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Frühlingsanfang

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
223 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am12.02.20181. Auflage
Frühlingsanfang in Moskau, 1913. Nelly Reid, treusorgende Ehefrau und liebevolle Mutter dreier Kinder, verlässt ihren Mann Frank völlig unerwartet und kehrt nach England zurück, die Kinder bleiben bei ihrem Vater. Der sieht sich vor ungewohnte Herausforderungen gestellt: Er muss sich nicht nur um seine Firma kümmern, sondern auch um den Haushalt und den Nachwuchs ... Da tritt Lisa Iwanowna in Franks Leben, eine junge, gut aussehende Frau vom Lande. Aber ist sie wirklich so naiv, wie sie scheint? Und welche Rolle spielt Franks Buchhalter, Selwyn Crane, der sich so offensichtlich bemüht, die beiden zusammenzubringen?

»Penelope Fitzgeralds Bücher bieten ein Lesevergnügen der besonderen Art: Ganz unaufgeregt, nachdenklich und wehmütig zeigen sie eine einfache Wahrheit: Das Alltägliche, das Allzumenschliche entwickelt oft famosen Witz.« Der Spiegel



Penelope Fitzgerald (1916-2000) studierte in Oxford und war während des Zweiten Weltkrieges Mitarbeiterin bei der BBC. Sie war Dozentin an der Italia Conti Academy und an der Queen's Gate School in London, außerdem arbeitete sie einige Jahre in einer Buchhandlung in Southwold, Suffolk. Sie gehört laut Times zu den wichtigsten englischen Autoren nach 1945. 1979 wurde sie mit dem renommierten Booker Prize und 1998 als erste nichtamerikanische Autorin mit dem amerikanischen National Book Critics Circle Award for Fiction ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,80
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR3,45
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextFrühlingsanfang in Moskau, 1913. Nelly Reid, treusorgende Ehefrau und liebevolle Mutter dreier Kinder, verlässt ihren Mann Frank völlig unerwartet und kehrt nach England zurück, die Kinder bleiben bei ihrem Vater. Der sieht sich vor ungewohnte Herausforderungen gestellt: Er muss sich nicht nur um seine Firma kümmern, sondern auch um den Haushalt und den Nachwuchs ... Da tritt Lisa Iwanowna in Franks Leben, eine junge, gut aussehende Frau vom Lande. Aber ist sie wirklich so naiv, wie sie scheint? Und welche Rolle spielt Franks Buchhalter, Selwyn Crane, der sich so offensichtlich bemüht, die beiden zusammenzubringen?

»Penelope Fitzgeralds Bücher bieten ein Lesevergnügen der besonderen Art: Ganz unaufgeregt, nachdenklich und wehmütig zeigen sie eine einfache Wahrheit: Das Alltägliche, das Allzumenschliche entwickelt oft famosen Witz.« Der Spiegel



Penelope Fitzgerald (1916-2000) studierte in Oxford und war während des Zweiten Weltkrieges Mitarbeiterin bei der BBC. Sie war Dozentin an der Italia Conti Academy und an der Queen's Gate School in London, außerdem arbeitete sie einige Jahre in einer Buchhandlung in Southwold, Suffolk. Sie gehört laut Times zu den wichtigsten englischen Autoren nach 1945. 1979 wurde sie mit dem renommierten Booker Prize und 1998 als erste nichtamerikanische Autorin mit dem amerikanischen National Book Critics Circle Award for Fiction ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458749912
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum12.02.2018
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.4626
Seiten223 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2591494
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1


1913 kostete die Bahnfahrt von Moskau nach Charing Cross, mit Umsteigen in Warschau, vierzehn Pfund, sechs Schilling, drei Pence und dauerte zweieinhalb Tage. Im März 1913 unternahm Nellie, Frank Reids Frau, diese Fahrt. Sie brach von ihrer Wohnung in der Lipkastraße 22 im Stadtteil Kamovniki auf; die drei Kinder, Dolly, Ben und Anuschka, nahm sie mit. Anuschka (oder Annie) war zweidreiviertel und auf dem besten Wege, ein noch schlimmerer Quälgeist zu werden als die beiden anderen. Dunjascha, das Kindermädchen, das sich in der Lipkastraße 22 um die drei kümmerte, kam trotzdem nicht mit auf die Reise.

Dunjascha war wohl eingeweiht, Frank Reid aber wußte von nichts. Erst als er aus der Druckerei nach Hause kam, erfuhr er durch einen Brief von der Reise. Diesen Brief habe ein Bote abgegeben, erklärte ihm der Diener Toma.

»Wo ist der Bote jetzt?« fragte Frank und nahm den Brief. Er trug Nellies Schrift.

»Wieder an die Arbeit gegangen. Er gehört zum Boten-Artel und darf sich nirgends ausruhen.«

Frank ging daraufhin schnurstracks durch die rechtsseitigen Hinterzimmer in die Küche, wo er auch wirklich den Boten beim Tee mit der Köchin und der Küchenhilfe fand; die rote Botenmütze lag auf dem Tisch.

»Woher hast du den Brief?«

»Man hat mich herbestellt«, sagte der Bote und stand auf, »und mir den Brief gegeben.«

»Von wem hast du ihn?«

»Von Ihrer Frau, Elena Karlovna Reid.«

»Dies ist mein Haus, und ich wohne hier. Wozu brauchte sie einen Boten?«

Inzwischen hatten sich alle in der Küche versammelt: der Schuhputzjunge, genannt Kleiner Kosake, die Waschfrau, die heute ihren wöchentlichen Waschtag bei Reids hatte, das Dienstmädchen und Toma. »Er hätte den Brief in Ihr Büro bringen sollen«, sagte Toma, »aber Sie waren früher zu Hause als sonst und kamen ihm zuvor.«

Frank war in Moskau geboren und aufgewachsen; von Natur aus friedlich und zurückhaltend, wußte er doch, daß er ab und zu im Leben theatralisch werden mußte. Er setzte sich also ans Fenster, obwohl es um vier Uhr schon dunkel war, und öffnete den Brief vor aller Augen. Zwei, drei Briefe hatte er seit seiner Heirat von Nellie bekommen; an mehr konnte er sich nicht erinnern. Schreiben war nicht nötig gewesen; getrennt waren sie kaum je, und sie redete sowieso ziemlich viel. In letzter Zeit vielleicht nicht mehr ganz soviel.

Er las, so langsam er konnte, aber sie hatte nur ein paar Zeilen geschrieben, eine Mitteilung, daß sie abgereist war. Von einer Rückkehr nach Moskau stand nichts da, und er schloß daraus, daß sie ihm nicht hatte sagen wollen, was eigentlich los war, vor allem, weil sie ganz unten auf die Seite geschrieben hatte, sie sage dies ohne Bitterkeit und wünsche, er nehme es auch so auf. Dann las er noch etwas wie: bleib gesund.

Alle standen da und beobachteten ihn schweigend. Frank wollte sie nicht enttäuschen, also faltete er das Blatt Papier sorgfältig wieder zusammen und steckte es in den Umschlag zurück. Er sah aus dem Fenster auf den dunklen Hof, wo der Holzstapel für den Winter jetzt zu drei Vierteln abgetragen war. Jenseits des Gartenzauns schimmerten hier und da die Öllampen der Nachbarn. Frank hatte in Verhandlungen mit der Moskauer Elektrizitätsgesellschaft erreicht, daß sein Haus mit 25-Watt-Birnen beleuchtet wurde.

»Elena Karlovna ist abgereist«, sagte er, »die Kinder hat sie mitgenommen, für wie lange, weiß ich nicht. Sie hat mir nicht gesagt, wann sie wiederkommt.«

Die Frauen fingen an zu weinen. Bestimmt hatten sie Nellie beim Packen geholfen und sich dabei die Winterkleider schenken lassen, die nicht mehr in die Koffer paßten, aber diese Tränen waren echt und der Kummer nicht gespielt.

Der Bote stand immer noch da, die rote Mütze in der Hand. »Hast du dein Geld schon bekommen?« fragte ihn Frank. Der Junge verneinte. Die Mitglieder des Artels wurden nach einem festen Satz bezahlt, der zwischen zwanzig und vierzig Kopeken lag, aber es war fraglich, ob er überhaupt etwas verdient hatte. Nun kam der Hausmeister in die Küche, in einer Wolke von Öl und Sägemehl, und brachte den unverkennbaren Geruch von Kälte mit herein. Ihm mußte alles noch einmal von vorn erklärt werden, obwohl nur er Nellies Gepäck aufgeladen haben konnte.

»Bringt mir Tee ins Wohnzimmer«, sagte Frank. Dem Boten gab er dreißig Kopeken. »Essen um sechs, wie immer.« Er erstickte fast bei dem Gedanken, daß die Kinder nicht da waren, daß Dolly und Ben nicht aus der Schule kommen würden und daß keine Annuschka im Haus herumlief. Am Morgen hatte er noch drei Kinder, jetzt hatte er keines. Wie sehr ihm Nellie fehlen würde, wie sehr sie ihm jetzt schon fehlte, wußte er im Augenblick nicht zu sagen. Das schob er beiseite; wie es auf ihn wirkte, wollte er später bedenken. Sie hatten eine Reise nach England erwogen, weshalb Frank die Ausreisepapiere der Familie bei der Lokalpolizei und im Polizeipräsidium in Ordnung gebracht hatte. Sollte die Polizei Nellie etwas eingeredet haben, als sie ihren Paß unterschrieb? Aber wann hatte Nellie sich je etwas einreden lassen?

Die Firma Reid, die Franks Vater um 1870 in Moskau gegründet hatte, importierte und montierte zunächst Druckmaschinen. Eine kleine Druckerei lief damals nur nebenher. Inzwischen lebte Frank fast ausschließlich von diesem Druckereibetrieb. Mit der Montagefirma war nichts mehr anzufangen, die Konkurrenz der Deutschen und des direkten Importgeschäftes war zu hart. Aber die Druckerei warf genug ab, und Frank hatte einen einigermaßen vernünftigen Geschäftsführer. Das Wort vernünftig paßte allerdings genaugenommen nicht so ganz auf Selwyn. Er hatte keine Frau und anscheinend keine Sorgen, war Tolstoj-Jünger, nach dessen Tod in verstärktem Maß, und er schrieb Gedichte in russischer Sprache. In Franks Vorstellung handelten russische Gedichte von Birkenbäumen und Schnee, und in den letzten Versproben, die Selwyn ihm vorgelesen hatte, tauchten Birken und Schnee auch ziemlich oft auf.

Frank ging zum Telefon, drehte die Kurbel zweimal und verlangte die Nummer der Reid-Druckerei. Inzwischen kam Toma mit dem Samowar, dem kleinen, der ihm groß genug für den Hausherrn schien, jetzt, wo er ganz allein war. Der Samowar fing gerade an zu kochen und gab ein leichtes, einladendes Summen von sich.

»Was sollen wir mit den Kinderzimmern machen, Herr?« fragte Toma mit leiser Stimme.

»Macht die Türen zu und laßt die Zimmer, wie sie sind. Wo ist Dunjascha?«

Frank wußte, daß sie sich irgendwo im Haus aufhielt, aber in Deckung blieb, wie ein Rebhuhn in der Ackerfurche, um sich Vorwürfen zu entziehen.

»Dunjascha möchte Sie sprechen. Was soll sie denn arbeiten, jetzt, wo die Kinder weg sind?«

»Sag ihr, das soll sie nur mir überlassen.« Frank merkte, daß er sich anhörte wie ein launenhafter Herr über Leibeigene. Aber hatte er ihnen denn je ernsthaft Grund zur Sorge um ihre Arbeitsplätze gegeben?

Das Telefongespräch kam durch, und Selwyns helle, nachdenkliche Stimme antwortete russisch: »Ich höre.«

»Ich wollte dich heute nachmittag eigentlich nicht stören, aber es ist etwas geschehen, was ich so nicht erwartet hätte.«

»Du klingst nicht wie sonst, Frank. Sag mir, was ist dir widerfahren? Freude oder Kummer?«

»Ich würde sagen, ein ziemlicher Schock. Also Kummer, wenn es eins von beiden sein soll.«

Toma kam einen Augenblick in die Diele, sagte etwas von Änderungen, die man machen müsse, und zog sich wieder in die Küche zurück. Frank sprach weiter: »Selwyn, es ist etwas mit Nellie. Sie ist nach England zurückgefahren, nehme ich jedenfalls an, und die Kinder hat sie mitgenommen.«

»Alle drei?«

»Ja.«

»Aber vielleicht möchte sie zu Besuch ...« Selwyn stockte und suchte nach Worten, als falle es ihm schwer, die richtigen Bezeichnungen für normale menschliche Beziehungen zu finden, »könnte es nicht sein, daß man seine Mutter besuchen möchte?«

»Sie hat nicht ein Wort darüber verloren. Jedenfalls war ihre Mutter schon tot, bevor ich Nellie kennenlernte.«

»Und ihr Vater?«

»Sie hat nur noch ihren Bruder. Und der wohnt da, wo er immer war, in Norbury.«

»In Norbury, Frank, und dann noch als Waise!«

»Also, eine...

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Autor

Penelope Fitzgerald (1916-2000) studierte in Oxford und war während des Zweiten Weltkrieges Mitarbeiterin bei der BBC. Sie war Dozentin an der Italia Conti Academy und an der Queen's Gate School in London, außerdem arbeitete sie einige Jahre in einer Buchhandlung in Southwold, Suffolk. Sie gehört laut Times zu den wichtigsten englischen Autoren nach 1945. 1979 wurde sie mit dem renommierten Booker Prize und 1998 als erste nichtamerikanische Autorin mit dem amerikanischen National Book Critics Circle Award for Fiction ausgezeichnet.