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In meinem Kopf klangs irgendwie besser

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Carlsen Verlag GmbHerschienen am03.09.2020Auflage
Natalies Selbstbewusstsein ist ohnehin nicht gerade robust - und jetzt wird auch noch aus ihren besten (und einzigen) Freunden Zach und Lucy ein Paar! Natalie braucht dringend ein eigenes Sozialleben. Und am besten auch einen eigenen Freund. Da kommen ihr Zachs Bruder Alex und dessen Freund Owen gerade recht. Auf ihrer ersten Party ohne Zach und Lucy schließt sich Natalie sicherheitshalber sofort im Bad ein - mit Klopapier-Knäueln unter den Armen, gegen das Stressschwitzen. Die Sache mit dem Smalltalk muss sie eindeutig noch üben ...

Nina Kenwood ist Marketing Managerin in einem Buchladen in Melbourne. Sie arbeitet seit zehn Jahren in der Buchbranche, aber schreiben tut sie im Geheimen schon viel länger. »In meinem Kopf klangs irgendwie besser« ist ihr erster Roman.
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Produkt

KlappentextNatalies Selbstbewusstsein ist ohnehin nicht gerade robust - und jetzt wird auch noch aus ihren besten (und einzigen) Freunden Zach und Lucy ein Paar! Natalie braucht dringend ein eigenes Sozialleben. Und am besten auch einen eigenen Freund. Da kommen ihr Zachs Bruder Alex und dessen Freund Owen gerade recht. Auf ihrer ersten Party ohne Zach und Lucy schließt sich Natalie sicherheitshalber sofort im Bad ein - mit Klopapier-Knäueln unter den Armen, gegen das Stressschwitzen. Die Sache mit dem Smalltalk muss sie eindeutig noch üben ...

Nina Kenwood ist Marketing Managerin in einem Buchladen in Melbourne. Sie arbeitet seit zehn Jahren in der Buchbranche, aber schreiben tut sie im Geheimen schon viel länger. »In meinem Kopf klangs irgendwie besser« ist ihr erster Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783646930276
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum03.09.2020
AuflageAuflage
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3117 Kbytes
Artikel-Nr.4968512
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Hier muss sich niemand einen Vorwurf machen

Es ist Weihnachten, wir sind gerade mit unserem alljährlichen Scrabble-Spiel nach dem Mittagessen fertig (mit Bonuspunkten für Worte, die irgendwie mit Weihnachten zu tun haben), als Dad sagt, wir müssten reden. Er nimmt dafür seine Schlechte-Neuigkeiten-Stimme, deshalb rechne ich mit einer weiteren Ermahnung, endlich meinen Führerschein zu machen, oder der Ankündigung, dass er seinen Twitter-Account reaktiviert hat.

»Natalie, es fällt mir wirklich schwer, dir das zu sagen, aber wir, äh, wir wollen uns trennen«, sagt er.

»Wer ist wir ?«

»Deine Mutter und ich.«

»Trennen?« Das Wort liegt mir schwer und fremd auf der Zunge.

»Schluss machen«, sagt Dad, der natürlich immer noch eins draufsetzen muss.

Mum kommt ins Zimmer und kaut an einem Apfel. Sie hat sich geschworen, dieses Jahr Weihnachten nur Obst zum Nachtisch zu essen, weil sie bis Januar zwei Kilo abnehmen will, was mir jetzt, wo ich weiß, dass sie sich auf ihr Singledasein vorbereitet, schon eher einleuchtet.

»Ihr wollt euch trennen?« Mein Ton ist freundlich, damit ihnen Raum bleibt, um »Nur Spaß!« zu sagen. Vielleicht ist das Ganze ja auch bloß ein raffinierter Scherz, auch wenn unser Haushalt sonst nicht zu Scherzen neigt, schon gar nicht wenn sie so unlustig und verstörend sind wie dieser.

Mum scheint von meiner Frage überrascht und kaut sehr lange auf ihrem Apfelbissen herum, bevor sie antwortet.

Nein, sie wollen sich nicht trennen, Modalverb im Präsens, sondern sie HABEN sich bereits getrennt, vollendete Gegenwart und Großbuchstaben. Die Entscheidung ist nicht neu. Also, für mich schon, aber sie selbst wissen das schon ewig. Seit zehn Monaten, um genau zu sein.

»Was soll das heißen, seit zehn Monaten?« Entrüstet klappe ich meinen Laptop zu. Ich würde ja gern behaupten, in den letzten Minuten vor diesem schicksalhaften Gespräch mit irgendwas Tiefschürfendem beschäftigt gewesen zu sein, aber in Wahrheit habe ich mir gerade ein Video angesehen, wo sich eine Katze vor ihrem eigenen Spiegelbild erschreckt.

Mum wirkt leicht überrumpelt. Ihre Idee war das nicht, sagt sie, mir das ausgerechnet hier und heute mitzuteilen. Natürlich nicht. Schließlich ist Weihnachten.

»Erinnerst du dich noch, wie dein Vater Anfang letzten Jahres so lange in Europa war?«, fragt sie mich.

»Flüchtig.« Ich will endlich zu dem Teil der Geschichte kommen, wo sie mir erklären, warum sie mich fast ein ganzes Jahr lang belogen haben. Oder wann genau sie aufgehört haben, sich zu lieben, und warum mir das offenbar völlig entgangen ist.

»Flüchtig? Ich war einen ganzen Monat lang weg, Natalie!« Dad macht ein gekränktes Gesicht. Er sitzt auf unserem uralten Sitzsack, dessen Füllung schon lange nichts mehr füllt, sodass Dad sich total eng zusammenfalten muss, die Knie fast unterm Kinn.

»Ja, doch, ich erinnere mich.« Er war nach London geflogen und hatte mir so ein hässliches T-Shirt mit einem etwas unscharfen Porträtfoto von Prinz Harry vorne drauf mitgebracht, weil es in unserer Familie so üblich ist, von jeder Reise möglichst geschmacklose Souvenirs mitzubringen. Dieses T-Shirt ist jetzt mein zweitliebstes Schlafanzug-Oberteil, gleich nach meinem grünen Slytherin-Pyjama.

»Jedenfalls haben wir diese Zeit dazu genutzt, über unsere Beziehung nachzudenken, und als dein Vater zurückkam, haben wir - einvernehmlich - beschlossen, dass wir nicht mehr als Paar zusammenleben wollen.« Mums Augen glänzen gefühlvoll, aber sie ruiniert diesen Eindruck, indem sie wieder mit einem lauten, fröhlichen Krachen in ihren Apfel beißt.

Das ist alles so widerlich beherrscht und souverän. Unerträglich. Ich will Tränen, Geschrei, dramatische Szenen. Ich will, dass auch andere das Gefühl haben, ihnen säße ein fetter Riese auf der Brust.

»Hier muss sich niemand einen Vorwurf machen«, sagt Dad - genau der Satz, den jemand sagen würde, der sich einen Vorwurf machen sollte.

»Und diese Entscheidung habt ihr im Februar getroffen?« Ich hoffe immer noch, dass ich da was missverstanden habe.

»Ja«, sagt Dad.

»Vor. Zehn. Monaten.« Ich kann das noch so laut und langsam sagen, dadurch wird es für mich nicht begreiflicher.

»Richtig.« Dad nickt ermutigend, als würde ich mich mit einer kniffeligen Matheaufgabe herumschlagen.

»Aber das ganze letzte Jahr habt ihr doch noch zusammengelebt.«

»Mit getrennten Schlafzimmern«, sagt Mum.

»Weil Dad so schnarcht, hast du gesagt.«

»Na ja, deshalb auch. Und wegen unserer Trennung.«

»Aber ... ich hab euch doch gerade erst zwei Küchenschürzen im Partnerlook geschenkt, und ihr habt gesagt, solche hättet ihr euch schon immer gewünscht.«

»Die können wir doch trotzdem noch tragen, Liebes.«

»Könnt ihr nicht!«

Es gibt so viele Gründe, warum das überhaupt nicht geht.

Wir mögen ja nur eine Kleinfamilie sein, aber ansonsten sind wir großartig. Beneidenswert. Heute zum Beispiel: So ein gemütliches Drei-Personen-Weihnachten kriegt sonst keiner so gut hin. Wir haben Weihnachtsstrümpfe mit unseren Namen drauf, gucken Stirb langsam und spielen Scrabble, essen Dads selbst gebackene Mince Pies und packen mit großem Tamtam unsere Geschenke aus, eins nach dem anderen. Wir hören Weihnachtslieder, tragen Nikolausmützen und machen alberne Fotos. Und jetzt gehen sie einfach hin und kippen Essig in unsere zuckrige Idylle.

Zehn Monate. So lange machen sie mir jetzt schon was vor. Mir wird ganz schwindelig, wenn ich darüber nachdenke.

»Dein Vater und ich sind immer noch Freunde, Natalie. Gute Freunde. Wir werden weiterhin in Kontakt bleiben. Wir wollen einfach nur nicht mehr miteinander verheiratet sein.«

Mum ist offenbar der irrigen Annahme, ihre Freundschaft wäre mir irgendwie ein Trost.

»Aber das ergibt doch alles überhaupt keinen Sinn. Und warum erfahre ich erst jetzt davon?« Ich wäre gern hysterisch und in Tränen aufgelöst, aber ihre Ruhe erstickt meine Wut wie eine nasse Decke. Gehört wahrscheinlich zur Strategie. Lass sie bloß keine Szene machen. Wenn wir Ruhe bewahren, bleibt ihr auch nichts anderes übrig. Die Dinge sind immer nur so wichtig, wie man sie nimmt. Der letzte Satz ist einer von Mums Lieblingssprüchen, insbesondere wenn sie mich an einem Bad Skin Day vor die Tür kriegen will.

Und jetzt setzt sie doch tatsächlich an in ihren Apfel zu beißen, aber ich schnappe ihn ihr weg.

»Kannst du vielleicht mal kurz mit dem Essen aufhören?!« Jetzt bin ich doch beinahe laut geworden.

Mum setzt sich neben mich aufs Sofa. Nimmt mich in den Arm und streicht mir übers Haar, als wäre ich ein Tier, das man beruhigen muss. Am liebsten würde ich die Zähne fletschen, mich aus ihrem Griff befreien und brüllend die Straße runterrennen.

»Wir wollten warten, bis du mit der Schule fertig bist. Du solltest in diesem wichtigen letzten Jahr möglichst ungestört lernen können.«

»Wir haben dich lieb, meine Süße«, sagt Dad und rutscht mit seinem Sitzsack näher heran, was ein unschönes Furzgeräusch auf dem Dielenboden erzeugt, das wir alle geflissentlich überhören.

»Ihr habt mich also das ganze letzte Jahr belogen.«

»Nicht belogen. Nur ein bisschen getäuscht. Ein paar Details ausgelassen.«

»Das Unvermeidliche vermieden«, sagt Dad.

»Dein Vater und ich haben uns auseinandergelebt.«

»Aber bevor wir´s dir sagen, wollten wir uns erst ganz sicher sein.«

»So was kommt nun mal vor.«

»Aber es hat ganz schön an uns genagt, das so lange vor dir geheim zu halten.«

Ich könnte schwören, dass sie sich diese Sätze vorher zurechtgelegt haben. Vielleicht sogar aufgeschrieben und vorm Spiegel geprobt. Von einem Zettel abgelesen wie für eine Rolle. Sehe ich auch traurig genug aus?, höre ich Mum in meiner Vorstellung fragen. Wenn du etwas schneller redest, klingt es natürlicher, hat Dad dann vielleicht geantwortet. Und vergiss nicht, ihr zu sagen, dass wir Freunde bleiben.

»Hier muss sich niemand einen Vorwurf machen.«

Wenn er will, dass ich ihm das glaube, sollte er es nicht ständig wiederholen.

»Wir haben dich lieb«, sagt jetzt auch Mum.

Aber das tröstet mich nicht. Ich bin schließlich ihr einziges Kind. Sie müssen mich lieb haben.

»Und bei wem soll ich dann wohnen?«, frage ich. Subtext: Gibt es wenigstens um mich noch Streit?

»Bei wem du möchtest«, sagt Dad in einem Tonfall, als würde er mir ein Geschenk überreichen.

Das war aber nicht der Plan. Laut Plan sollte ich weiterhin zu Hause wohnen, in diesem Haus, mit beiden zusammen, wenn ich nächstes Jahr mein Studium anfange. Bis auf Weiteres sollte ich hier wohnen bleiben. Für dieses Arrangement gab es kein Ablaufdatum. Das war unser Plan. Von Anfang an.

»Ich will aber nicht umziehen.« Meine Stimme zittert ein bisschen und klingt eher quengelig als energisch.

»Ganz egal, was passiert, mein Schatz, du wirst immer ein Zuhause haben«, sagt Mum mit dieser schwammigen Formulierung, die tröstlich wirken soll, letztlich aber nur noch mehr Fragen aufwirft. Ganz egal, was passiert? Was soll denn noch alles passieren?

»Sogar zwei Zuhause«, sagt Dad mit betonter Munterkeit.

Ich will aber keine zwei Zuhause. Wer will das...

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Nina Kenwood ist Marketing Managerin in einem Buchladen in Melbourne. Sie arbeitet seit zehn Jahren in der Buchbranche, aber schreiben tut sie im Geheimen schon viel länger. »In meinem Kopf klangs irgendwie besser« ist ihr erster Roman.