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Totenklippe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.10.2022
»Kein Land, das man mit Nordic Noir verbindet, ist so düster, dunkel, kalt, verschneit und leer wie Island. Und kein Krimiautor schildert diese Elemente so eindringlich und unheimlich wie Ragnar Jónasson.« (The Times)
Zwei Tage vor Weihnachten: Die Leiche einer jungen Frau wird unterhalb der Klippen im Norden Islands gefunden - genau an der Stelle, an der vor 25 Jahren ihre tote Mutter und ihre jüngere Schwester gelegen hatten. Als Ari, Polizist in Siglufjörður, den Tatort inspiziert, stellt sich bald die Frage: War es ein Unfall, oder wurde die junge Frau gestoßen? Was wissen die letzten verbliebenen Einwohner des Dorfes? Als Schneefall einsetzt, der Dorf und Klippen in einem unwirklichen Licht erscheinen lässt, kommt Ari einer unfassbaren Tragödie auf die Spur.
»Totenklippe« ist der vierte Band der Dark-Iceland-Serie von SPIEGEL-Bestseller-Autor Ragnar Jónasson.

Ragnar Jónasson, 1976 in Reykjavík geboren, ist Mitglied der britischen Crime Writers' Association und Mitbegründer des »Iceland Noir«, International Crime Writing Festival. Seine Bücher, darunter die preisgekrönte »Hulda-Trilogie«, werden in 21 Sprachen in über 30 Ländern veröffentlicht und von Zeitungen wie der »New York Times« und »Washington Post« gefeiert. Er lebt und arbeitet als Schriftsteller und Investmentbanker in der isländischen Hauptstadt und unterrichtet an der Universität außerdem Rechtswissenschaften.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext»Kein Land, das man mit Nordic Noir verbindet, ist so düster, dunkel, kalt, verschneit und leer wie Island. Und kein Krimiautor schildert diese Elemente so eindringlich und unheimlich wie Ragnar Jónasson.« (The Times)
Zwei Tage vor Weihnachten: Die Leiche einer jungen Frau wird unterhalb der Klippen im Norden Islands gefunden - genau an der Stelle, an der vor 25 Jahren ihre tote Mutter und ihre jüngere Schwester gelegen hatten. Als Ari, Polizist in Siglufjörður, den Tatort inspiziert, stellt sich bald die Frage: War es ein Unfall, oder wurde die junge Frau gestoßen? Was wissen die letzten verbliebenen Einwohner des Dorfes? Als Schneefall einsetzt, der Dorf und Klippen in einem unwirklichen Licht erscheinen lässt, kommt Ari einer unfassbaren Tragödie auf die Spur.
»Totenklippe« ist der vierte Band der Dark-Iceland-Serie von SPIEGEL-Bestseller-Autor Ragnar Jónasson.

Ragnar Jónasson, 1976 in Reykjavík geboren, ist Mitglied der britischen Crime Writers' Association und Mitbegründer des »Iceland Noir«, International Crime Writing Festival. Seine Bücher, darunter die preisgekrönte »Hulda-Trilogie«, werden in 21 Sprachen in über 30 Ländern veröffentlicht und von Zeitungen wie der »New York Times« und »Washington Post« gefeiert. Er lebt und arbeitet als Schriftsteller und Investmentbanker in der isländischen Hauptstadt und unterrichtet an der Universität außerdem Rechtswissenschaften.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641288280
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.10.2022
Reihen-Nr.4
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2143 Kbytes
Illustrationen1 schwarz-weiße Abbildungen
Artikel-Nr.9099158
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Kapitel

»Er hätte nicht gewollt, dass du hierbleibst«, bemerkte Thóra mehr zu sich selbst als zu Ásta. Es war das zweite, vielleicht auch dritte Mal, dass sie mehr oder weniger das Gleiche sagte.

Thóra war inzwischen Mitte sechzig, hatte sich in den letzten fünfundzwanzig Jahren aber kaum verändert, immer noch den gleichen desinteressierten Gesichtsausdruck, distanzierten Blick und die gleiche irritierende Nörgelstimme.

Óskar, Thóras betagter Bruder, saß am anderen Ende des Wohnzimmers am Klavier und spielte unermüdlich dasselbe Stück. Er hatte noch nie lange an Gesprächen teilgenommen und stets schnell seinen Kaffee getrunken, um sich wieder ans Klavier setzen zu können.

Thóra bemühte sich, Ásta das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Sie hatten versucht, über frühere Zeiten zu sprechen, aber der Altersunterschied war zu groß, um viele gemeinsame Erinnerungen zu haben. Bei ihrer letzten Begegnung war Ásta sieben Jahre alt gewesen und Thóra um die vierzig. Doch eines hatten sie gemeinsam, nämlich die Erinnerung an Ástas Vater, so dass sich ihre Unterhaltung zwangsläufig viel um ihn drehte.

»Er hätte es nicht gewollt«, wiederholte Thóra.

Ásta nickte und lächelte höflich. »Wir brauchen nicht weiter darüber reden«, sagte sie schließlich. »Er ist tot, und Reynir hat mir angeboten, hier zu wohnen.« Wobei sie nicht erwähnte, dass sie Reynir angerufen und gefragt hatte, ob sie ein paar Tage bei ihm im Haus übernachten könnte.

»Nun ja, dann soll es so sein«, sagte Thóra.

Óskar spielte weiterhin dieselbe Melodie, gar nicht so übel und gut genug, um die peinlichen Lücken in ihrer Unterhaltung zu füllen.

»Wohnt Reynir das ganze Jahr über hier?«, fragte Ásta, obwohl sie die Antwort schon kannte. Als einziger Erbe eines wohlhabenden Geschäftsmannes stand Reynir Ákason seit Jahren im Scheinwerferlicht der Medien. Ásta hatte einige Interviews mit ihm gelesen, in denen er sagte, dass er sich in Island am liebsten draußen auf dem Land aufhielte.

»Mehr oder weniger«, antwortete Thóra. »Das könnte sich jetzt allerdings ändern, wo der alte Herr nicht mehr unter uns weilt. Du hast vermutlich in der Zeitung gelesen, dass er vor zwei Wochen gestorben ist.« Offensichtlich betroffen, senkte sie pietätvoll die Stimme. »Óskar und ich wollten zur Beerdigung in den Süden reisen, aber Reynir meinte, das sei nicht nötig. Die Kirche in Reykjavík ist ja sehr klein. Und wir hatten ihn auch nicht gut gekannt - er ist ja kaum hier gewesen. In der Beziehung waren Vater und Sohn völlig verschieden.« Sie hielt inne. »Reynir hat bestimmt eine Menge zu tun, wo er jetzt die ganze Firma übernimmt, allein schon all die Investments. Ich weiß nicht, wie er das macht. Aber der Junge ist klug.«

Der Junge, dachte Ásta. Bei ihrer letzten Begegnung war er kaum über zwanzig gewesen, aber in den bewundernden Augen einer Siebenjährigen natürlich schon ein erwachsener Mann, der Klugheit, Erfahrung und Ehrgeiz ausstrahlte. Und als leidenschaftlicher Segler hatte er das Meer geliebt, genau wie sie.

»Der Junge«, sagte Ásta. »Wie alt ist er denn jetzt?«

»Ich schätze, er geht auf die fünfzig zu. Aber zugeben würde er das nicht.« Thóra lächelte halbherzig.

»Wohnt er noch im Souterrain?«

Die beiläufige Frage fegte wie ein kalter Windstoß durchs Zimmer. Thóra versteifte sich und schwieg. Gott sei Dank spielte Óskar unbeirrt weiter. Ásta sah zu ihm hin. Er saß mit dem Rücken zu ihnen, über die Klaviatur gebeugt. Alles an ihm strömte Müdigkeit aus. Wie schon damals, trug er braune Cordhosen und einen dunkelblauen Rollkragenpullover; vielleicht war es aber auch ein naher Verwandter gewesen, der die Sachen getragen hatte.

»Óskar und ich wohnen jetzt da«, sagte Thóra, wobei sie nicht so nonchalant klang, wie sie sicher beabsichtigt hatte.

»Du und Óskar?«, fragte Ásta. »Das ist doch bestimmt sehr beengt für euch beide.«

»Es ist eine Einschränkung, aber so ist das im Leben. Reynir wird hier oben wohnen, und es ist natürlich sein Haus.« Sie verstummte.

»Wir sind einfach froh, dass wir bleiben können«, ergriff Óskar überraschend das Wort. »Uns gefällt es hier auf der Landzunge, trotz allem.« Er wandte sich um und starrte Thóra eindringlich an. Sein Gesicht war zerfurcht, seine Hände waren knochig. Ásta sah sofort, dass er es ehrlich meinte.

»Ich hatte einfach angenommen, dass ihr immer noch hier in der Wohnung wohnt, weil ihr mich ja ins Wohnzimmer gebeten habt«, sagte Ásta verlegen, obwohl sie das Unbehagen der beiden im Stillen amüsierte.

»Nein, nein. Wir benutzen die Wohnung nur, wenn wir zu dritt zusammen essen oder wenn Gäste da sind. Unten das Wohnzimmer ist viel dunkler und nicht so gut für Einladungen geeignet.« Thóra lächelte.

»Das kann ich mir gut vorstellen«, erwiderte Ásta, sprach aus eigener Erfahrung.

»Aber ich hab es uns so gemütlich wie möglich gemacht«, sagte Thóra fast entschuldigend.

Óskar hatte sich wieder dem Klavier zugewandt und spielte weiter die gleiche Melodie wie zuvor.

Ásta blickte sich im Wohnzimmer um. Es sah unverändert aus, wirkte jetzt aber kleiner als früher. Das Mobiliar war dasselbe und stand noch immer am selben Platz: das alte Sofa im Tudor-Stil, der dunkelbraune Couchtisch aus Holz, die großen Bücherregale voller isländischer Literatur. Die vertrauten Gerüche spielten mit ihren Sinnen, erzeugten einen flüchtigen, untrennbar mit dem Haus verbundenen Wohlgeruch. Es war wirklich bemerkenswert, wie ein Duft lange vergessene Erinnerungen wachrufen konnte. Zudem machte die geschmackvolle Einrichtung Ásta bewusst, wie nichtssagend und deprimierend ihre eigene Wohnung mit dem billigen Mobiliar war - das verschlissene Sofa, der Tisch, den sie im Internet für wenig Geld gekauft hatte, und die alten Küchenstühle in dem grellen Gelb, das schon lange außer Mode war.

»Du kannst natürlich dein altes Zimmer in der Dachwohnung benutzen«, sagte Thóra leise.

»Wirklich?«, fragte Ásta überrascht. Über die Einzelheiten hatte sie bei ihrem Gespräch mit Reynir nicht gesprochen.

»Es sei denn, du willst lieber nicht da schlafen. Wir können dich auch anderswo unterbringen.« Thóra wirkte verlegen. »Reynir dachte, das wäre dir recht so. In den letzten Jahren haben wir da ein paar Sachen abgestellt, aber die Kisten und so haben wir ins Schlafzimmer geräumt.« Sie senkte den Blick, zögerte. »Ins Zimmer deiner Schwester.«

»Ist schon gut, danke«, sagte Ásta bestimmt. »Mach dir keine Gedanken deswegen.« Sie hatte nicht damit gerechnet, in ihrem alten Zimmer wohnen zu können - oder zu müssen. Wahrscheinlich hätte sie es vorgezogen, woanders zu schlafen, wollte aber nicht fragen; sie musste stark sein.

»Versteh mich nicht falsch, Liebes«, erwiderte Thóra ungewohnt warmherzig. »Ich hab zwar gesagt, dein Vater hätte nicht gewollt, dass du hierher zurückkommst, du bist bei uns aber immer willkommen.«

Wirklich großzügig von dir, zumal es nicht dein Haus ist, wollte Ásta sagen, doch sie verkniff es sich. »Was macht ihr denn jetzt so?«, fragte sie stattdessen, und nicht gerade höflich.

»Ziemlich das Gleiche wie immer ... wir kümmern uns ums Haus. So viel wie früher gibt es zwar nicht mehr zu tun, und wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten. Óskar ist eine Art Hausmeister, wie damals. Nicht wahr, Óskar?«

Er erhob sich vom Klavier und kam, auf einen Gehstock gestützt, zu ihnen herüber. »Sieht ganz so aus«, murmelte er.

»Aber schwere Arbeit kann er nicht mehr machen«, sagte Thóra mit Blick auf den Stock. Óskar setzte sich in einigem Abstand neben sie aufs Sofa. »Hat sich die Kniescheibe gebrochen, als er die verfluchten Felsen hochgeklettert ist.«

»Wird schon wieder werden, braucht halt Zeit«, sagte Óskar leise.

Jetzt, wo die beiden zusammensaßen, betrachtete Ásta sie genauer. Die vergangenen Jahre hatten ihren Tribut gefordert, und Bruder und Schwester wirkten älter und erschöpfter, als sie sich vorgestellt hatte. Fast, als hätten sie bald genug, dachte sie.

»Und er kümmert sich um den Leuchtturm, so gut es das Knie zulässt. Den Job hat er von deinem Vater übernommen.«

Ásta beschlich leichtes Unbehagen. Das passierte ihr ab und zu; sie schloss die Augen und atmete tief durch.

»Bist du müde, Liebes?«, fragte Thóra.

Die Frage überraschte Ásta. »Nein, kein bisschen.«

»Soll ich dir etwas zu essen machen? Ich koche für Reynir, wenn er hier ist. Natürlich kann er sich selbst um sich kümmern, aber ich versuche, mich so nützlich wie möglich zu machen. Es ist ja nicht so, dass er uns noch braucht; wenn er wollte, könnte er uns vor die Tür setzen und verlangen, wir sollen uns von nun an selber durchschlagen.« Sie lächelte. »Ich sage nicht, dass er das machen würde, nur, dass er es könnte ...«

»Danke«, sagte Ásta, hatte sich wieder gefasst. »Ich hab unterwegs ein Sandwich gegessen, das hält noch vor.«

Jemand klopfte fest an die Tür, und Ásta schreckte hoch. Die beiden Geschwister schienen jedoch wenig überrascht.

»Ich dachte, Reynir kommt erst morgen Abend?«, sagte Ásta.

»Er klopft gewöhnlich auch nicht an«, murmelte Óskar.

»Dann ist es bestimmt Arnór«, sagte Thóra und stand auf.

Ihr Bruder blieb sitzen und starrte in die Ferne, umfasste sein Knie - wahrscheinlich das verletzte - mit halb entschuldigender Miene. »Erinnerst du dich an Arnór?«,...
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Autor

Ragnar Jónasson, 1976 in Reykjavík geboren, ist Mitglied der britischen Crime Writers' Association und Mitbegründer des »Iceland Noir«, International Crime Writing Festival. Seine Bücher, darunter die preisgekrönte »Hulda-Trilogie«, werden in 21 Sprachen in über 30 Ländern veröffentlicht und von Zeitungen wie der »New York Times« und »Washington Post« gefeiert. Er lebt und arbeitet als Schriftsteller und Investmentbanker in der isländischen Hauptstadt und unterrichtet an der Universität außerdem Rechtswissenschaften.