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Von Zweibeinern und Vierbeinern

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
252 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am31.01.20231. Auflage
Der 1914 geborene Tierarzt James Wight ist unter seinem Pseudonym James Herriot ein ausgesprochenes Naturtalent launigen Erzählens. Auch in seinem vierten Buch über sein Leben als Tierarzt spürt man, dass er mit ganzem Herzen bei der Sache ist, dass er seinen Patienten, den Tieren, wie auch ihren Besitzern, die manchmal mehr seiner Behandlung bedürfen als die Vierbeiner, mit liebevollem Verständnis begegnet. Herriot berichtet auch über das veränderte Landleben, das nicht mehr so geruhsam verläuft wie in der guten alten Zeit. Er beobachtet mit Trauer, wie viele der kleinen Höfe verschwinden, weil ihre kauzigen Besitzer den Kampf aufgeben mussten. Aber er stellt doch auch mit tiefer Freude fest, dass es andere Dinge gibt, die so bleiben, wie sie immer waren: die schöne Landschaft der Yorkshire Dales mit ihren welligen Hügeln und Hochmooren, die Stille und Frieden verbreiten.

Unter dem Pseudonym James Herriot verfasste der 1916 geborene britische Tierarzt James Wight unzählige warmherzige Tierarztgeschichten. Er wuchs in Schottland auf, studierte in Glasgow Tiermedizin und erhielt eine Assistentenstelle in den Nord Yorkshire Dales. Sein Sohn übernahm später die väterliche Praxis, während seine Tochter Ärztin wurde. James Herriot starb am 23. Februar 1995 in Thirsk/Nordengland.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer 1914 geborene Tierarzt James Wight ist unter seinem Pseudonym James Herriot ein ausgesprochenes Naturtalent launigen Erzählens. Auch in seinem vierten Buch über sein Leben als Tierarzt spürt man, dass er mit ganzem Herzen bei der Sache ist, dass er seinen Patienten, den Tieren, wie auch ihren Besitzern, die manchmal mehr seiner Behandlung bedürfen als die Vierbeiner, mit liebevollem Verständnis begegnet. Herriot berichtet auch über das veränderte Landleben, das nicht mehr so geruhsam verläuft wie in der guten alten Zeit. Er beobachtet mit Trauer, wie viele der kleinen Höfe verschwinden, weil ihre kauzigen Besitzer den Kampf aufgeben mussten. Aber er stellt doch auch mit tiefer Freude fest, dass es andere Dinge gibt, die so bleiben, wie sie immer waren: die schöne Landschaft der Yorkshire Dales mit ihren welligen Hügeln und Hochmooren, die Stille und Frieden verbreiten.

Unter dem Pseudonym James Herriot verfasste der 1916 geborene britische Tierarzt James Wight unzählige warmherzige Tierarztgeschichten. Er wuchs in Schottland auf, studierte in Glasgow Tiermedizin und erhielt eine Assistentenstelle in den Nord Yorkshire Dales. Sein Sohn übernahm später die väterliche Praxis, während seine Tochter Ärztin wurde. James Herriot starb am 23. Februar 1995 in Thirsk/Nordengland.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644010406
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum31.01.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.4
Seiten252 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3422 Kbytes
Artikel-Nr.10458442
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Als das Tor auf mich fiel, wußte ich, daß ich wieder zu Hause war.

Meine Gedanken wanderten mühelos zurück, über die Zeit hinweg, die ich bei der Royal Air Force verbracht hatte, zu meinem letzten Besuch bei den Ripleys. Ich sollte ein paar «Kälber beschnippeln», wie Mr. Ripley am Telefon gesagt hatte. Mit anderen Worten, ich sollte sie mit Hilfe des unblutigen Burdizzo-Kastrators entmannen. Als die Botschaft mich erreichte, war mir klar, daß ein großer Teil des Morgens darüber vergehen würde.

Ein Besuch bei den Ripleys hatte etwas von einer Safari, denn Anson Hall, ihr Haus, lag am Ende eines von tiefen Furchen durchzogenen und durch nicht weniger als sieben Tore führenden Pfades, der sich durch die Felder wand.

Diese Gattertore waren einer der Flüche im Alltag eines Tierarztes, und wir in den Yorkshire Dales litten, bevor die elektrischen Viehzäune aufkamen, besonders darunter. Wir hatten uns damit abgefunden, daß wir auf vielen Farmen zwei oder drei solcher Tore öffnen mußten, aber sieben - das war zuviel. Und bei den Ripleys ging es zu allem Unglück nicht nur um die Zahl der Tore, sondern auch um ihren beklagenswerten Zustand.

Das erste, dicht an der Landstraße gelegen, war noch einigermaßen passabel - ein uraltes Ding aus rostigem Eisen. Als ich den Riegel zurückschob, schwang es, in den Angeln quietschend, freundlich auf. Es sollte das einzige bleiben, das von allein aufschwang, denn die anderen waren aus Holz und von der Sorte, die in den Dales «Schultergatter» genannt wird. Ich konnte mir gut vorstellen, wie sie zu diesem Namen gekommen waren, als ich sie jetzt der Reihe nach hochhievte und, die obere Latte auf der Schulter balancierend, aufschob. Sie hatten keine Angeln, sondern waren an der einen Seite oben und unten mit Bindfaden festgebunden.

Schon bei einem gewöhnlichen Gatter war das Öffnen ziemlich zeitraubend: man mußte mit dem Auto anhalten, aussteigen und das Ding hinter sich wieder schließen. Aber der Weg nach Anson Hall war ein hartes Stück Arbeit. Je mehr ich mich der Farm näherte, um so schlimmer war der Zustand der Tore, und ich keuchte vor Anstrengung, als ich das letzte Stück Wegs entlangholperte und auf Tor Nummer sieben zuratterte.

Es war das letzte und das fürchterlichste - ein bösartiges Ding mit einem eigenen, üblen Charakter. Jahrzehntelang war es immer wieder repariert und mit so viel Holz ausgebessert worden, daß von dem ursprünglichen Tor vermutlich kein Stückchen mehr vorhanden war. Aber es war gefährlich.

Ich stieg aus dem Wagen und ging ein paar Schritte darauf zu. Wir waren alte Widersacher, das Tor und ich, und so sahen wir einander eine Zeitlang schweigend an. Wir hatten in der Vergangenheit ein paar flotte Runden miteinander ausgetragen, und es bestand kein Zweifel, daß mein Gegner nach Punkten vorn lag.

Die Schwierigkeit lag darin, daß dieses Tor, abgesehen von seiner wackligen allgemeinen Beschaffenheit, nur an einer einzigen Stelle, in der Mitte, mit einer Strippe befestigt war.

Mit äußerster Vorsicht näherte ich mich ihm und machte mich daran, die Schnur, mit der es rechts zugebunden war, zu lösen. Diese Schnur war, wie ich erbittert feststellte, zu einem ordentlichen festen Knoten gebunden, und als ich ihn endlich gelöst hatte, griff ich hastig nach der oberen Latte. Aber es war bereits zu spät. Als ob es lebendig wäre, schwang der untere Teil auf mich zu und schlug mir grausam gegen die Schienbeine, und als ich nach der oberen Latte griff, um das Tor wieder ins Gleichgewicht zu bringen, donnerte mir der obere Teil gegen die Brust.

Es verlief alles genauso, wie es immer verlaufen war. Während ich es vorsichtig Zentimeter um Zentimeter aufschob, bekämpfte es mich und stieß mich oben und unten - ich war für dieses Tor nicht der richtige Gegner.

Und noch etwas anderes machte mir zu schaffen. Mr. Ripley stand in der Tür des Farmhauses und beobachtete mich wohlwollend. Und während ich mich abrackerte, stiegen zufriedene Rauchwölkchen von seiner Pfeife empor. Er rührte sich nicht von seinem Platz, bis ich über das letzte Stückchen Gras gestolpert war und vor ihm stand.

«So, Mr. Herriot, da sind Sie also gekommen, um mir ein paar Kälber zu beschnippeln.» Ein aufrichtiges freundliches Lächeln zog seine stoppligen Wangen in Falten. Mr. Ripley rasierte sich nur einmal in der Woche - am Markttag. Da ihn an den übrigen sechs Tagen nur seine Frau und sein Vieh zu sehen bekamen, brauchte er sich nicht jeden Morgen mit einem Messer im Gesicht herumzufahren, wie er mit einiger Logik erklärte.

Ich bückte mich und rieb mir meine verletzten Schienbeine. «Mr. Ripley, Ihr Tor da drüben ist glatter Mord! Erinnern Sie sich nicht mehr daran, daß Sie mir das letzte Mal, als ich hier war, in die Hand versprochen haben, Sie würden es reparieren? Sie haben sogar gesagt, Sie würden ein neues anschaffen! Es wäre an der Zeit, finden Sie nicht?»

«Ja, da haben Sie recht, junger Mann», sagte Mr. Ripley und nickte. «Das habe ich gesagt. Aber Sie wissen ja, das sind die Kleinigkeiten, die man nie getan kriegt.» Er lachte. Doch als ich das Hosenbein hochzog und eine lange Schramme an meinem Schienbein sichtbar wurde, erschrak er. «Oh, das ist ja eine Schande! Das ändert die Sache natürlich. Jetzt kommt ein neues Tor her, nächste Woche. Das garantiere ich Ihnen!»

«Aber Mr. Ripley, genau das haben Sie mir auch letztes Mal gesagt, als Sie mein blutendes Knie sahen. Genau das waren Ihre Worte. Sie sagten: Das garantiere ich Ihnen!»

«Ja, ich weiß, ich weiß.» Der Farmer drückte mit dem Daumen auf den Tabak im Pfeifenkopf und paffte. «Meine Frau liegt mir auch dauernd wegen meines schlechten Gedächtnisses in den Ohren. Aber keine Sorge, Mr. Herriot, diesmal werde ich es nicht vergessen. Es tut mir sehr leid, daß Sie sich Ihr Bein verletzt haben. Aber das Tor wird Ihnen keinen Kummer mehr machen. Das garantiere ich Ihnen.»

«Na gut», sagte ich und humpelte zum Wagen, um den Burdizzo zu holen. «Wo sind denn die Kälber?»

Mr. Ripley ging gemächlich über den Hof und öffnete die obere Hälfte der Schwingtür zum Stall. «Sie sind da drinnen.»

Ich blieb einen Augenblick wie angewurzelt stehen. Eine Reihe riesiger zotteliger Köpfe blickte mich über die Holzbalken hinweg gleichgültig an. Dann streckte ich einen zitternden Zeigefinger vor. «Meinen Sie die da?»

Der Farmer nickte zufrieden. «Ja, das sind sie.»

Ich ging weiter und sah in den Stall hinein. Es waren acht stramme Einjährige darin. Einige erwiderten meinen Blick mit sanftem Interesse, andere sprangen umher und wirbelten das Stroh auf. Ich drehte mich zu dem Farmer um.

«Das gleiche wie letztes Mal», sagte ich vorwurfsvoll.

«Was?» fragte er mit Unschuldsmiene.

«Sie haben mich hergebeten und gesagt, ich sollte ein paar Kälber kastrieren. Aber das hier sind keine Kälber, das sind Bullen! Letztes Mal war es das gleiche. Erinnern Sie sich? Die reinsten Monstren! Sie standen im selben Stall. Ich habe mir beim Zusammendrücken der Zange fast einen Bruch geholt! Und Sie haben versprochen, Sie würden mich in Zukunft kommen lassen, wenn die Tiere drei Monate alt sind. Sie haben gesagt: Das garantiere ich Ihnen!»

Der Farmer nickte ernst. Er nickte zu allem, was ich sagte. «Das stimmt, Mr. Herriot. Das habe ich gesagt.»

«Aber diese Tiere sind mindestens ein Jahr alt!»

Ripley zuckte mit den Schultern und sah mich mit einem traurigen Lächeln an. «Wie die Zeit vergeht! Schlimm, nicht wahr? Sie rast förmlich dahin.»

Ich ging zum Wagen zurück, um die Sachen für die örtliche Betäubung zu holen. «Also gut», brummte ich, während ich die Spritze füllte. «Wenn es Ihnen gelingt, sie einzufangen, werde ich sehen, was ich tun kann.» Der Farmer nahm einen Strick von einem Haken an der Wand und ging unter beruhigendem Gemurmel auf eines der großen Biester zu. Er traf mit überraschender Leichtigkeit das Maul und zog die Schlinge über die Hörner - gerade noch rechtzeitig, bevor das Tier nach ihm stoßen konnte. Dann schlang er den Strick durch einen Ring an der Wand und zog ihn stramm.

«Da haben Sie ihn, Mr. Herriot. War keine große Sache, was?»

Ich sagte nichts. Schließlich war ich derjenige, der mit den wirklichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben würde! Ich mußte nämlich am falschen Ende arbeiten, hübsch in Reichweite der Hufe. Und meine Patienten würden bestimmt nach mir treten, wenn es ihnen nicht gefiel, in die Hoden gepiekt zu werden.

Aber es half nichts, ich verpaßte einem nach dem andern die Betäubungsspritze in den Hodensack und nahm die Schläge auf Arme und Beine möglichst gleichmütig hin. Dann begann ich mit der eigentlichen Kastration, dem unblutigen Abdrücken der Samenstränge - zweifellos ein großer Fortschritt gegenüber der alten Methode, bei der man mit dem Messer einen Schnitt in den Hodensack hatte machen müssen.

Bei jungen Kälbern war es eine harmlose Angelegenheit von wenigen Sekunden. Aber bei diesen ausgewachsenen Kreaturen mußte man die Arme der Zange fast neunzig Grad öffnen, um den fleischigen Hodensack in den Griff zu bekommen - und das Problem war, daß man sie wieder zusammendrücken mußte.

Dank der Injektion spürten die Tiere wenig oder gar nichts, aber meine verzweifelten Versuche, die Zange zusammenzudrücken, schienen zum Scheitern verurteilt.

Es ist erstaunlich, was der Mensch alles vermag, wenn er zum Äußersten getrieben wird. Mir lief der Schweiß an der Nase herunter, ich keuchte und zitterte...
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Autor

Unter dem Pseudonym James Herriot verfasste der 1916 geborene britische Tierarzt James Wight unzählige warmherzige Tierarztgeschichten. Er wuchs in Schottland auf, studierte in Glasgow Tiermedizin und erhielt eine Assistentenstelle in den Nord Yorkshire Dales. Sein Sohn übernahm später die väterliche Praxis, während seine Tochter Ärztin wurde. James Herriot starb am 23. Februar 1995 in Thirsk/Nordengland.