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Schere, Stein, Papier

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am01.02.20231. Auflage
Der neue Thriller der internationalen Bestsellerautorin - «Alice Feeney ist eine Queen of Crime.» Romy Hausmann Adam Wright ist Drehbuchautor, ein Workaholic. Und er ist gesichtsblind, kann weder Freunde noch Familie erkennen. Nicht einmal seine eigene Frau. Amelia Wright ist Einzelgängerin. Sie arbeitet mit ausgesetzten Tieren und fühlt sich von ihrem Mann nicht wahrgenommen. Hat ihre Ehe überhaupt noch einen Sinn? Jedes Jahr an ihrem Hochzeitstag schreibt seine Frau Adam einen Brief. Und behält ihn für sich. Bis zu diesem Jahr ... Als das Paar einen Wochenendtrip in eine zum Ferienhaus umgebaute Kapelle in den schottischen Highlands gewinnt, ist beiden bewusst, dass es die letzte Chance sein könnte, ihre Ehe zu retten. Doch sie haben die Reise nicht zufällig gewonnen. Einer von ihnen lügt. Und diese Lüge ist tödlich ...

Alice Feeney ist Journalistin und hat 16 Jahre als Nachrichtenredakteurin und Produzentin für BBC News gearbeitet. Sie hat in London und Sydney gelebt und sich mit ihrem Mann und ihrem Hund inzwischen in Surrey niedergelassen. «Manchmal lüge ich» ist ihr Debütroman.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer neue Thriller der internationalen Bestsellerautorin - «Alice Feeney ist eine Queen of Crime.» Romy Hausmann Adam Wright ist Drehbuchautor, ein Workaholic. Und er ist gesichtsblind, kann weder Freunde noch Familie erkennen. Nicht einmal seine eigene Frau. Amelia Wright ist Einzelgängerin. Sie arbeitet mit ausgesetzten Tieren und fühlt sich von ihrem Mann nicht wahrgenommen. Hat ihre Ehe überhaupt noch einen Sinn? Jedes Jahr an ihrem Hochzeitstag schreibt seine Frau Adam einen Brief. Und behält ihn für sich. Bis zu diesem Jahr ... Als das Paar einen Wochenendtrip in eine zum Ferienhaus umgebaute Kapelle in den schottischen Highlands gewinnt, ist beiden bewusst, dass es die letzte Chance sein könnte, ihre Ehe zu retten. Doch sie haben die Reise nicht zufällig gewonnen. Einer von ihnen lügt. Und diese Lüge ist tödlich ...

Alice Feeney ist Journalistin und hat 16 Jahre als Nachrichtenredakteurin und Produzentin für BBC News gearbeitet. Sie hat in London und Sydney gelebt und sich mit ihrem Mann und ihrem Hund inzwischen in Surrey niedergelassen. «Manchmal lüge ich» ist ihr Debütroman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644015678
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.02.2023
Auflage1. Auflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3781 Kbytes
Artikel-Nr.9996067
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Amelia
Februar 2020

Mein Mann erkennt mein Gesicht nicht.

Ich spüre, dass er mich anblickt, während ich fahre, und frage mich, was er sieht. Ihm kommt auch sonst niemand bekannt vor. Dennoch ist es ein befremdlicher Gedanke, dass der Mann, mit dem ich verheiratet bin, mich bei einer Gegenüberstellung nicht identifizieren könnte.

Ich weiß, ohne hinzuschauen, welchen Gesichtsausdruck er hat. Es ist diese mürrische, verdrossene Miene, dieses «Ich habs dir ja gesagt», deshalb konzentriere ich mich lieber auf die Straße. Das muss ich auch. Der Schneefall ist dichter geworden, die Landschaft hat beinahe alle Konturen verloren, und die Scheibenwischer meines Morris Minor Traveller kommen kaum nach. Das Auto ist - wie auch ich - Baujahr 1978. Wenn man die Dinge pflegt, halten sie ein Leben lang, aber ich habe so den Verdacht, dass mein Mann uns möglicherweise beide gern gegen jüngere Modelle eintauschen würde. Seit wir zu Hause losgefahren sind, hat Adam den Sitz seines Sicherheitsgurts hundertmal überprüft, und seine Hände liegen, zu Fäusten geballt, nebeneinander im Schoß. Die Fahrt von London hinauf nach Schottland hätte nicht länger als acht Stunden dauern dürfen, aber in diesem Schneegestöber wage ich es nicht, schneller zu fahren. Auch wenn es allmählich dunkel wird und es scheint, als hätten wir uns in mehr als einer Hinsicht verirrt.

Kann ein Wochenendtrip eine Ehe retten? Das fragte mein Mann, als die Therapeutin es vorschlug. Jedes Mal, wenn ich daran denke, entsteht in meinem Kopf eine neue Liste mit Dingen, die ich bedauere. Dass wir so viel von unserem Leben vergeudet haben, indem wir es nicht richtig ausgekostet haben, macht mich sehr traurig. Wir waren nicht immer die Menschen, die wir jetzt sind, aber unsere Erinnerungen an die Vergangenheit können uns alle zu Lügnern machen. Deshalb konzentriere ich mich auf die Zukunft. Meine Zukunft. An manchen Tagen kommt er noch darin vor, aber hin und wieder male ich mir aus, wie es wäre, wieder allein zu sein. Es ist nicht das, was ich will, aber ich frage mich durchaus, ob es womöglich für uns beide am besten wäre. Die Zeit kann Beziehungen verändern, so wie das Meer den Sand formt.

Als wir die Wetterwarnungen sahen, wollte er die Reise verschieben, aber das konnte ich nicht. Wir wissen beide, dass dieser Wochenendtrip eine letzte Gelegenheit ist, unsere Ehe zu kitten. Oder es zumindest zu versuchen. Das hat er nicht vergessen.

Dass mein Mann vergisst, wer ich bin, ist nicht seine Schuld.

Adam leidet unter einem neurologischen Defekt namens Prosopagnosie, der dazu führt, dass er in Gesichtern keine Unterscheidungsmerkmale erkennen kann, auch in seinem eigenen nicht. Nicht nur einmal ist er auf der Straße schon an mir vorbeigegangen wie an einer Fremden. Die soziale Phobie, die das unweigerlich auslöst, beeinträchtigt uns beide. Adam kann auf einer Party von Freunden umringt sein und dennoch das Gefühl haben, keine Menschenseele im Raum zu kennen. Daher verbringen wir viel Zeit allein. Zusammen, aber getrennt. Nur wir. Die Gesichtsblindheit ist nicht das Einzige, womit mein Mann mir das Gefühl gibt, unsichtbar zu sein. Er wollte keine Kinder - er könne die Vorstellung nicht ertragen, dass er ihre Gesichter nicht würde erkennen können, hat er immer gesagt. Er lebt schon sein ganzes Leben mit dieser Einschränkung, und ich lebe damit, seit wir uns kennen. Manchmal kann ein Fluch ein Segen sein.

Mein Mann mag nicht wissen, wie mein Gesicht aussieht, aber er hat gelernt, mich an anderen Dingen zu erkennen: an meinem Parfüm, an meiner Stimme, und, als er noch meine Hand hielt, auch daran, wie diese sich anfühlt.

Es sind nicht die Ehen, die scheitern, es sind die Menschen.

Ich bin nicht die Frau, in die er sich vor all den Jahren verliebte. Ich frage mich, ob er erkennen kann, wie viel älter ich jetzt aussehe. Ob er die grauen Strähnen in meinem langen blonden Haar bemerkt. Vierzig mag das neue Dreißig sein, aber meine Haut ist von Fältchen durchzogen, von denen nur wenige vom Lachen herrühren. Wir hatten einmal so viel gemeinsam, haben nicht nur das Bett, sondern auch Geheimnisse und Träume geteilt. Auch heute noch beenden wir die Sätze des anderen, nur liegen wir neuerdings falsch damit.

«Ich habe das Gefühl, wir bewegen uns im Kreis», murrt er leise, und zunächst ist mir nicht klar, ob er von unserer Ehe oder meinem Orientierungssinn spricht. Der bedrohlich wirkende schiefergraue Himmel scheint seine Laune zu spiegeln, und es ist seit vielen Meilen das erste Mal, dass er etwas gesagt hat. Auf der Straße bleibt der Schnee jetzt liegen, und der Wind frischt auf, aber das ist noch gar nichts gegen den Sturm, der sich hier im Auto zusammenbraut.

«Kannst du vielleicht die Wegbeschreibung heraussuchen, die ich ausgedruckt habe, und sie noch einmal vorlesen?», sage ich und versuche vergeblich, mir meine Gereiztheit nicht anhören zu lassen. «Wir müssen ganz in der Nähe sein.»

Im Gegensatz zu mir ist mein Mann unverschämt gut gealtert. Seine rund vierzig Jahre sind geschickt getarnt durch einen teuren Haarschnitt, gebräunte Haut und einen durch ein Übermaß an Halbmarathons geformten Körper. Er war schon immer gut im Davonlaufen, besonders vor der Realität.

Adam ist Drehbuchautor. Er hat weit unterhalb der untersten Sprosse von Hollywoods ausziehbarer Leiter angefangen und reichte allein nicht ganz heran. Anderen erzählt er, er sei gleich von der Schule in die Filmbranche gegangen, was nicht direkt gelogen ist. Mit sechzehn suchte er sich einen Job im Electric Cinema in Notting Hill, wo er Eintrittskarten und Snacks verkaufte. Mit einundzwanzig hatte er bereits die Rechte an seinem ersten Drehbuch verkauft. Schere, Stein, Papier blieb im Entwicklungsstadium stecken, aber es sprang ein Agent für Adam dabei heraus, und der besorgte ihm Arbeit: eine Romanadaption. Das Buch war kein Bestseller, doch die Verfilmung - eine britische Low-Budget-Produktion - gewann einen Bafta, und ein Schriftsteller war geboren. Es war nicht dasselbe wie die eigenen Figuren auf der Leinwand zum Leben erwachen zu sehen - die Straßen zu unseren Träumen verlaufen nur selten geradlinig -, aber Adam musste kein Popcorn mehr verkaufen und konnte in Vollzeit schreiben.

Drehbuchautoren sind in der Regel keine Stars, deshalb kennen manche Menschen vielleicht seinen Namen nicht, aber ich würde wetten, dass sie mindestens einen Film nach einem Drehbuch von ihm gesehen haben. Trotz unserer Probleme bin ich sehr stolz auf alles, was er erreicht hat. Adam Wright hat sich in der Branche einen Namen als jemand gemacht, der unbekannte Romane in Blockbuster-Filme verwandelt, und er ist immer auf der Suche nach dem nächsten Kandidaten. Ich gebe zu, dass ich manchmal eifersüchtig bin, aber das ist wohl ganz natürlich angesichts der vielen Abende, an denen er lieber mit einem Buch ins Bett geht. Mein Ehemann betrügt mich nicht mit anderen Frauen - oder Männern -, er hat Affären mit ihren Texten.

Menschen sind eine seltsame, unberechenbare Spezies. Ich ziehe die Gesellschaft von Tieren vor - einer der Gründe, warum ich im Hundeasyl in Battersea arbeite. Vierbeinige Geschöpfe sind in der Regel eine bessere Gesellschaft als zweibeinige, und Hunde tragen einem weder etwas nach, noch wissen sie, wie man hasst. An die anderen Gründe für meine Arbeit möchte ich jetzt nicht denken; manchmal ist es besser, die Erinnerungen verstauben zu lassen.

Durch die Windschutzscheibe bietet sich uns ein Blick auf eine sich unentwegt verändernde, spektakuläre Landschaft. Da sind Bäume in sämtlichen Grüntönen, glitzernde Lochs, schneebedeckte Berggipfel und eine unendliche, unberührte Weite. Ich liebe die schottischen Highlands. Falls es auf der Erde eine schönere Gegend gibt, habe ich sie noch nicht gefunden. Hier oben wirkt die Welt so viel größer als in London. Oder vielleicht bin ich kleiner. In der unaufgeregten Stille und Abgeschiedenheit hier finde ich Frieden. Seit über einer Stunde haben wir keine Menschenseele gesehen, und das macht die Gegend zum perfekten Schauplatz für das, was ich vorhabe.

An einem stürmischen Meer zu unserer Linken vorbei fahren wir weiter nordwärts, und die ans Ufer schlagenden Brecher bringen uns ein Ständchen. Als die kurvige Straße zu einem schmalen Sträßchen schrumpft, spiegelt sich der zunächst blaue Himmel, der sich dann rosa, violett und jetzt schwarz verfärbt hat, in den teils gefrorenen Lochs, an denen wir vorüberkommen. Weiter landeinwärts umfängt uns ein Wald. Uralte schneebestäubte Kiefern, höher als unser Haus, biegen sich im Sturm, als wären sie nur Streichhölzer. Der Wind heult wie ein Gespenst um unser Auto und versucht immer wieder, uns vom Kurs abzubringen. Als wir auf der vereisten Straße ein bisschen ins Rutschen geraten, umklammere ich das Lenkrad so fest, dass meine Knöchel durch die Haut zu brechen scheinen. Mein Blick fällt auf meinen Ehering - eine handfeste Erinnerung daran, dass wir noch zusammen sind, trotz alldem, was für eine Trennung spricht. Nostalgie ist eine gefährliche Droge, aber ich genieße es, wenn glücklichere Erinnerungen meinen Kopf fluten. Vielleicht haben wir uns gar nicht so sehr verirrt, wie es uns vorkommt. Ich werfe dem...
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Autor

Alice Feeney ist Journalistin und hat 16 Jahre als Nachrichtenredakteurin und Produzentin für BBC News gearbeitet. Sie hat in London und Sydney gelebt und sich mit ihrem Mann und ihrem Hund inzwischen in Surrey niedergelassen. «Manchmal lüge ich» ist ihr Debütroman.Alice Jakubeit übersetzt Romane, Sachbücher und Reportagen aus dem Englischen und Spanischen, u.a. Alexander McCall Smith, Greer Hendricks & Sarah Pekkanen, Brian McGilloway und Eva García Sáenz. Sie lebt in Düsseldorf.