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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am10.03.2014
Malik Solanka ist Professor für Ideengeschichte in Cambridge und leidenschaftlicher Puppenmacher. Als eines seiner Geschöpfe unerwartet zu einem fulminanten TV-Erfolg wird, verlässt Malik von einem Tag auf den anderen seine Familie in England und macht sich, getrieben von einer inneren Unruhe, auf den Weg nach New York. Doch auch hier kommt er nicht zur Ruhe, wird immer häufiger von unerklärlichen Wutausbrüchen heimgesucht und droht allmählich in einem Strudel seiner Gefühle, Gedanken und Gelüste unterzugehen.

Salman Rushdie, 1947 in Bombay geboren, ging mit vierzehn Jahren nach England und studierte später in Cambridge Geschichte. Mit seinem Roman »Mitternachtskinder«, für den er den Booker Prize erhielt, wurde er weltberühmt. 1996 wurde ihm der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt. 2007 schlug ihn Königin Elizabeth II. zum Ritter. 2022 ernannte ihn das deutsche PEN-Zentrum zum Ehrenmitglied. 2023 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextMalik Solanka ist Professor für Ideengeschichte in Cambridge und leidenschaftlicher Puppenmacher. Als eines seiner Geschöpfe unerwartet zu einem fulminanten TV-Erfolg wird, verlässt Malik von einem Tag auf den anderen seine Familie in England und macht sich, getrieben von einer inneren Unruhe, auf den Weg nach New York. Doch auch hier kommt er nicht zur Ruhe, wird immer häufiger von unerklärlichen Wutausbrüchen heimgesucht und droht allmählich in einem Strudel seiner Gefühle, Gedanken und Gelüste unterzugehen.

Salman Rushdie, 1947 in Bombay geboren, ging mit vierzehn Jahren nach England und studierte später in Cambridge Geschichte. Mit seinem Roman »Mitternachtskinder«, für den er den Booker Prize erhielt, wurde er weltberühmt. 1996 wurde ihm der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt. 2007 schlug ihn Königin Elizabeth II. zum Ritter. 2022 ernannte ihn das deutsche PEN-Zentrum zum Ehrenmitglied. 2023 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641134020
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum10.03.2014
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1312 Kbytes
Artikel-Nr.1386375
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Professor Malik Solanka, Ideen-Historiker im Ruhestand, cholerischer Puppenmacher, seit seinem nicht lange zurückliegenden fünfundfünfzigsten Geburtstag Junggeselle und aus freiem (weithin kritisierten) Entschluß alleinlebend, fand sich in reiferen Jahren in ein goldenes Zeitalter versetzt. Draußen vor seinem Fenster glühte und schwitzte ein langer, schwüler Sommer vor sich hin, die erste heiße Jahreszeit des dritten Jahrtausends. In der Stadt brodelte das Geld. Mieten und Vermögenswerte waren so hoch wie noch nie, und in der Bekleidungsindustrie war man weitgehend der Meinung, die Mode sei noch nie so trendy gewesen. Stündlich öffneten neue Restaurants. Geschäfte, Vertragshändler, Galerien waren bemüht, die hochschnellende Nachfrage nach ausgefallenen Produkten zu befriedigen: Olivenöle in limitierter Menge, Korkenzieher für dreihundert Dollar, speziell gefertigte Humvee-Jeeps, die neueste Anti-Virus-Software, Begleitservice-Unternehmen, zu deren Angebot Schlangenmenschen und Zwillinge gehörten, Video-Installationen, Outsider-Kunst, federleichte Schals aus dem Bartflaum ausgestorbener Bergziegen. So viele Leute stylten ihre Wohnungen um, daß edle Einrichtungsgegenstände zu Mangelware wurden. Es gab Wartelisten für Bäder, Türknäufe, importierte Harthölzer, antike Kamine, Bidets, Marmorplatten. Trotz der jüngsten Kursverluste beim Nasdaq und der sinkenden Amazon-Aktien hielt die neue Technologie die Stadt in ihrem Bann: Man redete immer noch von Startups, Neuemissionen, Interaktionen, der unvorstellbaren Zukunft, die gerade erst zu werden begann. Die Zukunft war ein Spielkasino, und jeder wollte sein Glück versuchen und erwartete, dabei zu gewinnen.

In Professor Solankas Straße hingen reiche weiße Jugendliche, die der Mode entsprechend Armut vortäuschten, in überweiten Kleidungsstücken auf rosenberankten Vortreppen herum, während sie auf die Milliarden warteten, die ihnen zweifellos schon bald in den Schoß fallen würden. Unter ihnen gab es eine grünäugige junge Frau mit ausgeprägt slawischen Wangenknochen, die seinen sexuell abstinenten, doch immer noch munter schweifenden Blick vor allem auf sich zog. Ihr stachelähnliches rotblondes Haar sträubte sich unter einer schwarzen D'Angelo-Voodoo -Baseballkappe, ihre Lippen waren voll und zu einem ironischen Lächeln verzogen, und sie kicherte unhöflich hinter einer nachlässig vorgehaltenen Hand, als der altweltlerische, Stöckchen wirbelnde kleingewachsene Solly Solanka mit Panama-Strohhut und cremefarbenem Leinenanzug auf seinem Nachmittagsspaziergang an ihnen vorbeikam. Solly: sein Ich aus alten Collegetagen, auf das er nie Wert gelegt hatte, das abzulegen ihm aber auch niemals ganz gelungen war.

»Sir? Hey, Sir, entschuldigen Sie!« rief die Blondine ihm zu - in befehlsgewohntem Ton, der keine Verweigerung einer Antwort zuließ. Ihre Satrapen wurden wachsam wie eine Prätorianergarde. Sie brach eine Regel des Großstadtlebens, brach sie rücksichtslos, ihrer Macht gewiß, ihres Territoriums und ihrer Gefolgschaft sicher, furchtlos. Es war nichts weiter als die Chuzpe eines hübschen Mädchens; keine große Sache. Professor Solanka hielt inne und wandte sich zu der träge faulenzenden Göttin der Vortreppe um, die auf ihre enervierende Art fortfuhr, ihm Fragen zu stellen. »Sie gehen viel zu Fuß. Ich meine, fünf- oder sechsmal am Tag sehe ich, wie Sie irgendwo hingehen. Ich sitze hier, ich sehe Sie kommen, ich sehe Sie gehen, aber nie mit einem Hund, und Sie kommen auch nie mit Freundinnen oder Einkäufen zurück. Außerdem sind Sie zu ungewöhnlichen Zeiten unterwegs, deswegen können Sie auch nicht zu irgendeiner Arbeit gehen. Also frage ich mich doch, warum geht er immer ganz allein aus? Vielleicht haben Sie gehört, daß sich in der Stadt irgend so 'n Kerl herumtreibt und Frauen mit 'nein Brocken Beton auf den Kopf haut, aber wenn ich das Gefühl hätte, daß Sie abartig sind, würde ich jetzt nicht mit Ihnen reden. Außerdem haben Sie einen britischen Akzent, und das macht Sie zusätzlich interessant, stimmt's? Ein paarmal sind wir Ihnen sogar gefolgt, aber Sie sind nirgendwo hingegangen, einfach nur herumgewandert, einfach nur herumspaziert. Ich habe den Eindruck, daß Sie etwas suchen, und ich habe mir überlegt, daß ich Sie fragen könnte, was Sie suchen. Ich meine das ganz nett, Sir, von Nachbar zu Nachbar. Sie sind irgendwie ein Rätsel für uns. Jedenfalls, was mich betrifft.«

Unvermittelt stieg Ärger in ihm auf. »Was ich suche«, grollte er, »ist meine Ruhe und meinen Frieden.« Seine Stimme zitterte vor Wut, einer Wut, die weit größer war, als ihre Aufdringlichkeit es rechtfertigte, einer Wut, die ihn jedesmal von neuem erschreckte, wenn sie sein Nervensystem wie eine Riesenwelle überflutete. Als die junge Frau diesen Zorn hörte, zuckte sie zurück und suchte Zuflucht im Schweigen.

»Mann«, sagte der größte ihrer Beschützer von der Prätorianergarde, zweifellos ihr Liebhaber und wasserstoffblonder Centurion, »für einen Friedensapostel sind Sie aber ganz schön kriegerisch.«

Sie erinnerte ihn an jemanden, aber er wußte nicht, an wen, und diese kleine Erinnerungslücke, der >Senioren-Moment gesegnetdowntown. Amerika beleidigt den Rest des Planeten, dachte Malik Solanka auf seine altmodische Art, indem es dieser Opulenz mit der achselzuckenden Lässigkeit der unverdient Reichen begegnet. Aber New York war in diesen Zeiten der Fülle zum Ziel und Objekt der Sinnenfreude und des Begehrens der ganzen Welt geworden, und die >BeleidigungBossausgelassener< Festzüge, mit denen die zahlreichen ethnischen, nationalen und sexuellen Subkulturen der Stadt gefeiert wurden und die (zuweilen) in Messerstechereien und Überfällen auf (fast immer) Frauen endeten. Professor Solanka, der sich für einen eingefleischten Egalitarier und einen in der Wolle gefärbten Großstädter der Abteilung Landluft-ist-für-Kühe hielt, marschierte an Festzugstagen Schulter an verschwitzter Schulter mit seinen Mitbürgern. An einem Sonntag ging er Arm in Arm mit schmalhüftigen Epheben-Tänzern, am nächsten Wochenende tänzelte er an der Seite einer jungen, quadratarschigen Puertoricanerin, die ihre Nationalflagge als BH trug. Inmitten dieses dichten Gewühls fühlte er sich keineswegs belästigt; im Gegenteil. Die Menge bot ihm eine beruhigende...

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Autor

Salman Rushdie, 1947 in Bombay geboren, ging mit vierzehn Jahren nach England und studierte später in Cambridge Geschichte. Mit seinem Roman »Mitternachtskinder«, für den er den Booker Prize erhielt, wurde er weltberühmt. 1996 wurde ihm der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt. 2007 schlug ihn Königin Elizabeth II. zum Ritter. 2022 ernannte ihn das deutsche PEN-Zentrum zum Ehrenmitglied. 2023 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.