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Im Schatten der Pineta / Die Schnelligkeit der Schnecke

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am01.03.2019Auflage
Zwei Fälle für Barista Massimo und seine Senioren In diesem Doppelband ermitteln die kultigen Alten aus Massimos BarLume gleich in zwei Fällen: In »Im Schatten der Pineta« wird ganz in der Nähe der Bar ein junges Mädchen ermordet aufgefunden, in »Die Schnelligkeit der Schnecke« gilt es, den mysteriösen Todesfall eines Professors aufzuklären, der auf einem Kongress im malerischen Küstenstädtchen Pineta war.

Marco Malvaldi, geboren 1974 in Pisa, arbeitete früher als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Chemie der dortigen Universität. Mit seinen Krimis um die vier alten Männer und den sympathischen Barbesitzer Massimo avancierte er zum Bestsellerautor. Daneben veröffentlichte er mehrere davon unabhängige Krimikomödien. Marco Malvaldi lebt als freier Autor mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in seiner Geburtsstadt.
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Produkt

KlappentextZwei Fälle für Barista Massimo und seine Senioren In diesem Doppelband ermitteln die kultigen Alten aus Massimos BarLume gleich in zwei Fällen: In »Im Schatten der Pineta« wird ganz in der Nähe der Bar ein junges Mädchen ermordet aufgefunden, in »Die Schnelligkeit der Schnecke« gilt es, den mysteriösen Todesfall eines Professors aufzuklären, der auf einem Kongress im malerischen Küstenstädtchen Pineta war.

Marco Malvaldi, geboren 1974 in Pisa, arbeitete früher als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Chemie der dortigen Universität. Mit seinen Krimis um die vier alten Männer und den sympathischen Barbesitzer Massimo avancierte er zum Bestsellerautor. Daneben veröffentlichte er mehrere davon unabhängige Krimikomödien. Marco Malvaldi lebt als freier Autor mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in seiner Geburtsstadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492993326
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum01.03.2019
AuflageAuflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse3280 Kbytes
Artikel-Nr.4169875
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Anfang

An einem Tag mitten im August, um zwei Uhr nachmittags, um genau zu sein, wenn man das Gefühl hat, dickflüssige Luft einzuatmen, und versucht, nicht daran zu denken, dass es bis zum Abendessen noch sechs oder sieben Stunden sind, rettet einen nur noch eines: mit ein paar Freunden zusammen in die Bar zu gehen, um etwas zu trinken.

Man setzt sich an eines der Tischchen im Freien, zupft die im Schritt klitschnasse Hose zurecht, dampft zehn Sekunden lang aus, und schon ist man, o Wunder, wieder halbwegs ein Mensch; derjenige aus der Runde, der noch am rüstigsten ist, geht hinein, um zu bestellen, da der Barista einen beim Kommen nur finster angesehen und einen ansonsten keines Blickes mehr gewürdigt hat, sondern geflissentlich Gläser spült (das heißt: ein Glas - dasselbe, das er schon seit fünf Minuten spült), was heißt, wenn dann niemand hineingeht, um sich der Getränke anzunehmen, wartet man bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.

Das Wichtigste jedoch ist, dass ein Lüftchen weht.

Ein Windhauch, gerade stark genug, um das Hemd von der Haut zu lösen, einem Wirbel für Wirbel den Rücken hinabzustreichen und die Zwischenräume zwischen den Zehen zu erfrischen, die in den Plastikbadeschlappen schier ersticken, aber nicht so stark, um einem die sorgfältig über die Glatze drapierten Haarsträhnen zu zerzausen. Außerdem macht die jodhaltige Meeresbrise die Nase frei und lässt einen tief durchatmen, und bis dann der Held, der inzwischen in die Rolle des Kellners geschlüpft ist, mit den Getränken und der Speisekarte zurückkommt, ist die gute Laune ebenfalls zurückgekehrt und der Nachmittag, im Vergleich zu vorher, schon erheblich kürzer geworden.

Diese Dinge sind mit zwanzig angenehm, mit achtzig sind sie das Salz des Lebens.

Das Grüppchen vor der BarLume, die sich im Zentrum des Örtchens Pineta befindet, besteht aus vier rüstigen alten Männern - einem Typus, der in der Gegend weit verbreitet ist. Die anderen beiden Parteien, die mit Ersterer konkurrieren - zum einen die vereinzelten alten Männer mit Gehstock nebst Enkelkind und zum anderen die alten Frauen, die vor ihrer Haustür hocken und stricken -, sind im Vergleich dazu in der Minderzahl, und man sieht sie immer seltener.

An der nur allzu oft gepriesenen Schwelle zum zweiten Jahrtausend hat sich Pineta zu einem angesagten Badeort entwickelt, mit allen Konsequenzen, und die Tourismusförderung wird nicht müde, die gewachsene Architektur des Dorfes zusehends zu verschandeln: Wo früher die Bar mit der Bocciabahn war, hat man einen Freiluft-Discopub errichtet, anstelle des Spielplatzes ist im Pinienwäldchen ein Bodybuildingstudio unter freiem Himmel aus dem Boden gestampft worden, und eine Parkbank sucht man vergeblich, dafür findet man neuerdings ausreichend Parkgestelle für Mopeds.

Danach zu urteilen, wie sie sich streiten, kann es sich bei den vier Männern nur um gute Freunde handeln: Drei von ihnen sitzen würdevoll auf ihren Plastikstühlen, während der vierte neben ihnen steht und ein Tablett in den Händen hält, auf dem sich ein Kartenspiel, ein Glas Fernet, ein Bier und ein Glas Sambuca mit der obligatorischen Kaffeebohne darin befinden.

Einer der Sitzenden wedelt mit den Armen.

Offensichtlich fehlt etwas.

»Und der caffè?«

»Hat er mir nicht gemacht.«

»Wie - hat er dir nicht gemacht? Und warum nicht?«

»Er sagt, es wäre zu heiß dafür.«

»Das geht ihn einen feuchten Kehricht an, ob es zu heiß für einen caffè ist oder nicht. Mir reicht schon dieser Plagegeist von einer Tochter, die jede Zigarette zählt, die ich mir genehmige, muss sich jetzt auch noch der Barista um meine Gesundheit sorgen? Der kriegt jetzt was zu hören!«

Ampelio Viviani, zweiundachtzig, pensionierter Eisenbahner, ehemaliger leidlich guter Amateurradrennfahrer und unbestrittener Sieger des Fluchwettbewerbs, der (offiziell) 1956 bei der Festa dell´Unità von Navacchio eingeführt und anschließend sechsundzwanzig Jahre lang ohne Unterbrechung abgehalten wurde, erhebt sich stolz mit Hilfe seines Stockes und betritt unerschrocken wie Garibaldi die Bar.

»Schaut ihn euch an, wie der jetzt losstürmt. Man könnte meinen, er ist Ronaldo!«

»Du meinst, so wie er den Stock beherrscht?«

Beim Tresen angekommen, richtet Ampelio mit erhobener Stockspitze das Wort an den Barista: »Massimo, mach mir einen caffè.«

Massimo steht mit gebeugtem Kopf am Spülbecken, wo er Zitronen zerteilt, eine Aufgabe, die ihn so vollkommen in Anspruch zu nehmen scheint wie einen Buddhisten die Meditation. Und in der gleichen seelenruhigen Art antwortet er: »Es gibt keinen caffè. Zu heiß heute. Später. Vielleicht.«

»Jetzt hör mir verdammt noch mal gut zu. Ich hab den Krieg in Abessinien mitgemacht, und da meinst du, es wär hier zu heiß, um einen caffè zu trinken?«

Den Kopf noch immer über den Ausguss gebeugt, erwidert Massimo: »Es ist nicht zu heiß, um einen zu trinken. Es ist zu heiß, um einen zu machen. Würdest du tatsächlich von mir verlangen, mich vor dieses türkische Dampfbad zu stellen und wie ein Schwein zu schwitzen? Für einen erbärmlichen, mickrigen caffè, der mir nicht einmal besonders gut gelingen würde, bei dieser Luftfeuchtigkeit? Trink lieber einen schönen Eistee, ich lad dich ein.«

»Einen Eistee, ja? Wenn ich gewollt hätte, dass mir schlecht wird, hätte ich auch zu Hause bleiben und mir mit deiner Großmutter diesen Michele Cucuzza in der Glotze anschauen können! In diese Bar setze ich nie wieder einen Fuß!«

Schließlich hebt Massimo doch den Kopf.

Er ist um die dreißig, hat lockiges Haar, Bart; sein leicht arabischer Einschlag wird noch unterstrichen durch das lange Piratenhemd, das ihm bis zu den Knien reicht und auf wundersame Weise unempfindlich gegen Schweißflecken zu sein scheint. Er hat einen Silberblick, ein wenig verdrießlich, den er jetzt kurz zur Decke wendet, aber nicht theatralisch. Dann, den Blick wieder auf die Zitronen gesenkt, sagt er: »Schau, Großvater, das hier ist die einzige Bar in ganz Pineta, wo man dich duldet, und zwar nur deshalb, weil sie mir gehört. Also, wenn du unbedingt einen caffè willst, warte zwei, drei Stunden, schließlich musst du ja nicht zur Arbeit.«

»Dann gib mir halt einen Grappa, und der Schlag soll sie treffen, meine Tochter!«

Ampelio ist wieder an den Tisch zurückgekehrt; Aldo, der Besitzer des Restaurants Boccaccio, mischt die Karten. Er fragt: »Scopa, Briscola oder Tressette?«

Die anderen zwei Gäste am Tisch heben die Köpfe; Gino Rimediotti, dem man jedes seiner fünfundsiebzig Jahre ansieht, antwortet wie immer: »Mir ist jedes Spiel recht, solange ich nicht mit dem da zusammenspielen muss.«

»Schlaumeier. Als ob das immer meine Schuld wär ...«

»Und ob das deine Schuld ist! Du kannst dir nie merken, welche Karten schon abgelegt worden sind, nicht mal unter Androhung der Todesstrafe.«

»Gino, ich mag dich wirklich, aber jetzt hör mir mal zu: Jemand, der so auffällig zwinkert, als hätte er Sand in den Augen, sollte lieber den Mund halten. Wenn du die Drei hast, muss man Angst haben, dass du gleich ´n Herzinfarkt kriegst. Da merken sogar die Leute drinnen in der Bar, welche Trümpfe du auf der Hand hast.«

Der vierte Mann heißt Pilade Del Tacca; er schaut auf vierundsiebzig ruhige Lenze zurück und schleppt zufrieden ein paar überzählige Pfunde mit sich herum. Die Jahre harter Arbeit bei der Gemeinde von Pineta, wo man nichts gilt, wenn man nicht mindestens viermal an einem Morgen frühstückt, haben ihn sowohl physisch als auch charakterlich geformt: Nicht nur sein Benehmen lässt zu wünschen übrig, er ist auch eine ziemliche Nervensäge.

Aldo beendet das Kartenmischen; ein kritischer Moment. Mit neutraler Stimme erklärt er, es gehe nicht an, dass jedes Mal er oder Ampelio entscheiden müssten, nur damit sich Del Tacca anschließend beschweren könne, »dass immer wir entscheiden. Entweder ihr entscheidet, oder wir machen was anderes.«

Ampelio meldet sich zu Wort. »Mir macht´s nichts aus, zu entscheiden, und wenn´s nicht passt, ändern wir halt die Paare.«

Del Tacca fragt: »Wenn´s wem nicht passt?«

Gino schlägt vor: »Der Schlampe von deiner Mutter - wem sonst? Uns allen, oder was?«

Die Luft ist zum Schneiden dick, von der frischen Brise ist nichts mehr zu spüren.

Mitten in das Schweigen tritt jetzt Massimo, der aus der Bar kommt und sich einen Stuhl heranzieht, um sich zu dem Grüppchen zu setzen.

Er zündet sich eine Zigarette an, nimmt den Kartenstapel und sagt: »Tiziana kann sich ´ne Weile allein um die Bar kümmern, um die Zeit kommt sowieso niemand. Wie wär´s mit einer Fünfer-Briscola?«

Es müssen nicht mal mehr Blicke gewechselt werden; die Augen werden wieder lebhaft, die Gläser geleert, Ellbogen auf den Tisch gestemmt, und los geht´s.

Briscola zu fünft ist immer gut.

Ungefähr sechs Monate zuvor übertönte Ampelios Stimme wie üblich den Lärm in der Bar. Geschickt lotste der Pensionär sie um die gewundenen intellektuellen Kehren seiner Rede, während er keine Gelegenheit ausließ, urbi et orbi seine Meinung über Gott und die Welt kundzutun.

»Ich versteh ums Verrecken nicht, was die jungen Leute bloß daran finden! Da wird man in einen Raum mit ohrenbetäubender Musik gesperrt, zusammengequetscht wie die Ölsardinen; statt zu tanzen, muss man sich aufführen, als hätte man Juckpulver in der Unterhose, und am Ende kommt man vollkommen verblödet aus dem Schuppen wieder raus. Und für diese Behandlung lassen sie einen auch noch bezahlen! Sag du mir, ob es richtig ist,...
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Autor

Marco Malvaldi, geboren 1974 in Pisa, arbeitete bis vor Kurzem als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Chemie der dortigen Universität. Mit seinen Krimis um die vier alten Männer und den sympathischen Barbesitzer Massimo avancierte er zum Bestsellerautor. Daneben veröffentlichte er mehrere davon unabhängige Krimikomödien. Marco Malvaldi lebt als freier Autor mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in seiner Geburtsstadt.