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Kreuzfahrer von heute -

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
1040 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am10.05.2021
»Eines der besten und bedeutendsten Kriegsbücher.« Heinrich Böll
Als Kreuzfahrer gegen den Faschismus, der Europa und die halbe Welt zu erdrosseln drohte, waren die besten von ihnen ausgezogen. Amerikas junge Männer, die Ideale der Demokratie und der Menschlichkeit im Herzen, so landen sie 1944 auf dem europäischen Kontinent. Bald aber stellt die Demontage jeglicher Ideale durch Karrieresucht, Schieberei und Intrigen die jungen Helden vor unausweichliche Entscheidungen. Aufrechte Kreuzfahrer gegen den Faschismus oder käufliche Weiberhelden?
Stefan Heyms großer entlarvender Kriegsroman ist gleichzeitig eine schonungslose Abrechnung mit den vermessenen Ansprüchen der USA ihre Vormachtstellung in der Welt betreffend. Der Roman ist unter dem Titel »Kreuzfahrer von heute« bei List Leipzig und unter »Der bittere Lorbeer« bei List München 1950 erstmals auf Deutsch erschienen.
Stefan Heyms Werke erscheinen bei C.Bertelsmann in der digitalen Stefan-Heym-Werkausgabe und in einer Auswahl im Taschenbuch bei Penguin.

Stefan Heym, 1913 in Chemnitz geboren, emigrierte, als Hitler an die Macht kam. In seiner Exilheimat New York schrieb er seine ersten Romane. In der McCarthy-Ära kehrte er nach Europa zurück und fand 1953 Zuflucht, aber auch neue Schwierigkeiten in der DDR. Als Romancier und streitbarer Publizist wurde er vielfach ausgezeichnet und international bekannt. Er gilt als Symbolfigur des aufrechten Gangs und ist einer der maßgeblichen Autoren der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er starb 2001 in Israel.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR17,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

Klappentext»Eines der besten und bedeutendsten Kriegsbücher.« Heinrich Böll
Als Kreuzfahrer gegen den Faschismus, der Europa und die halbe Welt zu erdrosseln drohte, waren die besten von ihnen ausgezogen. Amerikas junge Männer, die Ideale der Demokratie und der Menschlichkeit im Herzen, so landen sie 1944 auf dem europäischen Kontinent. Bald aber stellt die Demontage jeglicher Ideale durch Karrieresucht, Schieberei und Intrigen die jungen Helden vor unausweichliche Entscheidungen. Aufrechte Kreuzfahrer gegen den Faschismus oder käufliche Weiberhelden?
Stefan Heyms großer entlarvender Kriegsroman ist gleichzeitig eine schonungslose Abrechnung mit den vermessenen Ansprüchen der USA ihre Vormachtstellung in der Welt betreffend. Der Roman ist unter dem Titel »Kreuzfahrer von heute« bei List Leipzig und unter »Der bittere Lorbeer« bei List München 1950 erstmals auf Deutsch erschienen.
Stefan Heyms Werke erscheinen bei C.Bertelsmann in der digitalen Stefan-Heym-Werkausgabe und in einer Auswahl im Taschenbuch bei Penguin.

Stefan Heym, 1913 in Chemnitz geboren, emigrierte, als Hitler an die Macht kam. In seiner Exilheimat New York schrieb er seine ersten Romane. In der McCarthy-Ära kehrte er nach Europa zurück und fand 1953 Zuflucht, aber auch neue Schwierigkeiten in der DDR. Als Romancier und streitbarer Publizist wurde er vielfach ausgezeichnet und international bekannt. Er gilt als Symbolfigur des aufrechten Gangs und ist einer der maßgeblichen Autoren der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er starb 2001 in Israel.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641278250
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum10.05.2021
Reihen-Nr.3
Seiten1040 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4018 Kbytes
Artikel-Nr.5690776
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Zweites Kapitel

Sie kamen durch Isigny.

Die Kirche war ein Gerippe; und die Grabsteine ringsum waren von ihren Sockeln gestürzt.

Der Wagen fuhr nun langsamer, und Yates konnte gerade noch durch einen klaffenden gezackten Riß in der Mauer den Christus am Kreuz erblicken. Er sah die primitiv geschnitzten Rippen und den von Schmerz zerrissenen, fast viereckigen Mund. Der Christus hatte seine Füße und die rechte Hand verloren und hing nur noch mit der linken am Kreuz.

Yates war kein religiöser Mensch; zu Hause betonte er seine Neigung zu aufgeklärter Skepsis. Er glaubte, daß dem Weltensystem ein Sinn zugrunde liege, hauptsächlich, weil er selber glauben wollte, daß sein eigenes Dasein nicht nur einem Zufall zu verdanken sei. Die Sekunde jedoch, in der er den verstümmelten Christus von Isigny erblickt hatte, blieb nicht ohne Wirkung.

»Haben Sie ihn auch gesehen?« fragte er.

Auch Karen hatte ihn gesehen, denn sie antwortete sofort: »Er ist noch immer unser bester Gott - der einzige, den wir uns ausdenken konnten. Gott ist, was wir in ihm sehen.«

Und Bing fügte hinzu: »Der Ort wurde schwer umkämpft. Es ließ sich wohl nicht vermeiden. Sie hatten Scharfschützen auf dem Turm und hinter den Grabsteinen ...«

Yates schwieg. Seit der Invasion war er dem Tod mehrfach knapp entgangen; er hatte sich nach Selbstaufgabe und Sicherheit in den Armen eines allwissenden, allmächtigen Gottes gesehnt; und dennoch wußte er, daß es außerhalb seiner selbst keine Zuflucht vor seinen Ängsten gab.

»Ein Gott, der sich nicht einmal selber schützen kann -«, er unterbrach sich.

Sie waren auf den Marktplatz gelangt. An einem der Häuser hing die Attrappe einer Uhr, daneben ein Schild, verwaschene goldene Buchstaben auf schwarzem, abblätterndem Grund: Auguste Glodin.

»Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir hier halten?« fragte Karen. »Ich hätte gern meine Uhr reparieren lassen.« Sie fügte entschuldigend hinzu: »Aber ich möchte Sie nicht aufhalten.«

»Das geht schon«, sagte Yates.

Sie parkten am Straßenrand. Die Tür zu Glodins Haus war verschlossen. Bing klopfte. Noch einmal. Karen trat dicht zu ihm heran. Die jugendliche Rundung seines Kinnes, die Art, wie sein Haar hinten im Nacken wuchs, wie bei einem kleinen Jungen - sie war sich all dieser Einzelheiten plötzlich bewußt. Er lächelte sie an, und seine Augen leuchteten auf.

Yates gesellte sich zu den beiden. Er ergriff Bings Karabiner und schlug mit dem Kolben gegen die Holztür.

Schlurfende Schritte wurden hörbar. Die Tür öffnete sich langsam, und das Gesicht einer Frau wurde zur Hälfte sichtbar.

»Ist der Uhrmacher zu Hause?« fragte Bing. »Monsieur Glodin?«

Nun erschien der ganze Kopf. Forschende Augen, krumme Nase, faltiger Mund - alles in diesem Gesicht schien faltig zu sein. Ein Schimmer von Befriedigung glitt über das Gesicht, und die Tür öffnete sich weit.

»Seit Jahren halten wir unsere Tür verschlossen - entschuldigen Sie - eine Gewohnheit ...«, sagte die Frau als Erklärung. »Es dauert schon seine Zeit, selbst um sich an bessere Zeiten zu gewöhnen. Man kann es noch gar nicht glauben ... Oh! Eine Frau als Soldat!« Sie hatte Karen erblickt. »Haben Sie auch weibliche Soldaten? Haben Sie nicht Männer genug? In Frankreich haben wir nicht genug Männer. Die Deutschen haben so viele weggeschleppt. Aus Isigny allein mehr als hundertundfünfzig ...«

Bing unterbrach sie: »Sie ist kein Soldat. Sie schreibt für Zeitungen Artikel über den Krieg. Im übrigen ist ihre Uhr nicht in Ordnung.«

»Glodin!« rief die Frau über die Treppe hinauf. »Amerikaner! Beeil dich! Zieh die blaue Jacke an! Sie liegt in der Kommode!« Aufgeregt wandte sie sich wieder ihren Besuchern zu: »Er wird die Jacke niemals finden«, fuhr sie fort.

»Sagen Sie ihr, ich möchte nur meine Uhr repariert haben«, meinte Karen zu Bing. »Sagen Sie ihr, das kann er doch in Hemdsärmeln machen.«

Glodin erschien in der Tür. Er knöpfte seine Jacke über der Schürze mit der einen Hand zu, während die andere ein wenig Ordnung in sein widerspenstiges graues Haar zu bringen suchte.

»Willkommen!« sagte er. »Diese Frauen sind so nervös. C´est la guerre. Treten Sie ein!«

Durch einen Flur, in dem es nach Fisch und Apfelwein roch, schoben sie sich in den Laden. Glodin klemmte sich die Lupe ins Auge, öffnete Karens Uhr und betrachtete ihr Werk.

»Sie haben sie im Wasser getragen?«

Karen lachte auf. »Ich mußte hineinspringen, Monsieur Glodin, unser Schiff erhielt einen Treffer.«

Glodin schob seine Lupe auf die Stirn hinauf. Sie sah nun aus wie ein Horn und er wie ein Faun. »Sie hatten Glück, Mademoiselle, daß es nur die Uhr war. Die Uhr kann ich jedenfalls in einigen Tagen reparieren.«

Plötzlich ging ihm etwas durch den Kopf. »Sie bleiben doch ein wenig bei uns, bitte? Eine junge amerikanische Frau hier bei uns! - und was hat sie alles aufs Spiel gesetzt! Meine Frau ist gerade in den Keller gegangen, holt den Roten, den Guten! Immer sagte ich zu meiner Frau: wir wollen diesen Wein für ein Fest aufheben ...«

Yates warf einen Blick auf seine eigene Uhr. Jemand stieß gegen sein Bein. Es war ein Kind, ein Mädchen. Es trat einen Schritt zurück und begann aus Verlegenheit sein Röckchen ums Handgelenk zu winden. Yates sah die dünnen, mageren Beine des Mädchens.

»Nettes Kind«, sagte Bing.

Yates fuhr ihr durch das Haar. Sie schnurrte wie eine Katze. Dann fragte sie: »Chocolat?«

»Chocolat!« sagte Yates zu Karen. »Liberté und chocolat.« Inzwischen aber durchsuchte er seine Taschen.

»Mögen Sie Kinder nicht?«

»Doch!« sagte er.

»Haben Sie welche?«

»Nein.« Er zögerte. Dann fügte er rasch hinzu: »Ruth und ich - Ruth ist meine Frau -, nun, ich war der Ansicht, wir könnten uns keine leisten.«

Karen bemerkte seine Zurückhaltung und sagte: »Um bei der Wahrheit zu bleiben, Lieutenant, Sie sehen gar nicht wie ein Ehemann aus.«

Yates lächelte vor sich hin. Gut gesagt, dachte er.

Glodin trat hinter seinem Werktisch hervor und hob das Kind auf seinen Arm. »Sie ist das Baby«, sagte er. »Wir haben nie daran gedacht, noch ein zweites zu haben - aber - wir sind eine zähe Rasse. Das ältere ist ein Junge. Er ist krank. Aber er steht schon auf.«

»Lassen Sie ihn nicht erst aufstehen«, sagte Yates. »Wir müssen bald gehen.«

»Aber das macht doch nichts aus«, warf Glodin ein.

»Halbe Stunde«, gab Yates zu. »Mehr nicht. Wir müssen vor Dunkelheit zurück sein.«

Glodin begleitete seine Gäste in einen Raum, offensichtlich die gute Stube. Er bat sie, an einem wackeligen, ovalen Tisch Platz zu nehmen, während seine verrunzelte Frau den Wein und die Gläser hinstellte. Dann half eine hochgewachsene, unschöne Frau mit dem Anflug eines Schnurrbarts, die Hosen und eine alte Strickjacke trug, einem blassen Jungen ins Zimmer. Die Schultern des Jungen hingen hoch und rund über selbstgemachten Krücken.

»Mademoiselle Godefroy, die Lehrerin«, stellte Glodin die hagere Frau vor. »Sie lebt zur Zeit bei uns.« Er zeigte stolz auf den Jungen. »Mein Sohn Pierre - die Sache mit dem Bein ist ihm passiert, als die Deutschen abzogen.«

»Wie kam das?« fragte Karen.

Die Lehrerin von Isigny half dem Jungen, sich auf einen Stuhl zu setzen.

Pierre lächelte Karen zu. »Wir standen auf den Dächern«, sagte er, »meine kleine Schwester, meine ganze Familie und alle Nachbarn. Wir hörten den Kampf von der Kirche her. Dann wurde das Gefecht eingestellt. Auf der Straße sammelten sich die Deutschen. Sie hatten es sehr eilig. Die meisten Sachen, die sie vorsorglich zusammengepackt hatten, mußten sie stehenlassen. Dann erblicken sie uns. Einer ihrer Offiziere sagte etwas. Die Deutschen zielten auf uns und schossen. Dann drehten sie sich um und rannten. Ich selber konnte sie nicht sehen, ich sah nur einen dunkelgrünen Schleier vor meinen Augen. Wirklich dunkelgrün; wieso, weiß ich nicht.«

Mademoiselle Godefroy streichelte sanft die Hand des Jungen und sagte: »Ich verstehe schon, warum die Deutschen auf uns schossen, aber es ist gegen alle Vernunft.«

Wie um ihre Worte zu unterstreichen, sagte der Uhrmacher noch: »Mademoiselle Godefroys Haus wurde bei einem Luftangriff der Amerikaner niedergebrannt. Alle ihre Kleider kaputt.«

Yates betrachtete seine Kollegin aus Isigny mit zweifelndem Blick.

»Natürlich ist es gegen alle Vernunft«, sagte er. »So wie der ganze Krieg.«

Die Frau hatte einen ablehnenden Ausdruck im Gesicht. Yates empfand, daß seine Worte, so gut gemeint sie auch waren, bei ihr nicht auf fruchtbaren Boden fielen. Er versuchte, sich seine eigenen Empfindungen vorzustellen, wenn daheim in Coulter das beigefarbig verputzte kleine Haus, das er und Ruth noch nicht einmal ganz abgezahlt hatten, durch Bomben zerstört worden wäre - seine Bücher, sein Schreibtisch und alles verbrannt.

Er schlug einen versöhnlichen Ton an: »Wir - wir haben Ihr Haus zerstört - auch das war gegen alle Vernunft ...«

Die Frau blickte Yates gerade in die Augen. Auch Karen wandte sich ihm voll Erwartung zu.

»Wollen Sie damit sagen«, fuhr Mademoiselle Godefroy fort, »daß ich Sie willkommen heiße und alle hier Sie...

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Autor

Stefan Heym, 1913 in Chemnitz geboren, emigrierte, als Hitler an die Macht kam. In seiner Exilheimat New York schrieb er seine ersten Romane. In der McCarthy-Ära kehrte er nach Europa zurück und fand 1953 Zuflucht, aber auch neue Schwierigkeiten in der DDR. Als Romancier und streitbarer Publizist wurde er vielfach ausgezeichnet und international bekannt. Er gilt als Symbolfigur des aufrechten Gangs und ist einer der maßgeblichen Autoren der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er starb 2001 in Israel.