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Das Buch der gelöschten Wörter - Der erste Federstrich

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
414 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am30.04.20201. Aufl. 2020
Nichts tut die Londonerin Hope Turner lieber, als sich in die Welten ihrer Lieblingsautorin Jane Austen zu träumen. Denn ihr eigenes Leben ist alles andere als spannend und romantisch. Das ändert sich, als sie eines Tages in einer Buchhandlung einen mysteriösen Fremden kennenlernt, der ihr Unglaubliches offenbart: Es gibt eine Welt der Bücher, in der die Romanfiguren ein Eigenleben führen. Doch sie ist in Gefahr, und nur Hope kann sie retten!


Mary E. Garner träumte sich schon immer gern in die Welten ihrer Lieblingsbücher. Bevorzugt jene, die in ihrem geliebten England spielen. Ihrer persönlichen Leidenschaft zur großen Insel und deren literarischen Figuren entsprang die Idee zu Das Buch der gelöschten Wörter, in das sie nun auch ihre Leserschaft in entführt.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextNichts tut die Londonerin Hope Turner lieber, als sich in die Welten ihrer Lieblingsautorin Jane Austen zu träumen. Denn ihr eigenes Leben ist alles andere als spannend und romantisch. Das ändert sich, als sie eines Tages in einer Buchhandlung einen mysteriösen Fremden kennenlernt, der ihr Unglaubliches offenbart: Es gibt eine Welt der Bücher, in der die Romanfiguren ein Eigenleben führen. Doch sie ist in Gefahr, und nur Hope kann sie retten!


Mary E. Garner träumte sich schon immer gern in die Welten ihrer Lieblingsbücher. Bevorzugt jene, die in ihrem geliebten England spielen. Ihrer persönlichen Leidenschaft zur großen Insel und deren literarischen Figuren entsprang die Idee zu Das Buch der gelöschten Wörter, in das sie nun auch ihre Leserschaft in entführt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732586073
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum30.04.2020
Auflage1. Aufl. 2020
Reihen-Nr.1
Seiten414 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2696 Kbytes
Artikel-Nr.4937733
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Kapitel

Ich entdeckte Mum im Aufenthaltsraum des Pflegeheims, wo sich tagsüber oft einige Patienten zusammenfanden, um sinnfreie Gespräche zu führen, über einfachsten Gesellschaftsspielen zu verzweifeln oder auf den Fernseher zu glotzen. Letzteres übrigens durchaus auch dann, wenn er gar nicht eingeschaltet war.

Im Vergleich mit den Fernsehglotzern war Mum regelrecht gesellschaftsfähig. Sie saß gern in einem großen Lehnstuhl am Fenster und schaute den Vögeln zu, die die Ganzjahres-Futterstationen auf der Terrasse scharenweise in Anspruch nahmen. Neben ihr lag eines ihrer vielen abgegriffenen Notizbücher, die noch aus der Zeit vor ihrer Erkrankung stammten. Darin hatte sie früher Ideen und Konzepte zu Kurzgeschichten festgehalten, die sie hobbymäßig geschrieben und mir stets zu lesen gegeben hatte. Zusammen mit ihrer Erinnerung war jedoch auch dieser kreative Strom vor zwei Jahren versiegt. Seitdem trug Mum mal dieses, mal jenes ihrer Notizhefte mit sich herum, wie Schoßhündchen, auf deren Anwesenheit sie ungern verzichten würde. Hineingeschrieben hatte sie allerdings schon lange nichts mehr.

Wie so oft reagierte sie auch heute zunächst nicht auf mich, als ich mich zu ihr beugte und ihr einen Kuss auf die Wange drückte. »Wie geht´s dir heute, Mum? Was gab es zum Mittagessen?«

Die Ärzte waren der Meinung, kleine Erinnerungsleistungen wie die an die letzte Mahlzeit würden meiner Mutter helfen, nicht noch mehr von ihrem Gedächtnis einzubüßen. Ich spielte bei diesem mühseligen Puzzle mit - obwohl ich seine Wirksamkeit anzweifelte. Schließlich wusste ich manchmal am Abend selbst kaum noch, was ich zum Frühstück gegessen hatte.

Mum wandte den Kopf und sah mich munter an. »Ach, du bist es, Hope! Stell dir vor, gerade war ein Buntspecht hier. Direkt da vorn.« Sie deutete zu einer der Futtersäulen.

»Fantastisch!« Wie kam es nur, dass sie die einzelnen Vogelarten immer noch so treffsicher bestimmen konnte, aber nicht mehr wusste, wo wir früher gewohnt hatten?

Wie um mich Lügen zu strafen, sagte Mum: »Liebes, du erzählst gar nichts mehr von Christian. Wie geht es ihm? Ist er inzwischen Bibliotheksleiter?«

Ich unterdrückte ein Seufzen. »Ich weiß nicht, wie es Christian geht, Mum. Er und ich sind nicht mehr zusammen. Genau genommen schon seit zwei Jahren nicht mehr. Erinnerst du dich?«

»Nicht mehr?«, wiederholte Mum enttäuscht. »Och. Der war immer so nett.«

In Wahrheit hatte sie ihn nicht ausstehen können. In den drei Jahren unserer Beziehung hatte sie ihn zu spießig gefunden mit seinem seriösen Auftreten und der randlosen Brille, durch die er seinerseits ihre bunten Kleider stets kritisch gemustert hatte. Ein paarmal hatte sie sogar behauptet, er benähme sich ausgesprochen merkwürdig, und warnte mich, nur ja mein Herz nicht komplett an ihn zu vergeuden. Wahrscheinlich erwähnte sie ihn deswegen ab und zu auch heute noch, weil ihre plötzliche Erkrankung genau in die Zeit fiel, als Christian mich verließ. Ihre wahren Gefühle für meinen Ex wie auch die Umstände unserer Trennung schien Mum jedoch tief in ihrem Kopf verloren zu haben.

Ich wollte sie schon an mich ziehen, um meine Arme um sie zu schlingen, als Mums Augen sich plötzlich verengten und sie mich eingehend musterte.

»Weißt du, es ist kein Wunder, dass du keinen Partner hast. Wie siehst du wieder aus?«, beschwerte sie sich und schüttelte missbilligend den Kopf. »Kannst du dich nicht mal etwas mehr in Schale werfen?«

Aha, heute war also einer dieser Tage. Gute, klare Tage für Mum, die meine Besuche bei ihr auf eine eigene Weise anstrengend machten.

Ich sah an mir herunter. Meine Jeans war in der Tat schon ziemlich abgewetzt und das T-Shirt verwaschen. Die bequemen Schuhe wirkten sportlich und legten den Verdacht nahe, ich würde hin und wieder locker meine Runden durch die Parks der Stadt ziehen, was mir in Wahrheit jedoch fernlag. Normalerweise machte ich mir nicht viel aus Mums Gemecker über meine allzu lässige Bekleidung. Doch der Moment vorhin im Buchladen, in dem ich mir mein grünes Sommerkleid herbeigewünscht hatte, wirkte noch nach.

»Sieh mich an!« Mum deutete auf ihr eigenes, bunt gebatiktes Kleid, das aussah, als hätte sie es bei einer Schar vorbeiziehender Hippies gegen eine Langspielplatte von John Lennon eingetauscht. »In dieser Verpackung kann mir niemand widerstehen.«

Wie beim perfekten Auftritt im Theater erschien genau in diesem Augenblick Pfleger Mick in der Tür, um sich mit einem raschen Blick davon zu überzeugen, dass im Aufenthaltsraum alles in Ordnung war.

»Micki, Schätzchen«, säuselte meine Mutter und winkte ihn heran. »Was sagst du zu meinem Kleid?«

Mick, dessen schwer tätowierte, muskelbepackte Arme aus einem ärmellosen Shirt mit aufgedrucktem Totenkopf ragten, grinste so breit, wie es seine Lippenpiercings zuließen.

»Ganz große Klasse, Vivien«, sagte er. »Bringt deine Beine zur Geltung. Hope, immer wieder schön, dich zu sehen. Bist wohl etwas in den Regen gekommen?« Er zwinkerte mir so eindeutig zu, dass mir die Hitze ins Gesicht stieg, doch während ich mein noch feuchtes T-Shirt zurechtzupfte, war er schon wieder zur Tür hinaus.

»Da hast du´s! Es bringt meine Beine zur Geltung!«, sagte Mum triumphierend.

Ich unterdrückte ein Seufzen. Ich hatte weder ihre ausufernde Abenteuerlust noch ihren überbordenden Hang zum Flirten geerbt. Was wahrscheinlich damit zusammenhing, dass ich als Teenager mehr als einmal liebend gern im Boden versunken wäre, wenn sie mit Busfahrern, Postboten, Kellnern oder Polizisten schäkerte.

»In Ordnung«, gestand ich ihr zu. »Demnächst zieh ich mal wieder mein hübsches Sommerkleid an.« Und zwar am Mittwoch. An dem Tag, an dem ich in Mrs. Gateways Buchhandlung die überteuerte Sonderedition von Stolz und Vorurteil abholen würde. Vielleicht hatte ich ja unverschämtes Glück und der gut gekleidete, attraktive Buchfreund von vorhin würde ebenfalls wieder dort sein. »Das mit dem schönen grünen Muster, weißt du, welches ich meine?«

Mum, die schon wieder hinaus zu den Vögeln geschaut hatte, wandte den Kopf und sah mich überrascht an.

»Hope! Ich hab ja gar nicht mitbekommen, wie du reingekommen bist! Willst deine alte Mutter wohl an der Nase herumführen?« Sie kicherte und stupste mit dem Zeigefinger an meine Nase.

Ach, Mum, dachte ich, plötzlich sehr traurig. Wie sehr ich dich vermisse!

***

Als ich mich am Nachmittag zur Abendschicht bei Herz trifft Herz einloggte, erschienen in meinem Postfach sofort mehrere neue Profile. Ein George bot Katinka ein sicheres Heim. Ein Henry hatte Nelly sage und schreibe fünfzehn Selfies von sich und seinem Hund geschickt. Und Jennifer, die viel beschäftigte Studentin, hatte gleich drei neue Interessenten: Patric, Lenny und Rufus. Jennifers Beliebtheit wunderte mich nicht. Unter ihrem Account hatte Herz trifft Herz das Foto einer schlanken Endzwanzigerin hochgeladen, deren lange, dunkle Haare seidig über ihre Schultern fielen. Sie sah den Betrachter geradezu betörend an. Anfangs hatte ich das Bild intensiv betrachtet, um herauszufinden, wie sie das machte. Ich glaubte, es lag an ihren halb geschlossenen Lidern, die zwar nicht eindeutig lasziv, aber auch nicht eindeutig nicht lasziv wirkten.

Ich klickte die Profile der Männer an. Patric war entschieden älter als die angegebenen fünfunddreißig, wahrscheinlich knappe zwanzig Jahre, oje, offenbar mal wieder einer, der blind in der Midlife-Crisis herumtastete und nicht herausfand. Na, mit denen kannte ich mich mittlerweile gut aus. Es war in der Regel gar nicht so schwer, ihnen klarzumachen, wie anziehend Lebenserfahrung, dieses gewisse Charisma von grauen Schläfen und souveränem Auftreten waren. Ebenso wie die Gewissheit, dass dieser Mann bei der ersten Landung eines Menschen auf dem Mond bereits live vor dem Schwarz-Weiß-Fernseher dabei gewesen war. Patric zu umgarnen würde mir also nicht schwerfallen.

Ich klickte weiter.

Lenny, seinen Angaben nach Mathematiker, trug eine Brille, hinter der seine Augen winzig wirkten - sicher ein Ausschlusskriterium für viele Frauen. Aber ich fand, dass er ein liebes Lächeln besaß, und die Hand, auf die er auf dem sorgfältig ausgeleuchteten Studiofoto das Kinn stützte, sah irgendwie ... nun ja, zärtlich aus.

Sofort ratterte es in meinem Kopf los. Auch wenn er von der Natur mit Kurzsichtigkeit gestraft worden war, die ihn ohne Brille wahrscheinlich rührend hilflos machte, war ein kluger Mann immer eine größere Herausforderung. Meine Aufgabe war es, die bindungswilligen Interessenten mit meinen fiktiven Rollen so lange bei der Stange zu halten - ja, der Gedanke, der sich bei dieser Formulierung automatisch aufdrängte, war selbstverständlich auch von Belang -, bis eine reale Frau den verzweifelten Weg zu Herz trifft Herz finden und sich, gemäß ihren Angaben von Hobbys und Interessen, für genau diesen Mann interessieren würde. Sobald die beiden sich per Chat ein wenig näher kennenlernten, würden sich Katinka, Jennifer, Nelly, Sue und so weiter zurückziehen und die beiden ihrem ersten Treffen und dem daraufhin hoffentlich einsetzenden Liebestaumel überlassen. Woraufhin Herz trifft Herz zwei weitere Gefällt mir und Fünf-Sterne-Bewertungen erhielt. Ja, die Partnervermittlungsagentur, bei der ich arbeitete, erfreute sich eines ausgezeichneten Rufes. Und dennoch litt sie, wie alle Internetportale dieser Art, unter chronischem Mangel an beteiligten Frauen. Es schien so, als seien die...

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Mary E. Garner träumte sich schon immer gern in die Welten ihrer Lieblingsbücher. Bevorzugt jene, die in ihrem geliebten England spielen. Ihrer persönlichen Leidenschaft zur großen Insel und deren literarischen Figuren entsprang die Idee zu Das Buch der gelöschten Wörter, in das sie nun auch ihre Leserschaft in entführt.
Das Buch der gelöschten Wörter - Der erste Federstrich

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