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Lügenherz

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am15.01.2013
Mila ist die Freundin, nach der Ally sich immer gesehnt hat. Als Mila sie bittet, ihr bei der Umsetzung eines Racheplans zu helfen, zögert Ally nicht lange. Schließlich handelt es sich dabei um Landgraf - einen ihrer Lehrer, den sie noch nie leiden konnte. Als Mila aber jedes Maß aus den Augen verliert, will Ally ihre Freundin stoppen. Ein tödlicher Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Beatrix Gurian (Beatrix Mannel) studierte Theater- und Literaturwissenschaften in Erlangen, Perugia und München. Danach arbeitete sie zehn Jahre als Redakteurin beim Fernsehen. Seitdem schreibt sie Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die in mehr als zehn Sprachen übersetzt wurden. Für ihre aufwändigen Recherchen reist sie um die ganze Welt. Außerdem unterrichtet sie kreatives Schreiben für alle Altersstufen. Sie lebt mit ihrer Familie in München. Foto © Erol Gurian
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Produkt

KlappentextMila ist die Freundin, nach der Ally sich immer gesehnt hat. Als Mila sie bittet, ihr bei der Umsetzung eines Racheplans zu helfen, zögert Ally nicht lange. Schließlich handelt es sich dabei um Landgraf - einen ihrer Lehrer, den sie noch nie leiden konnte. Als Mila aber jedes Maß aus den Augen verliert, will Ally ihre Freundin stoppen. Ein tödlicher Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Beatrix Gurian (Beatrix Mannel) studierte Theater- und Literaturwissenschaften in Erlangen, Perugia und München. Danach arbeitete sie zehn Jahre als Redakteurin beim Fernsehen. Seitdem schreibt sie Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die in mehr als zehn Sprachen übersetzt wurden. Für ihre aufwändigen Recherchen reist sie um die ganze Welt. Außerdem unterrichtet sie kreatives Schreiben für alle Altersstufen. Sie lebt mit ihrer Familie in München. Foto © Erol Gurian
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401802237
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum15.01.2013
SpracheDeutsch
Dateigrösse3380 Kbytes
Artikel-Nr.1230399
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1. Ally

Ferdi kommt tatsächlich immer näher zu mir her. Ich halte kurz die Luft an und drücke mir die Daumen. Wann immer ich ihn sehe, möchte ich zu ihm hinrennen und mich in seine Arme werfen. Natürlich unterdrücke ich diesen Impuls, denn ich fürchte, in seinen Augen wäre das ungefähr so passend, als ob Berta von »Two and a Half Men« Brad Pitt anbagggern würde. Allerdings sehe ich doch etwas besser aus als Berta und jünger bin ich natürlich auch. Aber selbst wenn ich traumschön und sozial kompatibel wäre und jederzeit über jeden Mist süß lächeln könnte, bliebe ich in meiner Berufsschulklasse trotzdem ein Alien. Ich habe anfangs alles versucht, um das zu ändern - allerdings ohne Erfolg, und deshalb muss ich damit leben, dass mich alle wie eine Außerirdische behandeln.

Wenn die wüssten, dass ein Blick von Ferdi genügt, um mein Herz ins Stolpern zu bringen, fänden sie mich sicher noch merkwürdiger. Denn Ferdi ist alles, was ich nicht bin: beliebt und sportlich und schlecht in der Schule. Aber ich kann´s nicht ändern, er gefällt mir trotzdem und deshalb habe ich mir etwas ausgedacht, in der Hoffnung, ihn so endlich kennenlernen zu können.

Ich suche seine Augen und sein besonderes Lächeln, das jedes Mal irgendwelche Schalter in meinem Hirn umlegt und dafür sorgt, dass mein Puls, meine Atmung schneller werden und mich in meinem Bauch merkwürdige Engelswesen mit den Flügeln kitzeln. Und ich wundere mich ständig, dass dieses Lächeln nicht alle umhaut. Es ist ein bisschen spöttisch, ein bisschen geheimnisvoll und ein bisschen, als hätte er gerade etwas unfassbar Süßes gegessen - kurzum einfach der Hammer.

Ich habe versucht, einen Anhänger aus Silber zu schmieden, der den Zauber seines Lächelns widerspiegelt, aber unser Lehrer, der eingebildete Landgraf, meinte dazu hämisch, das sei keineswegs die Essenz eines Lächelns, sondern bloß ein lächerlicher Haufen Silber. Zum Glück wissen weder der Landgraf noch Ferdi von meinen unmöglichen Fantasien, ich würde mich sonst zum Gespött der ganzen Schule machen.

Er kommt noch näher zu mir. Ich bin so gespannt, was er sagen wird. Die anderen starren schon zu uns her. Ich kann sie geradezu tuscheln hören - Ferdi spricht mit dem Alien. Dabei habe ich es letzte Woche nur knapp überlebt, ihn zu fragen, ob er nicht das Model für meinen neuen Silberschmuck sein möchte. Ich muss Fotos für einen Wettbewerb machen und ich hoffe, er kommt jetzt zu mir, um Ja zu sagen, auch wenn die Chancen dafür mehr als schlecht stehen.

»Hallo, Ferdi«, sage ich und finde, dass es für meine Verhältnisse echt locker klingt.

»Hi, Ally. Du, machen wir´s kurz, das wird nichts. Ehrlich gesagt finde ich deinen Schmuck ziemlich, ähh, entschuldige, scheußlich. Sorry, du.«

Mir wird ganz komisch. Ich merke, wie mir das Blut in die Wangen schießt. Das Wort scheußlich hallt in meinen Ohren, während er dasteht und so wundervoll lächelt wie immer.

»Oh, ja, tut mir leid«, antworte ich. Spinnst du, Ally, tut mir leid, was ist das denn für ein Mist? Sag ihm, wie gemein das gerade war!

Jetzt hebt er den Blick und starrt mich geringschätzig an. »Ich weiß nicht, was dich auf die Idee gebracht hat, dass ich mich mit diesem abscheulichen Zeug fotografieren lassen würde.«

Das laute Hämmern in meinen Ohren muss schuld daran sein, dass ich ihn merkwürdige Sachen sagen höre.

»Was?«

»Mehr hab ich dazu nicht zu sagen. Und noch was, Ally: Bitte lass mich in Zukunft einfach in Ruhe. Meine Freundin mag es nicht, wenn du mich immer so anstarrst. Du bist echt peinlich.«

Ich gerate ins Taumeln, das war entschieden eine Keule zu viel.

»Aber, aber ...« Ich beiße mir auf die Zunge, um nicht zu heulen, aber meine Augen füllen sich trotzdem mit Tränen. Reiß dich zusammen, Ally!

»Tut mir wirklich leid«, stammle ich und renne vom Schulhof in unser Klassenzimmer. Dort lasse ich mich auf meinen Platz fallen und versuche, mich zu beruhigen, doch in meinen Ohren rauscht es und ich höre immer wieder Ferdis Stimme: abscheulich, abscheulich, abscheulich.

Landgraf kommt zusammen mit den anderen rein und hält wie immer Vorträge, aber ich bin nicht in der Lage, dem Unterricht zu folgen. Obwohl ich die ganze Zeit wusste, wie lächerlich meine Hoffnungen waren, hatte ich mir doch so sehr gewünscht, dass ihm meine Sachen gefallen. Und dass er mich dann in meiner Werkstatt besucht und entdeckt, dass ich die Frau seines Lebens bin ...

Okay, Ally, das waren echt dumme Fantasien, ungefähr so realistisch wie die Mädels, die auf einen Sieg bei DSDS hoffen, aber aussehen wie eine Fünf-Sterne-Vogelscheuche und so schön singen wie ein Waldkauz. Die Enttäuschung sitzt trotzdem tief und Ferdis Worte fühlen sich auch jetzt noch wie Nadelstiche an. Wie kann jemand nur so gemein sein?

Die Gedanken in meinem Kopf fahren Achterbahn und mir fällt plötzlich ein, dass er mir meinen Schmuck noch nicht zurückgegeben hat. Vielleicht will er mich ja doch noch mal sehen, vielleicht hat ihn seine Freundin gezwungen, so etwas zu sagen? Ja genau, Ally, und die Sterne fallen vom Himmel ...

Trotzdem zerre ich mein Handy aus der Tasche und lege es vor mich auf den Tisch. Ist mir egal, was Landgraf dazu sagen wird. Vielleicht simst Ferdi mir noch, um einen Termin für die Übergabe zu machen. Ich starre auf das Display meines Handys und flehe es an, eine neue SMS anzukündigen. Ich mache Deals mit einer Schicksalsmacht, mit Gott, mit der Gerechtigkeit oder was auch immer: Wenn ich es schaffe, eine Minute lang nicht zu atmen, dann meldet er sich, sagt, es tue ihm leid und dass seine dämliche Freundin ihn dazu gezwungen hat, so abfällig über meine Entwürfe zu reden. Nein, ich muss es schon zwei Minuten schaffen.

Ich halte die Luft an. Dreißig Sekunden, vierzig, fünfzig, eine Minute. Ich muss husten, verdammt. Es klingt mehr wie ein ersticktes Röcheln. Landgraf schaut mich stirnrunzelnd an, ich wende den Blick ab und starre wieder auf mein Handy. Und obwohl ich so kläglich versagt habe, scheint das Schicksal Erbarmen mit mir zu haben - eine SMS. Mit zitternden Fingern öffne ich die Nachricht.

Sie ist nicht von Ferdi, sondern von Mila. Wenn ich nicht so traurig wäre, müsste ich über meine schwachsinnige Erwartung lachen und dann froh sein, von Mila zu hören, denn sie mag mich seltsamerweise. Und sie würde ganz bestimmt niemals so etwas Gemeines zu mir sagen.

Sie will wissen, ob ich heute Abend zu einer Flashmob-Aktion in der U-Bahn-Station Giselastraße mitkommen will. Das fragt sie nur, weil sie mich noch nicht gut genug kennt, sonst wüsste sie, dass ich eher sterben würde, als da hinzugehen. Sie ist viel cooler als ich. Bis vor Kurzem wusste ich nicht mal, was Flashmob überhaupt ist. Eine Spontanparty, bei der jemand im Internet postet, wo am Abend die Party steigt, und alle, die Lust haben, gehen hin. Mila weiß so was, obwohl sie in einem öden Vorort von Augsburg wohnt und ich in München.

Hey, wär doch chillig, bei dir zu übernachten, schreibt sie weiter. Hab keinen Bock mehr, danach zurück nach Augsburg zu fahren. Wie sieht´s bei dir aus? Oder hast du schon was anderes vor?

Wenn es nicht so extrem demütigend wäre, würde ich gerade am liebsten den Kopf auf den Tisch legen und heulen, denn die traurige Wahrheit ist nämlich die: Ich habe nichts vor. Seit ich Ferdi den Schmuck gegeben habe, warte ich auf seine Antwort und habe mir jeden Abend freigehalten für den Fall, dass er für die Fotoaufnahmen zu mir kommen würde. Und auch wenn ich mir hunderttausendmal gesagt habe, dass die Wahrscheinlichkeit so hoch ist wie die, dass Obama über Nacht ein Weißer wird, konnte ich trotzdem nicht damit aufhören zu hoffen.

Lena, meine allerbeste Freundin, die mir das alles sicher ausgeredet hätte, ist für ein Jahr in Neuseeland und sonst ist da außer Mila nur noch mein genialer Superbruder, und mit dem rede ich nie über Jungs. Ich hab´s wirklich versucht mit den Mädels in meiner Klasse, aber in Cliquen rumzuhängen, gibt mir das Gefühl zu ersticken und shoppen ist schon gar nicht mein Ding. Und während sich die anderen dreimal hintereinander »Sex and the City« reinziehen, gehe ich am liebsten in alte Schwarz-Weiß-Schnulzen.

Ich versuch´s noch mal mit Luftanhalten und starre auf mein Handy. Diesmal schaffe ich neunzig Sekunden. Aber es passiert nichts. Mein Bauch fühlt sich so leer an, als hätte ich seit Wochen nichts gegessen, und trotzdem sticht es bei jedem Atemzug darin, als hätten böse Feen ihn mit Nadeln gespickt. Abscheulich!

Noch eine SMS. Wieder Mila. Sie will wissen, ob es okay ist, wenn sie zu mir kommt, weil sie sonst anders planen muss.

Ich zwinge mich, kurz darüber nachzudenken. Ich mag nicht, dass jemand in meinem Bett schläft, der vorher bei ´ner Flashmob war. All diese Bazillen in meinem Bett ... Nein, danke.

Aber ich möchte Mila nicht kränken, denn wenn ich ablehne, denkt sie bestimmt, ich würde sie nicht wirklich mögen. Schließlich macht sie diesen Vorschlag zum ersten Mal. Gehe nicht mit zur Party, aber komm du doch später zu mir und bring deinen Schlafsack mit. Bis heute Abend!, schreibe ich ihr zurück.

»Scarlett, legen Sie das Handy weg. Sie sollten sich lieber auf den Deutschunterricht konzentrieren oder glauben Sie, dass Sie das nicht nötig haben?«

Landgraf hat sich angeschlichen und steht jetzt so nah vor mir, dass ich in seine glockenblumenblauen Augen schauen und sein limonenartiges Männerparfüm riechen muss....


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Autor

Beatrix Gurian (Beatrix Mannel) studierte Theater- und Literaturwissenschaften in Erlangen, Perugia und München. Danach arbeitete sie zehn Jahre als Redakteurin beim Fernsehen. Seitdem schreibt sie Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die in mehr als zehn Sprachen übersetzt wurden. Für ihre aufwändigen Recherchen reist sie um die ganze Welt. Außerdem unterrichtet sie kreatives Schreiben für alle Altersstufen. Sie lebt mit ihrer Familie in München.Foto © Erol Gurian