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Hitzewelle

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
360 Seiten
Deutsch
KBV Verlags- & Medien GmbHerschienen am04.12.2023
Pfarrerin Erlenbecks Gespür für Geheimnisse Im Rheindorf Mehrum werden die erhängten Leichen eines alten Ehepaars gefunden. Die erste Vermutung eines gemeinschaftlichen Freitods bestätigt sich nicht. Stattdessen alles darauf hin, dass die beiden ermordet wurden. Zunächst geraten die drei Kinder der Toten ins Visier der Ermittler, doch dann rückt zunehmend die sogenannte »Mehrumer Gilde« in den Fokus, eine jahrhundertealte Gemeinschaft, der fast alle Bewohner des Ortes angehören. Und als ob das Ermittlerteam um Freddie und Skalecki nicht schon genug Verdächtige hätte, erfahren sie auch noch, dass zwei Fremde sich nur wenige Tage vor dem Tod des Ehepaares nach diesem erkundigt haben. Vielleicht bringt Christin Erlenbecks untrüglicher Spürsinn für die geheimen, tief vergrabenen Dinge vergangener Tage die Ermittler auf die richtige Spur?

Sabine Friemond (* 1968) ist gelernte Buchhändlerin. Ihre Liebe zu Büchern ist bereits daran ersichtlich, dass sie am Niederrhein eine Buchhandlung in Voerde betreibt. Ihre Heldin Pastorin Christin Erlenbeck ermittelt bereits in ihrem fünften Fall.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextPfarrerin Erlenbecks Gespür für Geheimnisse Im Rheindorf Mehrum werden die erhängten Leichen eines alten Ehepaars gefunden. Die erste Vermutung eines gemeinschaftlichen Freitods bestätigt sich nicht. Stattdessen alles darauf hin, dass die beiden ermordet wurden. Zunächst geraten die drei Kinder der Toten ins Visier der Ermittler, doch dann rückt zunehmend die sogenannte »Mehrumer Gilde« in den Fokus, eine jahrhundertealte Gemeinschaft, der fast alle Bewohner des Ortes angehören. Und als ob das Ermittlerteam um Freddie und Skalecki nicht schon genug Verdächtige hätte, erfahren sie auch noch, dass zwei Fremde sich nur wenige Tage vor dem Tod des Ehepaares nach diesem erkundigt haben. Vielleicht bringt Christin Erlenbecks untrüglicher Spürsinn für die geheimen, tief vergrabenen Dinge vergangener Tage die Ermittler auf die richtige Spur?

Sabine Friemond (* 1968) ist gelernte Buchhändlerin. Ihre Liebe zu Büchern ist bereits daran ersichtlich, dass sie am Niederrhein eine Buchhandlung in Voerde betreibt. Ihre Heldin Pastorin Christin Erlenbeck ermittelt bereits in ihrem fünften Fall.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783954416745
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum04.12.2023
Reihen-Nr.5
Seiten360 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3375 Kbytes
Artikel-Nr.13144104
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

10. Kapitel

Mehrum, 1944

Betont langsam schlenderte Mateusz die Weberstraße entlang. Neben ihm lief Willi, der ihm aufgeregt von seinen

Abenteuern, die er am Nachmittag erlebt hatte, erzählte. Wäre Mateusz nicht so vertieft in seine Gedanken gewesen, hätte er gemerkt, dass Willi, in dem er fast so etwas wie einen kleinen Bruder sah, irgendwie verkrampft wirkte. Seine Plauderei war hektisch und aufgesetzt, seine Gesten fahrig.

Aber der Russe hörte ihm kaum zu und reagierte nur ab und zu mechanisch mit einem gebrummten »Hmm«. Seine Kieferknochen mahlten, seine Hände hatte er tief in die fadenscheinige, vielfach geflickte Hose gesteckt. Eigentlich wollte er Sofija schon seit Tagen eine gute, aber streng geheime Nachricht überbringen, aber sie war wie vom Erdboden verschluckt.

Es kam vor, dass sie sich tagelang nicht sahen. Ihn führte die Arbeit oft zu weiter entfernt liegenden Feldern, sodass sie sich im Dorf nicht begegneten. Sofija wiederum wurde von der Täufner sehr oft zu Arbeiten genötigt, die sie manchmal tagelang im Stall, der Küche oder dem Keller festhielten, sodass sie abends gerade einmal den Weg zurück ins Schloss schaffte, wo sie nur noch völlig erschöpft auf die alte, durchgelegene Matratze sank, die man ihr zugewiesen hatte.

Durch ein geheimes Netz konnten sie trotzdem miteinander kommunizieren. Wie eine Flüsterpost wurden kurze Nachrichten zwischen den Zwangsarbeitern unauffällig weitergegeben. Der eine begegnete der anderen, die wiederum jemandem begegnete, der etwas weitergeben konnte. Sprachbarrieren wurden wundersamerweise überwunden, der Zusammenhalt war das Einzige, was sie in der Fremde den deutschen Besatzern ihrer Heimatländer entgegensetzen konnten.

Seit er sie zuletzt gesehen hatte, war eine Woche vergangen. Er konnte es kaum erwarten, sie wiederzutreffen und ihr die Neuigkeit, die er im Hause Ritter aufgeschnappt hatte und die er nicht hätte hören dürfen, mitzuteilen. Dass die deutsche Armee nämlich auf dem Rückzug war und Deutschland langsam vom Osten und vom Westen her von seinen Feinden eingekesselt wurde.

Mateusz hatte die vage Hoffnung, dass der Krieg und damit die Herrschaft der Deutschen bald ein Ende hätten.

Aber bei all der Freude, die dieses Gerücht in ihm auslöste, beunruhigte es ihn, nichts von Sofija zu hören. Ihre Leidensgenossinnen, die anderen Ukrainerinnen, mit denen sie sich einen Raum im Schloss teilte, übermittelten ihm über die Flüsterpost, dass Sofija schon länger nicht mehr im Schloss gewesen sei. Vielleicht war sie krank und schlief im Haus ihrer Herrin? Oder sie war in das »Russenlager« nach Friedrichsfeld geschickt worden, wo kranke Zwangsarbeiter untergebracht waren?

Es war Abend, die Arbeitsstunden mussten geleistet sein, Sofija müsste jetzt zurück im Schloss sein. Auch wenn er eine Bestrafung riskierte, wollte er sich selbst davon überzeugen, dass seine Geliebte nicht doch dort war. Vielleicht traute sie sich nur nicht, ihm zu sagen, dass sie ihn nicht mehr wollte? Nein, er schüttelte unmerklich den Kopf, das konnte er nicht glauben. Im Gegenteil, Sofija hatte bei ihrer letzter Begegnung gestrahlt, sie hatte rosige Wangen gehabt und ihn ständig an sich gedrückt. Er hatte auch das Gefühl gehabt, dass sie etwas besser genährt war, was er aber als Täuschung abtat, da die Täufners ihr weniger als die vorgeschriebene Menge an Essensration gaben. Die untergehende Sonne tauchte Mehrum, das Dorf, in dem er sich langsam eingelebt hatte, in ein warmes Abendrot. Vom Rhein wehte eine leichte Brise in den Ort, sodass es nicht mehr ganz so drückend heiß war. Die Häuser ähnelten denen, die er aus seiner russischen Heimat kannte, manche waren nur mit einem Putz versehen, der zwischen Grau und Weiß changierte, manche bestanden aus Backsteinen, teilweise so verwittert, dass sie wie jahrhundertealte Bauten anmuteten. Aber jedes Haus hatte, wie in seiner Heimat, einen Garten, in dem Gemüse angebaut wurde, und mindestens einen Schuppen, in dem Kaninchen, Hühner oder anderes Getier lebten.

Die Weberstraße führte direkt durch Mehrum und mündete in die Schlossstraße. Dann musste er nur noch ein kleines Stück links gehen, dort lag dann auf der rechten Seite das alte Schloss Mehrum. Ein Stück weiter, vor dem Rhein, waren die Bunkeranlagen.

Schloss Mehrum, wie die Einwohner hier es noch stolz und ehrfürchtig nannten.

Als Mateusz jetzt davorstand, konnte er die schlossähnliche Pracht nur noch erahnen. Während der kleine Willi, mittlerweile verstummt, neben ihm stand, betrachtete er gedankenverloren den alten Adelssitz, in dessen einstmals bestimmt schönem Garten nun hässliche Baracken standen. Sich vor Erschöpfung kaum auf den Beinen haltende Frauen gingen zwischen dem Haupthaus und den früheren Ställen, die zu Waschräumen ausgebaut worden waren, hin und her. Zaghaft versuchte Mateusz, sich vom Zaun aus bemerkbar zu machen. Er wollte keine der Zwangsarbeiterinnen in Schwierigkeiten bringen.

»Willst du dich noch mit Sofija treffen?«, fragte Willi den Russen, wobei er es vermied, ihm in die Augen zu gucken.

Argwöhnisch blickte der junge Russe auf den kleinen Jungen herab. »Was du wissen davon?«, wollte er wissen.

Willi zuckte mit den Schultern. »Na, was fast alle hier wissen. Dass du die magst und sie dich. Und dass ihr euch schon heimlich getroffen und ⦠geküsst habt.« Der Junge musterte angestrengt die kleinen Kieselsteine auf dem Boden. Dann räusperte er sich. »Die Täufners wissen das auch«, fügte er leise hinzu.

Mateusz erstarrte. »Woher du weißt das?«, fragte er tonlos.

Willi spürte, dass gerade irgendetwas Schlimmes passierte.

Der Abend war wunderschön, und trotz des ständigen Hungers, den er wegen des Krieges hatte, genoss Willi den warmen Sommer. Sein Vater war als Baggerfahrer für die Firma Hülskens, der das Schloss und die umliegenden Ländereien gehörten, hier in Mehrum in Sicherheit. Er hörte das leise Rauschen des Rheins, das ihn schon sein Leben lang begleitete. Als Mateusz ihn jetzt anguckte, wurde ihm klar, dass Hans Täufners dahingeworfene Sätze: »Das freche Luder bekommt jetzt eine Lektion erteilt«, und: »Die sind wir los. Für immer«, eine tiefere Bedeutung hatten, dass ein Menschenschicksal dahintersteckte, nein, zwei Schicksale, Sofijas und Mateusz .

Willi hatte Angst. Er hatte Angst vor Mateusz Zorn, wenn er ihm erzählen würde, was er beobachtet hatte. Vor einigen Nächten hatte er für seine Mutter zu den Nachbarn gehen und sie um Joghurt bitten sollen. Sein kleiner Bruder hatte sich tagsüber einen starken Sonnenbrand zugezogen, und den wollte sie mit der kühlen Masse lindern. Es war schon sehr spät und bereits dunkel. Die Straßen in Mehrum lagen verlassen, kaum ein Mehrumer ging in diesen Zeiten nachts aus dem Haus. Willi fürchtete sich nicht. Er war aufgeregt, schließlich vertraute seine Mutter ihm eine Aufgabe an, die der Junge für wichtig und gefährlich hielt. Vielleicht würde er auf einen amerikanischen Spion treffen? Unvermittelt blieb er stehen und boxte ein paarmal mit seiner Faust in die Luft. Genau so würde er diesen Agenten außer Gefecht setzen.

Plötzlich hörte er ein stumpfes Geräusch, gefolgt von einem leisen Wimmern. Verwirrt hielt er inne. War dies ein leises Echo seiner eigenen Schläge? Je mehr er versuchte, sich zu konzentrieren und das Geräusch zu identifizieren, umso mehr rauschte es in seinen Ohren. Nein, da war es wieder. Nur dass diesmal das Wimmern zu einem kleinen Schrei wurde. Leise schlich er weiter. Mit aufgerissenen Augen versuchte er, etwas in der Dunkelheit zu erkennen.

Dann sah er es.

Ein Mann riss einen Arm in die Höhe. Im fahlen Mondlicht konnte Willi erkennen, dass er einen Stock in der Hand hielt, den er dann auf die andere Person niedersausen ließ. Diese versuchte auszuweichen, presste ihre Hände verzweifelt auf ihren Leib. Der Mann holte wieder aus, fluchte durch zusammengebissene Zähne. Nachdem Willi einige Augenblicke lang diese Szene beobachtet hatte, wurde ihm klar, was er dort sah.

Alfons Rettmann verprügelte Sofija.

Mateusz Sofija.

Sofort hatte er sich umgedreht und war wieder nach Hause gerannt. Er schämte sich, Sofija nicht geholfen zu haben, aber er traute sich nicht, sich mit Alfons Rettmann anzulegen. Sogar sein Vater hatte vor ihm Angst und schickte Mateusz, sobald er sah, dass sich der Dorfpolizist ihrem Haus näherte, vom gemeinsamen Esstisch, an dem der Zwangsarbeiter offiziell nicht sitzen durfte, weg.

Seine Mutter hatte nicht mit ihm geschimpft, dass er ohne Joghurt wiedergekehrt war. Sie schien zu spüren, dass irgendetwas ihren Sohn verängstigt hatte. Erst am nächsten Morgen, als er mit seinen Eltern alleine war, erzählte er stockend, was er beobachtet hatte. »Diese Teufel, der Rettmann und die Täufner«, zischte seine Mutter leise.

Sein Vater hatte die Lippen...
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Sabine Friemond (* 1968) ist gelernte Buchhändlerin.
Ihre Liebe zu Büchern ist bereits daran ersichtlich, dass sie am Niederrhein eine Buchhandlung in Voerde betreibt.
Ihre Heldin Pastorin Christin Erlenbeck ermittelt bereits in ihrem fünften Fall.