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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
280 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am09.03.2022
In der Schweiz kommt es zu einer beispiellosen Häufung von Internetstörungen: gelöschte Webseiten, geleakte Passwörter, ungewollt verschickte Pornografie. Das lässt die aufstrebende Online-Journalistin Mia Abderhalden und den jungen Hacker Maxi Winter aufhorchen. Was hat es mit den groben Sicherheitslücken auf sich? Die beiden ermitteln. Dabei bahnt sich eine Gefahr an, welche die Eidgenossenschaft in eine Katastrophe stürzen könnte. Was passiert, wenn jemand das Internet im gesamten Land lahmlegt?

Der Schriftsteller Armin Öhri, geboren 1978, lebt in Grabs im St. Galler Rheintal. Bekannt sind die historischen Kriminalromane um seinen Protagonisten, den jungen Tatortzeichner Julius Bentheim. Der Autor erhielt den »European Union Prize for Literature«, seine Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextIn der Schweiz kommt es zu einer beispiellosen Häufung von Internetstörungen: gelöschte Webseiten, geleakte Passwörter, ungewollt verschickte Pornografie. Das lässt die aufstrebende Online-Journalistin Mia Abderhalden und den jungen Hacker Maxi Winter aufhorchen. Was hat es mit den groben Sicherheitslücken auf sich? Die beiden ermitteln. Dabei bahnt sich eine Gefahr an, welche die Eidgenossenschaft in eine Katastrophe stürzen könnte. Was passiert, wenn jemand das Internet im gesamten Land lahmlegt?

Der Schriftsteller Armin Öhri, geboren 1978, lebt in Grabs im St. Galler Rheintal. Bekannt sind die historischen Kriminalromane um seinen Protagonisten, den jungen Tatortzeichner Julius Bentheim. Der Autor erhielt den »European Union Prize for Literature«, seine Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839271681
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum09.03.2022
Seiten280 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8446224
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


3

Noch in derselben Nacht hatte Maxi die Schadsoftware installiert. Über eine banale WhatsApp-Nachricht schlich er sich in Peter Sommerhalders Leben. Die Mobilfunknummer seines Zielobjekts fand er auf der Website des Gymnasiums. Es war derselbe ruchlose Trick, den der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, MbS genannt, angewandt hatte, um seinen strategischen Cyberkrieg gegen Amazon-Chef Jeff Bezos zu starten.

Mit einer präparierten Bilddatei, die der Chemielehrer bloß anzutippen hatte, provozierte Maxi ein Überlaufen des Speichers und führte eine Remote Code Execution aus: Alles, wirklich alles auf Sommerhalders Android-Handy schwappte auf einen Server, den Maxi eingerichtet hatte. Quasi ein Doppelgänger von Sommerhalders Google Drive. Sein Programm klinkte sich in alle legitimen Anwendungen des gehackten Handys ein, wo es systematisch die eigene Entdeckung verhinderte.

Maxi wunderte sich immer wieder aufs Neue darüber, wie sorglos die Leute mit ihren Daten umgingen. Da bekam der Lehrer eine Nachricht von einer ihm unbekannten Nummer - und was machte der Depp? Er öffnete sie. Na ja, zugegeben, wer würde das nicht tun? Und die einzige Entschuldigung, die Maxi durchgehen ließ, konnte Sommerhalder sogar ins Feld führen: Er war Lehrer, und da konnte es natürlich vorkommen, dass er von diversen Seiten kontaktiert wurde.

Am nächsten Morgen, es war ein Samstag, saß Maxi am Frühstückstisch und leerte einen Becher Waldbeerenjogurt von Emmi in eine Keramikschale, die er zuvor mit den Fitness Jogurt -Vollkornhaferflocken von Nestlé bis an den Rand gefüllt hatte.

Fuck Nestlé, dachte er, ganz der linksliberale Aktivist, der er war. Aber deren Cerealien knusperten einfach viel zu gut â¦

Während der Hacker geräuschvoll die Weizenstückchen kaute, installierte er einen direkten Link von seinem neu eingerichteten Server auf sein eigenes Handy. Er besaß nun eine Live-Schaltung in Sommerhalders Leben. Zwei Minuten benötigte er fürs Schreiben eines kleinen Programms, das ihm den Zugriff auf die Handyeinstellungen ermöglichte, und dann schob er es per Drag-and-Drop zu Sommerhalder rüber. Danach konfigurierte er dessen Einstellungen so, dass die Kamera permanent auf Video eingestellt war, ohne dass dies auf dem Display aufleuchtete.

»Oh Gott«, stöhnte Maxi auf.

Der Kerl, den er beobachtete, saß gerade auf dem Klo. Ein Blick auf den gespiegelten Bildschirm ließ Maxi erkennen, dass Sommerhalder gerade eine SMS schrieb.

Unter den Registern Verbundene Geräte , Sicherheit & Standort und Konten fand Maxi die abgespeicherten Benutzernamen und Passwörter für Sommerhalders Mailkonten und Computer sowie für seine Bankkonten bei der CS und der Julius Bär. Die Banken interessierten ihn nicht, er war ja kein Dieb. Aber E-Mails waren stets spannend und verheißungsvoll.

Nach einer Viertelstunde - Maxi hatte sich inzwischen einen Kaffee gegönnt - war er vollständig mit Sommerhalders Leben vernetzt. Fortan würde seine Malware die ein- und ausgehenden Anrufe mitschneiden und alle Daten von Facebook, WhatsApp und Skype abgreifen und zwischenspeichern. Sommerhalder war zum gläsernen Menschen geworden.

Maxi Winter schenkte sich ein Glas Orangensaft ein und schlenderte damit in die Stube. Er wischte ein paar Zeitschriften vom Sofatisch, um die Beine hochzulegen, und fläzte sich so, wie er es immer tat, auf die Couch. Gebannt verfolgte er nun den Live-Stream, der ihm das Geschehen aus dem Haus von der anderen Straßenseite mitten ins Wohnzimmer lieferte.

Der Chemielehrer hatte inzwischen sein Geschäft erledigt. Sein Handy musste er irgendwo auf einer Ablage deponiert haben, denn der Bildausschnitt, den Maxi zu sehen bekam, war starr zur Decke gerichtet. Diese bestand aus weiß gestrichenem, getäfeltem Kiefernholz; am oberen linken Bildrand war der Abschluss eines Wandpaneels auszumachen: Dekorelemente aus Beton, allesamt unterschiedlich lang und unterschiedlich breit, sodass der typische 3D-Effekt der aus der Mauer herausragenden Ziegel entstand.

Der Herr Pauker wohnte also modern.

Da sich im Bild nichts tat, ging Maxi mit dem Volume nach oben. Im Hintergrund waren Geräusche zu vernehmen: Explosionen, Musik, Maschinengewehrsalven, schließlich die unverwechselbare Stimme von Manfred Lehmann, dem deutschen Synchronsprecher von Bruce Willis, Gérard Depardieu und Kurt Russell.

»Nix zu tun am Samstagmorgen«, stellte Maxi fest, »keine Tests mehr zu korrigieren, keine Stunden vorzubereiten, seit du freigestellt wurdest. Alle faulen Hunde schauen dann fern.«

Und plötzlich hatte er eine Eingebung.

Welche TV-Box besaß der Typ? Wie konnte er das herausfinden? Maxi spulte die bereits aufgenommenen Videosequenzen zurück zum Anfang. Er beobachtete Sommerhalder auf dem Klo, bevor es dunkel wurde, als dieser das Handy in die Hosentasche steckte. Wenig später wurde das Handy wieder herausgenommen und irgendwo auf einer Ablagefläche deponiert. Seither hatte sich nichts am Bildausschnitt geändert. Dieser Weg führte also in eine Sackgasse.

In die Bankkonten einzudringen, um die Transaktionen durchzugehen, wäre zu aufwendig gewesen. Letzten Endes wäre der Hack zwischenzeitlich zum Stillstand gekommen, da das Programm wahrscheinlich einen QR-Code zum Abfotografieren angezeigt hätte. Die meisten Anbieter von Online-Banking lieferten zudem eine externe Access Card oder etwas Ähnliches mit - und die besaß Maxi nun mal nicht.

Also loggte er sich auf Sommerhalders Tablet ein, um dessen gedownloadete Dateien zu durchwühlen. Vielleicht fand sich darunter etwas. Er suchte spezifisch nach PDFs, ging alles durch, was irgendwie nach Rechnung oder Kontoauszug aussah, bis er auf eine Benachrichtigung der Swisscom stieß: eine automatisierte Push-Nachricht, die sich bei den Kundinnen und Kunden für den Kauf der neuen Swisscom-Box des Smart Home -Systems bedankte.

»Bingo!«, murmelte Maxi.

So etwas hätte er einem IKA-Lehrer zugetraut, aber keinem Chemiefritzen. Sommerhalders Wohnung war ein Smart Home , ein intelligentes Refugium, in welchem alle elektronischen Geräte über eine Zentrale verbunden waren und untereinander kommunizierten. Die wichtigsten technischen Prozesse ließen sich so steuern. Auch von außen. Ein Griff zum Handy, und schon konnte man die Heizung auf die gewünschte Temperatur einstellen, die Lampen dimmen, die Storen ausrichten, die Waschmaschine starten oder auf dem Nachhauseweg den Timer für den Latte macchiato stellen, damit ihn die Kaffeemaschine punktgenau aufs Eintreffen zu Hause zubereitet. Mit extra Sahnehäubchen und Karamellgeschmack. Das Internet der Dinge - ein Geschenk der Götter, das ein Janusgesicht trug.

Energieeffizienz und digitale Vernetzung waren die Eltern dieser Entwicklung, und Maxi Winter startete Schritt für Schritt die feindliche Übernahme. Alle kompatiblen elektronischen Geräte kamen nacheinander unter seine Kontrolle: Hätte er es gewollt, so hätte er Sommerhalders elektrische Oral-B-Zahnbürste beherrscht. Dank der intelligenten Positionserkennungs-Technologie erfuhr Maxi de facto sogar, dass Sommerhalder die linken Backenzähne im Vergleich zur rechten Mundpartie zu oberflächlich und viel zu kurz putzte.

Nach weiteren 30 Minuten überflog der Hacker die TV Air -App seines Nachbarn, wodurch er herausfand, welche Sendungen dieser neulich angeschaut beziehungsweise aufgenommen hatte. Außerdem stieß er auf einen Netflix-Anschluss sowie einen aktivierten HDMI-Ausgang für die neueste PlayStation VR.

Damit konnte man doch was anfangen.

Wenn der Typ eine VR besaß, hatte er auch ein Virtual Reality-Headset und, was weitaus wichtiger war, eine Kamera. Diese war schließlich die Grundvoraussetzung dafür, dass die Kopfbewegungen der Spieler ermittelt und kalibriert werden konnten. Das Beste daran: Dafür musste sie direkt auf dem TV-Gerät montiert sein, sodass ihr Bildausschnitt gezwungenermaßen den ganzen Raum zeigte.

»Fiat lux«, jubilierte der Hacker, als er die VR-Kamera auf On stellte.

Der zuvor tote Bildschirm füllte sich mit Farben.

Peter Sommerhalder saß auf einem Schaukelstuhl, seine nackten Füße steckten in De Fonseca-Pantoffeln mit hässlichen weißen Bommeln an der Seite, die er wohl im Manor erstanden hatte. Der Stuhl wippte vor und zurück, vor und zurück. An den Wänden hingen diverse Kunstdrucke, die weitaus geschmackvoller waren als seine Hausschuhe: ein blau-weißes Zermatt-Poster von Henry Rivers im Vintage-Stil, aber auch Albert Ankers Schlafender Knabe im Heu als Posterdruck auf Premium-Fotopapier. Die restlichen Bilder waren ebenfalls dazu angetan, dass Sommerhalder vom Blocher-Clan wohl ohne mit der Wimper zu zucken adoptiert worden wäre.

Ein braunes Fellknäuel im Hintergrund, das Maxi ins Auge fiel, entpuppte sich als dösender Kater. Ein zweites Fellknäuel daneben blieb undefinierbar, woraufhin Maxi es heranzoomte. Es war ein Spielzeug, ein moderner Toy-Fi-Teddy mit USB-Anschluss, Internetverbindung, Kamera, Mikrofon und Spracheerkennungsprogramm. Maxi machte ein Standbild und gab das geschossene Foto in der Google-Bildersuche ein, deren Suchfilter er auf kommerzielle Angebote beschränkte. Nach wenigen Hundertstelsekunden spuckte der Computer ein paar Dutzend Ergebnisse aus, die Maxi alle notwendigen Herstellerangaben brachten.

Weitere zehn Minuten später hatte er den Teddy gehackt und eine zweite Kameraposition für sich installiert. Maxi konnte immer wieder bloß den Kopf schütteln, wie arglos die Leute mit ihren Daten umgingen. Sommerhalders Benutzerprofil für den Teddy war der Klarname...

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