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Nacht über dem Ammersee

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
256 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am12.03.2020
Rasanter Krimispaß im bayerischen Voralpenland. Am Ammersee scheint die Welt noch in Ordnung: Kommissar Lenz Meisinger und Carola Witt, die das Büro eines Bundestagsabgeordneten leitet, sind endlich ein Herz und eine Seele - meistens jedenfalls. Dann aber wird ein abgetrennter Fuß in einem Teich gefunden, und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse in der oberbayerischen Provinz. Als auf ihren Chef geschossen wird, nimmt Carola die Sache selbst in die Hand, nicht ahnend, dass sie damit einen fatalen Fehler begeht ...

Inga Persson hat Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert, 1994 promovierte sie. Anschließend schrieb sie jahrelang im Auftrag anderer: erst für Bundestagsabgeordnete, später für ihre Agenturkunden. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn am westlichen Ammersee und betreibt dort die traditionsreiche Gastwirtschaft 'Schatzbergalm'.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextRasanter Krimispaß im bayerischen Voralpenland. Am Ammersee scheint die Welt noch in Ordnung: Kommissar Lenz Meisinger und Carola Witt, die das Büro eines Bundestagsabgeordneten leitet, sind endlich ein Herz und eine Seele - meistens jedenfalls. Dann aber wird ein abgetrennter Fuß in einem Teich gefunden, und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse in der oberbayerischen Provinz. Als auf ihren Chef geschossen wird, nimmt Carola die Sache selbst in die Hand, nicht ahnend, dass sie damit einen fatalen Fehler begeht ...

Inga Persson hat Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert, 1994 promovierte sie. Anschließend schrieb sie jahrelang im Auftrag anderer: erst für Bundestagsabgeordnete, später für ihre Agenturkunden. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn am westlichen Ammersee und betreibt dort die traditionsreiche Gastwirtschaft 'Schatzbergalm'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960416272
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum12.03.2020
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3218 Kbytes
Artikel-Nr.5351311
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Mondwasser

Heut Nacht war wieder die Hölle los gewesen. Von wegen Stille. Nur komplette Idioten gingen in den Wald der Ruhe wegen. Erst vor einer halben Stunde waren Schreie durch die Nacht gehallt, Marder hatten sich quietschend und kreischend um ihr Revier gestritten. Vielleicht hatten sie auch gemeinsame Sache gemacht und ein anderes Tier massakriert. Nur um sich anschließend lautstark um die Beute zu prügeln. Wer wusste das schon so genau.

Dann wurde es wieder still. Scheinbar still. Unterhalb floss gurgelnd Wasser durch ein Wehr. Wenn sie sich nicht bewegte, nur lauschte, konnte sie es überall um sich herum wispern und knistern hören. Direkt vor ihren Gummistiefeln huschte eine Maus durch die trockenen Blätter, richtete sich kurz auf, bewegte fragend die Tasthaare in ihre Richtung, entschied, dass sie harmlos war, und verschwand raschelnd wieder im Laub. Ein Käuzchen rief ganz nah, und sie fragte sich, ob die unvorsichtige Maus wohl gleich dran glauben würde müssen. Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als eine Armlänge von ihr entfernt drei späte Glühwürmchen ihre Lichter aufsteckten und sich einmal um sich selbst drehten, um anschließend tiefer in den Wald zu taumeln.

Sie lächelte. Herrlich. Wie sie diese Nächte genoss. Allein. Nur sie, der Wald und Tausende von Lebewesen um sie herum. Aber keine Menschen. Dafür hohe Buchen, zwischen deren schlanken Stämmen der Vollmond auf sie herableuchtete. Die schwarzen Baumsilhouetten reckten sich wie Gurtbögen einer gotischen Kathedrale in den dunkelblauen Himmel, verschlangen in luftiger Höhe ihre Kronen zu einem lichten Gewölbe, durch das einzelne Mondstrahlen gleißend auf das Wasser fielen. Obwohl weit nach Mitternacht, war es hell, jedes Detail zu erkennen. Sie sah sich um und seufzte beglückt. Manchmal geschahen sie, diese Wunder, und der Herrgott schenkte den Oberbayern eine lichtdurchflutete, warme Julinacht wie diese. Am liebsten hätte sie gejuchzt vor Freude.

Aber sie war ja nicht zum Vergnügen hier. Sondern weil heute Vollmond und sie auf der Jagd nach etwas ganz Besonderem war. Nur noch zwanzig Minuten, dann würde das Gestirn seinen Höchststand am Firmament erreicht haben. Sie dehnte sich vorsichtig, um ja kein Geräusch zu verursachen, und ließ ihren Blick über den kleinen Teich unter sich schweifen.

Schon bei Tag war der Nixenweiher ein besonderer Ort. Andere hier warfen gern mit Begriffen wie magisch, verwunschen und zauberhaft um sich. Aber das war nicht ihr Ding. Sie hielt nichts von diesem aufgeregten Esoterikgequatsche zugereister Großstädterinnen. Vollkommener Bullshit, am Nixenweiher tanzten keine Elfen, hier trat Wasser aus der Erde, so rein und klar wie sonst nirgendwo im Fünfseenland.

Dabei war die Quelle im Nixenweiher noch nicht einmal in Stein gefasst oder entsprang wie drüben die Blaue Gumpe an den Osterseen im hellen Sand. Der Weiher lag, von Buchen umgeben, in einer Senke, sein sandiger Grund war mit braunen Blättern bedeckt, jedes einzelne im Wasser messerscharf zu erkennen. Das allein war schon bemerkenswert, aber das wirklich Faszinierende war, dass der Weiher leuchtete, geradezu funkelte, von irisierendem Smaragdgrün in funkelndes Aquamarinblau changierte.

In den ersten Jahren war sie nur bei Sonnenschein hierhergekommen und hatte Stunden damit verbracht, das Wasser zu betrachten. Dabei war es ihr vollkommen egal, wieso der Weiher aus sich selbst heraus zu strahlen schien. Irgendwo hatte sie etwas über im Wasser gelöste Mineralien gelesen, aber diese Begründung war ihr viel zu profan. Sie war ganz seiner Schönheit erlegen. Bis sie eines Nachmittags die Zeit vergessen und die Nacht für sich entdeckt hatte.

Nun war der Nixenweiher schon lange kein Geheimtipp mehr. Während der Saison kamen dauernd lärmende Wanderer mit ihren unerzogenen Kindern zu dem Wäldchen oberhalb von Wengen, trampelten über den Staudamm am kleinen rosafarbenen Wasserwerk, warfen Steine in den See und durchwühlten das Ufer. Irgendwelche Trottel hatten den Weiher auch schon mal als Müllabladeplatz missbraucht. Autositze, ein Bettgestell und leere Flaschen waren im Wasser gelandet. Nach kurzer, heftiger Aufregung im Dorf hatten Mitarbeiter des Bauhofs das Gerümpel eingesammelt und fachgerecht entsorgt. Dann war wieder Ruhe eingekehrt.

Der Teich selbst schien diese Störung in stiller Demut zu ertragen, abzuwarten und, wenn sämtliche Eindringlinge von dannen gezogen waren, sanft seine Oberfläche glatt zu streichen. Spätestens bei Einbruch der Dunkelheit gehörte der kleine See nur sich selbst und den Buchen, die ihn umgaben. Und nachts den vielen Waldbewohnern - und ihr.

Noch zehn Minuten. Sie sah zum Vollmond empor, der vor knapp drei Stunden dick und gelb hinter den Anhöhen östlich über dem Ammersee aufgegangen war. Ihr kleines Ladengeschäft in der Dießener Fischerei hatte sie - wie immer während der Saison - erst um zwanzig Uhr geschlossen, war dann durch die abendliche Menschenmenge spaziert, die die kleine Marktgemeinde im Sommer überschwemmte, und hatte die laue Abendluft genossen.

Es war heiß in diesem Juli, sehr, sehr heiß. Den Geschäften im Dorf tat das tagsüber nicht gut, in den meisten herrschte Leere. Sämtliche Gäste und alle Einheimischen, die es sich leisten konnten, nahmen die Strandbäder rund um den Ammersee in Beschlag. Die üblichen Verdächtigen im Dorf beschwerten sich darüber, dass das Strandbad gesteckt voll war, aber ihr gefiel die italienische Lido-Atmosphäre: Handtuch reihte sich an Handtuch, die Leute standen stundenlang bis zur Hüfte im Wasser und ratschten miteinander, während um sie herum die Kinder planschten. Im Ort profitierte tagsüber einzig und allein die Eisdiele von den Temperaturen.

Abends jedoch, wenn die Hitze langsam abklang und es milder wurde, zog es die Urlauber ins Dorf. Dann klingelte auch bei ihr die Kasse. Erst vor drei Jahren hatte sie den Schritt gewagt, ihr Hobby zum Beruf gemacht und es nicht einen Tag bereut. Ihre selbst gemachte Kosmetik, natürlich in Bioqualität und tierversuchsfrei, ging wie verrückt. Ordentlich standen dunkelbraune Pumpflaschen und Tiegel mit Seifen, Lotionen und Cremes auf den schlichten Holzregalen in ihrem kleinen Laden. Als besonderen Service bot sie an, die einmal erworbenen Behälter wiederzubefüllen. Das sparte Verpackungsmüll und traf bei ihren Kundinnen mit ökologischer Grundhaltung voll ins Schwarze. Ihre Produkte verkauften sich alle durchweg gut, aber eines toppte die anderen in Sachen Umsatz und Beliebtheit: ihr Reinigungstonic aus reinem Mondwasser, versetzt mit beruhigenden und heilenden Kräuteressenzen.

Schon im Juni war das Tonic so gut gegangen, dass es jetzt, Anfang Juli, komplett ausverkauft war. Und sie eine lange Liste mit Vorbestellungen hatte. Da die eigentliche Hochsaison noch bevorstand, hatte sie kurzerhand ihre Mengenplanung verdoppelt.

Heute in den späten Abendstunden hatte sie eine Kleinigkeit gegessen und sodann vier anstelle der sonst üblichen zwei leeren Fünfliterkanister, die sie vor Jahren von einem Frankreichurlaub mitgebracht hatte, in die Packtaschen gesteckt. Eine hing jetzt rechts, eine links an ihrem Gepäckträger. So beladen konnte sie gerade noch mit dem Fahrrad fahren - auch, wenn die Kanister randvoll waren.

Ganz allein war sie auf Wiesenwegen von Dießen erst hinauf nach Sankt Georgen und dann durch die stillen Sträßchen von Wengen geradelt. Schnell hatte sie die freien Felder erreicht. Im Osten herrschte schon Dunkelheit, während im Westen noch die Abenddämmerung in tiefem Blau schimmerte, aber bereits die Venus erstrahlte, ihr Lieblingsstern. Erst langsam, dann schneller schob sich die dicke gelbe Scheibe des Vollmondes hinter den Hügeln von Andechs empor, stieg immer höher, wurde heller und goss kurze Zeit später silbernes Licht über das Land.

Es war eine sehr helle Nacht, die Straße auch ohne Fahrradlampe perfekt zu erkennen, und sie trat kräftig in die Pedale. Am kleinen Abzweig sprang sie vom Rad, umrundete die verrostete Schranke und schob ihren Drahtesel die letzten Meter über den Kiesweg zum Nixenweiher hinauf. Schnell lehnte sie ihr Fahrrad an einen Baum, schulterte ihr Gepäck und suchte sich ihren Weg auf die Anhöhe oberhalb des Weihers.

Natürlich hätte sie später kommen, einfach um ein Uhr in der Nacht mit dem Auto herfahren, Wasser abfüllen, Taschen mit den Kanistern schnappen und sich dann wieder auf den Heimweg machen können. Aber wozu? Was gab es Herrlicheres als eine Radlfahrt durch eine milde Sommernacht, was gab es Berückenderes als den Nixenweiher im strahlenden Licht des Julimondes? Mit all ihren Sinnen sog sie die Einzelheiten in sich auf, die glitzernden Spiegelungen des Wassers, die scherenschnittschwarzen Bäume, das Aufglimmen der Glühwürmchen über dem trockenen Laub. Sie sah auf die Uhr. Langsam wurde es Zeit.

Sie griff nach ihren Packtaschen, stand auf und ging die wenigen Schritte von der kleinen Anhöhe zum Weiher hinunter. Sie brauchte Wasser, das genau während des Höchststands des Vollmondes abgefüllt worden war. Darauf legte sie viel Wert, denn ihre Kundinnen wussten es zu schätzen und bezahlten ordentliches Geld dafür.

»Mondwasser, Mondwasser, was soll denn der Schmarrn?« Ihre Mutter war in ihrem Ladengeschäft gestanden, hatte die Flasche mit Gesichtstonic in der Hand gedreht und sie durchdringend über ihren Brillenrand hinweg gemustert. »Fünfzehn Euro? Bist du narrisch?«

Sie hatte begütigend den Arm um ihre Mutter gelegt, ihr die Flasche aus der Hand genommen und sie wieder ins Regal zurückgestellt. »Was meinst du, woher ich das hab? Von dir hab ich mir das abgeschaut. Daheim arbeitest du doch auch nach dem Mondkalender. Du schaust drauf, bevor du säst, bevor du Bäume schneidest, ja selbst,...
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Inga Persson hat Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert, 1994 promovierte sie. Anschließend schrieb sie jahrelang im Auftrag anderer: erst für Bundestagsabgeordnete, später für ihre Agenturkunden. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn am westlichen Ammersee und betreibt dort die traditionsreiche Gastwirtschaft "Schatzbergalm".