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Immer sind die Weiber weg

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am10.05.2021
Stefan Heym erzählt aus seinem Ehealltag: komisch, weise, selbstironisch
Auch Dichter haben Ehefrauen. Und was für welche! Ständig mischen sie sich ein, alles wissen sie besser, und wenn man sie mal wirklich braucht, sind sie weg. Stefan Heym erzählt aus seinem Ehealltag und zeigt sich mit diesen komischen, weisen, humorvollen und selbstironischen Anekdoten von einer bisher unbekannten Seite. Die Geschichten, allesamt Geschenke an seine Frau Inge, hat er über Jahre gesammelt und sie so zu einer wunderbaren Liebeserklärung gemacht. Teils komisch, teils traurig, stecken sie voller Altersweisheit, voller Hintergründigkeit und Tiefe. Die Texte orientieren sich an täglichen Erfahrungen, sind bei aller literarischen Qualität unterhaltsam und vermögen trotz aller Nachdenklichkeit, dem Leben durchaus komische Seiten abzugewinnen.
Stefan Heyms amüsante und tiefgründige Ehegeschichten erstmals erschienen 1997, in der digitalen Werkausgabe endlich wieder lieferbar.

Stefan Heym, 1913 in Chemnitz geboren, emigrierte, als Hitler an die Macht kam. In seiner Exilheimat New York schrieb er seine ersten Romane. In den 50er Jahren, gefährdet durch die Intellektuellenverfolgung des Senators McCarthy, kehrte er nach Europa zurück und fand Zuflucht, aber auch neue Schwierigkeiten in der DDR. Als Romancier und streitbarer Publizist wurde er vielfach ausgezeichnet und international bekannt und gilt heute als einer der bedeutenden Autoren der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er starb 2001.
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Produkt

KlappentextStefan Heym erzählt aus seinem Ehealltag: komisch, weise, selbstironisch
Auch Dichter haben Ehefrauen. Und was für welche! Ständig mischen sie sich ein, alles wissen sie besser, und wenn man sie mal wirklich braucht, sind sie weg. Stefan Heym erzählt aus seinem Ehealltag und zeigt sich mit diesen komischen, weisen, humorvollen und selbstironischen Anekdoten von einer bisher unbekannten Seite. Die Geschichten, allesamt Geschenke an seine Frau Inge, hat er über Jahre gesammelt und sie so zu einer wunderbaren Liebeserklärung gemacht. Teils komisch, teils traurig, stecken sie voller Altersweisheit, voller Hintergründigkeit und Tiefe. Die Texte orientieren sich an täglichen Erfahrungen, sind bei aller literarischen Qualität unterhaltsam und vermögen trotz aller Nachdenklichkeit, dem Leben durchaus komische Seiten abzugewinnen.
Stefan Heyms amüsante und tiefgründige Ehegeschichten erstmals erschienen 1997, in der digitalen Werkausgabe endlich wieder lieferbar.

Stefan Heym, 1913 in Chemnitz geboren, emigrierte, als Hitler an die Macht kam. In seiner Exilheimat New York schrieb er seine ersten Romane. In den 50er Jahren, gefährdet durch die Intellektuellenverfolgung des Senators McCarthy, kehrte er nach Europa zurück und fand Zuflucht, aber auch neue Schwierigkeiten in der DDR. Als Romancier und streitbarer Publizist wurde er vielfach ausgezeichnet und international bekannt und gilt heute als einer der bedeutenden Autoren der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er starb 2001.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641278243
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum10.05.2021
Reihen-Nr.4
SpracheDeutsch
Dateigrösse3105 Kbytes
Artikel-Nr.5690804
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Russisch-Römisch

Mein Weib hat mir das eingebrockt, das mit dem Russisch-Römisch. Wirst sehn, sagt sie, wie du dich fühlst nach dem Schwitzen. Wie wird einer sich fühlen, wenn er sechs Fuß unter der Erde liegt, einen Dreck fühlt er, und ich, wo ichs immer mit dem Herzen hab und mit meinem Gedärm. Also, sag ich ihr, ich gehör ins Kaffeehaus und nicht ins Russisch-Römisch, aber was macht ihr das aus, die Hauptsache ist sie hat ihren Willen, und sie redet auf mich ein von Dampf und von trockener Hitze, also bin ich lieber still wie der Hiob selig bevor Gott ihm geschickt hat sein ganzes Unglück und setz meinen Hut auf, meinen großen schwarzen, und nehm meinen Spazierstock mit dem Gummi unten dran und will gehen, ins Kaffeehaus natürlich und nicht ins Russisch-Römisch, aber mein Weib kuckt mich an aus der Ecke von ihren Augen und sagt, ich werd dich hinbegleiten und du gehst dich ausschwitzen in dem Russisch-Römisch wie schon getan haben in der Antike die Römer und heut noch die Russen und tust was für deine Gesundheit weil deine Gesundheit ist das Wichtigste.

Und sie geht mir nicht von der Seite bis ich tatsächlich ankomm vor dem Haus von dem Russisch-Römisch wo die kleine Treppe ist hinunter zu dem kleinen Fenster hinter welchem der Bademensch sitzt mit der haarigen Brust und den haarigen Händen und gibt mir den grünen Zettel und ich seh sein Gesicht und ich seh was er denkt, schon wieder ein Opfer denkt er, wieder einer den wir werden abschleppen müssen, die Weiber schleppen die Männer her und wir schleppen sie ab wir haben schon Fälle gehabt hier, mit Schlag im Gehirn und mit Infarkten, nur die Antisemiten soll es treffen, doch die regelmäßig, mein Weib aber winkt mir mit ihrem Finger und sagt schwitz schön, und kuckt daß ich mich auch nicht wegduck zur Seite sobald ich bin vorbei an dem kleinen Fenster, obwohl, wenn ich mal gezahlt hab, dann sitz ich´s auch aus, so ein Mensch bin ich, im Theater oder am Jom Kippur im Tempel oder im Russisch-Römisch.

Kabine, sagt der Bademensch, Kabine, da müssense früher kommen, aber´n Schrank den könnse auch zuschließen, und ich seh schon bei meiner Natur wird Gott machen daß ich den Schlüssel zu dem Schrank verlier von dem Bandel wo ich ihn werd hängen haben an meinem Hals aber ich sag nichts, mein Jackett und meine Hosen und was einer wie ich noch so am Leib trägt kann ich ja schließlich nicht einfach hinschmeißen auf den glitschigen Fußboden zwischen die Pfützen welche die Leute lassen wenn sie aus dem Wasser kommen ganz naß und spritzen herum aber daß ich bezahlt hab wie sie für meinen grünen Zettel bei dem Bademenschen und auch meine Rechte hab in einem Russisch-Römisch, daran denken sie nicht, immer nur an sich selber.

Sportsfreund, sag ich zu einem welcher schon ganz rot ist von Schweiß und voll Pickel, wo muß ich jetzt hin, und er glotzt auf mich wie wenn ich gekommen wär aus dem Bauch von dem großen Walfisch wie der Prophet Jonah und wissen wollt wo geht der Weg nach Niniveh und zeigt irgendwohin mit dem Daumen, von Höflichkeit keine Spur, kein Wunder wenn einer nackicht ist glaubt er alle Menschen sind gleich sind aber nicht, zum Beispiel wer hat schon ein Weib wie ich hab?

Da, hah, fast war ich geglitscht und hätt mir zerbrochen Gott weiß was, auf so eine Treppe muß Gummi hin, geriffelter, aber wer kümmert sich um so was, der Bademensch vielleicht der sitzt nur da und hält die Hand auf und unsereiner kann sich zerbrechen die Füß oder den Schädel sogar. Wer sind Sie, Herr, Sie können nicht sorgen für Gummi hier, Sie massieren hier nur, Sie sind der Masseur? Da werden Sie verdienen ein ganz schönes Trinkgeld, mit dem Masseur muß man sich gut stellen dem Masseur ist der Mensch ausgeliefert mit seinen Muskeln und seinem Gedärm, nein ich will nicht massiert werden schlimm genug daß ich hier bin überhaupt und alles wegen meinem Weib, und wo ist nun das Russisch, oder ist es das Römisch, ich mein mit dem Dampf und dem allen und mit der Hitze, da müßten Schilder hin und Zeichen und Hinweise aber nichts haben sie man kann doch nicht alles wissen wo es hier reingeht und wo raus, ich bin ein einfacher Mensch und kein Wunderrabbi.

Uh, ah, nein das geht nicht das ist unmöglich da platzt der Mensch ja, von was wohl, fragen Sie, von der Hitze natürlich und von dem Dampf. Hinsetzen soll ich mich? Das sagen Sie so, Sportsfreund, aber wo soll sich hier einer hinsetzen in dem Nebel wo Sie nicht sehen können die eigne Hand vor dem Auge? Halten Sie mal die Hand hoch, und kucken Sie was sehen Sie da, nichts. Ich bin Ihnen nicht auf den Fuß getreten, Sportsfreund, passen Sie auf, wo Sie hinstellen Ihren krummen Fuß, dann wird Ihnen keiner drauftreten, und ich sitz auch nicht auf Ihrem Schoß, ich schwitz auch ohne Ihren geschätzten Schoß, was glauben Sie, ich will mich anstecken lassen mit Aids von Ihnen, es ist einfach nicht genug Platz da, die Leute bleiben viel zu lange die Leute denken immer nur an sich selber. Sagen Sie, Sportsfreund, kriegen Sie auch so schlecht Luft hier, mein Weib hat mir gesagt ich soll mich abspritzen regelmäßig mit dem Schlauch aber wo ist hier der Schlauch?

Jetzt ist er weg. Das auch noch.

Wer weg ist, der Schlauch? Was geht mich Ihr Schlauch an, Ihr blöder? Mein Schlüssel! Der Schlüssel von meinem Schrank ist weg welchen der Bademensch mir gegeben hat und wo ich drin hab meine Sachen, ist auch kein Wunder wo sie geben nur eine Büroklammer zum Festmachen am nackichten Körper die Bürokraten und wo um Gottes willen find ich den Schlüssel in dem Dampf auf dem Fußboden dem glitschigen das ist wie wenn ich meine Frau such am Ausverkauf von dem Winterschluß bei der Damenwäsche und wenn ich nicht find den Schlüssel wie krieg ich mein Jackett und meine Hosen und was einer wie ich noch so am Leib trägt ich kann doch nicht nackicht rausgehen auf die Straße das kann enden mit Lungenentzündung und mit sonst was.

Nein, ich will Ihnen nicht an die Waden, Sportsfreund, ich such nur meinen Schlüssel da ist er doch, Gott der Barmherzige sei gelobt und gepriesen, da liegt er auf der Bank wo mich vorhin einer gezogen hat auf seinen glitschigen Schoß wissen Sie was sie machen müßten, einen mehr durchsichtigen Dampf müßten sie machen in so einem Russisch-Römisch. Geben Sie mir mal den Schlauch dort, das ist doch der Schlauch mit welchem man sich kalt, entschuldigen Sie, ich hab Sie nicht spritzen wollen und schreien Sie mich nicht so an gefälligst und geben Sie mir den Schlauch zurück, aber sofort, mir nehmen Sie meinen Schlauch nicht weg, Sie nicht, Sportsfreund!

Uh, ah, das war vielleicht eine Anstrengung, das in dem Dampf, daß einer das aushält! Zeigt aber daß da noch welche werden warten müssen, unberufen, bis ich das Gras von unten werd bekucken, entschuldigen Sie, Sportsfreund, was ist nu an der Reihe, Russisch oder Römisch, ich komm nicht so oft her nämlich, mein Weib hat mich hergeschleppt für meine Gesundheit sagt sie, und ich komm grad heraus aus dem Dampf Sie sehen doch ich schwitz wie ein Seeigel Seeigel schwitzen nicht, sagen Sie, woher wissen Sie waren Sie mal ein Seeigel vielleicht in einem früheren Leben, eine Menge Leute glauben an die Wanderung von den Seelen, aber ich glaub mehr an den Messias wenn der kommt dann bricht das Paradies aus mit Gerechtigkeit und mit allem und dann wird abgerechnet, in den Trockenraum muß ich, sagen Sie? Dann zeigen Sie mir doch wo das ist der Trockenraum hier gehören Schilder her und Zeichen und Hinweise aber nichts haben sie wozu zahl ich Eintritt hier möcht ich wissen, für den grünen Zettel vielleicht?

Das zeigt aber auch wieder daß die Menschen nur denken an sich selber ich kann ja verstehen wenn die Leute sich hier ausbreiten möchten nach dem Dampf und dem Gedräng es ist warm hier und gemütlich aber es gibt auch noch andere welche ein Recht, ja, rücken Sie mal, Sportsfreund, ich brauch ja nicht viel Platz, nur hinten brauch ich, hinten, sagt mein Weib mir, hinten geh ich schon in die Breite, sagen Sie, Sportsfreund, sind Sie auch so kaputt von dem Dampf drüben wenn einer da nicht was hat zuzusetzen eine Reserve für das Herz sozusagen, so eine Reserve braucht einer.

Mein Herz! Mit meinem Herz ist auf einmal was, sagen Sie, haben Sie das auch, so was Unregelmäßiges hören Sie mal Pupp puppedipupp das kann doch nicht richtig sein Puppedipupp Pupp jetzt ist es gerad andersrum, ich glaub ich hab mich, das ist mein Weib, mein Weib hat gesagt geh ins Russisch-Römisch tu was für deine Gesundheit von allein war ich niemals, wo war ich als normaler Mensch, der Mensch ist gebaut für zehn oder zwanzig oder meinetwegen für dreißig Grad aber achtzig! Das verträgt das stärkste Herz nicht Puppedipupp Pupp Puppedipupp fühlen Sie mir mal den Puls Sportsfreund der stimmt doch auch nicht, und da hab ich vorhin noch gedacht ich halt aus wer weiß was.

Mord durch Russisch-Römisch! Das findet keiner raus, kein Kriminaler und kein Private Eye, ich will ja nicht sagen daß mein Weib, mein Weib tötet durch Fürsorge, iß noch ein Stück von dem Fisch da, sagt sie, Fisch ist gesund, wo mir die Gräte schon steckt in der Kehle, oder sie saugt das Bett ab mit dem Staubsauger zwei Stunden bevor wir losfliegen müssen nach Bojberik in dem Atlantik oder sie wäscht sich die Haare und unten wartet das Taxi zur Oper schon Pupp Puppedipupp Pupp Pupp, Hilfe, Sportsfreund, ich muß raus hier, raus!

Gott in seiner Gnade sei Dank jetzt macht mein Herz nur noch Pupp Pupp und hat sich ein bissel beruhigt nur noch ins Schwimmbecken muß ich, alle gehn sie ins Schwimmbecken.

Erst Abduschen steht da für so was haben sie Schilder aber wenn einer wissen will wo was ist kann er sich totfragen, außerdem ist mein Dreck längst...

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Autor

Stefan Heym, 1913 in Chemnitz geboren, emigrierte, als Hitler an die Macht kam. In seiner Exilheimat New York schrieb er seine ersten Romane. In den 50er Jahren, gefährdet durch die Intellektuellenverfolgung des Senators McCarthy, kehrte er nach Europa zurück und fand Zuflucht, aber auch neue Schwierigkeiten in der DDR. Als Romancier und streitbarer Publizist wurde er vielfach ausgezeichnet und international bekannt und gilt heute als einer der bedeutenden Autoren der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er starb 2001.