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Die Stunde des Fremden

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
176 Seiten
Deutsch
Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am30.09.20131. Auflage
Der amerikanische Reporter Ashley steht im Begriff, die Reportage seines Lebens zu schreiben - seine 'Big Story'. Es ist ihm gelungen, einen riesigen Korruptionsskandal aufzudecken : Amerikanische Gelder, die für den Wiederaufbau verarmter und zerstörter Gebiete Süditaliens bestimmt waren, sind verschwunden - veruntreut oder in falsche Kanäle geraten. Aber gegen die Korruption der einheimischen Polizei und die zu einem gefährlichen Netz gesponnenen Intrigen seines mächtigen Gegenspielers, des Herzogs von Orgagna, der hier im Süden alle Fäden in der Hand hält, ist der Fremde machtlos. Sein hartnäckiger Optimismus ist den abgründigen Machenschaften dieses Landes nicht gewachsen. Muss Ashley das Spiel verloren geben?

Morris Langlo West wurde 1916 in St. Kilda, Australien geboren. Mit 14 Jahren trat er in den Orden der Christian Brothers ein, der Katholizismus beeinflusste West nachhaltig. 1937 schloss er sein Studium an der University of Melbourne ab und unterrichtete anschließend moderne Sprachen und Mathematik an den Klosterschulen des Ordens in New South Wales. 1942 verließ er den Orden und kämpfte etwa zu dieser Zeit auch im Zweiten Weltkrieg, bis er 1943 Sekretät des früheren australischen Premierministers, Billy Hughes, wurde. Während seiner Zeit bei der Armee schrieb er ein Buch über sein Leben im Kloster, das er 1945 unter dem Pseudonym Julian Morris veröffentlichte. Etwa zur Zeit des Kriegsendes arbeitete er für den australischen Rundfunk, nachdem er jedoch wegen eines Zusammenbruchs ein Jahr im Krankenhaus gelegen hatte, verkaufte er sein Unternehmen und arbeitete fortan ausschließlich als Schriftsteller. Sein erster Gedichtband erschien 1955, gefolgt von den erfolgreichen Romanen 'Gallows on the Sand' im selben Jahr und 'Kundu' ein Jahr später. Mit dem Geld, das er mit den Romanen verdiente, reiste er ins Ausland und lebte einige Zeit in Österreich, Italien, England und den USA. Viele seiner Bücher sind von seiner Zeit in Italien inspiriert. Erst 1980 kehrte er nach Australien zurück. Wests Bekanntheit wurde durch einige Verfilmungen seiner Bücher noch gesteigert. Viele seiner Werke behandeln ethisch-religiöse Konflikte oder haben politische Brisanz. Am 9. Oktober 1999 starb Morris West in Sydney.
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Produkt

KlappentextDer amerikanische Reporter Ashley steht im Begriff, die Reportage seines Lebens zu schreiben - seine 'Big Story'. Es ist ihm gelungen, einen riesigen Korruptionsskandal aufzudecken : Amerikanische Gelder, die für den Wiederaufbau verarmter und zerstörter Gebiete Süditaliens bestimmt waren, sind verschwunden - veruntreut oder in falsche Kanäle geraten. Aber gegen die Korruption der einheimischen Polizei und die zu einem gefährlichen Netz gesponnenen Intrigen seines mächtigen Gegenspielers, des Herzogs von Orgagna, der hier im Süden alle Fäden in der Hand hält, ist der Fremde machtlos. Sein hartnäckiger Optimismus ist den abgründigen Machenschaften dieses Landes nicht gewachsen. Muss Ashley das Spiel verloren geben?

Morris Langlo West wurde 1916 in St. Kilda, Australien geboren. Mit 14 Jahren trat er in den Orden der Christian Brothers ein, der Katholizismus beeinflusste West nachhaltig. 1937 schloss er sein Studium an der University of Melbourne ab und unterrichtete anschließend moderne Sprachen und Mathematik an den Klosterschulen des Ordens in New South Wales. 1942 verließ er den Orden und kämpfte etwa zu dieser Zeit auch im Zweiten Weltkrieg, bis er 1943 Sekretät des früheren australischen Premierministers, Billy Hughes, wurde. Während seiner Zeit bei der Armee schrieb er ein Buch über sein Leben im Kloster, das er 1945 unter dem Pseudonym Julian Morris veröffentlichte. Etwa zur Zeit des Kriegsendes arbeitete er für den australischen Rundfunk, nachdem er jedoch wegen eines Zusammenbruchs ein Jahr im Krankenhaus gelegen hatte, verkaufte er sein Unternehmen und arbeitete fortan ausschließlich als Schriftsteller. Sein erster Gedichtband erschien 1955, gefolgt von den erfolgreichen Romanen 'Gallows on the Sand' im selben Jahr und 'Kundu' ein Jahr später. Mit dem Geld, das er mit den Romanen verdiente, reiste er ins Ausland und lebte einige Zeit in Österreich, Italien, England und den USA. Viele seiner Bücher sind von seiner Zeit in Italien inspiriert. Erst 1980 kehrte er nach Australien zurück. Wests Bekanntheit wurde durch einige Verfilmungen seiner Bücher noch gesteigert. Viele seiner Werke behandeln ethisch-religiöse Konflikte oder haben politische Brisanz. Am 9. Oktober 1999 starb Morris West in Sydney.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783955302498
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum30.09.2013
Auflage1. Auflage
Seiten176 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1724258
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

II

Harlequins Worte trafen Richard Ashley wie ein Fausthieb. Einen Augenblick lang wollte sich der amerikanische Reporter auf ihn stürzen, ihn ins Gesicht schlagen und von der Terrasse hinunterschleudern. Statt dessen aber lehnte er sich zurück, schloß die Augen und umklammerte das Geländer der Balustrade so fest, daß das rostige Metall in seine Handflächen schnitt. Er war krank vor Wut. Sein Magen krampfte sich zusammen.

Langsam und schmerzhaft faßte er sich wieder. Als er die Augen öffnete, stand George Harlequin noch immer vor ihm und musterte ihn mit düsteren Blicken. Endlich fand Ashley seine Stimme wieder.

«Du kaltblütiger Schweinehund! Du miserabler Dreckfink! Mehr als zehn Jahre habe ich Rossana nicht gesehen. Ich habe sie geliebt, jawohl! Ich liebe sie noch immer. Sie war meine Geliebte, und ich hätte sie auch geheiratet. Sie selbst hat sich für Orgagna entschieden. Ich habe ihr Glück gewünscht und versucht, sie zu vergessen. Mit dieser Geschichte hat sie nicht mehr zu tun als der Mann im Mond.»

«Als seine Frau ist sie immerhin in die Angelegenheit verwickelt.»

«Sie ist seine Frau, nicht meine.»

«Ich wünschte», sagte Harlequin feierlich, «ich wünschte wirklich, ich könnte meiner Motive immer so sicher sein wie Sie. Sie können sich glücklich preisen, Ashley. Es - es tut mir leid, daß ich das gesagt habe. Ich bitte um Verzeihung.»

Er streckte seine Hand aus. Ashley ergriff sie nicht. «Die können Sie für sich behalten!»

Harlequin zuckte die Schultern.

«Ich darf also annehmen», fragte er, «daß Sie die Story bringen?»

«Das dürfen Sie allerdings», sagte Ashley entschlossen. «Ich werde sie bringen. Absatz für Absatz, einschließlich Photokopien. Ich werde beweisen, daß in den Hinterhöfen von Neapel Kinder sterben müssen, weil Vittorio Orgagna amerikanische Hilfsgelder in seine eigene Tasche gesteckt hat. Ich werde beweisen, daß es zwischen Neapel und Eboli zweihunderttausend Arbeitslose gibt, weil Orgagna und seine feinen Freunde für dieses Gebiet bestimmte amerikanische Wiederaufbau-Gelder widerrechtlich in ihre Unternehmungen im Norden gesteckt haben. Ich werde beweisen, daß amerikanisches Saatgetreide an seine Parteigenossen verkauft, anstatt an Bauern verschenkt wurde. Und daß der Mann, der diesen Schwindel bewerkstelligt hat, Vittorio Orgagna war. Ich werde die Bilanzen seiner Unternehmungen veröffentlichen und die Höhe seiner geheimen amerikanischen Bankguthaben. Und Sie können meinetwegen zum Teufel gehen - Sie und die Leute, die Sie geschickt haben.»

«Sie spielen mit dem Feuer.»

«Ich spiele nicht.»

Der kleine Engländer ließ die Schultern fallen. Sein jungenhaftes Gesicht schien plötzlich grau und alt. Er wandte sich ab. Dann, als wäre ihm plötzlich ein neuer Gedanke gekommen, drehte er sich wieder zu Ashley um.

«Lassen Sie mich Ihnen einen Rat geben. Italien ist ein altes Land mit einer bewegten Geschichte. Voller Gewalttätigkeit, Korruption, Intrigen und politischer Morde. Die Familie Orgagna ist in vielen Jahrhunderten dieser Geschichte großgeworden. Seien Sie auf Ihrer Hut, lieber Freund! Seien Sie auf Ihrer Hut! Und wenn Sie sich´s überlegt haben, kommen Sie zu mir.»

«Eher treffe ich Sie in der Hölle.»

«Durchaus möglich», sagte Harlequin.

Dann war er fort, und Ashley blieb allein zurück auf der Terrasse hoch über dem sommerlichen Meer. Durch die Entfernung gedämpft, wehten die Geräusche vom Strand her zu ihm herauf. Die Rufe der braungebrannten Jungen, das schrille Gelächter der Mädchen, das Aufklatschen der Springer, die blecherne Musik aus Kofferradios und das Tucktuck eines kleinen Ausflugdampfers. Es war Ferienzeit im Süden - die Zeit für Sirenengesänge, die Zeit für Tänze der Faune. Wer klug war, verbrachte seine Tage in der Sonne und seine Nächte mit einer schönen Frau unter den Orangenbäumen oder auf dem warmen Sand vor den Klippen. Nur ein Narr wie er vertat seine Tage und Nächte damit, in den Sünden eines anderen zu wühlen.

Er fragte sich, wer von den vor sich hin dösenden Tausenden dort unten am Strand wohl die Geschichte lesen würde, die er für sie alle geschrieben hatte. Und wer würde ihm, wenn er sie gelesen hatte, dafür danken?

Wozu soll ich sie also erst schreiben? Wozu soll ich mein Leben riskieren und mein Seelenheil im geheiligten Namen der Wahrheit? Ist eine Unterzeile ein Leben wert? Lohnt es sich, für eine Revolution auch nur eine einzige Stunde am Strand mit einer aufregenden Frau zu opfern?

Was ist schon Wahrheit? Eine heilige Verpflichtung, die einem niemand dankt. Und Gerechtigkeit? Eine blinde Göttin, deren Waagschalen nie ganz richtig ausbalanciert sind. Und Stolz - Ehrgeiz - Eitelkeit? Sie alle treiben einen Mann vorwärts.

Einen Beruf habe ich gewählt, in dem ich etwas Besonderes zu leisten hoffte. Er hat mir auch Freude gemacht, und ich habe mich schließlich mit seinen Grenzen abgefunden. Und die Verantwortung für seine Sünden geteilt. Die Leistungen eines Mannes kann nur beurteilen, wer die Grenzen seiner Persönlichkeit kennt. Selbst der allmächtige Gott im Himmel mildert die Wirkung unfehlbarer Gerechtigkeit durch unendliche Gnade.

Wenn ich mich also selbst mit soviel Milde beurteile - warum dann nicht auch Vittorio, den Herzog von Orgagna?

Auch er ist nur ein Mensch, gefangen in den Grenzen seiner
Persönlichkeit, seiner Vergangenheit und seiner Aufgabe. Als Kind tausendjähriger Intrigen wurde er in einem traditionsreichen Land geboren. Sein Beruf und seine Aufgabe sind Politik und Geldwirtschaft. Auch er kann nur aus seinem Milieu heraus und im Schatten seiner eigenen Geschichte beurteilt werden. Mit welchem Recht kann ich ihn verdammen?

Es war ein ganz neuer, durchaus beunruhigender Gedanke. Doch noch ehe er sich weiter damit beschäftigen konnte, klingelte das Telephon, Ashley ging zurück in die luftige Kühle der Halle. Roberto telephonierte an der Portiersloge.

«Pronto! Come si chiama? Garofano ... aspett´ un moment´.»

Er sah Ashley an. «Signor Ashley? Ein Herr möchte Sie sprechen. Ein Herr namens Garofano.»

«Bitten Sie ihn hierher.»

Roberto sprach wieder in das Telephon:

«II signore aspetta nella salone. Si, si, subito!» Er legte den Hörer auf und wandte sich Ashley zu. «Er kommt jetzt, Signore. Wünschen Sie Drinks? Ich habe nebenan noch Gäste zu bedienen, und ...»

«Nein. Nur zwei Kaffee.»

«Zwei Kaffee? Das wird ein paar Minuten dauern, Signore.»

«Wir werden warten.»

Roberto verbeugte sich und zog sich zurück. Einen Augenblick später trat Enzo Garofano ein.

Er war ein dünner, dunkelhäutiger, schäbig wirkender Bursche mit einem schmalen Gesicht und unruhigen, zu dicht beieinander stehenden Augen. Angezogen war er in der gerade modernen neapolitanischen Manier, mit einer kurzen, engen Jacke, Röhrlhosen und hochglänzenden überspitzen Schuhen. Er ging schnell und ruckartig, und alle seine Bewegungen wirkten nervös und gehetzt. Unter dem Arm trug er eine reichlich abgenutzte Aktentasche.

«Freut mich, Sie zu sehen, Garofano», sagte Ashley heiter. Er streckte ihm die Hand entgegen. Garofano schüttelte sie ohne Begeisterung und sagte nichts.

Der Italiener ließ sich vorsichtig in einen Stuhl sinken, lehnte seine Aktentasche gegen ein Tischbein und begann, sein Gesicht mit einem Taschentuch zu reiben. Dann steckte er das Taschentuch weg und suchte nach einer Zigarette. Ashley hielt ihm seine Schachtel hin und gab ihm Feuer. Garofano nahm ein paar tiefe Züge. Seine Hände zitterten.

«Nur Ruhe, mein Freund», sagte Ashley obenhin, «es ist ja alles vorüber. Wir werden einen Kaffee trinken, und in fünf Minuten sind wir fertig. Äh - haben Sie die Photokopien?»

«Nein.»

Ashley sprang beinah von seinem Stuhl auf.

«Was?»

«Bitte, bitte!» Garofano bewegte beschwörend die Hände. «Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will sagen, daß ich sie nicht hier bei mir habe. Ich kann sie sofort holen. Es ist ... es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, Sie versteh´n?»

«Sie haben Angst, wie?»

«In geschäftlichen Dingen - besonders bei solchen Geschäften - kann man nicht vorsichtig genug sein. Sie ... Sie haben von Ihren Vorgesetzten gehört?»

«Das habe ich. Sie sind einverstanden.»

«Wieviel?»

«Was Sie verlangt haben - zweitausend Dollar in amerikanischer Währung.»

«Hm.»

Es entstand eine Pause. Enzo Garofano musterte seine Handrücken und beobachtete dann den Rauch, der von der Zigarette zwischen seinen schmutzigen Fingern aufstieg.

Ashley sah ihn an, verwirrt und beunruhigt. Garofano blickte auf. Seine Hände zitterten nicht mehr. Seine Augen blickten stetig, und er lächelte - das selbstzufriedene, leise Lächeln des Gauners, der sich in einer vorteilhaften Lage weiß.

«Es tut mir leid, mein Freund», sagte er milde, «aber der Preis ist gestiegen.»

Ashleys Augen waren ausdruckslos.

«Wieviel?»

«Zehntausend.»

«Aus welchem Grund?»

«Das Geschäft ist rege. Ich habe ein besseres Angebot bekommen.»

«Von wem?»

Wieder musterte Garofano seine Handrücken. Ashley konnte seine Augen nicht sehen, aber er konnte den ironischen Unterton in seiner Stimme nicht überhören.

«Es ist nicht klug, bei diesem Geschäft die Namen der Kunden zu verraten.»

«Geschäft!» brüllte Ashley. Er sprang auf, packte Garofano bei den Rockaufschlägen und stieß ihn...
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