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Hinterm Deich

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kampa Verlagerschienen am30.08.2024
Der neunzehnjährige Manz verbringt sein Polizeipraktikum in der Dienststelle des gottverlassenen Dörfchens Sandesiel an der Nordseeküste. Warum gerade dort, wo sich doch alle anderen Polizeianwärter seines Jahrgangs für die großen Städte bewerben? Wegen Lena natürlich, die er in einer Oldenburger Diskothek kennengelernt hat - 1964 hat Manz nichts als »Girls« im Kopf. Als es auf einer Landstraße zu einem schweren Verkehrsunfall mit zwei Toten kommt, schickt Manz' Bärenführer Rönne ihn los, die Bewohner der umliegenden Höfe zu befragen. Gerüchte über die Unfallstelle werden Manz zugetragen: Bauer Eggert, der angeblich an den Folgen eines Schlaganfalls leidet, sei dort verprügelt worden, weil er seine drei Töchter missbraucht. Und auch von dem Verdacht, dass mehrere Todesfälle der vergangenen Monate auf den Einsatz giftiger Pestizide zurückzuführen sind, erfährt Manz. Dann hat er noch so ein Gefühl: Stimmt etwas nicht mit dem roten Lack des Unfallfahrzeugs? Welcher Spur lohnt es sich nachzugehen? Mit vierundsiebzig denkt Manz an seinen ersten echten Einsatz zurück, bei dem er noch viel zu lernen hatte - und das nicht nur als Polizist ... 

Matthias Wittekindt, geboren 1958 in Bonn, vergisst beim Schreiben oft alles um sich herum. Das passiert ihm in seiner Berliner Stadtwohnung genauso wie im Garten in Schmöckwitz am Zeuthener See, wo er im Sommer gern arbeitet. Doch nicht alles, was Wittekindt für seine Geschichten braucht, fliegt ihm vom See her zu. Seit seinem ersten Roman mit Kriminaldirektor a.D. Manz sieht man ihn regelmäßig im Kriminalgericht Moabit, wo er Strafprozesse verfolgt. »Eine Richterin, die meine Bücher kannte, rief an und sagte: ?Herr Wittekindt, ab nächster Woche verhandeln wir ein Tötungsdelikt. Ich denke, es könnte sich lohnen, wenn Sie sich das mal anhören.?« Und sie lag richtig, es hat sich gelohnt. Aufgewachsen ist Matthias Wittekindt in Hamburg. Nach einem Studium der Architektur und Religionsphilosophie in Berlin und London hat er u. a. als Architekt, Regisseur und Theater- und Hörspielautor gearbeitet. Seit 2011 konzentriert er sich ganz auf seine hochgelobten Kriminalromane. Vor Gericht, der erste Fall für Kriminaldirektor a. D. Manz, stand auf der Shortlist des Crime Cologne Award. Vor Gericht, Die Schülerin und Die rote Jawa wurden auf die Krimibestenliste von Deutschlandfunk Kultur gewählt, Die rote Jawa erreichte Platz 1
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR19,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextDer neunzehnjährige Manz verbringt sein Polizeipraktikum in der Dienststelle des gottverlassenen Dörfchens Sandesiel an der Nordseeküste. Warum gerade dort, wo sich doch alle anderen Polizeianwärter seines Jahrgangs für die großen Städte bewerben? Wegen Lena natürlich, die er in einer Oldenburger Diskothek kennengelernt hat - 1964 hat Manz nichts als »Girls« im Kopf. Als es auf einer Landstraße zu einem schweren Verkehrsunfall mit zwei Toten kommt, schickt Manz' Bärenführer Rönne ihn los, die Bewohner der umliegenden Höfe zu befragen. Gerüchte über die Unfallstelle werden Manz zugetragen: Bauer Eggert, der angeblich an den Folgen eines Schlaganfalls leidet, sei dort verprügelt worden, weil er seine drei Töchter missbraucht. Und auch von dem Verdacht, dass mehrere Todesfälle der vergangenen Monate auf den Einsatz giftiger Pestizide zurückzuführen sind, erfährt Manz. Dann hat er noch so ein Gefühl: Stimmt etwas nicht mit dem roten Lack des Unfallfahrzeugs? Welcher Spur lohnt es sich nachzugehen? Mit vierundsiebzig denkt Manz an seinen ersten echten Einsatz zurück, bei dem er noch viel zu lernen hatte - und das nicht nur als Polizist ... 

Matthias Wittekindt, geboren 1958 in Bonn, vergisst beim Schreiben oft alles um sich herum. Das passiert ihm in seiner Berliner Stadtwohnung genauso wie im Garten in Schmöckwitz am Zeuthener See, wo er im Sommer gern arbeitet. Doch nicht alles, was Wittekindt für seine Geschichten braucht, fliegt ihm vom See her zu. Seit seinem ersten Roman mit Kriminaldirektor a.D. Manz sieht man ihn regelmäßig im Kriminalgericht Moabit, wo er Strafprozesse verfolgt. »Eine Richterin, die meine Bücher kannte, rief an und sagte: ?Herr Wittekindt, ab nächster Woche verhandeln wir ein Tötungsdelikt. Ich denke, es könnte sich lohnen, wenn Sie sich das mal anhören.?« Und sie lag richtig, es hat sich gelohnt. Aufgewachsen ist Matthias Wittekindt in Hamburg. Nach einem Studium der Architektur und Religionsphilosophie in Berlin und London hat er u. a. als Architekt, Regisseur und Theater- und Hörspielautor gearbeitet. Seit 2011 konzentriert er sich ganz auf seine hochgelobten Kriminalromane. Vor Gericht, der erste Fall für Kriminaldirektor a. D. Manz, stand auf der Shortlist des Crime Cologne Award. Vor Gericht, Die Schülerin und Die rote Jawa wurden auf die Krimibestenliste von Deutschlandfunk Kultur gewählt, Die rote Jawa erreichte Platz 1
Details
Weitere ISBN/GTIN9783311705307
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum30.08.2024
Reihen-Nr.5
SpracheDeutsch
Dateigrösse1170 Kbytes
Artikel-Nr.15239955
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Ein schrecklicher Mantel

Als Manz aufwacht, öffnet er zunächst nur ein Auge. Das rechte. Kaum dass er seine Sinne halbwegs beisammenhat, kann er nicht glauben, was in der Nacht mit ihm geschehen ist. Er hat von seiner Mutter geträumt.

Sie war noch jung in seinem Traum, er ein Kind.

Wir standen in der Küche.

Die mit den kuchenteiggelb lackierten Hängeschränken aus den Dreißigern. Neben seiner Mutter blubberte die Kaffeemaschine.

Das muss dann noch in der Baumbachstraße gewesen sein, nicht in der Wolfhagener. Obwohl ... In der Baumbach hatten wir noch keine Kaffeemaschine.

Genau hätte Manz weder das Jahr noch sein Alter noch das seiner Mutter bestimmen können.

Wie es in Träumen vorkommt, ist nicht alles erklärlich, und viel ist auch nicht geschehen. Im Grunde erinnert Manz sich nur daran, dass seine Mutter mit sehr harter, auch ihm gegenüber abweisender Miene, einen ...

Wie soll man das Ding nennen? Wintermantel?

So einen hatte sie angezogen?

Um draußen an einem Kampf teilzunehmen.

Was für ein Kampf das war, hätte Manz schon beim Aufwachen nicht mehr sagen können. Das Schlimmste an seinem Traum war ja auch gar nicht der Kampf, dem seine Mutter sich stellen wollte. Ihr Mantel hat ihm Angst gemacht.

War noch gar nicht richtig fertig. Wir hatten nie viel Geld, aber dass sie mit so einem draußen rumgelaufen wäre?

Ein aus schlecht verarbeiteten, halb geschorenen Schafsfellen nur grob zusammengeschustertes, zottiges, teils noch blutiges Ding war das gewesen, das bis fast auf den Boden ging.

Horror irgendwie. Eine Art Horrorfilm.

Zumindest war es ein Horrortraum. In dem es darum ging, dass es unendlich lange dauerte, bis seine Mutter mit dem Anziehen ihres Mantels fertig war ...

Fielen ja auch immer wieder Teile ab von dem Ding.

... und dass er die ganze Zeit unter größter Anstrengung versuchte, sie vom Verlassen der Wohnung abzuhalten.

Ihr Kampf war in Manz´ Traum gar nicht vorgekommen. Es ging eher um den Kampf des kleinen Manz, seine Mutter zurückzuhalten. Damit sie nicht stirbt.

 

»Hast du meine Handtasche gesehen?«

Manz´ Frau, Christine, stellt diese Frage zwei Stunden nach seinem schreckhaften Erwachen. In einem Ton, als wäre dies ein Tag wie jeder andere.

»Welche?«

»Die schwarze.« Christine scheint ungerührt von dem schrecklichen Anruf am Abend zuvor. »Ich finde, Wolfgang hat gestern eine höchst sonderbare Rede gehalten. Wie fandest du seinen Auftritt?«

»Du meinst, weil er so ausführlich über Heranwachsende und Frauen gesprochen hat?«

»Theo ist es auch aufgefallen, der hat sich richtig erschrocken.«

»Entschuldige, Christine, aber nach dem Anruf aus Berlin habe ich eigentlich nichts mehr von den Gesprächen mitgekriegt.«

»Hab ich gemerkt.«

»Meine Mutter würde niemals zugeben, dass es schlecht um sie steht oder dass sie Hilfe braucht.«

Am Vorabend hatten sie Besuch von Manz´ Ruderfreunden Wolfgang und Theo gehabt. Eine Stunde nachdem die beiden eingetroffen waren, hatte das Telefon geklingelt. Manz hatte, während er einem Arzt vom Arbeiter Samariterbund zuhörte, gespürt, wie ihm die Sekunden des Lebens verrannen.

»Aber im Moment ist meine Mutter bei Bewusstsein, oder?«, hatte er gefragt. Sekunden. Ganz schlimm. Erst zuletzt, nachdem der Arzt ihm einiges erklärt hatte, brummte Manz: »Na, Gott sei Dank.«

Wie lange das Gespräch tatsächlich dauerte, hätte er hinterher nicht mehr sagen können, ahnte es aber. Vermutlich keine drei Minuten ... dieser Arzt, wenn das überhaupt ein echter Arzt war, hat versucht mich ... warum eigentlich müssen Hinterbliebene beruhigt werden? Nun gut, jetzt übertreibst du.

Es war eigentlich nicht seine Art von sich selbst in der zweiten Person zu sprechen oder zu denken.

Irgendwann hatte Manz aufgelegt. Kurz überlegt. Dann seine Frau - wohl ein wenig im Befehlston - zu sich in die Küche gebeten.

Sie hatten mit ihrer ältesten Tochter in Hamburg telefoniert, weil ... »Claudia ist Ärztin, die wird uns helfen«.

Claudia hatte versprochen sich mit dem Arzt des ASB in Verbindung zu setzen, um in Erfahrung zu bringen, was wirklich los war, mit Manz´ Mutter.

Nach dem Rückruf von Claudia, alle sind so unbedingt darauf aus mich zu beruhigen, hatte Christine sich, wie er meint, unangemessen theatralisch aufgerichtet und gesagt: »Du hast es gehört. Es besteht keine Gefahr, sie ist vermutlich nur gestolpert. Also denk bitte dran, wir haben Gäste.«

Er hatte aber nicht dran denken können. Die Gäste - eigentlich seine beiden besten Freunde - hatte er nur noch als sprechende Wesen wahrgenommen. Seine vollständige Abwesenheit war aufgefallen, und Wolfgang und Theo waren dann ja auch bald gegangen. Was Christine sehr unangenehm war.

Sie hatten sich deswegen beim Zu-Bett-gehen - sie schüttelte gerade ihr Kopfkissen auf - gestritten. Nur kurz zwar, aber da hatte er diese Sätze zu ihr gesagt. »Wie du das mit meiner Mutter behandelst, diese sonderbare Klarheit, das ist ... Nein, Christine, und ich meine das ernst! Mit einer derart rationalen Kälte ... Mit einer derartigen Kälte ...«

Er war nicht in der Lage gewesen, seine Sätze zu Ende zu bringen, und Christine war weder in dem Moment mit dem Kopfkissen noch heute Morgen beim Frühstück mit auch nur einem Wort darauf eingegangen.

 

»Ach Gott, da hätte ich auch gleich draufkommen können!«

Die Handtasche steht neben der Chaiselongue. Sie lehnt dort, fast möchte man sagen, friedlich, am chinesisch gestalteten Übertopf der Zimmerpalme.

»Jetzt komm bitte«, fordert sie. »Wolfgang ist sicher pünktlich.«

»Dass du in so einer Situation derart gelassen bleiben kannst.«

»Sobald ich aus Dresden zurück bin, fahren wir nach Berlin und sehen nach deiner Mutter.«

Manz folgt seiner Frau in den Flur, der, von der Größe und Gestalt her, eher den Charakter einer Diele hat. Eine aus hellgrauem Holz gefertigte, leiterartige Treppe steigt vor einer blutrot gestrichenen, grob verputzten Wand steil empor. An dieser Wand hängt die von Manz im Laufe von gut zwanzig Jahren zusammengestellte Ahnengalerie. Fotos, teils sehr alt. Bei seinem Zweig der Familie gibt es zwar deutlich mehr Verwandte und Vorfahren, dafür reicht diese Reihe längst nicht so weit zurück wie die der Vorfahren seiner Frau.

Nun gut, die von Christine waren Akademiker.

Warum gerade Manz ein solches Interesse für Familienangelegenheiten entwickelt hat und nicht seine Frau, da gehen die Meinungen auseinander. Manche behaupten, es hinge mit seiner Arbeit beim Morddezernat der Kriminaldirektion 5 in Neukölln zusammen. Tante Elli, die zu allem etwas Kluges zu sagen weiß, hatte auch in diesem Fall eine Erklärung: »Na, die Ahnenreihe hat er zusammengetragen, weil seine Mutter nie mit was rausrückt, was seinen Vater angeht.«

Manz hatte nämlich keinen Vater. Dafür Onkel Jochen. Der kam ... Ja, 1952 kam er ins Haus. Als ich sieben war.

Onkel Jochen konnte einiges. Zum Beispiel Männer von grässlichen Leiden und Mängeln befreien, weil, Onkel Jochen war Urologe. Mit seiner Ankunft veränderte sich einiges im Haus. Zum Beispiel fragte Manz nie wieder nach seinem Vater.

Onkel Jochen war natürlich kein leiblicher Onkel, sondern ... Nun, Manz´ Mutter hatte ihn auf der Pferderennbahn kennengelernt. Sie ging gerne zu Pferderennen. Hoppegarten. Zusammen mit ihren beiden besten Freundinnen. Lernte dort hin und wieder Männer kennen, von denen ihr mal dieser mal jener gefiel. Warum nicht, sie war damals Anfang zwanzig. Mit Onkel Jochen war es dann aber was Ernstes. Die beiden blieben zusammen, bis Onkel Jochen 2005 starb.

Als Manz siebzig wurde und zum ersten Mal das Gefühl hatte, allmählich zu altern, tauchte sein leiblicher Vater noch ein paarmal auf. Aber immer nur kurz. Als Frage seiner Töchter.

»Und du weißt wirklich nichts über ihn? Nicht mal das kleinste Fitzelchen?«

»Nein.«

»Deine Mutter rückt mit nichts raus?«

»Nein. Und es spielt auch keine Rolle mehr. Schon lange nicht.«

Niemand wusste etwas zu sagen.

 

Uh!

Gleißendes Licht. Christine hat die Haustür geöffnet, die Ahnengalerie verschwindet im Schatten.

»Wie ich sagte«, erklärt Christine mit frischer Stimme. »Wolfgang ist auf die Minute pünktlich.«

Christine verlässt das Gebäude nicht gleich, sondern dreht sich noch einmal zu ihrem Mann um. »So ...« Ihre Hand. Sein Nacken. Ihre Lippen. »Pass auf dich auf und denk nicht zu viel nach. Wir haben eine Ärztin zur Tochter. Claudi wird uns sicher alles erklären. Und was die Russen angeht ... Lass den Fernseher aus. Du wirst niemanden durch dein Nachdenken oder deinen Zorn retten, und du hast bereits genug Tote in deinem Leben gesehen.«

»Ja, schon gut. Gleich kommt sowieso Theo. Wir fahren zu OBI. Vielleicht kaufen wir die Zapfanlage schon heute.«

»Was für eine Zapfanlage?«

»Du musst los, Wolfgang winkt.«

 

Auf dem Parkplatz von OBI angekommen bleiben Manz und sein Ruderfreund Theo dann allerdings im Wagen sitzen. Unbewegt. Als hätte man ihnen verboten auszusteigen.

»Die Russen ...«, hatte Theo noch gesagt, danach waren sie beide verstummt.

Parkende und langsam rangierende Autos....
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Matthias Wittekindt, geboren 1958 in Bonn, vergisst beim Schreiben oft alles um sich herum. Das passiert ihm in seiner Berliner Stadtwohnung genauso wie im Garten in Schmöckwitz am Zeuthener See, wo er im Sommer gern arbeitet. Doch nicht alles, was Wittekindt für seine Geschichten braucht, fliegt ihm vom See her zu. Seit seinem ersten Roman mit Kriminaldirektor a.D. Manz sieht man ihn regelmäßig im Kriminalgericht Moabit, wo er Strafprozesse verfolgt. »Eine Richterin, die meine Bücher kannte, rief an und sagte: >Herr Wittekindt, ab nächster Woche verhandeln wir ein Tötungsdelikt. Ich denke, es könnte sich lohnen, wenn Sie sich das mal anhören.