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anderswo, daheim

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
238 Seiten
Deutsch
Lenos Verlagerschienen am30.09.2022
Nadia merkt in den Ferien in Kairo, wie fremd ihr die Heimat ihrer Mutter geworden ist. Ein zum Islam konvertierter Schotte fliegt nach Khartum, um seine Braut zu heiraten. Als ihr Vater plötzlich stirbt, wird er mit den fremden Riten konfrontiert, die ihm mehr zu schaffen machen, als er geglaubt hatte. Farida muss sich gegen ihren strengen Vater durchsetzen, um in der Schule eine Brille tragen zu dürfen. Schadia, eine Studentin aus einer wohlhabenden sudanesischen Familie, freundet sich in Großbritannien gegen alle Hindernisse mit einem schottischen Kommilitonen aus einer Arbeiterfamilie an. Leila Aboulela verschränkt geschickt die Lebenswirklichkeiten in Ägypten, im Sudan und in Großbritannien miteinander. Ihre Figuren können im 'Anderswo' nicht wirklich zu Hause sein, aber die 'Heimat' ihres Herkunftslandes erscheint ihnen aufgrund ihrer Migrationserfahrungen ebenso fremd. Aboulela erzählt ohne Pathos, dafür mit feinem Wortwitz und einem genauen Blick für die Sehnsüchte der Aus- und Eingewanderten.

Leila Aboulela, geboren 1964 in Kairo, wuchs als Tochter einer ägyptischen Mutter und eines sudanesischen Vaters in Khartum, Sudan, auf. Sie studierte Ökonomie und Statistik an der dortigen Universität sowie Ökonomie und Politikwissenschaft in London. Ab 1990 Dozentin und wissenschaftliche Assistentin in Aberdeen, Schottland. Nach Jahren in Jakarta, Dubai, Abu Dhabi und Doha lebt sie seit 2012 wieder in Aberdeen. Aboulela veröffentlichte fünf Romane, zwei Erzählungsbände und Hörspiele. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet und in rund fünfzehn Sprachen übersetzt. leila-aboulela.com.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR25,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextNadia merkt in den Ferien in Kairo, wie fremd ihr die Heimat ihrer Mutter geworden ist. Ein zum Islam konvertierter Schotte fliegt nach Khartum, um seine Braut zu heiraten. Als ihr Vater plötzlich stirbt, wird er mit den fremden Riten konfrontiert, die ihm mehr zu schaffen machen, als er geglaubt hatte. Farida muss sich gegen ihren strengen Vater durchsetzen, um in der Schule eine Brille tragen zu dürfen. Schadia, eine Studentin aus einer wohlhabenden sudanesischen Familie, freundet sich in Großbritannien gegen alle Hindernisse mit einem schottischen Kommilitonen aus einer Arbeiterfamilie an. Leila Aboulela verschränkt geschickt die Lebenswirklichkeiten in Ägypten, im Sudan und in Großbritannien miteinander. Ihre Figuren können im 'Anderswo' nicht wirklich zu Hause sein, aber die 'Heimat' ihres Herkunftslandes erscheint ihnen aufgrund ihrer Migrationserfahrungen ebenso fremd. Aboulela erzählt ohne Pathos, dafür mit feinem Wortwitz und einem genauen Blick für die Sehnsüchte der Aus- und Eingewanderten.

Leila Aboulela, geboren 1964 in Kairo, wuchs als Tochter einer ägyptischen Mutter und eines sudanesischen Vaters in Khartum, Sudan, auf. Sie studierte Ökonomie und Statistik an der dortigen Universität sowie Ökonomie und Politikwissenschaft in London. Ab 1990 Dozentin und wissenschaftliche Assistentin in Aberdeen, Schottland. Nach Jahren in Jakarta, Dubai, Abu Dhabi und Doha lebt sie seit 2012 wieder in Aberdeen. Aboulela veröffentlichte fünf Romane, zwei Erzählungsbände und Hörspiele. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet und in rund fünfzehn Sprachen übersetzt. leila-aboulela.com.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783039257010
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum30.09.2022
Seiten238 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2631 Kbytes
Artikel-Nr.10201232
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Altes und Neues

Ihr Land verstörte ihn. Es erinnerte ihn an das erste Mal, als er einen menschlichen Knochen angefasst hatte, diese ergreifende Einfachheit, diese Stärke. So war die Gegend von Khartum; ein beinfarbener Himmel, eine Klarheit in der Wüstenluft, Kargheit. Eher streng und somit statisch. Er hingegen wurde von Gefühlen getrieben, darum war er hier, darum hatte er Grenzen und Meere überquert und ging nun durch einen Schwall heisser Luft von der Gangway zum Terminal. Sie wartete auf ihn vor dem Eingang zum Flughafen im landesüblichen Gewand, einem blassorangefarbenen Tob, der sie noch schlanker machte, als sie schon war. Ich darf dich nicht küssen. Nein, lachte sie, das darfst du nicht. Er hatte vergessen, wie quicklebendig sie war und wie glücklich sie ihn machte. Sie redete und fragte ihn aus: Bist du gut gereist, bist du hungrig, ist dein ganzes Gepäck angekommen, waren sie am Zoll nett zu dir, ja, ich habe dich auch vermisst. Ihre Stimme stockte, als sie das sagte, denn trotz ihres Zutrauens war sie scheu. Komm, jetzt gehen wir meinen Bruder begrüssen. Sie betraten einen chaotischen, staubigen Parkplatz, wo die Sonne auf den Autos glitzerte.

Ihr Bruder lehnte an einem klapprigen Toyota. Er war schlaksig und hatte einen gekränkten Blick. Er wirkte irritiert. Vielleicht weil er seine Schwester einerseits loswerden wollte und er andererseits Bedenken hatte, dass sie einen Fremden heiraten wollte. Wie nahm er ihn denn jetzt wahr, durch diese schmalen Augen, wie beurteilte er ihn? Da kam ein Europäer ihm die Hand schütteln und salamu alaikum murmeln, und natürlich trug er Jeans und ein weisses Hemd, aber für einen Ausländer war er eher zurückhaltend.

Sie sass vorn neben ihrem Bruder. Er sass hinten mit seinem Rucksack, der nicht in den Kofferraum passte. Die Autositze waren schäbig, eine dünne Staubschicht lag über allem. An den Staub werde ich mich gewöhnen, sagte er sich, aber nicht an die Hitze. Er könnte ein frisches Lüftchen vertragen und den gewohnten Geruch nach Regen. Und wenn er sie doch nur neben sich hätte. Es irritierte ihn plötzlich, und er fand es unfair, dass man sie auf diese Weise trennte. Sie drehte den Kopf nach ihm und lächelte, als ob sie Bescheid wüsste. Du ahnst ja gar nicht, wie sehr ich nach dir verlange, lag es ihm auf der Zunge, du hast keine Ahnung. Aber das konnte er nicht sagen, vor allem auch darum nicht, weil der Bruder Englisch verstand.

Es war wie eine Fahrt auf dem Rummelplatz. Die Fenster heruntergelassen; da waren Stimmen, ein Lärm und ein Hupen, Menschen liefen einfach über die Strasse, verharrten in der Mitte und berührten die Autos mit den Fingern, als ob diese gutmütige Kühe wären. Jeder dieser Passanten konnte ihn mühelos durchs Fenster schlagen, ihm Uhr und Sonnenbrille entreissen und nach der Brieftasche im Hemd schnappen. Er wollte das Fenster hochkurbeln, aber es ging nicht. Sie drehte sich um und sagte: Es klemmt, tut mir leid. Ihre Ruhe bedeutete ihm, nicht so nervös zu sein. Ein Trupp Schuljungen lief auf dem Gehsteig, einer starrte ihn grinsend an und winkte. Es fiel ihm auf, dass alle aussahen wie sie und die gleiche Hautfarbe hatten; die Frauen waren gekleidet wie sie und bewegten sich mit der gleichen Langsamkeit, die ihm so exotisch vorgekommen war, als er sie in Edinburgh spazieren gehen sah.

Alles ist neu für dich; sie drehte sich um und blickte ihn freundlich an. Der Bruder sagte etwas auf Arabisch.

Das Auto entfernte sich vom belebten Markt zu einer breiten, schattigen Allee. Schau, sagte sie, nimm deine Brille ab und guck. Dort ist der Nil.

Ja, da war der Nil, von einem Blau, das er noch nie gesehen hatte, ein Kinderblau, ein Traumblau. Gefällt er dir?, fragte sie. Sie war stolz auf ihren Nil.

Ja, er ist wunderschön, antwortete er. Doch kaum hatte er es gesagt, bemerkte er die starke Strömung; der Fluss war nicht unschuldig und harmlos. Bestimmt lauerten Krokodile unter der Oberfläche, hungrige, grausame Tiere. Er konnte sich einen Unfall ausmalen; Blut, Tod und Gebeine.

Und da ist dein Hotel, sagte sie. Ich habe im Hilton für dich gebucht.

Sie war stolz, dass es in ihrem Land ein Hilton gab.

Der Wagen rollte die Zufahrt hinauf. Ein Gepäckträger in grellgrüner Uniform und steifem Turban öffnete den Schlag, bevor er es selbst tun konnte. (Zudem war der Wagen in einen Unfall verwickelt gewesen, und die eingebeulte Tür liess sich nur von aussen öffnen.) Der Gepäckträger nahm seinen Rucksack, und mit dem Bruder gab es ein kleines Hin und Her darum, wer den Kofferraum öffnen und den Koffer herausnehmen durfte. Sein Gepäck bestand hauptsächlich aus Geschenken für ihre Familie. Sie hatte ihm am Telefon erklärt, was und wie viel er besorgen solle. Es würde sie kränken, hatte sie erklärt, wenn du mit leeren Händen kommst; sie würden denken, dir liegt zu wenig an mir.

Die Hotellobby mit dem prickelnd kühlen Blasen der Klimaanlage, der Live-Musik und ihrer weiten Marmorfläche war eindrucksvoll. Er fühlte sich irgendwie besänftigt und selbstsicherer nach der holprigen Fahrt. Als der Bruder weg war, um das Auto zu parken, und eine Schlange vor dem Empfang entstand, hatten sie plötzlich Zeit zum Reden.

Ich brauche ein Ausreisevisum, erklärte sie, um das Land verlassen und mit dir zurückkehren zu können. Um das Ausreisevisum zu bekommen, muss ich einen Grund angeben, warum ich das Land verlasse.

Weil du meine Frau bist, sagte er, und sie lächelten über das Wort.

Meine Frau sein wirst. Inschallah, so Gott will.

Inschallah.

Genau, sagte sie, wir werden nicht heiraten und einfach weggehen können. Wir werden ein paar Tage warten müssen, bis die Papiere bereit sind. Und die britische Botschaft ⦠das ist eine Geschichte für sich.

Ich verstehe nicht, was das Problem ist, sagte er.

Oh, seufzte sie, die Leute heiraten, und dann reisen sie ab in die Flitterwochen. Aber wir können das nicht tun, wir müssen hier rumhängen und zwischen dem In nenministerium, dem Passamt und der britischen Botschaft hin- und herrennen.

Ich verstehe, sagte er, ich verstehe. Brauche ich auch ein Ausreisevisum?

Nein, du bist Gast hier, du kannst gehen, wann du willst. Aber ich brauche ein Visum, ich brauche einen Grund zum Weggehen.

Okay.

Sie sahen einander an, und dann sagte er: Ich glaube nicht, dass dein Bruder mich mag.

Ach nein, er will sicher nicht unfreundlich sein ⦠wart s nur ab.

Zum ersten Mal war er ihr im sudanesischen Restaurant bei der neuen Moschee von Edinburgh begegnet. Sein alter Chemielehrer hatte ihn nach dem Freitagsgebet dorthin mitgenommen. Als sie die Speisekarte brachte, empfahl sie ihnen die Erdnusssuppe, eine Spezialität des Hauses, aber sein Lehrer wollte den Hummussalat, und er bestellte lieber die Linsensuppe, weil er die kannte. Er war von Natur aus vorsichtig und wollte zwar Neues, wurde aber von einem unbestimmten Misstrauen zurückgehalten. Es reichte vorerst, dass er das Nile Café betreten hatte, er mochte sich nicht auch noch mit seltsamen Geschmäckern herumschlagen.

Er nahm ihre Schritte wahr, als sie aus der Küche die Treppe heraufkam. Sie trug eine Hose und ein braunes Kopftuch, das im Nacken verknotet war. Sie hatte sehr dunkle, mandelförmige Augen. Nach diesem Tag ging er regelmässig allein ins Nile Café. Es lag günstig, nahe beim Zoologischen Institut, wo er als Labortechniker arbeitete. Er fragte sich, ob er nach Chemikalien roch, als sie sich vorbeugte und den Couscous vor ihn auf den Tisch stellte.

Sie kamen ins Gespräch, weil im Restaurant nicht viele Gäste waren und sie Zeit hatte. Das Lokal war neu, und es hatte sich noch nicht herumgesprochen, dass es gut war.

Inzwischen haben wir ein paar Leute von der Moschee, erzählte sie ihm. Vor allem der Freitag ist ein guter Tag.

Ja, es war auch Freitag, als ich zum ersten Mal herkam und dir begegnete. Sie lächelte freundlich.

Er erzählte ihr, dass er früher nicht einmal gewusst hatte, dass das grosse Gebäude neben dem Restaurant eine Moschee war. Es gab keinen Hinweis darauf. Ich dachte, es sei eine Kirche, sagte er, und sie lachte und lachte. Er gab ihr ein Extratrinkgeld an jenem Tag; es kam nicht oft vor, dass man über seine Witze lachte.

Wäre sein alter Chemielehrer nicht gewesen, wäre er nie zur Moschee gegangen. An einer Bushaltestelle ein Gesicht, das er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ein Gesicht, das mit einem guten Gefühl verbunden war, mit einer Zeit der Ermutigung. Die Oberschule, die Leichtigkeit, mit der er Laborberichte verfasst hatte. Sie erkannten einander auf Anhieb. Wie geht es Ihnen? Was machen Sie jetzt? Sie waren mein bester Schüler.

An der Haupt- und an der Oberschule war er Klassenbester gewesen, ein kluges Köpfchen. Er trat zu den Standardprüfungen in den drei Naturwissenschaften an und bekam dreimal die Bestnote, und dasselbe geschah, als er die höheren Prüfungen ablegte. Es gebe überhaupt keinen Grund, weshalb er das Medizinstudium nicht mit links schaffen sollte, sagten seine Lehrer. Aber dann kam er bis ins...
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Autor

Leila Aboulela, geboren 1964 in Kairo, wuchs als Tochter einer ägyptischen Mutter und eines sudanesischen Vaters in Khartum, Sudan, auf. Sie studierte Ökonomie und Statistik an der dortigen Universität sowie Ökonomie und Politikwissenschaft in London. Ab 1990 Dozentin und wissenschaftliche Assistentin in Aberdeen, Schottland. Nach Jahren in Jakarta, Dubai, Abu Dhabi und Doha lebt sie seit 2012 wieder in Aberdeen. Aboulela veröffentlichte fünf Romane, zwei Erzählungsbände und Hörspiele. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet und in rund fünfzehn Sprachen übersetzt. leila-aboulela.com.