal ein seltsames Eigenleben.

Normalerweise ist das die Zeit und der Ort, wo Amy und ich uns küssen. Das ist die Zeit, wo unsere Herzen außer Atem geraten und sie neben mir liegt, warmhäutig und witzig, und mich wegen meiner zerzausten Haare aufzieht. Es ist die Zeit, wo wir über die Zukunft reden, die für mich noch vor einer Viertelstunde absolut gebucht und bezahlt war.

»Ich will Schluss machen«, sagt sie, und zuerst denke ich, es soll ein Witz sein. Vor nicht mal zwölf Stunden haben wir uns genau hier geküsst. Und noch eine ganze Menge anderer netter Sachen gemacht, denke ich, als sie mich anstupst.

»Henry? Sag was.«

»Was denn?«

»Keine Ahnung. Was du denkst.«

»Ich denke, dass das hier total unerwartet und ziemlich scheiße ist.« Ich setze mich mühsam auf. »Wir haben Flugtickets. Nicht erstattungsfähige und nicht umtauschbare Flugtickets für den 12. März.«

»Ich weiß, Henry.«

»Wir fliegen in zehn Wochen.«

»Jetzt reg dich nicht auf«, sagt sie, als wäre ich derjenige, der spinnt. Vielleicht spinne ich wirklich, aber ich habe immerhin meine gesamten Ersparnisse auf den Kopf gehauen, um ein Rund-um-die-Welt-Ticket mit sechs Zwischenstopps zu kaufen: Singapur, Berlin, Rom, London, Helsinki, New York. »Wir haben eine Versicherung abgeschlossen und uns Pässe besorgt. Wir haben Reiseführer und diese kleinen Kissen fürs Flugzeug gekauft.«

Sie kaut rechts auf ihrer Unterlippe herum und ich versuche mit aller Kraft und völlig erfolglos, nicht daran zu denken, sie zu küssen.

»Du hast gesagt, du liebst mich.«

»Das tue ich auch«, sagt sie, und dann fängt sie an, Liebe in all ihre kursivierten Feinheiten zu zerlegen. »Ich bin halt nur nicht in dich verliebt. Obwohl ich´s versucht habe. Ich hab mir wirklich Mühe gegeben.«

Das dürften wohl die deprimierendsten Worte in der Geschichte der Liebe sein. Ich hab mir wirklich Mühe gegeben, dich zu lieben.

Ich sollte sie bitten zu gehen. Ich sollte sie daran erinnern, dass wir, als wir die Tickets gebucht haben, eine Abmachung hatten, einen Pakt, eine feste Vereinbarung, dass sie nicht wieder mit mir Schluss machen würde. Ich sollte sagen: »Weißt du was? Ich will gar nicht mit dir fliegen. Ich will die Länder, in denen Dickens geschrieben hat, in denen Karen Russell und Junot Diáz und Balli Kaur Jaswal immer noch schreiben, nicht mit einem Mädchen bereisen, das sich wirklich Mühe gibt, mich zu lieben.«

Aber ich Idiot bin nun mal Optimist und ich will diese Länder mit ihr bereisen, also sage ich: »Falls du deine Meinung änderst, weißt du ja, wo ich wohne.« Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass wir schon seit der Neunten immer wieder mal zusammen waren; sie hat mich schon öfter sitzen lassen und ist wieder zurückgekommen, deshalb gibt mir die Vergangenheit Grund zur Hoffnung.

Wir liegen in der Ratgeberecke, einem Raum ganz hinten im Laden, ungefähr so groß wie ein Kleiderschrank. Der Platz reicht gerade für zwei nebeneinanderliegende Leute.

Sie kommt nur hier raus, indem sie über mich drüberklettert, und so vollführen wir unseren seltsamen Pas de deux, als sie aufsteht, eine Art sanften Entwirrungskampf. Einen Moment lang schwebt sie über mir, ihre Haare kitzeln meine Haut, und dann beugt sie sich herunter und küsst mich. Es ist ein langer Kuss, ein guter Kuss, und solange er dauert, wage ich die Hoffnung, dass er vielleicht so gut ist, dass sie ihre Meinung ändert.

Doch dann steht sie auf, zupft ihren Rock zurecht und winkt mir verhalten und traurig zu. »Mach´s gut, Henry«, sagt sie. Und dann geht sie und lässt mich da liegen, auf dem Fußboden der Ratgeberecke - ein toter Mann. Einer mit einem nicht erstattungsfähigen, nicht umtauschbaren Weltreiseticket.

Irgendwann krieche ich aus der Ratgeberecke hinaus und schleppe mich zum Literatursofa, der langen blauen Samtliege vor dem Regal mit den Klassikern. Ich schlafe kaum noch oben. Ich mag das staubige Rascheln der nächtlichen Buchhandlung.

Ich liege hier und denke an Amy. Ich gehe die letzte Woche durch, Stunde um Stunde, und versuche herauszufinden, was sich zwischen uns verändert hat. Aber ich bin noch derselbe, der ich vor sieben Tagen war. Ich bin derselbe wie in der letzten Woche und der davor. Ich bin derselbe, der ich an dem Morgen war, als wir uns kennengelernt haben.

Amy kam von einer Privatschule drüben auf der anderen Seite des Flusses. Sie zog auf unsere Seite der Stadt, nachdem die Buchhaltungsfirma von ihrem Dad Stellen gestrichen hatte und er sich einen neuen Job suchen musste. Sie zogen in eines der neuen Mietshäuser an der Green Street, nicht weit von unserer Schule.

In ihrem neuen Zimmer konnte Amy den Verkehr hören und die Toilettenspülung ihrer Nachbarn. In ihrem alten Zimmer konnte sie Vögel hören. Diese Sachen erfuhr ich, bevor wir zusammen waren, in kurzen Gesprächen auf dem Heimweg von Partys, im Englischunterricht, beim Nachsitzen, in der Bibliothek oder wenn sie am Sonntagnachmittag im Buchladen vorbeischaute.

Bei unserer ersten Begegnung erfuhr ich oberflächliche Dinge - sie hatte lange rote Haare, grüne Augen und helle Haut. Sie roch blumig. Sie trug Kniestrümpfe. Sie saß alleine an einem Tisch und wartete darauf, dass sich Leute zu ihr setzten. Was sie auch taten.

In unserer ersten gemeinsamen Englischstunde saß ich vor ihr und hörte, wie sie sich mit Aaliyah unterhielt. »Wer ist das?«, hörte ich sie fragen. »Henry«, antwortete Aaliyah. »Witzig. Schlau. Süß.«

Ich winkte nach hinten, ohne mich umzudrehen.

»Und ein Lauscher«, fügte Amy hinzu und trat leicht gegen die Lehne meines Stuhls.

Offiziell sind wir erst in der Zwölften zusammengekommen, aber zum ersten Mal geküsst haben wir uns in der Neunten. Das war, nachdem wir im Englischunterricht Ray Bradburys Kurzgeschichten durchgenommen hatten. Wir hatten »Die letzte Nacht der Welt« gelesen, und da kam unsere Stufe auf die Idee, dass wir auch alle eine Nacht so verbringen sollten, als wäre sie unsere letzte, und das tun, was wir täten, wenn die Apokalypse tatsächlich bevorstünde.

Als der Direktor hörte, was wir vorhatten, verbot er es uns; das mit der Apokalypse sei gefährlich. Also machten wir das Ganze heimlich.

In den Schränken tauchten Flugblätter auf, in denen das Ende für den 12. Dezember angekündigt wurde, den letzten Schultag. An dem Abend sollte bei Justin Kent zu Hause eine Party steigen. Überlegt euch, was ihr tun wollt stand auf den Zetteln. Das Ende ist nah.

Am Abend vor dem Ende blieb ich lange wach und versuchte Amy einen perfekten Brief zu schreiben, der sie überzeugen würde die letzte Nacht mit mir zu verbringen. Als ich zur Schule ging, steckte ich ihn ins äußerste Fach meiner Tasche. Obwohl ich ahnte, dass ich mich nicht trauen würde ihn ihr zu geben, hoffte ich, dass ich es vielleicht doch schaffte.

Ich hatte damals eine tolle beste Freundin namens Rachel, die ich jetzt nicht mehr habe, obwohl ich nicht so richtig weiß, warum, und mein Plan war, die letzte Nacht mit ihr zu verbringen, sofern nicht ein Wunder geschah und Amy in den Bereich des Möglichen rückte.

An dem Tag hörte im Unterricht keiner mehr zu. Überall gab es kleine Anzeichen, dass das Ende bevorstand. Zeichen, die die Lehrer nicht sahen, aber wir. In unserem Aufenthaltsraum hatte jemand alle Zettel am Pinnbrett verkehrt herum aufgehängt. In die Tür zum Jungenklo hatte jemand von innen DAS ENDE geritzt. Als ich meinen Schrank aufmachte, fand ich dort einen Zettel, auf dem Noch ein Tag stand, und da fiel mir auf, dass sich niemand Gedanken darüber gemacht hatte, wann die Welt denn nun genau untergehen würde. Um Mitternacht? Bei Sonnenaufgang?

Während ich noch darüber nachdachte, drehte ich mich um und sah, dass Amy neben mir stand. Der Brief war in meiner Tasche, aber ich traute mich nicht, ihn ihr zu geben. Stattdessen hielt ich den Zettel hoch - Noch ein Tag - und fragte sie, was sie mit der Zeit anfangen wollte, die ihr noch blieb.

Sie musterte mich eine Weile und dann sagte sie: »Ich dachte, du würdest mich vielleicht fragen, ob ich sie mit dir verbringen will.« Es waren mehrere Leute im Flur, die das mitbekamen, und niemand konnte mein Glück fassen, ich selbst am wenigsten.

Amy und ich beschlossen, dass das Ende bei Sonnenaufgang sein sollte, also laut Wetterkanal um 5.50 Uhr. Wir trafen uns um 17.50 Uhr an der Buchhandlung, genau zwölf Stunden vorher. Von dort aus gingen wir zum Abendessen zum Shanghai Dumplings. Gegen neun zogen wir weiter zu Justins Party, und als es uns zu laut wurde, gingen wir zum Benito Building und fuhren mit dem Aufzug ganz nach oben - an den höchsten Punkt von Gracetown.

Wir setzten uns auf meine Jacke und schauten auf die Lichter, und da erzählte mir Amy von der neuen Wohnung, wie klein die Zimmer waren und dass sie das Vogelgezwitscher vermisste. Erst Jahre später erzählte sie mir die Sache mit ihrem Dad, dass er seinen Job verloren hatte, und wie schrecklich es gewesen war, ihn weinen zu hören. An dem Abend deutete sie die Probleme ihrer Familie nur an. Ich bot ihr an, in den Laden zu kommen, wenn sie mal rausmüsste. Wenn sie sich in den Lesegarten...

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Autor

Cath Crowley wuchs mit drei Brüdern und einem Hund namens Elvis auf dem Land auf. Sie erzählt schon ihr ganzes Leben lang gern Geschichten, hat sie aber nie aufgeschrieben - bis sie von Australien nach Europa zog und begann, ihrem Bruder Anthony Briefe zu schreiben. Er montierte diese Briefe zu einem Musical und das war der Auftakt ihrer Schriftstellerkarriere. Heute lebt und schreibt Cath Crowley in Melbourne.Claudia Feldmann, Jahrgang 1966, studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und übersetzt seit zwanzig Jahren aus dem Englischen und Französischen. Unter anderem hat sie Graeme Macrae Burnet, Eoin Colfer, Morgan Callan Rogers und Cath Crowley ins Deutsche übertragen.