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Purpurschatten

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
541 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am18.07.20141. Aufl. 2014
Der mysteriöse Tod seiner Mutter, ein gescheitertes Attentat und andere unerklärliche Vorgänge veranlassen den Fotojournalisten Alexander Brodka, seine eigene Vergangenheit zu erforschen. Dabei gerät er immer mehr in den Sog einer geheimen Organisation. Bestürzt muss er feststellen, dass alle Spuren nach Rom führen, hinter die Mauern des Vatikans, wo dunkle Mächte die Fäden ziehen. Und diese Männer in Purpur kennen nur ein Ziel: ihn zum Schweigen zu bringen. Gemeinsam mit seiner Geliebten stellt sich der Journalist der Heiligen Mafia, die ein beispielloses Verbrechen plant ...mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR29,90
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextDer mysteriöse Tod seiner Mutter, ein gescheitertes Attentat und andere unerklärliche Vorgänge veranlassen den Fotojournalisten Alexander Brodka, seine eigene Vergangenheit zu erforschen. Dabei gerät er immer mehr in den Sog einer geheimen Organisation. Bestürzt muss er feststellen, dass alle Spuren nach Rom führen, hinter die Mauern des Vatikans, wo dunkle Mächte die Fäden ziehen. Und diese Männer in Purpur kennen nur ein Ziel: ihn zum Schweigen zu bringen. Gemeinsam mit seiner Geliebten stellt sich der Journalist der Heiligen Mafia, die ein beispielloses Verbrechen plant ...
Details
Weitere ISBN/GTIN9783838757742
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum18.07.2014
Auflage1. Aufl. 2014
Seiten541 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2189545
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

KAPITEL 1

Brodka liebte Farben, schließlich lebte er davon. Doch auf unerklärliche Weise empfand er eine tiefe Abneigung gegen Purpur in all seinen Schattierungen, ja, er hasste diese Farbe sogar, wie man ein Empfinden nur hassen kann. Wann immer möglich, mied er sie. Ließen sich das verdammte Purpur, Lila oder Violett nicht vermeiden, setzte er all seine Kunst ein, um diese scheußlichen, dekadenten Farben zu verfremden oder zu verfälschen.

Alexander Brodka, ein gut aussehender Vierziger mit kurz geschnittenem dunklem Haar, war Bildreporter und Fotograf für Hochglanzmagazine und seit zwanzig Jahren in der ganzen Welt zu Hause. In all den Jahren hatte er es vortrefflich verstanden, seine Abneigung gegen Purpur zu verbergen, weil er fürchtete, kluge Leute könnten irgendwelche Schlüsse daraus ziehen. Er selbst wusste keine Erklärung für seinen Ekel dieser Farbe gegenüber, wenngleich er sich mehr als einmal Gedanken darüber gemacht hatte. Brodka hatte sich zu der Ansicht durchgerungen, dass Farben nun einmal eine unterschiedliche Wirkung auf Menschen ausübten, und dass es den meisten nicht einmal bewusst war.

Diese Gedanken gingen ihm auch jetzt wieder durch den Kopf, als er die Strandszene durch den Sucher seiner Kamera betrachtete: Irina, mit gespreizten Beinen nackt auf einem Motorroller, im weißen Sand von Marco Island, dahinter Palmen und die endlose Skyline der Strandhotels.

»Musste der Scooter unbedingt lila sein?«, murrte Brodka, während er in den Lichtschacht seiner Hasselblad blinzelte.

Florentina, die rothaarige Stylistin und Requisiteurin, kurz Flo genannt - alles andere als eine Schönheit und bei Fotoshootings Mädchen für alles -, erwiderte giftig: »Du wolltest doch eine dunkle Farbe als Kontrast zum hellen Sand. Aber bitte, wenn lila dir nicht gefällt, besorge ich einen Roller in grün oder rot oder …«

»Um Himmels willen«, unterbrach Brodka, »das kostet nur Zeit. Dann steht die Sonne zu hoch, und die Hitze wird unerträglich. Benni, mehr Licht von unten, und näher ran!«

Kameraassistent Benni, ein hagerer, hoch aufgeschossener junger Bursche von zwanzig Jahren mit langem, strähnigem Haar, kniete mit einem runden, silberfarbigen Plastiksegel im Sand und spiegelte das von hinten einfallende Sonnenlicht auf den nackten Körper des Mädchens auf dem Motorroller.

Irina übte sich in bewundernswerter Geduld und warf auf Kommando ein ums andere Mal den Kopf in den Nacken. Sie stammte aus St. Petersburg und war Lehrerin, hatte aber keine Anstellung gefunden und verdiente seither ihren Lebensunterhalt als Fotomodell. Eine Bildserie im Magazin »Flot« hatte Irina im Westen bekannt gemacht.

Obwohl das Motiv geeignet war, die sexuelle Lust des Betrachters zu erregen - und zu nichts anderem war es gedacht -, war die Arbeit alles andere als lustvoll.

Flo fingerte unentwegt Eiswürfel aus einer Plastikbox und rieb damit über Irinas Brustwarzen, die sich daraufhin für eine, zwei Minuten aufstellten und das Aussehen zweier rosafarbener, feuchter Süßwasserperlen annahmen. Bei einem neuerlichen Blick durch den Sucher störte Brodka eine Bauchfalte Irinas, die auf ihre sitzende Haltung zurückzuführen war. Flo beseitigte den Makel, indem sie, für die Kamera unsichtbar, einen zwei Finger breiten Streifen Klebeband von Irinas rechter Taille bis zu den hinteren Rippen spannte, die Haut nach hinten zog und den Klebestreifen fest anpresste. In dieser Haltung wurde es jedoch unmöglich für Irina, den Kopf in den Nacken zu werfen. Der Klebestreifen schmerzte, und das Mädchen verzog das Gesicht.

»Ich brauche mehr Bewegung in Irinas Haar«, rief Brodka schließlich und drückte Benni die Kamera in die Hand.

Flo verstand, was Brodka meinte, und dachte nach. »Der Scooter-Vermieter verleiht auch Airboats, diese flachen Boote mit dem riesigen Propeller am Heck. Die machen ganz schön Wind. Ich könnte eines hierher bringen lassen.«

»Gute Idee«, erwiderte Brodka, und kopfschüttelnd fügte er hinzu: »Flo, du bist wirklich unbezahlbar!«

»Dann könnte ich auch den lila Scooter umtauschen.«

Brodka nickte.

»Und welche Farbe hätten Sie gern, Maestro?«

»Egal. Hauptsache kein Lila.«

Flo half Irina vom Roller und befreite sie von dem Klebestreifen, was der jungen Russin beinahe noch mehr Schmerzen bereitete als der Streifen selbst; dann warf sie ihr ein weißes T-Shirt zum Überziehen zu.

»Es ist deine Zeit, Brodka!«, rief Florentina schnippisch, während sie den Roller startete. Knatternd und schlingernd fuhr sie durch den Sand zu dem schmalen Weg aus Holzplanken, der vom Strand zum South Collier Boulevard führte.

»Jetzt steht die Sonne ohnehin schon zu hoch«, bemerkte Brodka, an seinen Assistenten gewandt. »Außerdem sind mir hier zu viele Gaffer. Wir versuchen es am Nachmittag noch einmal. Dann will ich eine Absperrung. Kümmerst du dich drum?«

»Geht klar, Brodka.«

Die Gaffer zerstreuten sich, als sie sahen, dass die Arbeit beendet war. Brodka, der alte, ausgefranste Jeans und ein weißes T-Shirt trug, ließ sich unter dem Sonnenschirm in den Sand fallen. Er war rücksichtslos gegen sich und andere, wenn es darum ging, gute Fotos zu schießen. Brodka war nicht unbedingt ein cooler Typ. Er neigte zu spontanen gefühlsmäßigen Reaktionen - bis hin zu gelegentlichen Wutausbrüchen -, doch zu den Leuten, die mit ihm arbeiteten, war er immer fair, solange sie sich um ein optimales Ergebnis bemühten. Gute Arbeit zu liefern war sein oberstes Ziel.

Brodka hatte sich daran gewöhnt, mit Superlativen zu leben. In Biarritz hatte er die schönsten Frauen der Welt vor seiner Kamera; in Monterey, Kalifornien, bannte er beim jährlichen Concours d'Elegance die exklusivsten und teuersten Automobile auf Film; für »Magnum« hatte er die höchsten Gebäude der Welt in den fünf Erdteilen abgelichtet, und »Vogue« brachte zwanzig Seiten Farbfotos, auf denen Brodka das süße Leben der Superreichen an der Côte d'Azur zeigte.

Das alles verlieh Alexander Brodka eine gewisse Weltgewandtheit, vor allem aber die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, die ihm nicht gefielen. Bevor er zugesagt hatte, Irina zu fotografieren, hatte er sich das Mädchen erst angesehen, denn - so pflegte er sich auszudrücken - zwischen Fotograf und Model müsse die Chemie stimmen, sonst sei alle Mühe vergebens. Die Chemie stimmte; aber darüber hinaus gab es zwischen ihm und dem schönen Mädchen aus St. Petersburg keine Annäherungen. In dieser Hinsicht hatte er seine Prinzipien.

Brodka wischte sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn und drückte seine Sonnenbrille fester auf die Nase. Auch Irina, deren Make-up bereits verlief, suchte nun Schutz unter dem Sonnenschirm. Benni fischte sich ein paar Eiswürfel aus der Box und presste sie in den Nacken.

Auf Marco Island, vor der Westküste Floridas im Golf von Mexiko, herrschte Anfang November für gewöhnlich frühlingshaftes Klima. In diesem Jahr war im Sommer Regen gefallen; selbst die ältesten Einwohner konnten sich nicht erinnern, wann dies das letzte Mal geschehen war. Dafür hatte im Oktober eine ungewöhnliche Hitzeperiode eingesetzt, die bis jetzt anhielt, wenige Tage vor Thanksgiving Day.

Brodka reichte Irina wortlos ein feuchtes Handtuch.

Sie verstand seinen Wink und schlang sich das Tuch wie ein Beduine um den Kopf, bis nur noch ein Schlitz für die Augen frei blieb.

»Dein Gesicht quillt sonst auf wie ein Pfannkuchen. Geh auf dein Zimmer, schmink dich ab, und leg dich möglichst nahe an die Klimaanlage. Benni gibt dir Bescheid, sobald wir mit der neuen Einstellung fertig sind.«

Irina nickte wortlos und verschwand in Richtung des Marriott-Hotels.

Während der Assistent die Kameras, Objektive, Stative und Sonnenblenden in Aluminiumkoffern verstaute, kam Flo zurück.

Sie schwenkte einen Umschlag in der Luft und rief schon von Weitem: »Brodka, ein Fax für dich!«

Brodka war es gewöhnt, Faxbriefe und Anrufe zu erhalten, wo immer er sich gerade aufhalten mochte. Er riss den Hotelumschlag auf und las.

Florentina ging davon aus, dass es sich um eine wichtige Mitteilung handelte, die mit diesem Auftrag zu tun hatte, und blickte Brodka fragend an.

Sie konnte die Bedeutung der Nachricht anfangs nicht in seinem Gesicht ablesen. Erst als Brodka den Kopf hob, wortlos in die Ferne blickte und die Augen zusammenkniff, als wollte er ein paar Tränen zerdrücken, ahnte Flo, dass etwas vorgefallen sein musste.

Ohne ein Wort reichte er Flo die Nachricht. Die zog die Stirn in Falten, als sie den Absender las: Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland, 100 North Biscayne Boulevard, Miami, Florida 33132.

Sehr geehrter Herr Brodka!

Zu unserem Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass Ihre Mutter, Frau Claire Brodka, am 21. November verstorben ist. Da bis zu diesem Zeitpunkt weder Ihr Aufenthaltsort noch nähere Angehörige zu ermitteln waren, fand die Beisetzung am 25. November statt.

Hochachtungsvoll,

Meller, Generalkonsul.

»Welches Datum haben wir heute?«, fragte Brodka tonlos.

»Den Sechsundzwanzigsten«, antwortete Florentina.

Brodka nickte. Dann trat er unter dem Sonnenschirm hervor und ging zum Strand, wo die Brandung sich im Sand verlief. Brodka trug Jeans und Schuhe aus Segeltuch, aber das kümmerte ihn nicht. Er watete ins seichte Meer hinaus, bis das warme Wasser ihm an die Hüfte reichte. Mit verschränkten Armen blickte er zum Horizont.

Es war kein Schmerz, den Brodka verspürte, nicht einmal Trauer. In diesem Augenblick empfand er lediglich tiefe...

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