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Der Stein fällt, wenn ich sterbe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
373 Seiten
Deutsch
Lenos Verlagerschienen am05.09.20231. Auflage
Bull Mountains, Montana. Zwei Familien sind unheilvoll miteinander verbunden. Der vierundzwanzigjährige Wendell Newman hat vor kurzem seine Mutter verloren, sein Vater Verl ist seit Jahren verschwunden, nachdem er in ohnmächtiger Wut auf den verhassten Staat einen Wildhüter erschossen hatte. Eines Tages taucht unerwartet der siebenjährige Rowdy bei ihm auf. Als einziger Verwandter soll Wendell den traumatisierten Jungen in Obhut nehmen. Auch die Lehrerin Gillian und deren Tochter Maddy kümmern sich um Rowdy. Wendell ahnt nicht, dass sie die Familie des Mordopfers sind. In der Jagdsaison spitzen sich die Ereignisse zu. Wendell und Rowdy werden in die gewalttätigen Auseinandersetzungen um Land und die unpopulären Naturschutzgesetze verwickelt. Die unüberwindbaren Widersprüche zwischen staatlichen Vorschriften und den traditionellen Besitzansprüchen der Einheimischen führen zu tödlichen Missverständnissen und Selbstjustiz. Die verdrängten dunklen Geheimnisse zwischen den Familien kommen ans Licht. Joe Wilkins' Roman steht in der Tradition großer Wildwestepen. In der überwältigenden Weite der einsamen Landschaft findet ein verzweifelter Existenzkampf unter verfeindeten Familien statt, deren Gewalttaten kaum geahndet werden.

Joe Wilkins wurde 1978 auf einer Ranch nördlich der Bull Mountains in Montana geboren, wo er auch aufwuchs. Er studierte Ingenieurwesen und kreatives Schreiben. Bisher veröffentlichte er zwei Romane und vier Gedichtbände, außerdem Essays und Erzählungen in zahlreichen Zeitschriften. Sein Roman 'Fall Back Down When I Die' wurde 2020 mit dem High Plains Book Award ausgezeichnet und ist inzwischen ins Französische, Italienische und Spanische übersetzt worden. Wilkins lebt mit seiner Familie in Oregon, wo er das Kreativprogramm der Linfield-Universität leitet. joewilkins.org.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextBull Mountains, Montana. Zwei Familien sind unheilvoll miteinander verbunden. Der vierundzwanzigjährige Wendell Newman hat vor kurzem seine Mutter verloren, sein Vater Verl ist seit Jahren verschwunden, nachdem er in ohnmächtiger Wut auf den verhassten Staat einen Wildhüter erschossen hatte. Eines Tages taucht unerwartet der siebenjährige Rowdy bei ihm auf. Als einziger Verwandter soll Wendell den traumatisierten Jungen in Obhut nehmen. Auch die Lehrerin Gillian und deren Tochter Maddy kümmern sich um Rowdy. Wendell ahnt nicht, dass sie die Familie des Mordopfers sind. In der Jagdsaison spitzen sich die Ereignisse zu. Wendell und Rowdy werden in die gewalttätigen Auseinandersetzungen um Land und die unpopulären Naturschutzgesetze verwickelt. Die unüberwindbaren Widersprüche zwischen staatlichen Vorschriften und den traditionellen Besitzansprüchen der Einheimischen führen zu tödlichen Missverständnissen und Selbstjustiz. Die verdrängten dunklen Geheimnisse zwischen den Familien kommen ans Licht. Joe Wilkins' Roman steht in der Tradition großer Wildwestepen. In der überwältigenden Weite der einsamen Landschaft findet ein verzweifelter Existenzkampf unter verfeindeten Familien statt, deren Gewalttaten kaum geahndet werden.

Joe Wilkins wurde 1978 auf einer Ranch nördlich der Bull Mountains in Montana geboren, wo er auch aufwuchs. Er studierte Ingenieurwesen und kreatives Schreiben. Bisher veröffentlichte er zwei Romane und vier Gedichtbände, außerdem Essays und Erzählungen in zahlreichen Zeitschriften. Sein Roman 'Fall Back Down When I Die' wurde 2020 mit dem High Plains Book Award ausgezeichnet und ist inzwischen ins Französische, Italienische und Spanische übersetzt worden. Wilkins lebt mit seiner Familie in Oregon, wo er das Kreativprogramm der Linfield-Universität leitet. joewilkins.org.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783039257072
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum05.09.2023
Auflage1. Auflage
Seiten373 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3568 Kbytes
Artikel-Nr.12359740
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Wendell

Als der SUV des Nachbarsmädchens die Strasse hinunter verschwand, sah Wendell zu, wie der von den Reifen hochgewirbelte Staub aufglomm und durch Gold und Ocker in allen Schattierungen rieselte, und hoch droben am Abendhimmel ein Perlblau. Erntelicht, Spätaugustlicht - spärlich, schräg einfallend und körnig. In seinem Rücken die schon blau angelaufenen, dunklen Berge.

Wendell ging zu seinem Trailer zurück, und die Fliegengittertür schlug hinter ihm zu. Er betrachtete den Jungen, der da auf dem Boden des Wohnzimmers sass und in ein Ringheft kritzelte, mit so dunklen und harten Strichen, dass sie fast silbrig glänzten. Unvermittelt klappte der Junge sein Notizheft zu und klemmte seinen Bleistift in die ringförmigen Bügel. Er sah Wendell direkt an, und seine dunklen Augen waren das Grösste an ihm.

»Du bist bestimmt hungrig«, sagte Wendell. »Machen wir uns was zu essen.«

In den vergangenen Erntewochen war er nicht oft zu Hause gewesen, und obwohl er Rindereintopf oder ein Chili vorzog, fand er im Schrank nur ein paar Dosen Nudelsuppe mit Huhn. Wendell sah ein, dass er regelmässiger einkaufen musste, nun, da der Junge hier war.

»Sieht so aus, als ob wir die Wahl zwischen Huhn und Hühnchen hätten, Kumpel.«

Wendell nahm eine Dose vom Regal, setzte den Öffner an und gab die feste Masse in Schüsseln, dann stellte er diese in die Mikrowelle und drückte die Knöpfe. Das Licht war kaputt, aber er hörte das Surren und wusste, dass das Gerät aufheizte. Der Junge stand wartend da und kratzte sich an der Wange, dann setzte er sich an das runde Tischchen in der Trailerküche und baumelte mit den dünnen Beinen. Sieben Jahre alt und klatschnass vielleicht fünfzig Pfund.

Die Sozialarbeiterin aus Billings, eine ungepflegte Frau mit Hängebacken, hatte den Jungen gestern hierhergebracht. Sie hätten ihn ein paar Tage im Krankenhaus gehabt, sagte sie, nur zur Sicherheit, und hatten ihn in ein Wohnheim bringen wollen, aber dann fanden sie heraus, dass es südlich von Delphia einen Onkel gebe. Es habe eine Weile gedauert, ihn ausfindig zu machen, aber da seien sie nun, sagte sie, trat beiseite und winkte dem Jungen. Das war also sein Neffe, dieser magere Kleine mit einer Plastiktüte voller Kleider und einem Ringheft. Wendell war eben von stundenlanger Arbeit auf dem Mähdrescher nach Hause gekommen. Er hielt seine Hände hoch und erklärte, er sei kein Onkel, sondern ein Cousin des Jungen. Lacy, die Mutter des Jungen, habe bei Wendell und seiner Mom Maureen gelebt, weil ihr Vater als Fischer nach Alaska gegangen und ihre Mutter, Maureens Schwester, schon Jahre zuvor bei einem Autounfall gestorben sei. Als keine Briefe von ihrem Vater mehr eintrafen, hatte Lacy einfach einen Vorhang durch das Zimmer gehängt, das sie mit Wendell teilte, und war während fast der ganzen Highschoolzeit bei ihnen geblieben. Ja, Lacy sei wie eine ältere Schwester für ihn gewesen - nur ein Jahr trennte sie -, aber eigentlich sei sie nur eine Cousine. Dies wolle er festgehalten haben.

Die Frau nahm es zur Kenntnis, musterte die Keystone-Light-Dosen, die auf dem Küchentresen herumstanden, und fragte dann nach seiner Mutter. Er sah ihr an, dass sie hoffte, sie müsse den Jungen nicht in einem Trailer in den Bull Mountains draussen zurücklassen bei einem Mann, der selber noch fast ein Junge war. Aber Wendell schüttelte den Kopf und erzählte der Sozialarbeiterin, seine Mutter sei vor rund einem Jahr gestorben. Die Frau starrte auf seine Arbeitsstiefel, sein ärmelloses T-Shirt voller Fettflecken und Spreu, das dunkle Erdbraun seiner sonnenverbrannten Arme und von Gesicht und Nacken und die scharfe weisse Trennlinie von der Baseballkappe, die er tief in die Stirn gezogen trug. Wendell kam es so vor, als ob sie ihn stunden- und tagelang mustere, eine gründliche und strenge Inspektion, die zu all den übrigen Prüfungen hinzukam. Er hatte es sich nicht ausgesucht, sich um einen Jungen zu kümmern, so viel stand fest, trotzdem lag Wendell daran, dass diese Frau aus Billings ihn wahrnahm, gut von ihm dachte und fand, er könnte allenfalls tun, was getan werden musste. Darum fühlte er sich seltsam erleichtert, als sie schliesslich seufzend sagte, es tue ihr leid, das von seiner Mutter zu hören, sich dann aber beeilte, eine Aktenmappe aus ihrer Tasche zu ziehen und ihm zu eröffnen, dass der Junge »entwicklungsgestört« und »in verschiedener Hinsicht herausgefordert« sei und, was der Hammer war, dass er kein Wort gesagt habe, seit sie ihn gefunden hatten. Nach ihrer Erkenntnis sei der Junge über eine Woche lang allein in jener Wohnung im Süden von Billings eingesperrt gewesen.

Die Mikrowelle surrte. Der Junge führte beide Hände an sein Gesicht und begann mit den Fingern auf die gespannte Wangenhaut zu klopfen, was wie ein dumpfes Trommeln klang. Er war irgendwie schief, dieser Junge, die Schultern nach rechts gebogen, der Hals lang und dünn und nach links gestreckt, die Ohren zart und so breit wie Schmetterlingsflügel.

Der Junge trommelte auf seine Wangen, starrte auf den Tisch und zitterte. Trommelte pausenlos.

»Ich auch, Kumpel. Ich habe auch Hunger.«

Als die Mikrowelle piepste, öffnete Wendell die Tür, packte die Schüsseln und verbrannte sich die Finger. Er fluchte, warf einen Blick auf den Jungen - der immer noch trommelte - und entschuldigte sich. Dann knüllte er ein paar Papiertücher zusammen und trug die Schüsseln auf diese Weise zum Tisch.

Wendell holte zwei Löffel, füllte zwei Wassergläser, trat einen Schritt zurück und musterte den Tisch.

»Sieht nicht gerade nach viel aus.«

Er wühlte noch mal in seinen Schränken, fand eine Packung Salzcracker und legte ein Stück Margarine aus dem Kühlschrank dazu. Dann setzte er sich und rückte seinen Stuhl an den Tisch. Lächelte in sich hinein über seinen guten Einfall.

»Buttercracker, Kumpel. Damit kriegst du was auf die Rippen.«

Der Junge starrte ihn und dann die Cracker an. Wendell nahm einen, gab einen dicken Klacks Margarine darauf und reichte ihn dem Jungen.

Bevor seine Mutter diesen Gesundheitstick bekam, hatte es zu fast jeder Mahlzeit Buttercracker gegeben. Sie assen Fleisch, Buttercracker, Kartoffeln in irgendeiner Form, Mixed Pickles und zur Nachspeise Pfirsiche oder Birnen in Sirup. Das war in jener traurigen, guten Zeit, als sie beide allein waren - nachdem sein Alter verschwunden war und vor Lacy.

Der Junge schob sich den Cracker in den Mund, zermalmte ihn kurz und griff nach einem zweiten. Wendell grinste ihm zu.

Eine Weile lang assen sie. Schabende Löffel und leise knackende Cracker. Als er fertig war, sass der Junge einfach so da und starrte auf seine Schüssel. Wendell öffnete eine zweite Dose, gab die Hälfte davon in die Schüssel des Jungen, machte sie warm und stellte sie vor ihn hin. Der Junge ass auch diesmal auf und verzehrte überdies einen zweiten Teller voll Buttercracker. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück, die Augen nicht mehr so weit aufgerissen, und Schultern und Kiefer schienen sich zu entspannen.

Der Junge war schläfrig, dachte Wendell. Oder satt. Oder weiss Gott was. Er wusste ja gar nicht, was er da tat.

Bevor sie ging, hatte Jackie, das Nachbarsmädchen, das den ganzen Tag auf den Jungen aufgepasst hatte, gesagt, dass sie am andern Tag nicht kommen könne. Sie müsse in die Stadt fahren, zur Schulbibliothek, wo es Internet gab, damit sie sich für das Herbstsemester einschreiben könne. Sie würde in einer Woche am privaten College in Billings drüben anfangen. Wendell hatte das nicht mitbekommen. Jackie Maxwell war für ihn immer noch die Neue, deren Eltern aus Colorado gekommen waren und die Shellhammer-Farm gekauft hatten, nachdem Art Jr. sie an die Bank verloren hatte, und damit anfingen, ausgerechnet Ziegen zu halten - und ein Bio-Ziegenfleisch-Label aufzogen, das sich rechnete, als eine Delikatessladenkette aus Kalifornien alles Monate im Voraus aufzukaufen begann. Bevor er mit seinen Ersparnissen einen Chevy LUV gekauft hatte, hatte es ein Jahr gegeben, in dem Jackie und er denselben Bus genommen hatten, den Südbus. Südbuskinder, Nordbuskinder, Ostbuskinder, Westbuskinder. Und die Stadtkinder waren noch mal etwas ganz anderes. Jackie war ein dünnes Mädchen mit runder Brille und zwei langen Zöpfen, aber eines Tages hatte sie ihr Haar offen getragen, und Wendell hatte sich getraut, zu warten, bis der Busfahrer nicht hinsah, und von weit hinten einen Kaugummi geschnippt und Jackie mitten am Kopf getroffen. Ihr braunes Haar hatte sich hoffnungslos im rosa Kaugummi verfangen, und der ganze Bus hatte sich ausgeschüttet vor Lachen. Und jetzt kam sie an, erwachsen und hübsch, und erzählte ihm von ihrer Einschreibung am College, während er im Trailer seiner Mutter hauste und fremden Weizen einbrachte. Er hoffte, Jackie wusste das mit dem Kaugummi nicht mehr. Er hatte keine Ahnung, wen er noch bitten könnte, morgen auf den Jungen aufzupassen.

»Wie wär s mit Fernsehen,...
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Joe Wilkins wurde 1978 auf einer Ranch nördlich der Bull Mountains in Montana geboren, wo er auch aufwuchs. Er studierte Ingenieurwesen und kreatives Schreiben. Bisher veröffentlichte er zwei Romane und vier Gedichtbände, außerdem Essays und Erzählungen in zahlreichen Zeitschriften. Sein Roman "Fall Back Down When I Die" wurde 2020 mit dem High Plains Book Award ausgezeichnet und ist inzwischen ins Französische, Italienische und Spanische übersetzt worden. Wilkins lebt mit seiner Familie in Oregon, wo er das Kreativprogramm der Linfield-Universität leitet. joewilkins.org.