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Angstrichter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am28.06.2021Auflage
Er wird kommen, um zu richten ... Nürnberg wird von einem grausigen Mord erschüttert: An den Stadttoren hängen die viergeteilten Körperteile einer Leiche. Noch ehe die Identität des Opfers festgestellt werden kann, taucht im Internet ein Livestream auf: In einem Gewölbe kauert eine Person, gefesselt und mit einer schwarzen Kapuze verhüllt, hinter ihr schärft ein Scharfrichter seine Axt. Für die Profiler Jan Grall und Rabea Wyler beginnt die Jagd nach einem Killer, der sich als Richter über seine Opfer erhebt. Und der bald auch sie im Visier hat ...

Lars Schütz wurde 1992 geboren. Er arbeitet als Texter für eine große Düsseldorfer Werbeagentur. Mit seinen Thrillern rund um Profiler Jan Grall und Rabea Wyler fesselt und begeistert er seine Leser*innen.
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Produkt

KlappentextEr wird kommen, um zu richten ... Nürnberg wird von einem grausigen Mord erschüttert: An den Stadttoren hängen die viergeteilten Körperteile einer Leiche. Noch ehe die Identität des Opfers festgestellt werden kann, taucht im Internet ein Livestream auf: In einem Gewölbe kauert eine Person, gefesselt und mit einer schwarzen Kapuze verhüllt, hinter ihr schärft ein Scharfrichter seine Axt. Für die Profiler Jan Grall und Rabea Wyler beginnt die Jagd nach einem Killer, der sich als Richter über seine Opfer erhebt. Und der bald auch sie im Visier hat ...

Lars Schütz wurde 1992 geboren. Er arbeitet als Texter für eine große Düsseldorfer Werbeagentur. Mit seinen Thrillern rund um Profiler Jan Grall und Rabea Wyler fesselt und begeistert er seine Leser*innen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843724838
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum28.06.2021
AuflageAuflage
Reihen-Nr.4
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3654 Kbytes
Artikel-Nr.5800798
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eins

15. Oktober // Düsseldorf

»Was für Berührungspunkte haben Sie bisher mit Psychologie gehabt?«

Jan lehnte sich in dem Bürosessel zurück und wartete auf die Antwort des Bewerbers. Der junge Mann rückte seine dickrandige Brille zurecht und schaute in die Luft.

»Also, ich finde das ganze Thema einfach wahnsinnig spannend«, erklärte er nach einer Weile wenig tiefsinnig. »Ich lese gern Serienkiller-Krimis und habe auch das Buch von diesem Profiler gelesen, der über seine härtesten Fälle berichtet ... Ich komm grad nicht auf seinen Namen. Wie hieß der noch gleich?«

»Kann ich Ihnen leider auch nicht sagen«, warf Jan teilnahmslos ein.

»Hmm, auch nicht so tragisch. Und nächstes Semester wollte ich mal ein Proseminar in dem Bereich belegen. Ach, ich habe auch die Doku zu Ihrem Alphabetmörder-Fall von damals gesehen. Respekt. Echt krass.«

»Echt krass ...«, wiederholte Jan leise, stützte den Kopf auf seinen ausgefächerten Fingern ab und schaute noch einmal auf den Lebenslauf des Studenten.

Martin Wolf, sechsundzwanzig, machte gerade seinen Master in Soziologie an der Uni Düsseldorf, hatte ein Auslandsjahr in Chile verbracht und sprach Spanisch verhandlungssicher, wie es so schön hieß.

Er war schon der Zwölfte, den Jan zum Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, und allmählich schwand seine Hoffnung, noch den perfekten Kandidaten zu finden.

»Kennen Sie den Ausdruck Hic sunt dracones?«, fragte Jan.

»Noch nicht gehört, muss ich gestehen«, sagte Martin Wolf. Die Schweißflecken auf seinem hellblauen Hemd wurden größer. »Aber das ist Latein, oder nicht ...? Müsste so viel heißen wie Hier sind Drachen. Das Latinum habe ich, aber das haben Sie sicher schon in meiner Vita gelesen.«

»Stimmt, das heißt es. Hier sind Drachen. Dort, wo noch nichts erforscht, nichts entdeckt war, zeichneten die Kartografen der frühen Neuzeit Ungeheuer und Seemonster ein. Terra incognita. Die weißen Flecken auf der Landkarte. Manchmal waren sie vielleicht auch zu faul zum Malen und haben einfach nur das besagte Hic sunt dracones dort hingeschrieben.«

»Worauf wollen Sie hinaus?«

»Die Menschheit hat jeden Quadratzentimeter dieses Planeten per Satellitenbild vermessen und katalogisiert. Wir sind bis zum Grund des Marianengrabens vorgestoßen, wo wir unseren eigenen Plastikmüll wiedergefunden haben, und wir können mit unseren Teleskopen Lichtjahre weit in den Weltraum schauen. Aber hier hinter«, Jan tippte sich an die Stirn, »sind immer noch Drachen. Natürlich verstehen wir die einzelnen Hirnareale inzwischen besser und besser. Wir wissen, was im Hippocampus passiert, im Scheitellappen, in der Sehrinde. Aber was wirklich hinter der Stirn eines anderen Menschen vor sich geht? Das kann niemand sagen. Es gibt knapp acht Milliarden weiße Flecken auf dieser Erde. Es sind die Köpfe der Menschen. Unsere eigenen miteingeschlossen.«

Sein Bewerber starrte ihn aus großen Augen an.

Jan seufzte. Er wusste es selbst: Ab und an neigte er sehr zum Dozieren und schweifte dann völlig ab. »Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht belehren«, sagte er. »Es ist nur so: Wenn ich all die Thriller, TV-Dokus und Reportagen sehe, denke ich immer, dass uns etwas Demut nicht schlecht zu Gesicht stehen würde.«

»Nein, nein, ich finde sehr spannend, was Sie da sagen«, erwiderte Wolf und setzte ein breites Lächeln auf.

Jan konnte nicht einschätzen, ob er aufrichtig interessiert war oder die Neugier nur vortäuschte, weil er gerade im Vorstellungsgespräch saß.

Jan hatte GRALL & WYLER Private Fallanalyse ins Leben gerufen, nachdem er und seine damalige Teampartnerin Rabea Wyler aus dem Dienst des LKA ausgeschieden waren.

Mittlerweile stand nur noch GRALL Private Fallanalyse draußen auf dem Eingangsschild des Altbaus.

Vor etwa einem Jahr hatte Rabea eine Stelle als Organisationsberaterin für Personalwesen bei einer Berner Unternehmensberatung angetreten. Nach ihrem letzten Fall hatte sie einen Tapetenwechsel dringend nötig gehabt. Die Schweiz war ihre Heimat, dort lebte ihre Familie, dort konnte sie einen Neustart wagen.

»Also«, Jan räusperte sich und streckte seinem Bewerber die Hand entgegen, »wir melden uns - oder besser gesagt: Ich melde mich.«

Er komplimentierte den jungen Mann hinaus und streckte sich dann der Länge nach auf dem eingestaubten Perserteppich in der Mitte des Büros aus. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, betrachtete er die stuckverzierte Decke, genehmigte sich einen Schluck abgestandene Cola Zero und spulte noch einmal das Gespräch ab.

Es vibrierte in seiner Hosentasche. Jan zog sein Handy heraus.

Miri rief an. Wie passend. Seine einundzwanzigjährige Ziehtochter machte gerade ein Auslandssemester in Sevilla. Normalerweise war sie es, die ihm neben dem Studium als Büroassistentin half. Genau für sie suchte er jetzt so händeringend nach Ersatz.

»Hola!«, begrüßte er sie. »Was macht Spanien?«

»Es macht mich gerade echt fertig.«

»Wieso denn das? Ich hätte gedacht, du sitzt gerade am Guadalquivir, lässt die Füße ins Wasser baumeln und gönnst dir einen Rioja.«

»Von wegen!«, empörte sie sich. »Ich hänge hier gerade auf meinem Zimmer, lerne und schwitze mich zu Tode. Ich bin ja nicht im Urlaub.«

»Hast du nur angerufen, um dich über dein Studium zu beschweren?«, erwiderte er. »Grund zur Beschwerde hätte ich übrigens auch. Ich finde einfach keine passende Aushilfe. Heute war wieder nur so eine Niete da.«

»Vielleicht solltest du einsehen, dass ich unersetzlich bin.«

»Wenn das hier auf eine Gehaltsverhandlung für deine Zeit nach Spanien hinauslaufen soll, lege ich sofort auf.«

»Nein, nein, es geht um eine ganz andere Sache«, sagte Miri und schlug abrupt einen geschäftsmäßigen Ton an: »Hast du schon mal darüber nachgedacht, Podcaster zu werden?«

»Bitte was?«

»Podcaster! Sag bloß, das kennst du nicht! Dann hast du die letzten Jahre ja nicht nur unterm Stein, sondern gleich unter einem ganzen Geröllhaufen gelebt. Das ist die absolute Boom-Branche! Podcasts schießen aus dem Boden wie Pilze. Und ein Genre, das im Moment besonders gehypt wird, sind True Crime Podcasts. Echte Verbrechen, echter Grusel!«

Jan rieb sich übers Gesicht. Es verging keine Woche, in der Miri nicht irgendeine neue - ihrer Meinung nach - bahnbrechende Idee hatte. Jetzt also Podcasts. »Ich höre ja nicht mal Radio«, sagte er. »Und für diese Doku über den Alphabetmörder-Fall habe ich mich auch nicht interviewen lassen.«

»Aber Jan, stell dir das mal vor!«, rief sie. »Du als der hartgesottene Verbrechensexperte, ich als die nahbare, empathische Moderatorin. Mit Stargästen! Rabea, Anita, dieser komische alte Stüter von damals. Das wäre die perfekte PR für das Büro.«

»Ich weiß ja noch nicht einmal, wie ich all die Anfragen abarbeiten soll, die ich im Moment bekomme. Das Letzte, was ich gerade brauche, ist PR - ich brauche einen Assistenten.«

Seit dem Pressewirbel um den Erlöser-Fall, zu dem die Polizei Rabea und ihn herangezogen hatte, vor allem aber seit der Doku im Öffentlich-Rechtlichen konnte sich Jan vor Aufträgen kaum noch retten.

Als einziger privater Fallanalytiker Deutschlands war er irgendwo zwischen Privatdetektiv, Psychotherapeut und Medium angesiedelt. Er beriet und unterstützte seine Klienten in all den Lebenslagen, die knapp aus dem Zuständigkeitsbereich anderer Experten herausfielen.

Er erstellte Profile zum Fremdgehpotenzial des Partners, überprüfte diskret die Zurechnungsfähigkeit von Geschäftspartnern und Vorgesetzten oder half in Fällen von Stalking und Psychoterror, bei denen der Polizei die Hände gebunden waren. Manches davon bewegte sich entweder gefährlich nah am Rande der Zwielichtigkeit oder, schlimmer noch, der Banalität. Bei seinen ehelichen Treueprognosen kam er sich zum Beispiel eher wie ein schlechter Kaffeesatzleser vor.

Trotzdem erledigte er seine Aufgaben gewissenhaft, professionell und mit zunehmend mehr Freude. Es waren nicht mehr die großen Fälle oder erschütternden Schicksale wie während seiner Zeit beim LKA, aber dafür musste er sich nicht mehr mit den grausigen Abgründen der menschlichen Psyche auseinandersetzen.

»Aber wir könnten uns einen tollen Namen geben!«, holte ihn Miri zurück in die Wirklichkeit. »Der True True Crime Podcast. Oder eine Alliteration: Grall und das Grauen. Vielleicht auch ein Wortspiel als Markenclaim: Grall you need to know about crime.«

»Miri ...« Er setzte sich in die Hocke auf.

Sie kam jetzt erst richtig in Fahrt: »Ich hätte sogar schon unseren ersten spannenden Fall. Im Höllbachtal, das ist irgendwo in der Nähe von Regensburg, kam es nach tagelangen Regenfällen zu einem Erdrutsch. Dabei wurde das Skelett eines etwa...
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