Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Neue Fischer Weltgeschichte. Band 6

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
768 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am27.11.20191. Auflage
Ein großartiges, umfassendes Panorama der europäischen Geschichte im 19. Jahrhundert. Der Historiker Willibald Steinmetz erzählt, wie das Europa entstand, das wir heute kennen, von 1800 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Freiheit und Gleichheit waren die großen Versprechen der Aufklärung, die nach 1789 auf dem gesamten Kontinent greifbar wurden. Doch das 19. Jahrhundert wurde ein Zeitalter der Widersprüche: Das Streben nach Demokratie stand neben nationalistischen Ideen und Praktiken der Ausgrenzung. Die Industrialisierung eröffnete unendliche Möglichkeiten - und führte zu neuen sozialen Konflikten. Und Europa griff nach der Welt, Kolonialismus und Imperialismus brachten neue Konstellationen hervor. Willibald Steinmetz schildert die Phase von 1800 bis 1914 als fortwährenden Wettbewerb zwischen Nationen und Imperien, von Großbritannien über Frankreich, Italien und Deutschland bis zu Österreich-Ungarn und Russland. Heute erleben wir, dass trotz aller gemeinsamen Werte der Nationalismus eine neue Blüte erlebt - der Blick zurück zeigt, wie wertvoll ein geeintes Europa für jedes der beteiligten Länder sein kann.

Willibald Steinmetz, geboren 1957, lehrt Geschichte an der Universität Bielefeld. Er war Fellow am Freiburg Institute for Advanced Studies und am St. Antony's College in Oxford. Er zählt zu den besten Kennern der europäischen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR78,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR69,99

Produkt

KlappentextEin großartiges, umfassendes Panorama der europäischen Geschichte im 19. Jahrhundert. Der Historiker Willibald Steinmetz erzählt, wie das Europa entstand, das wir heute kennen, von 1800 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Freiheit und Gleichheit waren die großen Versprechen der Aufklärung, die nach 1789 auf dem gesamten Kontinent greifbar wurden. Doch das 19. Jahrhundert wurde ein Zeitalter der Widersprüche: Das Streben nach Demokratie stand neben nationalistischen Ideen und Praktiken der Ausgrenzung. Die Industrialisierung eröffnete unendliche Möglichkeiten - und führte zu neuen sozialen Konflikten. Und Europa griff nach der Welt, Kolonialismus und Imperialismus brachten neue Konstellationen hervor. Willibald Steinmetz schildert die Phase von 1800 bis 1914 als fortwährenden Wettbewerb zwischen Nationen und Imperien, von Großbritannien über Frankreich, Italien und Deutschland bis zu Österreich-Ungarn und Russland. Heute erleben wir, dass trotz aller gemeinsamen Werte der Nationalismus eine neue Blüte erlebt - der Blick zurück zeigt, wie wertvoll ein geeintes Europa für jedes der beteiligten Länder sein kann.

Willibald Steinmetz, geboren 1957, lehrt Geschichte an der Universität Bielefeld. Er war Fellow am Freiburg Institute for Advanced Studies und am St. Antony's College in Oxford. Er zählt zu den besten Kennern der europäischen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104024066
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum27.11.2019
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.6
Seiten768 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4012 Kbytes
Artikel-Nr.4399951
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Einleitung

1. Europa in der Welt - eine Provinz?

Man hat das 19. Jahrhundert das »Jahrhundert Europas« genannt.[1] Damit ist gemeint, dass die Welt im Laufe des 19. Jahrhunderts in einem Maße von Europa aus militärisch unterworfen, wirtschaftlich ausgebeutet, administrativ durchdrungen, wissenschaftlich erforscht und kulturell überformt worden ist wie niemals zuvor und niemals danach. Europäische Metropolen bildeten die zentralen Knoten in einem Netz weltumspannender Beziehungen. Von hier gingen die für andere Erdteile folgenreichsten Initiativen aus, hier liefen die meisten Fäden zusammen. So gesehen, war Europa im 19. Jahrhundert keine Provinz. Dabei gilt es jedoch zeitlich zu differenzieren. Als »Jahrhundert Europas« erscheint das 19. Jahrhundert vor allem, wenn man es von seinem Ende her betrachtet. Beginnen wir also einmal nicht am Anfang, bei der Französischen Revolution oder Napoleon, sondern mit einem Rückblick aus der Perspektive des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts.

Eine typische politische Weltkarte aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, zum Beispiel diejenige aus dem Cambridge Modern History Atlas von 1912, zeigt große Flächen, auffällige Umrisse und viele kleinere Tupfer in den Farben europäischer Mächte.[2] Diese wenigen Mächte kontrollierten um 1900 weite Teile Afrikas, Asiens und Ozeaniens. Sogar in der amerikanischen Hemisphäre besaßen sie - neben Kanada - noch etliche Inseln und Brückenköpfe. Auch jenseits der eigenen Kolonialreiche waren Europäer überall auf der Welt unterwegs; manche von ihnen kehrten nicht in ihre Herkunftsländer zurück. Auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, in vielen Teilen Afrikas, in Sibirien, in den süd- und ostasiatischen Hafenstädten, in den Plantagenregionen der Karibik und Südostasiens, in Australien und Ozeanien machten sich Scharen europäischer Siedler, Geschäftsleute, Abenteurer, Missionare, Offiziere und Beamte auf Kosten einheimischer Bevölkerungen breit. Eine ethnische Karte aus einem amerikanischen historischen Atlas von 1911, in der die damalige Weltbevölkerung grob nach »Europeans« (rosa), »Chinese, Japanese« (gelb) und »Negroes« (dunkelgrau) eingezeichnet ist, vermittelt ein anschauliches Bild dieser Ausbreitung. Zugleich erinnerte die Karte ihre amerikanischen Betrachter daran, dass sie sich selbst, sofern sie Weiße waren, als »Europäer« fühlen sollten.[3] Aus Europa machten sich im 19. Jahrhundert Millionen von Menschen auf den Weg nach Übersee, während es umgekehrt nur sehr wenige Einwanderer nicht-europäischer Herkunft aufnahm. Trotz der negativen Wanderungsbilanz erreichte es am Ende des 19. Jahrhunderts den im Vergleich zu seiner Fläche höchsten Anteil an der Weltbevölkerung, nahezu ein Viertel.[4]

Die Europäer breiteten sich nicht nur überall aus, sie hatten auch ihre Wertvorstellungen und Institutionen im Gepäck und drängten sie den Einheimischen mehr oder weniger gewaltsam auf. Manche Errungenschaften enthielten sie ihnen auch vor, insbesondere gleiche Rechte. Oft trafen die Europäer auf Widerstand, vieles wurde nur oberflächlich übernommen, aber folgenlos blieb die Übernahme nicht. Noch lange nach der Dekolonisation der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fiel es den europäisch erzogenen Eliten Afrikas, Indiens oder Indochinas nicht leicht, sich von den Denkkategorien der ehemaligen Kolonialherren zu lösen.[5] Schon der praktische Nutzwert des Englischen oder, wie in Westafrika, des Französischen als Verkehrssprache macht für Nicht-Europäer bis heute eine Auseinandersetzung mit den in diesen Sprachen aufgehobenen europäischen Begriffen unumgänglich. Übersetzungen sind nötig, und mit jeder Übersetzung verändert sich ein Stück weit auch die eigene Sprache - und damit das Denken. Die Weltgeltung der europäischen Sprachen, allen voran des Englischen, ist die vielleicht nachhaltigste Hinterlassenschaft der imperialen Phase europäischer Geschichte.

Mindestens so wichtig wie die Landnahme war die europäische Vormachtstellung auf See. Sie bildete die Grundlage der militärischen Überlegenheit und sorgte für entscheidende Vorteile bei der Ausnutzung und globalen Umverteilung von Ressourcen. Nur die Europäer waren im 19. Jahrhundert fähig, Rohstoffe, Agrarprodukte, Arbeitskräfte, Fertigwaren und Luxusgüter im großen Stil zwischen mehreren Kontinenten hin und her zu transportieren und die Gewinne abzuschöpfen. Großbritanniens bis zum Ende des 19. Jahrhunderts führende Rolle als Wirtschaftsmacht basierte auf seiner unangefochtenen Seeherrschaft. Die Schiffstonnage der britischen Handelsflotte allein war um 1890 größer als diejenige der gesamten übrigen Welt zusammen.[6] Gesichert wurde der Überseehandel durch europäische Kriegsschiffe, vor allem durch die auf den Weltmeeren konkurrenzlose Royal Navy.

Erst um 1900 traten mit den Vereinigten Staaten und Japan zwei Mächte auf den Plan, die schwächeren europäischen Kriegsflotten ernsthaft gefährlich werden konnten. Die Amerikaner griffen im Jahr 1898 erfolgreich auf den Philippinen und Kuba die alte Kolonialmacht Spanien an, die Japaner schlugen wenige Jahre später, 1905, die russische Flotte vernichtend. Wenn diese Siege außereuropäischer Staaten auch auf die multipolare Weltordnung der Jahrzehnte zwischen den Weltkriegen vorausweisen, stellen sie die rückblickende Sicht auf das 19. Jahrhundert als »Jahrhundert Europas« nicht grundsätzlich in Frage. Denn die Prinzipien, nach denen diese beiden neuen Mächte ihre inneren Angelegenheiten geregelt hatten und ihre Kraft nun nach außen lenkten, hatten sich im engen Austausch mit Europa herausgebildet. Im Falle Japans nach der erzwungenen »Öffnung« des Landes 1853/54 und der Meiji-Revolution von 1867/68 hatte der Austausch den Charakter eines planmäßigen, durchaus einseitigen Aneignungsprozesses angenommen, bei dem die Japaner die Lernenden waren, während sie von den Europäern lange nicht ernst genommen wurden. Im Falle der USA verwandelte sich der Austausch im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend in ein Verhältnis wechselseitigen Gebens und Nehmens, Sich-Annäherns und Abgrenzens. Die engen transatlantischen Bindungen der USA wurden durch den nie versiegenden und gerade zum Ende des 19. Jahrhunderts noch einmal anschwellenden Strom europäischer Einwanderer immer wieder gefestigt. Anders als heute orientierten sich die Spitzen der amerikanischen Gesellschaft - Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler, Künstler - immer noch überwiegend an Europa, wenn sie nach Vor- oder Gegenbildern für das eigene Handeln suchten. Europa war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts für die USA wie für Japan der wichtigste Bezugspunkt, an dem man sich maß. Aus der Sicht der asiatischen Pazifikanrainer, insbesondere Chinas, die von dem neuen japanischen und amerikanischen Expansionsdrang betroffen waren, galten Japan und die USA jedenfalls als Mächte, die sich genau wie die Europäer verhielten, indem sie sich Stadtviertel in den Vertragshäfen sicherten und das Recht zu Interventionen anmaßten.

Die Europäer waren am Ende des 19. Jahrhunderts vom Vorrang ihrer Zivilisation überzeugt. Europa sei, hieß es 1906 in Meyers Konversationslexikon, »seiner Gliederung wie seiner kulturhistorischen und politischen Bedeutung nach unbedingt der wichtigste unter den fünf Erdteilen«.[7] Wir mögen heute derart überhebliche Sätze belächeln, und man könnte darüber rätseln, ob nicht das Wörtchen »unbedingt« schon leise Zweifel an ihrer Berechtigung ausdrückte. Jedoch sollten wir nicht außer Acht lassen, dass die Überlegenheit Europas um 1900, zumindest was seine wirtschaftliche, militärische und technische Leistungsfähigkeit angeht, nicht zu übersehen war. Sie wurde auch von denen anerkannt, die in China, Indien, Siam, Äthiopien oder der Türkei nach Wegen suchten, wie sie die noch bestehende Unabhängigkeit erhalten oder ihre Selbstbestimmung wiedererlangen konnten. Dem japanischen Vorbild zu folgen, die Geheimnisse der europäischen Stärke zu erkunden, europäische Kulturtechniken zu adaptieren, ohne den Wert der eigenen Kultur zu verleugnen, kurz: sich bis zu einem gewissen Grad zu europäisieren, schien eine erfolgversprechende Option zu sein, um der Kuratel europäischer Mächte zu entkommen. Dieser Gedanke fand sich bei reformbereiten Regierenden wie etwa dem siamesischen König Chulalongkorn (reg. 1868-1910) oder dem äthiopischen Kaiser Menelik II. (reg. 1889-1913), und er bestimmte ebenso das Handeln von oppositionellen Intellektuellen wie zum Beispiel den Mitgliedern des 1885 gegründeten Indian National Congress, den ungefähr gleichzeitig sich zusammenfindenden Jungtürken oder dem ersten Präsidenten der 1911 ausgerufenen chinesischen Republik, Sun Yat-sen (1866-1925). Insofern konnten sich die von ihrer welthistorischen Mission überzeugten Europäer sogar durch ihre Widersacher und Gegenspieler bestätigt...

mehr