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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
144 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am26.01.20221. Auflage
In den Dienstbotenräumen der Villa Klopstock wird ein merkwürdiger Auftritt geprobt und Possen des Schreckens und der Anstößigkeit ausprobiert... In der Dachstube heult der Geistesgestörte, der über seine Pflegerin in Wut gerät, lauter als der Sturm... In der Bibliothek unterhalten sich der Baron und die Baronin mit ihrem hübschen Sekretär ... Alles ist vorbereitet für die große Tragödie.

Muriel Spark, geboren 1918 in Edinburgh, Autorin von Romanen, Theaterstücken, Kinderbüchern und Gedichten. Zahlreiche ihrer Bücher wurden verfilmt. 1986 wurde sie zum Commandeur des Arts et des Lettres ernannt, 1993 zur Dame Commander of the British Empire; 1999 erhielt sie den Ehrendoktortitel für Literatur der Oxford University. ?Die Blütezeit der Miss Jean Brodie? wurde mit Maggie Smith in der Titelrolle verfilmt. Muriel Spark, die 2006 in Florenz verstarb, wird gerade international wiederentdeckt und gefeiert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextIn den Dienstbotenräumen der Villa Klopstock wird ein merkwürdiger Auftritt geprobt und Possen des Schreckens und der Anstößigkeit ausprobiert... In der Dachstube heult der Geistesgestörte, der über seine Pflegerin in Wut gerät, lauter als der Sturm... In der Bibliothek unterhalten sich der Baron und die Baronin mit ihrem hübschen Sekretär ... Alles ist vorbereitet für die große Tragödie.

Muriel Spark, geboren 1918 in Edinburgh, Autorin von Romanen, Theaterstücken, Kinderbüchern und Gedichten. Zahlreiche ihrer Bücher wurden verfilmt. 1986 wurde sie zum Commandeur des Arts et des Lettres ernannt, 1993 zur Dame Commander of the British Empire; 1999 erhielt sie den Ehrendoktortitel für Literatur der Oxford University. ?Die Blütezeit der Miss Jean Brodie? wurde mit Maggie Smith in der Titelrolle verfilmt. Muriel Spark, die 2006 in Florenz verstarb, wird gerade international wiederentdeckt und gefeiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257611090
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum26.01.2022
Auflage1. Auflage
Seiten144 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse545 Kbytes
Artikel-Nr.8733373
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Die anderen Domestiken verstummen, als Lister das Zimmer betritt.

»Ihr Leben nichts als Nebeldunst der Irrnis«, sagt Lister, »ihr Sterben peinigt Angst und Wirrnis. - Ich zitiere aus Die Herzogin von Malfi; John Webster, alter englischer Dramatiker.«

»Wenn man sagt, etwas ist nicht unmöglich, dann ist das nicht ganz dasselbe, wie wenn man sagt, daß es möglich ist«, sagt Eleanor, die, obwohl jünger als er, Listers Tante ist. Dabei zieht sie ihren Mantel aus. »Nur rein technisch ist, was nicht unmöglich ist, möglich.«

»Wir diskutieren heute keine Möglichkeiten«, sagt Lister. »Heute reden wir über Tatsachen. Jetzt ist nicht die Zeit für Belanglosigkeiten.«

»Über vollendete Tatsachen«, sagt Pablo, das Faktotum.

Eleanor hängt den Mantel auf einen Bügel.

»Ganz Genf wird reden«, sagt sie.

»Und der unterm Dach?« fragt Héloise, das jüngste Stubenmädchen, und faltet die Hände über dem runden Bauch. Der Bauch bewegt sich von selbst, und sie tätschelt ihn. »Und der unterm Dach?« fragt sie. »Lassen wir ihn laufen?«

Eleanor betrachtet den Bauch des Mädchens. »Du läßt dich lieber nicht blicken, wenn die Journalisten kommen«, sagt sie. »Kümmer dich nicht um den unterm Dach. Sie werden dich ausquetschen. Alles wissen wollen.«

»Oh«, sagt Héloise, die Hände auf dem Bauch. »Es bewegt sich. Vielleicht werde ich ohnmächtig.« Aber sie steht kerzengerade und gelassen und keineswegs einer Ohnmacht nahe am Fenster des Domestikensalons und sieht hinaus.

»Er war auf seine Art ein feiner Mensch. Ganz Genf war maßlos überrascht.«

»Wird überrascht sein«, sagt Eleanor.

»Lassen wir die Haarspaltereien«, sagt Lister, »zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ich erwarte jeden Augenblick eine Meldung von der Pforte. Langsam müßten sie jetzt kommen. Seht aus dem Fenster.« Und zu der Schwangeren: »Hast du alles Gepäck draußen?«

»Pablo hat schon seine Sachen gepackt«, sagt Héloise und richtet mit einer leichten Körperdrehung ihre großen Augen auf das Faktotum.

»Vernünftig«, sagt Lister.

»Pablo ist der Vater«, erklärt Héloise, ihren Bauch tätschelnd, der unter der Schürze zuckt.

»Da wäre ich nicht so sicher«, sagt Lister. »Du ja eigentlich auch nicht.«

»Jedenfalls ist es nicht der Baron«, sagt Héloise.

»Nein, der ist es nicht«, sagt Lister.

»Der Baron ist es nicht, das steht fest«, sagt Eleanor.

»Der arme selige Baron«, sagt Héloise.

»Eben«, sagt Lister. »Er muß gleich kommen. Im Buick, denke ich.«

Eleanor zieht eine Schürze an. »Wo ist mein Karottensaft? Geh zu Monsieur Clovis und frag ihn nach meinem Karottensaft. Meine Augen sind viel besser, seit ich Karottensaft trinke.«

»Clovis ist mit seinem Vertrag beschäftigt«, sagt Lister. »Er hat sich viel Zeit damit gelassen. Ich habe die meinen mit Stern und Paris-Match schon vor über einem Monat geschlossen. Jetzt geht es natürlich noch um das Filmgeschäft, aber da ist ruhig Blut gefragt. Denkt daran. Ruhig Blut, und verkauft wird an den Meistbietenden.«

Clovis sieht ärgerlich von seinen Papieren auf. »Frankreich, Deutschland, Italien bieten hoch. Aber vergeßt nicht, auf lange Sicht ist Englisch die Hochsprache des Geldes. Da sollten wir koordinieren.« Er liest weiter in seinen Unterlagen.

»Monsieur Clovis wird uns doch heute abend sicher noch etwas zu essen machen, nicht?« meint Eleanor. Sie geht durch die Küchentür. »Clovis!« ruft sie. »Vergiß nicht meinen Karottensaft, nein?«

»Ruhe!« sagt Clovis. »Ich lese gerade das Kleingedruckte. Das Kleingedruckte ist stets das Wichtigste in einem Vertrag. Mach dir doch deinen Karottensaft gefälligst selbst. Es sind Karotten im Gemüsefach, und der Mixer steht vor deiner Nase. Macht euch euer Nachtessen heute alle selbst.«

»Und die?«

»Die werden wohl kein Nachtessen brauchen.«

Lister steht in der Tür und sieht seiner jungen Tante zu, die im Gemüsefach nach Karotten kramt und sie mißbilligend zwischen den Fingern zusammendrückt.

»Nie wieder Nachtmahl«, sagt Lister. »Kein Nachtmahl mehr für sie.«

»Die Karotten sind weich«, sagt Eleanor. »Héloise kann nicht einkaufen. Sie ist in einem Haus dieses Stils fehl am Platz.«

»Die arme Baronin mochte sie sehr gern«, sagt Clovis und sieht von dem Tisch auf, an dem er das Kleingedruckte studiert. »Die arme Baronin hatte an Héloise nichts auszusetzen.«

»Ich habe auch nichts an ihr auszusetzen«, sagt Eleanor. »Ich sage nur, sie kann keine Karotten kaufen.«

Héloise kommt zu ihnen an die Küchentür.

»Es bewegt sich«, teilt sie Clovis mit.

»Ist doch nicht meine Schuld«, sagt der Koch.

»Meine auch nicht, Héloise«, sagt Lister streng. »Ich habe immer aufgepaßt, wenn wir zusammen waren.«

»Es ist Pablo«, sagt das Mädchen. »Ich könnte schwören. Pablo ist der Vater.«

»Es könnte einer der Gäste gewesen sein«, sagt Lister.

Clovis sieht von seinen Papieren auf, die auf dem Küchentisch ausgebreitet liegen. »Die Gäste sind an Héloise nie herangekommen, nie.«

»Der eine oder andere schon«, sagt Héloise nachdenklich. »Aber mit Pablo geht es Tag und Nacht, wenn er in Laune ist. Schon nach dem Frühstück.« Sie guckt ihren Bauch an, als könnte sie mit einer Art Röntgenaugen feststellen, wer denn nun wirklich der Vater sei. »Da war schon auch der eine oder andere Gast«, sagt sie. »Ich muß sagen, da war um die Zeit, als es mich erwischt hat, auch der eine oder andere Gast. Ein Gast der Baronin oder ein Gast des Barons.«

»Wir haben heute abend Wichtiges zu tun, mein Kind, also sei jetzt mal still«, sagt der Koch. »Wir haben über Geschäfte zu reden und allerhand zu tun. Das wird eine lange Nacht. Ist schon einer gekommen?«

»Eleanor, du sollst doch aus dem Fenster sehen«, befiehlt Lister seiner Tante. »Man kann nie wissen, ob nicht mal einer sein Auto an der Straße stehen läßt und sich einschleicht. Die an der Pforte sind unaufmerksam.«

Eleanor reckt den Hals zum Fenster, während sie weiter verächtlich an den weichen Karotten herumdrückt. »Hadrian kommt, da kommt nur Hadrian den Weg herauf. Diese Karotten sind nichts mehr. Gräßliche Karotten.«

Schritte kommen knirschend zur Hintertür. Hadrian, der Hilfskoch, tritt mit einer Aktentasche unterm Arm ein. »Hast du meinen Schrankkoffer rausgebracht?« fragt er Héloise.

»Der ist mir zu groß, in meinem Zustand.«

»Dann schick Pablo, daß er ihn holt, aber schnell. Ich will mit Packen anfangen.«

»Und der unterm Dach?« fragt Héloise. »Wir sollten ihm besser sein Nachtessen raufbringen, sonst macht er wieder rum oder kriegt womöglich einen von seinen Anfällen.«

»Er bekommt natürlich sein Nachtessen. Es ist noch früh.«

»Und wenn der Baron sein Nachtessen wünscht?«

»Er hat natürlich sein Nachtessen erwartet«, sagt Lister. »Aber wie es so ging, hat er es nicht mehr erlebt. Er wird bald hier sein.«

»Es könnte noch etwas Unvorhergesehenes passieren«, meint Eleanor.

»Es mußte etwas Unvorhergesehenes kommen«, sagt Lister. »Aber was geschehen ist, wird geschehen, und die Zukunft hat sich erfüllt. Meine Memoiren bis zum Begräbnis sind ja schon mehr oder weniger fertig. Jedenfalls haben wir es nicht mehr in der Hand. Ich setze das Ereignis auf etwa drei Uhr morgens an, also macht euch darauf gefaßt, wach zu bleiben.«

»Ich würde sechs Uhr morgens sagen. Im ersten Morgengrauen«, sagt Héloise.

»Du könntest recht haben«, sagt Lister. »Frauen in deinem Zustand sind meist sehr intuitiv.«

»Wie das strampelt«, sagt Héloise, die Hand auf dem Bauch. »Wißt ihr was? Ich habe Heißhunger auf Trauben. Haben wir Trauben im Haus? Richtigen Heißhunger. Soll ich ein Tablett zurechtmachen, für den unterm Dach?«

»Etwas früh«, sagt Lister, mit Blick auf die mondgesichtige Küchenuhr. »Es ist erst zehn nach sechs. Geh deine Sachen packen.«

 

Die lange Fensterseite des Domestikenvestibüls blickt auf einen kiesbestreuten Hof und dahinter auf die kalten Berge, die in der frühen Dämmerstunde des Herbstes schon nicht mehr zu sehen sind.

Ein kleiner dunkelgrüner Wagen steht dort neben dem Seiteneingang. Die Domestiken beobachten ihn. Zwei Frauen sitzen darin, die eine am Steuer, die andere auf dem Rücksitz. Sie unterhalten sich nicht. Eine hochgewachsene Person ist soeben auf der Beifahrerseite ausgestiegen und nach vorn zum Haupteingang gegangen.

Lister wartet das Läuten der Hausglocke ab, dann geht er öffnen. Ein langgelockter junger Mann, blond, mit auffallendem weißem Pelzmantel, der seinen rosa Teint gewissermaßen leuchten läßt. Der Mantel reicht ihm bis zu den Stiefeln.

Lister zeigt mit einem feinen Lächeln, das auf seinen Mund beschränkt bleibt, daß er den Besucher von früheren Visiten gut kennt. »Monsieur?« sagt Lister.

»Die Baronin«, sagt der junge Mann leise wie einer, der seine Stimme schonen will.

»Sie ist nicht zu Hause. Möchten Sie warten, Monsieur?« Lister gibt die Tür frei.

»Ja. Sie erwartet mich. Ist der Baron da?« säuselt die leise Stimme des jungen Mannes.

»Wir erwarten ihn zum Nachtmahl, Monsieur. Er müßte bald kommen.«

Lister nimmt den weißen Pelzmantel und mustert dabei die Qualität und Art des Nerzes sowie Fütterung und Etikett. Den Mantel über dem Arm, wendet er sich nach links und geht, gefolgt von dem jungen Mann, durch die Halle. Lister überquert den trompe-l´Åil-Fliesenboden. Der...
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Autor

Muriel Spark, geboren 1918 in Edinburgh, Autorin von Romanen, Theaterstücken, Kinderbüchern und Gedichten. Zahlreiche ihrer Bücher wurden verfilmt. 1986 wurde sie zum Commandeur des Arts et des Lettres ernannt, 1993 zur Dame Commander of the British Empire; 1999 erhielt sie den Ehrendoktortitel für Literatur der Oxford University. >Die Blütezeit der Miss Jean Brodie