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Die Sündenburg

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.01.2023
Machtspiele und Liebe, Verrat und Rache
Eine Grafschaft am Oberrhein, anno domini 907. Der alte Graf wird in der Burgpfalz hinterrücks ermordet. Von dem Täter keine Spur. Kurz darauf heiratet seine Witwe, Gräfin Claire, seinen schärfsten Kontrahenten, Aistulf, einen Idealisten, der für mehr Gerechtigkeit eintritt. Hat Claire ihren Gatten ermorden lassen, ihn womöglich selbst getötet? Claires Tochter Elicia will den Tod ihres Vaters nicht ungesühnt lassen und stellt Ermittlungen an. Hatte ihre Mutter schon seit Längerem eine Liebesaffäre mit Aistulf? Von Tag zu Tag werden ihr die Mutter und der neue Stiefvater immer verdächtiger ...
Von Liebenden und Lieblosen, von Blendern und Verblendeten und der zerstörerischen Macht von Rache.

Eric Berg zählt seit vielen Jahren zu den beliebtesten deutschen Autoren und begeistert Kritiker und Leser immer wieder aufs Neue. Neben seinen erfolgreichen Kriminalromanen überzeugt er als Eric Walz mit opulenten historischen Romanen wie seinem gefeierten Debütroman »Die Herrin der Päpste«.
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Produkt

KlappentextMachtspiele und Liebe, Verrat und Rache
Eine Grafschaft am Oberrhein, anno domini 907. Der alte Graf wird in der Burgpfalz hinterrücks ermordet. Von dem Täter keine Spur. Kurz darauf heiratet seine Witwe, Gräfin Claire, seinen schärfsten Kontrahenten, Aistulf, einen Idealisten, der für mehr Gerechtigkeit eintritt. Hat Claire ihren Gatten ermorden lassen, ihn womöglich selbst getötet? Claires Tochter Elicia will den Tod ihres Vaters nicht ungesühnt lassen und stellt Ermittlungen an. Hatte ihre Mutter schon seit Längerem eine Liebesaffäre mit Aistulf? Von Tag zu Tag werden ihr die Mutter und der neue Stiefvater immer verdächtiger ...
Von Liebenden und Lieblosen, von Blendern und Verblendeten und der zerstörerischen Macht von Rache.

Eric Berg zählt seit vielen Jahren zu den beliebtesten deutschen Autoren und begeistert Kritiker und Leser immer wieder aufs Neue. Neben seinen erfolgreichen Kriminalromanen überzeugt er als Eric Walz mit opulenten historischen Romanen wie seinem gefeierten Debütroman »Die Herrin der Päpste«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641302542
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum18.01.2023
SpracheDeutsch
Dateigrösse2081 Kbytes
Artikel-Nr.10541019
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Bilhildis

Das Erste, was ich morgens tue, ist, nach dem Gewächs zu fühlen. Es ist in meinem Bauch, auf der rechten Seite gleich unterhalb der Rippen. Drei Kinder sind in mir gewachsen, gute Söhne, das ist lange her. Was nun heranwächst, ist ein Monster. Es verursacht Übelkeit, und manchmal gluckert es in meinem Innern, als würde etwas gären. Jeden Morgen reibe ich die Stelle mit Ölen ein, seit zwanzig Monden. Mir ist, als täte ich dem Ding sogar noch Gutes, und so bin ich vor einiger Zeit dazu übergegangen, mir abends zum Schlafengehen eine Zwiebel auf den Bauch zu legen, die mir feuchte Augen macht. Was für eine Narretei. Ich sollte es besser wissen: Das Schlechte lässt sich durch Tränen nicht besänftigen.

Noch nicht einmal am heutigen Morgen, wo es viel zu tun gab, habe ich das Gewächs vergessen. So wie sich Augen an die Nacht gewöhnen, gewöhne ich mich an das räudige Ding, das meine Finger täglich streicheln. Ich spreche mit ihm. Wieso auch nicht mit dem Tod reden? Der Verlust meiner Sprache vor vielen Jahren hat mir einen Gewinn an Gespür gebracht, und ich spüre, dass dieses Ding es ernst meint.

Das Aufstehen fiel mir - die ich mir zugutehalte, sommers wie winters vor der Sonne aufzustehen - schwerer als sonst. Aber wohl nicht nur mir. Über der Burg lag die gewöhnliche Ruhe eines Morgens nach einem Gelage, vermischt mit der außergewöhnlichen Ruhe eines Morgens nach einem Mord. Auch Raimund, ein paar Schritte entfernt auf seinem eigenen Lager, schlief noch. Ich wusch mir Hände und Gesicht und hörte mich dabei zwei- oder dreimal ächzen. Es kam mir vor, als hätte ich verschlafen, aber als ich die Ziegenhaut vom Fenster nahm, sah ich, dass die Welt noch grau war, so wie ich es kannte.

Ich ging in die Burgküche, in der zu dieser Stunde normalerweise bereits eine Köchin zugange war, die Getreidebrei für das Gesinde anrührte. Sie war jedoch nicht da, also aß ich eine kleine Schale Birnenkompott, die vom Fest übrig geblieben war, und packte einige weitere Speisen für die Gräfin und für Elicia in einen Korb, denn ich diene ihnen beiden.

Zunächst suchte ich Elicia auf. Sie lag neben ihrem schnarchenden Gemahl und warf ihr Haupt unruhig hin und her. Ich dachte, sie würde fiebern, aber sie hatte wohl nur einen schlechten Traum - keine Überraschung nach der vergangenen Nacht.

Ich nutzte die seltene Gelegenheit, mir Baldur in seiner Gänze anzusehen. Ich hielt mich schadlos an den Muskeln, Ambosshänden, Goliath-Beinen, der Samson-Brust, dem Bullengeschlecht, an all den Säften und Kräften, die für die Liebe und den Krieg gemacht sind und deren Anblick mir, einer alten Dörrpflaume, immer noch guttut. Auf dem Schlaflager liegend scheint Baldur der ideale Gatte, und auf dem Pferd sitzend der ideale Krieger. Doch wehe, er spricht mit etwas anderem als dem Schwert, wehe, er benutzt Zunge und Kopf. Er rühmt sich, einen festen Apfel zwischen seinen Knien zerdrücken zu können und mit seiner Faust aus einem Rettich Saft zu pressen. Wofür das gut sein soll - außer wenn man Rettichsaft mag -, sagt er nicht. Er trinkt jeden Abend, egal, wo er sich befindet, und er braucht auch nicht eigens ein großes Gelage dazu. Bier und Wein versickern in ihm, als wäre er aus Rheinsand gemacht. Zumindest was die Füllung seines Kopfes angeht, trifft das unbedingt zu.

Wird er der neue Graf? Wer sonst dürfte Anspruch darauf erheben? Die Gräfin hat keinen männlichen Erben mehr, Agapet hatte keine Brüder und Neffen. Und wenn Baldur der neue Graf ist, wie lange wird es wohl dauern, bis er sich in blutige Händel verstrickt und, wo auch immer, erbärmlich endet. Denn so trifft es viele aus dem Geschlecht der Agapiden. Agapets Urgroßvater, der ebenfalls Agapet hieß, lockte einen Feind unter Bruch des Rechts in einen Hinterhalt und metzelte ihn und dessen Söhne nieder. Manche sagen, dass da das Elend des Geschlechts begann. Der besagte Urgroßvater starb bald darauf in der Schlacht, zusammen mit seinem Sohn. Dieser hatte zwei Söhne, beide erst halb erwachsen, und schon bald tötete der eine den anderen - versehentlich im Spiel, wie er sagte. Seine Mutter glaubte ihm das nicht, sie wünschte ihm die Pest an den Hals und verhungerte freiwillig. Dieser junge Mann war Agapets Vater.

Eines Tages, als Vater und Sohn einen Ausritt unternahmen, geriet der Vater nicht weit von hier in ein Moor, das ihn verschluckte. So zumindest sagte Agapet, der Sohn und neue Graf, welcher nun seinen Tod im Bad gefunden hat, des Blutes seiner Ahnen beraubt, auf das er so viel Wert legte und das doch so wenig in der Gunst des Schicksals steht.

Es gibt Stimmen im Volk, die sagen, dass das Elend viel früher begann und sich nicht auf die Agapiden beschränkt, dass es die Burg ist, die vor Jahrhunderten ein Fluch getroffen hat.

Ha! Fluch! Mögen sie es Fluch nennen, das ist mir gleichgültig. Doch dann ist es ein Fluch, der nicht von oben oder unten kommt, der nicht das Siegel Gottes oder Satans braucht.

Anschließend ging ich zur Gräfin. Ich staunte nicht schlecht, als ich sie wach und angekleidet vorfand. Sie trug, wie es die Trauerzeit vorsah, ein weißes Kleid, das sie mit ihrer blassen Haut und dem blonden Haar fast wie ein Engel aussehen ließ. Meinen Augen entnahm sie die Frage: Herrin, wieso habt Ihr Euch allein angekleidet? Doch sie antwortete nicht darauf. Es ist traditionell das Vorrecht einer Edlen, die dir die Suppe bezahlt, nur dann Stellung zu beziehen, wenn es ihr beliebt, und es ist zusätzlich das Vorrecht einer Sprechenden, so zu tun, als hätte sie die Frage der Stummen nicht verstanden.

Ich flocht ihre Haare zu einem Kranz, wie sie es gern hat und wie es dem Anlass geziemte. Dann bereitete ich das Rosenwasser zu, mit dem sie ihren Mund spülte. Sie wirkte gefasst, überhaupt nicht müde oder angeschlagen, daher wusste ich, dass sie nicht im Mindesten trauerte. In meiner Gegenwart - und nur dann - hatte sie sich stets gegeben, wie sie sich fühlte, hatte jeder Träne, jedem Lächeln, jeder Klage, jeder Freude ihren Lauf gelassen, während ich von jeher Gesten und Mimik mit dem Bedacht einer Schaustellerin setzte.

»Bilhildis, warst du schon bei Elicia? Wie geht es ihr?«

Ich bedeutete ihr, dass sie unruhig schlafe.

Wir wechselten einen langen Blick.

»Ja, so hat sie schon als kleines Kind auf schlimme Ereignisse reagiert. Jedes Mal, wenn ihr Vater auf Reisen oder Feldzüge aufgebrochen ist, hat sie darum gebettelt, mit ihm gehen zu dürfen, und als es ihr verwehrt wurde, hat sie sich im Schlaf hin und her geworfen bis zum Mittag. Und dieses Mal ist es ein endgültiger Abschied, da wird alles noch weit schwieriger für sie. Wir müssen ihr helfen, wo immer wir können. Ich glaube, die Bestattung wird sie kaum überstehen. Sie wird zusammenbrechen.«

Die Gräfin geriet ins Grübeln.

»Vielleicht ist es eine glückliche Fügung, dass sie noch schläft. Wir nehmen die Bestattung sofort vor. Bitte bereite die Kapelle vor, Bilhildis, und gebe Pater Nikolaus Nachricht. Ich bitte Aistulf, die übrigen Vorbereitungen zu übernehmen.«

Aistulf! Das fand ich sogleich bemerkenswert. Er war der Verweser der Burg in Abwesenheit des Grafen und Baldurs, des Hauptmanns der Wache. Aber mit der Rückkehr Agapets und Baldurs vom Feldzug galt er eigentlich als dieses Amtes verlustig, und die Tatsache, dass Agapet nun tot war, änderte nichts daran. Baldur war der Hauptmann und zudem Agapets Schwiegersohn. Es wäre an ihm gewesen, die Bestattung in die Wege zu leiten, und die Gräfin wusste das sehr gut. Entsprechende Belehrungen durch mich, auf welche Weise auch immer nahegebracht, wären also überflüssig.

»Ach, noch etwas, Bilhildis. Bitte beeile dich. Es soll alles sehr schnell vonstattengehen.«

Das tat es. Ich ließ das Gesinde zusammentreiben, die kleine Kapelle reinigen und notdürftig schmücken, den Geistlichen herbeiholen und den Weg bis zum Friedhof kehren. Aistulf ließ die Wache antreten - die ihm im Grunde nicht unterstand -, das Grab ausheben und den Leichnam umkleiden. Niemand stellte seine Anordnungen infrage, denn er ist äußerst beliebt, und es gibt nur zwei Gesichtspunkte, die stärker sind als die Autorität des Rechts, und das sind die starke Angst vor und die starke Hinwendung zu einem Menschen. Als Baldur aus seinem tiefen Schlaf, der halb dem Bier und halb der durchwachten Nacht geschuldet war, erwachte, war die Zeremonie bereits im Gange. Der Leichnam wurde von der Kapelle in den Hof getragen, von dort in den Vorhof, durch das Tor einen schmalen Weg entlang bis zum Friedhof am Fuße der Ostmauer. Soweit ich es mitbekam, hat sich Baldur weder während noch nach der Grablege bei seiner Schwiegermutter beschwert, dass er und Elicia nicht geholt worden sind. Die Gräfin, nunmehr ganz Witwe, flüsterte ihm einige brüchige Worte zu, die ich nicht verstand, und damit gab er sich wohl zufrieden. Er ist eben ein Tor.

Es wäre falsch, die Zeremonie schmuck- oder würdelos zu nennen, es wurde allen Bräuchen Genüge getan. Und doch fehlte etwas. Ich musste eine Weile überlegen, bis ich den richtigen Begriff dafür fand: die große Klage. Gewiss, es gab einige Traurigkeit, doch nur unter denen im Gesinde, für die Traurigkeit eine Lebenseinstellung ist. Auf Baldur trifft weder das eine noch das andere zu; die Gräfin hat keinen Grund, ihrem bisherigen Leben nachzuweinen; für die Mehrzahl des Gesindes ist ein Herr wie der andere. Entsetzen trat an die Stelle des Grams. Eine aufgeschlitzte Kehle und ein Blutbad waren die rechten Zutaten für Todesangst und abergläubischen Schrecken.

Man stellte schließlich einen Schemel auf das Grab, auf dem die Gräfin Platz...
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Eric Berg zählt seit vielen Jahren zu den beliebtesten deutschen Autoren und begeistert Kritiker und Leser immer wieder aufs Neue. Neben seinen erfolgreichen Kriminalromanen überzeugt er als Eric Walz mit opulenten historischen Romanen wie seinem gefeierten Debütroman »Die Herrin der Päpste«.