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Erinnerungen an eine Ehe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
222 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am16.09.20132. Auflage
Was weiß man überhaupt über das Zusammenleben? Philip, ein erfolgreicher Schriftsteller, ist aus seiner Wahlheimat Paris zurück nach New York gezogen. Er hat alles verloren, was ihm lieb war, seine Frau und seine Tochter, doch nach der Trauer kam die Resignation und mit ihr auch eine neue Art von Leichtigkeit. Philip lebt in seinen Erinnerungen, ein glücklicher Witwer, dem Ambitionen so fremd geworden sind wie Ängste. Dann begegnet er Lucy, einer Jugendfreundin - Lucy, die schöne Erbin, die lebenslustige und frivole junge Frau, mit der er einst mondäne Partys feierte. Jetzt ist sie eine scharfzüngige alte Dame, die voller Verbitterung über ihre Ehe mit Thomas Snow spricht, einem sozialen Aufsteiger, von dem sie sagt, dass er ihr Leben zerstört habe. Und Philip, der ihr zunächst nur widerwillig zuhört, lässt sich infizieren von der Geschichte, die immer mehr Fragen aufwirft. Er beginnt, der Sache auf den Grund zu gehen, in der Vergangenheit zu forschen. Dabei darf er sich, anders als in seiner Jugend, nicht in Lucys Bann ziehen lassen. »Erinnerungen an eine Ehe« ist ein konzentrierter, temperamentvoller Gesellschaftsroman um Liebe, Kränkung und Verrat, das Porträt einer widerspenstigen Frau und einer ganzen Generation.


Louis Begley, 1933 in Polen geboren, arbeitete bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem Roman Lügen in Zeiten des Krieges weltweit bekannt. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,95
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextWas weiß man überhaupt über das Zusammenleben? Philip, ein erfolgreicher Schriftsteller, ist aus seiner Wahlheimat Paris zurück nach New York gezogen. Er hat alles verloren, was ihm lieb war, seine Frau und seine Tochter, doch nach der Trauer kam die Resignation und mit ihr auch eine neue Art von Leichtigkeit. Philip lebt in seinen Erinnerungen, ein glücklicher Witwer, dem Ambitionen so fremd geworden sind wie Ängste. Dann begegnet er Lucy, einer Jugendfreundin - Lucy, die schöne Erbin, die lebenslustige und frivole junge Frau, mit der er einst mondäne Partys feierte. Jetzt ist sie eine scharfzüngige alte Dame, die voller Verbitterung über ihre Ehe mit Thomas Snow spricht, einem sozialen Aufsteiger, von dem sie sagt, dass er ihr Leben zerstört habe. Und Philip, der ihr zunächst nur widerwillig zuhört, lässt sich infizieren von der Geschichte, die immer mehr Fragen aufwirft. Er beginnt, der Sache auf den Grund zu gehen, in der Vergangenheit zu forschen. Dabei darf er sich, anders als in seiner Jugend, nicht in Lucys Bann ziehen lassen. »Erinnerungen an eine Ehe« ist ein konzentrierter, temperamentvoller Gesellschaftsroman um Liebe, Kränkung und Verrat, das Porträt einer widerspenstigen Frau und einer ganzen Generation.


Louis Begley, 1933 in Polen geboren, arbeitete bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem Roman Lügen in Zeiten des Krieges weltweit bekannt. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518734506
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum16.09.2013
Auflage2. Auflage
Seiten222 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1301910
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
I

An einem Abend im Mai 2003, ein paar Tage nach George W. Bushs erstaunlicher Erklärung, die »Mission« sei erfüllt, ging ich ins New York State Theater, um mir eine Aufführung der New York City Ballet Compagnie anzusehen. Ich hatte auf ein reines Jerry-Robbins-Programm gehofft, und das stand auch auf dem Spielplan, aber erst zu einem Termin später im Monat. Leider lag der spätere Zeitpunkt für mich ungünstig ich war am fraglichen Abend schon mit einem Freund aus Studentenzeiten, der sich gerade wieder verheiratet hatte, zum Dinner verabredet , und ich musste mich mit einer Vorstellung begnügen, in der unter anderem die offizielle Premiere von Guide to Strange Places, wieder eine von Peter Martins' hohlen Kreationen, zu sehen war. Die Musik von John Adams ließ mich kalt. Hätte Martins doch zugelassen, dass er uns als der phantastische Tänzer in Erinnerung bliebe, der er in seiner besten Zeit gewesen war, dass wir ihm weiter dankbar für seine Geschäftsführung der Compagnie sein konnten, dachte ich bei mir; wie schade, dass er stattdessen immer wieder Anlass zur Enttäuschung über seine Choreographie gibt. Da ich mich nicht auf die Tanzfiguren konzentrieren konnte, die das Ensemble zwar tadellos ausführte, die aber nach meinem Eindruck kein Ziel hatten, ließ ich meine Gedanken zu Jerome Robbins abschweifen. Meine Frau Bella und ich waren mit ihm eng befreundet gewesen, und er hatte uns regelmäßig zu Proben eingeladen. Wir schauten zu, wie er jede Szene eines Balletts unermüdlich durchprobierte, wie er schimpfte, korrigierte, gut zuredete, bis endlich eine mysteriöse, für Bella und mich oft nicht wahrnehmbare Veränderung signalisierte, dass die Musik und der Tanz harmonierten und jetzt seiner Vorstellung entsprachen. Dann klatschte er in die Hände, drehte sich zu seinem Assistenten Victor um und sagte: Das ist es, sie haben's gepackt, komm, lass uns essen gehen. Nach den Proben war Jerry immer wie ausgehungert. Dann begleiteten wir ihn und Victor ins Shun Lee, ein Chinarestaurant an der West Sixty-Fifth Street, wo Jerry, der im Alltag so frugal lebte, die mild gewürzten Kanton-Gerichte, die er liebte, eins nach dem anderen hinunterschlang. 1998, fünfzehn Jahre nach George Balanchine, starb er, und damit fiel der Vorhang, eine großartige, von ihrer Arbeit geprägte Ära in der Ballettgeschichte war vorbei. Ich war dankbar, dass ich zu ihren Lebzeiten so viel davon gesehen hatte, aufgeführt von Tänzern aus ihrer Schule. Ob die Compagnie die Meisterwerke, die diese beiden für sie geschaffen hatten, weiter so vollendet aufführen würde, wenigstens, solange ich noch lebte? Ich hoffte es.

In der Pause holte ich mir an der Bar einen Whiskey und ging, da der Abend mild war, auf die Terrasse hinaus. Der Springbrunnen mitten auf der Plaza war noch nicht neu programmiert und ließ seinen Strahl also nicht in einem Rhythmus aufsteigen und fallen, der so kompliziert wie Fred Astaires Steptanz und nicht leichter zu entschlüsseln war, aber mir gefiel er trotzdem, und ich wurde nie müde, ihn anzusehen. Ich war bezaubert. Wie wunderbar, sagte ich mir wieder und wieder, was für ein Glück, dass ich zurückgekommen bin, um in dieser Stadt zu leben. Die längste Zeit hatte ich mich gescheut, mir und anderen zu gestehen, dass ich glücklich war. Mit diesem Geständnis hätte ich, dessen war ich mir sicher, die Götter herausgefordert, dort zuzuschlagen, wo ich am verletzlichsten war. Nicht mich zu treffen, sondern Bella oder unsere kleine Agnes. Doch die Strafe hatte mich schon ereilt, in vollem Ausmaß, und das Wenige, das von mir übrig blieb, war nicht mehr verwundbar. Wir hatten teils in Paris, teils in New York gewohnt, länger jedoch im Ausland, weil Bellas gesamte Familie dort lebte. Kurz nachdem wir wieder für eine Weile nach New York gekommen waren, wurde Agnes von einem herabfallenden Ast im Central Park erschlagen. Sie war sofort tot, und auch das Kindermädchen, das sie vom Kinderzoo nach Hause brachte, wurde schwer verletzt. Für unseren Kummer gab es keine Worte. Zwei Jahre oder länger konnten wir nicht über die Katastrophe sprechen, wir litten stumm und waren uns wortlos einig, dass wir kein Kind mehr haben wollten; niemand konnte Agnes' Platz einnehmen, und wir wollten dem Schicksal nicht noch eine Geisel geben. Wir hielten uns von New York fern, wann immer es möglich war, und lernten, füreinander und für unsere Arbeit zu leben. Wir waren kaum je getrennt. Ich bin Schriftsteller, und Bella schrieb ebenfalls; in jeder Wohnung, ob in New York oder in dem Haus an einem felsigen Abhang außerhalb von Sharon, Connecticut, das ich in den fünfziger Jahren von einer unverheirateten Tante geerbt hatte, oder in unserer Pariser Wohnung in der Nähe des Panthéons, überall richteten wir zwei nebeneinander liegende Räume als unsere Arbeitszimmer ein.

In einem Winter dann, den wir aus Berufsgründen in New York verbrachten, begann Bella, die nie über Schmerzen oder Beschwerden klagte, nie Erkältungen hatte oder sich von einem Jetlag das Schlafmuster durcheinanderbringen ließ, unter dauerndem Schnupfen und seltsamen kleinen Infektionen zu leiden, und auf ihrer Haut tauchten rote Flecken auf. Sie scherzte, wenn einer von uns ein Drogensüchtiger wäre, der Nadeln gemeinsam mit anderen benutzte oder mit anderen Abhängigen schlief, dann würde sie denken, sie habe Aids. Aber nein, sie sei einfach von dem endlosen New Yorker Winter angeschlagen. Ich glaubte, dass sie recht hatte. Zum ersten Mal in unserem Leben reisten wir der Sonne nach in den Süden, nach Barbados, die einzige reizvolle Insel, auf der es eine Unterkunft gab, die bot, was wir brauchten  die beiden unentbehrlichen Arbeitszimmer und Strandnähe  und sofort zu einem annehmbaren Preis verfügbar war. Das Haus am Strand von St. James erwies sich als perfekt. Vom frühen Morgen an saßen wir arbeitend an unseren Schreibtischen. Vor dem Lunch gönnten wir uns ein, zwei Stunden in der Sonne und im sanften Karibischen Meer, das uns mit einer endlosen Modenschau der im Korallenriff hin und her flitzenden Fische verwöhnte, dann gingen wir zum Essen nach Hause und hielten danach den Mittagsschlaf, der für uns die Zeit zum Lieben war. Anschließend arbeiteten wir wieder bis weit in den Abend. Nach einer Woche dieses paradiesischen Lebens sagte mir Bella, als wir mittags vom Essenstisch aufstanden, diesmal müssten wir ausnahmsweise nur Ruhe halten. Ihr tue alles weh, und besonders dort unten. Auch eine merkwürdige Blutung sei ihr aufgefallen. Ob ich einverstanden sei? Sofort erklärte ich ihr, wir müssen den nächsten verfügbaren Flug nach New York nehmen und zu unserem Hausarzt oder einem Spezialisten gehen. Das lehnte sie kategorisch ab und bestand darauf, dass wir die restlichen zwei Wochen, für die wir das Haus gemietet hatten, auf der Insel blieben. Kein Grund, auch nur einen Augenblick unseres Idylls zu opfern. Dass es reichlich Grund gegeben hätte, erfuhren wir jedoch schon bald, nachdem wir wieder in der Stadt waren. Bella hatte die Symptome einer akuten lymphoblastischen Leukämie, die das Knochenmark angegriffen hatte und es methodisch, unerbittlich zerstörte. Mit zunehmend drakonischen Maßnahmen ließ sich eine vielleicht einen Monat vorhaltende Remission erreichen. Wieder und wieder durchlief Bella den Zyklus, der sie schwer zeichnete und völlig erschöpfte; Hoffnung auf Heilung oder eine länger anhaltende Remission bot nach Auskunft des Hämatologen nur eine gelingende Knochenmarktransplantation. Bella hatte außer einem älteren Bruder keine Geschwister; er war sofort bereit, Knochenmark zu spenden. Die Blutsverwandtschaft und die daraus resultierende fast vollständige Übereinstimmung ihrer Blutgruppen würde das Risiko einer Abstoßung erheblich vermindern. Bella wog die Nachbehandlung, der sie sich im Anschluss an die Transplantation unterziehen müsste, gegen die Heilungschancen ab, die sie mit hartnäckiger Skepsis einschätzte, und entschied sich gegen die Prozedur. Ich glaube nicht, dass der Krebs meinen Körper verlässt, und ob ich ein paar Jahre gewinne, ist mir egal, sagte sie. Es wären keine guten Jahre. Wir haben ein wunderbares Leben miteinander gehabt. Geben wir uns nicht mit einem Rest zufrieden, in dem so schrecklich wenig von mir übrig bliebe. Das wollen wir beide nicht. Ich konnte nicht verbergen, dass ich mit ihr einig war. Mit Hilfe von Opiaten, die wir gehortet hatten, starb sie sechs Monate später friedlich in meinen Armen. Und ich? Ich leide Folterqualen, aber ich habe immer noch meine Arbeit. Die erledige ich gewissenhaft und bescheiden und nur, weil sie mir Freude macht, einen anderen Lohn erwarte ich nicht. Und ich habe meine Erinnerungen. Dantes Vergil hat sich geirrt, als er ihm erklärte, kein Schmerz sei größer, als im Unglück an vergangene glückliche Zeiten zu denken. Die Erinnerung ist ein Trost. Vielleicht der einzige. Sie ist auch der beste Begleiter.

Eine Stimme, die mir bekannt vorkam, die ich aber nicht sofort zuordnen konnte, unterbrach meine Träumerei; sie rief meinen Namen: Philip! Ich drehte mich um und sah eine hochgewachsene schlanke Dame Ende sechzig oder vielleicht Anfang siebzig, erstaunlich gut aussehend, in einem schwarzen Hosenanzug, wahrscheinlich von Armani, und schwarzen Pumps. Eine schwarze Handtasche hing ihr an einer Goldkette von der Schulter. Als mir einfiel, wer sie war, blinzelte ich. Viele Jahre waren vergangen, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Zu viele, um rasch nachzurechnen. Aber ja, sie war es, ohne Zweifel.

Meine Güte, sagte die Dame jetzt, was ist denn mit dir los, kennst du mich nicht mehr? Ich habe dich sofort erkannt, obwohl du mir den Rücken zugedreht hattest. Deine Haare sind weiß geworden, immer noch zu kurz geschnitten, und deine Ohren stehen immer noch ab. Ich hatte keine...
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Kritik
»Das große Vergnügen bei der Lektüre von Begleys Büchern ist ihre außergewöhnliche literarische Intelligenz.«mehr

Autor

Louis Begley, 1933 in Polen geboren, arbeitete bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem Roman Lügen in Zeiten des Krieges weltweit bekannt. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet.