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Das Fenster zum Gehöft

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
350 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am13.01.20201
Ein bitterböser und todkomischer Krimi für alle Fans von Ingrid Noll!  Den ganzen Tag am Fenster sitzen und auf ein verschlafenes Dorf schauen ... kann langweilig sein, muss es aber nicht. Durch einen Unfall vorübergehend an den Rollstuhl gefesselt beobachtet Steffi, wie ihr Nachbar seine Frau ermordet. Tatwaffe: die Melkmaschine. Doch da Steffi aufgrund ihrer Situation und der Spielsucht ihres eigenen Ehemanns vollkommen überspannt ist, fürchtet sie, dass ihre Sinne ihr einen Streich gespielt haben. Ein Mord in dem verschlafenen Kirchbach? Das kann nicht sein! Vollkommen abwegig, einfach lächerlich! Oder etwa doch nicht? Steffi lässt das keine Ruhe und ergreift die Initiative. Sie stellt Fragen, unbequeme, gefährliche Fragen, die sie am Ende vor die Entscheidung stellen, ob sie selbst bereit ist, einen Menschen zu töten...

Rudi Jagusch, 1967 geboren, arbeitet als freier Schriftsteller in der Nähe von Köln. Bekannt wurde er durch zahlreiche Krimis mit regionaler Färbung. Darüber hinaus schreibt er Thriller und veröffentlicht auch unter dem Pseudonym Jan Kilman. Mehr über ihn erfährt man hier: rudijagusch.com
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextEin bitterböser und todkomischer Krimi für alle Fans von Ingrid Noll!  Den ganzen Tag am Fenster sitzen und auf ein verschlafenes Dorf schauen ... kann langweilig sein, muss es aber nicht. Durch einen Unfall vorübergehend an den Rollstuhl gefesselt beobachtet Steffi, wie ihr Nachbar seine Frau ermordet. Tatwaffe: die Melkmaschine. Doch da Steffi aufgrund ihrer Situation und der Spielsucht ihres eigenen Ehemanns vollkommen überspannt ist, fürchtet sie, dass ihre Sinne ihr einen Streich gespielt haben. Ein Mord in dem verschlafenen Kirchbach? Das kann nicht sein! Vollkommen abwegig, einfach lächerlich! Oder etwa doch nicht? Steffi lässt das keine Ruhe und ergreift die Initiative. Sie stellt Fragen, unbequeme, gefährliche Fragen, die sie am Ende vor die Entscheidung stellen, ob sie selbst bereit ist, einen Menschen zu töten...

Rudi Jagusch, 1967 geboren, arbeitet als freier Schriftsteller in der Nähe von Köln. Bekannt wurde er durch zahlreiche Krimis mit regionaler Färbung. Darüber hinaus schreibt er Thriller und veröffentlicht auch unter dem Pseudonym Jan Kilman. Mehr über ihn erfährt man hier: rudijagusch.com
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492986113
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum13.01.2020
Auflage1
Seiten350 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6290 Kbytes
Artikel-Nr.4964802
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
4

Spät am Abend saß Steffi im Rollstuhl vor dem Panoramafenster im Wohnzimmer. Von hier aus blickte sie über das ganze Dorf. Ihr Hof lag oberhalb eines V-förmigen Tals, in dem sich entlang der Hauptstraße die Häuser gruppierten. Zentraler Mittelpunkt von Kirchbach waren der Dorfanger, die Gaststätte und die Kirche.

Im Haus war es ruhig. Elsbeth war vor zwei Stunden gegangen, Erik saß unten in der Gaststätte »Im Dörp« und spielte Skat.

Sie nahm den Feldstecher zur Hand und drückte sich die Okulare an die Augen. Grell leuchtete die Bierreklame in der überhitzten Sommernacht. Einige Autos parkten am Straßenrand unter zwei Linden. Ab und an trug der Wind das Gelächter der Männer zu ihr hinauf.

Steffi schwenkte weiter, betrachtete ein Gebäude nach dem anderen. Viel lieber hätte sie jetzt draußen gesessen und eine eisgekühlte Weinschorle genossen. Normalerweise wäre das selbst mit einem Rollstuhl möglich. Nur war seit zwei Wochen direkt vor der Haustür der Hof aufgerissen. Der brüchige Beton sollte durch Pflastersteine ersetzt werden. Der Boden glich einer Mondlandschaft, und dieser Zustand würde sich leider in absehbarer Zeit nicht ändern. Die Handwerker hatten sich vor einer Woche in einen dreiwöchigen Sommerurlaub verabschiedet. Ohne fremde Hilfe schaffte es Steffi nun nicht mehr vor die Tür. Und als wäre das nicht ärgerlich genug, hatte der Baggerfahrer am letzten Arbeitstag auch noch einige Kabel gekappt. Ein Techniker, der sie wieder zusammenflicken sollte, hatte inzwischen dreimal den Termin verschoben. Damit waren das Internet, die Satellitenschüssel und der Festnetzanschluss lahmgelegt. Letzteres war besonders tragisch, da der Mobilfunk in Kirchbach nur rudimentär vorhanden war. Über einen einzigen Verbindungsbalken auf dem Display war man bereits glücklich. Nur drüben auf der anderen Seite des Dorfes, beim Schirmer-Hof, funktionierte das Netz einwandfrei. Im benachbarten Tal stand ein Funkmast, der bis zum Hof strahlte.

Von daher blieb Steffi kaum etwas zum Zeitvertreib übrig. Sie seufzte. Wäre sie doch selbst Mutter. Dann könnte sie jetzt mit den Kleinen basteln, Hausaufgaben machen, ihnen vorlesen oder mit ihnen spielen. Wie schnell würde dann die Zeit verfliegen. Doch leider war ihr dieses Glück bisher verwehrt geblieben, obwohl Erik am Anfang ihrer Beziehung selten die Finger länger als einige Stunden von ihr hatte lassen können.

An ihr lag es nicht. Verhütet hatte Steffi in ihre Ehe nie, und medizinisch war mit ihr auch alles in Ordnung. Das hatte ihr zumindest der Gynäkologe versichert, den sie vor fünf Jahren deswegen aufgesucht hatte. Sie hatte Erik gebeten, sich ebenfalls durchchecken zu lassen. »Wenn s nicht klappt, dann klappt s eben nicht«, hatte er ihr unwirsch an den Kopf geworfen. Damit war die Sache für ihn erledigt gewesen.

Egoistischer Drecksack!

Bestimmt war es Erik nur peinlich, in einen Becher zu ejakulieren.

Inzwischen war sie froh, dass ihre Mutter letzte Woche den Feldstecher mitgebracht hatte. Anfänglich war sie zwar anderer Auffassung gewesen, hatte aber ihre Meinung inzwischen geändert.

»Was soll ich denn damit?«, hatte Steffi gefragt, als Elsbeth ihr den Feldstecher in die Hand drückte.

Elsbeth hatte mit den Schultern gezuckt. »Nun, was wohl. Schaust ein wenig rum, Kindchen.«

»Wie ⦠rum?«

Ihre Mutter hatte zum Panoramafenster gezeigt. »Na, von dort!«

»Wie? Etwa ins Dorf?«

»Ausgezeichnete Sicht. Jede Maus kannste von hier oben sehen.«

Empört hatte Steffi sich im Rollstuhl aufgerichtet. »So was kann man doch nicht machen. Ich bin doch keine Stasimitarbeiterin!«

»Du sollst dir nur ein wenig die Zeit vertreiben, niemanden anschwärzen. Nur schauen. Da ist doch nichts bei.«

Nach dem heutigen Abendessen hatte Steffi es mit Lesen versucht. Doch der Roman war grässlich geschrieben, und die anderen im Regal hatte sie längst gelesen. Ein E-Book konnte sie wegen der gekappten Leitung nicht herunterladen, und Netflix fiel aus dem gleichen Grund flach. Nicht mal durch die Fernsehsender konnte sie zappen. Trostlos. So hatte es sie doch wieder zum Fenster gezogen. Ihr anfänglich schlechtes Gewissen war mittlerweile verschwunden. Sie wollte nur ein wenig am Dorfleben teilhaben, rechtfertigte sie die Rundblicke. Daran konnte sich wohl kein Nachbar stoßen. Und überhaupt: Die Leute waren selbst schuld, was sie preisgaben. Würden sie ihre Fenster und Rollläden schließen, dann bekäme Steffi auch nichts von deren Privatsphäre mit. Nein, sie musste sich nichts vorwerfen.

Sie schwenkte nach links. Knapp fünfzig Meter unterhalb ihres Hofes, an der Zufahrtsstraße, wohnte seit einem halben Jahr ein frisch vermähltes Paar. Aus Düsseldorf zugezogen brachten sie ein altes Fachwerkhaus auf Vordermann.

Einige Sekunden grübelte Steffi, wie sie hießen. Die beiden waren Ende letzten Jahres auf einen Sprung vorbeigekommen, um sich vorzustellen. Nette Leute. Anne und Manfred? Oder Anja und Friedhelm? Konnten auch Astrid und Fred gewesen sein. Aber irgendetwas mit A am Anfang bei der Frau. Steffi verfluchte stumm ihre Vergesslichkeit. Der Mann war um die dreißig. Wenn er Balken schleppte oder Steine sortierte, zeichneten sich die Muskelpakete hart und sehnig unter der Haut ab. Dagegen wirkte die zierliche Frau wie ein zerbrechliches Kind. Dass sie jedoch einiges aushielt, konnte Steffi gerade live verfolgen. Zwar hatten die beiden im Schlafzimmer die Jalousie hinuntergelassen, doch das Nachttischlämpchen leuchtete und so zeichneten sich wild bewegende Schatten auf dem hellen Stoff ab. Fast eine Stunde ging das bereits so, nur von kurzen Pausen unterbrochen. Eine respektable Leistung, wie Steffi fand, ein ausgezeichnetes Stehvermögen des Düsseldorfers.

Ein wenig neidisch riss sie sich von dem Anblick los. Seit sie im Rollstuhl saß, rührte Erik sie nicht mehr an. Okay, klar, eine richtige Nummer war mit ihrer gebrochenen Hüfte nicht drin. Aber es gab ja noch andere Möglichkeiten der Entspannung. Doch auf ihre Avancen reagierte er mit Ausflüchten.

Steffi seufzte.

Sie war undankbar. Sicherlich wollte Erik ihr nicht wehtun. Vermutlich war es seine Art, ihr zu zeigen, dass er sie immer noch liebte. Es steckt eben doch ein fürsorglicher Kern in diesem groben Klotz. Nicht jeder Mann wäre so rücksichtsvoll. Sie schämte sich ein wenig, die Liebe nicht mehr wirklich zu erwidern und Erik nur noch als Lusterfüller zu sehen.

Unterhalb der Düsseldorfer rekelte sich Jasmina Fourchat in einem luftigen Jumpsuit auf ihrer Terrasse. Jedes Mal, wenn Steffi die makellose Figur der Blondine sah, durchfuhr sie ein missgünstiger Stich. Selbst ein wenig hüftstark und pausbäckig ertappte sich Steffi hin und wieder bei dem Gedankenspiel, das Leben mit Jasmina zu tauschen. Wie sah der Alltag einer Sexbombe aus? Würde Steffi ihr Aussehen ausnutzen, um Karriere zu machen? Jeden Abend einen anderen Hengst, den sie von einer Party abschleppte. Den sie sich frei aussuchen konnte, weil alle Männer geifernd Schlange standen. Wie sich wohl die neidischen Blicke der weiblichen Partygäste anfühlten?

»Oberflächliche Schlampe«, schalt Steffi sich selbst. Dass das alles nicht so rosig war, wie sie sich das ausmalte, wusste sie. Gerade Jasmina Fourchat war das beste Beispiel dafür. Eigentlich hieß Jasmina mit bürgerlichem Namen Eva Braunsfeld. Ihre Eltern betrieben einen kleinen Supermarkt im Nachbardorf. Den französisch klingenden Nachnamen hatte Jasmina sich vor einiger Zeit in der Hoffnung zugelegt, ihre Schauspielerkarriere zu beflügeln. Man munkelte, es hatte so zumindest für Erotikfilme gereicht. Bei Jasmina war häufig etwas los, ausgelassene Partys, Grillfeste und Brunchs im großen Stil. Jasmina fegte dabei zwischen ihren Gästen wie eine gute Fee herum, strahlte über das ganze Gesicht und lachte ausgelassen. Sie wirkte ungemein glücklich. Doch Steffi kannte auch die andere Seite, die stille, traurige Jasmina fern der Partys und Gäste. Wenn sie zusammengerollt heulend auf ihrem Bett im Schlafzimmer im Obergeschoss lag, zu deprimiert, um die Vorhänge zu verschließen. Dann würde Steffi am liebsten hinübergehen und ihr den Kopf streicheln. Was genau Jasmina so zusetzte, wusste sie nicht. Vermutlich brach ihr ein Liebhaber das Herz. Mit Mitte zwanzig ein nicht ungewöhnliches Szenario.

Links vom Schirmer-Hof, etwa Luftlinie zweihundert Meter entfernt, stand die Villa Fuchsbau, ein klassizistischer Altbau, der Steffi stets an das Motel erinnerte, in dem Norman Bates im Hitchcock-Film Psycho wohnte. Alle Fenster waren verschlossen, nirgends schimmerte Licht in den Räumen. Kein Wunder, denn der Besitzer Ludwig Strasser, ein geiziger Industrieller im Ruhestand, lag zurzeit mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus.

Melancholische Saxofonklänge vibrierten durch die aufgeheizte Nachtluft. Steffi schwenkte zur rechten Dorfseite, zu Sophie Kremps Haus. In der Dachgeschosswohnung war vor drei Wochen ein Musiker eingezogen. Ein großer Mann mit dunklen Locken und einem gepflegten Bart. Er trug eine Brille und wirkte kultiviert und gebildet, die Sorte Mann, die auf einem Sofa vor dem Kamin Dostojewski las. Seinen Namen kannte Steffi nicht. Der Mann lebte zurückgezogen, ging selten aus. Der Musik nach zu urteilen, schien seine Seele tief verletzt zu sein. Vielleicht verarbeitete er eine Scheidung. Oder er hatte einen lieb gewonnenen Menschen verloren, was häufig auf dasselbe hinauslief.

Sie ließ das Fernglas etwas sinken und schaute ins Untergeschoss. Sophie saß mit angezogenen Beinen und einem Weinglas in der Hand auf der Couch. Eine Kerze stand auf dem Tisch, das flackernde Licht reichte aus, um Schemen zu erkennen. Steffi war sich sicher, dass Sophie weinte. Vor drei Jahren hatte sie ihren Mann bei einem schrecklichen Autounfall verloren....
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Autor

Rudi Jagusch, 1967 geboren, arbeitet als freier Schriftsteller in der Nähe von Köln. Bekannt wurde er durch zahlreiche Krimis mit regionaler Färbung. Darüber hinaus schreibt er Thriller und veröffentlicht auch unter dem Pseudonym Jan Kilman. Mehr über ihn erfährt man hier:www.rudijagusch.com