Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Lenos Verlagerschienen am31.10.2022
Die siebzehnjährige Tracy lebt mit Vater und Bruder in der Wildnis Alaskas. Sie hilft bei der Zucht und beim Training der Schlittenhunde und verbringt viel Zeit mit der Jagd im Wald. Eines Tages wird sie auf einem Streifzug von einem Fremden überfallen. Tracy wehrt sich und zückt ihr Messer, danach kann sie sich an nichts mehr erinnern. Zu Hause wagt sie nicht, von dem Vorfall zu berichten. Als ein mysteriöser jugendlicher Ausreißer bei der Familie auftaucht und behauptet, von einem Mann verfolgt zu werden, entsteht in Tracy der Verdacht, dass es sich dabei um den verletzten Unbekannten handelt. Immer mehr zu Jesse hingezogen, wird sie von panischer Angst vor dem Fremden im Wald erfasst. Ihr entgleitet alles, und sie zieht erneut ihr Messser ... In einem außergewöhnlichen Genremix entwickelt Jamey Bradbury eine dramatische Geschichte um ihre jugendliche Hauptfigur, deren animalisches Wesen zugleich fasziniert und verstört. John Irving charakterisiert den Roman als 'ungewöhnliche Liebesgeschichte und gruseligen Horrorthriller, der sowohl an die Brontë-Schwestern wie an Stephen King gemahnt'.

Jamey Bradbury, geboren 1979 in Ohio und aufgewachsen in Illinois, studierte Creative Writing an der Universität von North Carolina in Greensboro. Sie veröffentlichte Kurzgeschichten in verschiedenen Literaturzeitschriften. 'The Wild Inside' ist ihr erster Roman, die französische Übersetzung wurde 2019 mit dem Prix AFD Littérature-Monde Étranger ausgezeichnet. Bradbury lebt in Anchorage, Alaska, wo sie für lokale Medien und bei einer Sozialeinrichtung für Indigene arbeitet. jameybradbury.com.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR26,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextDie siebzehnjährige Tracy lebt mit Vater und Bruder in der Wildnis Alaskas. Sie hilft bei der Zucht und beim Training der Schlittenhunde und verbringt viel Zeit mit der Jagd im Wald. Eines Tages wird sie auf einem Streifzug von einem Fremden überfallen. Tracy wehrt sich und zückt ihr Messer, danach kann sie sich an nichts mehr erinnern. Zu Hause wagt sie nicht, von dem Vorfall zu berichten. Als ein mysteriöser jugendlicher Ausreißer bei der Familie auftaucht und behauptet, von einem Mann verfolgt zu werden, entsteht in Tracy der Verdacht, dass es sich dabei um den verletzten Unbekannten handelt. Immer mehr zu Jesse hingezogen, wird sie von panischer Angst vor dem Fremden im Wald erfasst. Ihr entgleitet alles, und sie zieht erneut ihr Messser ... In einem außergewöhnlichen Genremix entwickelt Jamey Bradbury eine dramatische Geschichte um ihre jugendliche Hauptfigur, deren animalisches Wesen zugleich fasziniert und verstört. John Irving charakterisiert den Roman als 'ungewöhnliche Liebesgeschichte und gruseligen Horrorthriller, der sowohl an die Brontë-Schwestern wie an Stephen King gemahnt'.

Jamey Bradbury, geboren 1979 in Ohio und aufgewachsen in Illinois, studierte Creative Writing an der Universität von North Carolina in Greensboro. Sie veröffentlichte Kurzgeschichten in verschiedenen Literaturzeitschriften. 'The Wild Inside' ist ihr erster Roman, die französische Übersetzung wurde 2019 mit dem Prix AFD Littérature-Monde Étranger ausgezeichnet. Bradbury lebt in Anchorage, Alaska, wo sie für lokale Medien und bei einer Sozialeinrichtung für Indigene arbeitet. jameybradbury.com.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783039257034
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum31.10.2022
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1031 Kbytes
Artikel-Nr.10201237
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Ich war dir ziemlich ähnlich, als ich in deinem Alter war, sagte Mom.

Sie sass auf meiner Bettkante und versuchte, mir die Haare aus dem Gesicht zu streichen. Ich wich ihrer Hand aus, ich war immer noch wütend.

Sie seufzte.

Ich war vielleicht sogar noch jünger als du, als ich anfing durch den Wald zu stromern, fuhr sie fort. Meine grossen Brüder zu jagen, Tieren nachzustellen. Ich habe das Fallenlegen nie so gelernt wie du. Aber ich war stundenlang draussen und kam völlig verdreckt wieder nach Hause. Ich war ein richtiger Wildfang.

Ich betrachtete sie durch das Dickicht meiner struppigen Haare. Sie war sauber und gerötet von der heissen Dusche, eingewickelt in ihren flauschigen weissen Bademantel. Auf ihrer Nase klemmte die Brille, die sie immer aufsetzte, wenn sie irgendwas Fipseliges wie Nähen erledigte. Ihre Fingernägel waren kurz geschnitten, ihre Haare nass, aber gekämmt.

Warst du nicht, sagte ich.

Sie lächelte.

Ob du es glaubst oder nicht.

Wieso gehst du dann nie in unseren Wald?, fragte ich.

Menschen ändern sich, antwortete sie. Deine Grossmutter und dein Grossvater haben uns mitten in der Wildnis aufgezogen. Du weisst doch, wo McCarthy liegt? Ganz in der Nähe bin ich aufgewachsen. Wir hatten endlose Wälder, die wir durchstreifen konnten. Wochenlang konntest du unterwegs sein, ohne auch nur einer Menschenseele zu begegnen. Du konntest dich von deinen Brüdern wegstehlen, deine eigenen Kreise ziehen, dich verirren. Das ist vielen Leuten passiert - dass sie sich verirrt haben, meine ich. Oder in Schwierigkeiten geraten sind, sich verletzt haben. Nicht jeder ist der Wildnis so gewachsen wie du, Tracy.

Hast du dich verirrt?, fragte ich.

Nein, nie. Ich wusste immer, wo ich war, selbst wenn ich weit von zu Hause weg war. Aber es gab da diesen Jungen, der - der hat sich verirrt. Sie haben tagelang versucht, ihn zu finden. Sogar ich habe nach ihm gesucht.

Und, hast du ihn gefunden?

Du kannst nie wissen, wen du im Wald triffst, sagte sie anstelle einer Antwort.

Sie strich mir über die Wange.

Bist du beim Jagen schon mal jemandem begegnet?

Uns gehörte nicht der ganze Wald, wenn man weit genug vordrang, kam man irgendwann im Nationalpark an. Das wusste ich aus meinen Erdkundestunden bei Mom. Vor allem im Sommer liefen Wanderer mit gigantischen Rucksäcken und kanisterweise Bärenspray einem über den Weg. Normalerweise hörte ich sie schon von weitem kommen und versteckte mich auf einem Baum, bis sie weitergezogen waren.

Genau das erzählte ich auch ihr.

Gut so, sagte sie. Aber solltest du jemals jemandem begegnen, wenn du auf der Jagd bist - geh nach Hause. Dreh dich einfach um, und lauf nach Hause.

Abgesehen von den Wanderern tauchten jedes Jahr ein, zwei Fremde bei uns im Hof auf, Herumtreiber, die entweder der Wald ausgespuckt hatte oder die per Anhalter nach Fairbanks oder Anchorage wollten. Sie fragten bei uns nach Arbeit, und manchmal sagte Dad: Vor dem Haus könnte mal wieder Schnee geschippt werden oder Ich hätte nichts dagegen, wenn das Laub vorm Schuppen zusammengeharkt wäre. Danach packte Mom ihnen etwas zu essen ein für unterwegs, und Dad drückte ihnen ein bisschen Geld in die Hand. Einmal fragte ich, warum es ihnen nichts ausmacht, etwas abzugeben, auch wenn das Geld bei uns selber gerade knapp war oder wir schon drei Abende hintereinander die Reste vom Eintopf gegessen hatten. Dad hatte gesagt: Weil sich das so gehört. Und Mom hinzugefügt: Weil, manchmal, wenn du jemandem sagst, dass du nichts für ihn hast, dann sieht er sich dein Haus und dein Land an, und dann kommt er später wieder und holt sich, was du ihm nicht gegeben hast.

Ich war nicht mehr ganz so wütend, ich wollte mehr von Mom darüber hören, wie es war, so wild aufzuwachsen. Ich setzte mich im Bett auf, in meinem Magen rumorte es, und fragte: Und was ist aus dem Jungen geworden? Hat ihn jemand gefunden?

Tracy, hast du gehört, was ich gesagt habe?

Ich laufe nach Hause, wenn ich einen Fremden sehe.

Genau.

Weil man Fremden nicht vertrauen kann?

Ganz genau, antwortete Mom. Bleib nicht stehen, um sie anzusprechen oder zu gucken, ob sie Hilfe brauchen. Auch wenn sie verletzt sind. Du holst mich oder deinen Dad, und wir kümmern uns darum. Verstanden?

Ich nickte.

Ich laufe weg, wenn ich einen Fremden sehe, wiederholte ich. Weil, sie könnten gefährlich sein.

Braves Mädchen, sagte sie.

Am Morgen, nachdem ich dem Fremden im Wald begegnet war, wachte ich mit ihrer Stimme im Kopf auf. Ich zog mich an und wusch mir das Gesicht, während die Fetzen dieser Erinnerung weiter an mir hingen. Meine Schläfe tat an der Stelle weh, wo ich auf die Wurzel geprallt war, die mich am Vortag ausgeknockt hatte, jetzt prangte dort ein blaugeäderter violetter Bluterguss, der zwar von meinen Haaren bedeckt wurde, aber ich zog trotzdem zur Sicherheit eine Mütze auf.

In der Küche lagen unsere beiden Hunde im Ruhestand, Homer und Canyon, neben dem Holzofen. Ausserdem holten wir jeden Tag einen unserer noch aktiven Hunde ins Haus, heute war Old Susitna an der Reihe. Sie war beide Male, die Dad das Iditarod gewonnen hatte, seine Leithündin gewesen, aber auch sie würde sicher bald in Rente gehen. Sie stand auf, um mich zu begrüssen, und schnupperte an meiner Hand, um zu sehen, ob ich ein Leckerli hatte. Ich kraulte alle drei Hunde einmal ausgiebig.

Dad stand an der Spüle und nippte an seinem Kaffee. Er hatte mich das Frühstück verschlafen lassen und Scott schon zur Schule gefahren. Die Eier mit der Fleischwurst, die er am Morgen gebraten hatte, standen noch kalt auf dem Herd. Ich klappte die Scheiben in der Mitte zusammen und hatte sie in zwei Bissen verputzt.

Dad leerte seine Tasse.

Gut geschlafen?

Ich zuckte mit den Schultern.

Besser wär s, sagte er. Du wirst ordentlich Energie brauchen, um deine Aufgaben für heute abzuarbeiten.

Ich überflog den Zettel, den er mir auf den Tisch gelegt hatte, und sah, dass er einiges gefunden hatte, um mich auf Trab zu halten und dafür zu sorgen, dass ich den Grossteil des Tages nicht nur auf Abstand zu den Hunden, sondern vor allem auch im Haus blieb. Saugen, Staubwischen, den Küchenboden schrubben, der einzige Punkt auf der Liste, für den ich nach draussen durfte, war Nummer eins: Kate ausräumen.

Die Aufgaben an sich machten mir nichts aus. Ich wusste, es war ein Tauschgeschäft, was man bekommt, muss man sich erarbeiten. Das fand ich fair. Was nicht fair war, war die Art der Aufgaben. Dads Liste war eine weitere Strafe, nur dass er sie mir diesmal hintenrum unterjubelte. Ich würde nie alles vor dem Abendessen abgearbeitet haben, und dann würde er sagen, dass ich noch meine Hausaufgaben machen muss, und wenn ich damit fertig wäre, würde er sagen, dass ich nicht rausdarf, solange ich Hausarrest habe. Er dachte, mir den Wald zu verbieten wäre dasselbe, wie Scott seine Comichefte oder seine alte Kamera wegzunehmen, aber das war es nicht. Mein Magen krampfte sich zusammen, ich atmete tief ein und versuchte, die Panik zu unterdrücken, die in mir aufstieg.

Du fängst lieber gleich an, sagte Dad.

Ich folgte ihm nach draussen, um als Erstes die Sache mit der Kate zu erledigen. Der Himmel hing tief, voller dichtgeballter Wolken, weiss und schwer. Alles war still. Tage wie dieser riechen normalerweise flach und sauber. Ein Knistern liegt in der Luft, es kribbelt auf der Haut, und man weiss, bald wird alles von Schnee bedeckt sein. Dazwischen kann man noch ein paar dumpfe Noten von Herbst wahrnehmen, nasse Blätter und fauliges Holz, Dinge, die verrotten und wieder zu Staub zerfallen. Es ist ein Geruch, der zum Draussen, zum Jahreszeitenwechsel gehört. Ein Geruch, der rein gar nichts mit Menschen zu tun hat.

Doch dieser Tag roch faul.

Ich sah ihn, bevor Dad ihn sah. Sogar bevor die Hunde ihn witterten. An der Stelle, wo der Trail in unseren Hof mündet, kam der Fremde zwischen den Bäumen hervorgestolpert.

Dann fingen die Hunde an zu bellen, und Dad sah hoch, sah den Mann taumeln und zusammenbrechen. Dad liess die Axt fallen, die er in der Hand hatte. Ich sah ihm hinterher, wie er zu diesem Berg von Mann rannte. Ich stand da wie erstarrt. Mir schoss die Erinnerung durch den Kopf, mit der ich heute Morgen aufgewacht war. Mom, wie sie mich fragt: Bist du beim Jagen schon mal jemandem begegnet?

Anstatt an den Tag zuvor musste ich daran denken, wie ich einmal ein Elchkalb gefunden hatte. Jemand hatte seine Schlingfalle zu hoch aufgehängt, sie hatte das Kalb erwischt anstelle des kleineren Getiers, für das sie gedacht war. Ich selber benutze keine Schlingen, ausser ich kann abwarten und sie im Blick behalten, aber eine Zeitlang hatte ein Kerl so nah an unserem Land seine Fallen aufgestellt, dass man ihn schon fast einen Wilddieb nennen konnte. Wahrscheinlich...
mehr

Autor

Jamey Bradbury, geboren 1979 in Ohio und aufgewachsen in Illinois, studierte Creative Writing an der Universität von North Carolina in Greensboro. Sie veröffentlichte Kurzgeschichten in verschiedenen Literaturzeitschriften. "The Wild Inside" ist ihr erster Roman, die französische Übersetzung wurde 2019 mit dem Prix AFD Littérature-Monde Étranger ausgezeichnet. Bradbury lebt in Anchorage, Alaska, wo sie für lokale Medien und bei einer Sozialeinrichtung für Indigene arbeitet. jameybradbury.com.