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Rabenschwarzer Winter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am14.10.2016Auflage
Inspecteur Gilles Sebag kommt gerade in Weihnachtsstimmung, als er entdeckt, dass seine Frau Claire ihn betrügt. Seine Welt bricht zusammen. Mit viel Whiskey versucht er in durchwachten Nächten darüber hinwegzukommen. Zusätzlich führt ihn auch sein nächster Fall in menschliche Abgründe. Eine erschlagene Frau, ein Mann, der sich aus dem Fenster stürzt, ein weiterer, der droht, sich in die Luft zu jagen ... Gilles findet schnell heraus, dass die Morde zusammenhängen: Es handelt sich bei allen um Eifersuchtsdramen. Wer ist der Psychopath, der hier die Fäden in der Hand zu halten scheint? Woher hat er sein Wissen über die untreuen Partner? Gilles muss das beschauliche Perpignan vor einem moralischen Rachefeldzug bewahren - und gleichzeitig seine Ehe retten.

Philippe Georget wurde 1963 geboren. Nach mehreren Jahren als Journalist für Rundfunk und Fernsehen hat er 2001 seine Familie in einen Campingbus gepackt, um einmal mit ihr das Mittelmeer zu umrunden. Seit seiner Rückkehr lebt er als Autor mit Frau und Kindern in der Nähe von Perpignan und läuft leidenschaftlich gern Marathon. Für seine Krimis hat er in Frankreich mehrere Preise gewonnen.
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Produkt

KlappentextInspecteur Gilles Sebag kommt gerade in Weihnachtsstimmung, als er entdeckt, dass seine Frau Claire ihn betrügt. Seine Welt bricht zusammen. Mit viel Whiskey versucht er in durchwachten Nächten darüber hinwegzukommen. Zusätzlich führt ihn auch sein nächster Fall in menschliche Abgründe. Eine erschlagene Frau, ein Mann, der sich aus dem Fenster stürzt, ein weiterer, der droht, sich in die Luft zu jagen ... Gilles findet schnell heraus, dass die Morde zusammenhängen: Es handelt sich bei allen um Eifersuchtsdramen. Wer ist der Psychopath, der hier die Fäden in der Hand zu halten scheint? Woher hat er sein Wissen über die untreuen Partner? Gilles muss das beschauliche Perpignan vor einem moralischen Rachefeldzug bewahren - und gleichzeitig seine Ehe retten.

Philippe Georget wurde 1963 geboren. Nach mehreren Jahren als Journalist für Rundfunk und Fernsehen hat er 2001 seine Familie in einen Campingbus gepackt, um einmal mit ihr das Mittelmeer zu umrunden. Seit seiner Rückkehr lebt er als Autor mit Frau und Kindern in der Nähe von Perpignan und läuft leidenschaftlich gern Marathon. Für seine Krimis hat er in Frankreich mehrere Preise gewonnen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843714020
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum14.10.2016
AuflageAuflage
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3321 Kbytes
Artikel-Nr.1926762
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



19 »Ach, Gilles, bist du fertig?«

Claires Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück. Sie kam von weit her. Aus dem angrenzenden Badezimmer und doch wie aus dem Nichts. Langsam kam er wieder zu sich und bemerkte, dass ihm seine Frau diese Frage bereits mehrmals gestellt hatte. Mindestens dreimal.

Claires Gesicht tauchte im Türspalt auf. »Wie, du bist noch nicht angezogen? Beeil dich!«

Völlig erschlagen von den bis ins Unendliche reichenden Möglichkeiten stand Gilles vor dem Kleiderschrank im Schlafzimmer. Was sollte er für den Silvesterabend nur anziehen? Er streckte den Arm nach einem Jackett aus. Hielt in der Bewegung inne. Zu dunkel. Er strich über den Stoff eines anderen Jacketts. Er war weich. Angenehm. Zu bunt.

»Die bis ins Unendliche reichenden Möglichkeiten«, sagte er halblaut zu sich selbst.

»Was sagst du?« Claire war wieder im Bad verschwunden, wo sie sich fertigmachte.

»Nichts Wichtiges. Selbstgespräche.«

»Aha.«

Woher war dieser Ausdruck gekommen? Die bis ins Unendliche reichenden Möglichkeiten. Das klang wie etwas aus der Mathematik oder der Philosophie oder auch nach Science-Fiction. Vielleicht steckte von allen dreien ein bisschen darin.

Er nahm ein graues Sakko. Er mochte die vier gelben Knöpfe am Handgelenk. Beziehungsweise am Ellenbogen. Man konnte das Jackett nämlich auch mit hochgekrempelten Ärmeln tragen, was Gilles besonders gefiel.

Gerade wollte er es anziehen, da fiel ihm ein, dass er ja noch splitternackt war. Er legte das Jackett aufs Bett und zog eine Unterhose an. Mit allem anderen war er heillos überfordert.

»Was soll ich denn anziehen?«, rief er über das Geräusch laufenden Wassers hinweg.

Claire kam ins Schlafzimmer. Sie trug ein schwarzes Satinkleid, das ihre Schultern unbedeckt ließ, die Arme jedoch mit besticktem Musselin umhüllte. Sie war fast fertig. Angezogen, geschminkt. Es fehlte nur noch ein bisschen Lippenstift. Sie warf einen Blick auf das Sakko auf dem Bett und holte ein schwefelgelbes Hemd sowie eine Bundfaltenhose im gleichen Grauton wie das Sakko aus dem Schrank. »Willst du eine Krawatte umbinden?«

»Warum nicht?«

Sie legte eine blauschwarze Krawatte auf das Sakko. »Beeil dich, wir kommen noch zu spät.«

»Zu spät, zu spät ... Immer musst du übertreiben. An Silvester ist man erst zu spät, wenn Mitternacht schon vorbei ist.«

»Eben ... Ich bin nicht sicher, ob Fanny und ihr Braten da deiner Meinung sind.«

»Ah, Fannys legendärer Braten ... Der ist sowieso immer zu gut durch. Dieses Jahr hat sie dann eine Ausrede dafür.«

Eine laute Stimme ertönte aus dem Wohnzimmer: »Ich geh dann mal, Leute! Tschüs, bis morgen!«

»Genau, mein Sohn, wir haben dich auch lieb! Küsse!«

Claire und die Kinder waren am Morgen von Claires Eltern zurückgekommen. Séverine hatte nur einen kurzen Zwischenstopp zu Hause gemacht, bevor sie zu einer Freundin abgedüst war - zu Chloé, wenn er sich recht erinnerte -, und Léo war auf dem Weg zu einem gewissen Gabriel. Er fuhr mit dem Roller dorthin. Eine ganz schlechte Idee. Zumindest hatte er versprochen, bei seinem Freund zu übernachten und nicht mitten in der Nacht müde - oder vielleicht ja sogar betrunken? - nach Hause zu fahren.

Claire und er waren bei den Chambruns zum Essen eingeladen. Fanny und Claire waren Kolleginnen vom Collège in Rivesaltes, und Érick war Lehrer an einer Grundschule in Espira-de-l´Agly. Dort wohnten sie auch.

Endlich war auch Gilles so weit, und es war Zeit zu gehen.

Im Auto dachte er daran, wie abwesend er eben vor seinem Kleiderschrank gewesen war. Das war ihm nicht zum ersten Mal passiert. Es fühlte sich seltsam an, den Kopf so voll zu haben, und zwar nicht mehr voller düsterer Gedanken in Endlosschleife, sondern voller ... Leere. Ja, so fühlte es sich tatsächlich an. Voller Leere.

Normalerweise hielt dieser Zustand nur ein paar Sekunden an. Unvermittelt erstarrte er, unfähig sich zu rühren, dachte nicht mehr, war völlig unbeteiligt. Die Welt um ihn herum hätte einstürzen können, er hätte es gar nicht gemerkt.

Beim ersten Mal hatte er es auf den Alkohol geschoben. Eine einfache Erklärung, die jedoch beim zweiten Mal nicht mehr funktionierte. Da hatte er nichts getrunken. Oder besser gesagt nicht so viel, als dass es solche Geistesabwesenheit hätte erklären können.

»Warum biegst du hier ab?«

Überrascht riss Gilles das Lenkrad herum, so dass er über die weiße Linie fuhr. »Wie bitte?«

»Warum biegst du hier ab? Das ist die falsche Richtung.«

Mist. Am Kreisverkehr war er Richtung Innenstadt abgebogen und nicht nach Norden Richtung Espira-de-l´Agly.

»Entschuldige, ich war in Gedanken. Ich bin aus Gewohnheit Richtung Kommissariat gefahren.«

»Soll ich fahren?«

»Nein, keine Sorge, es geht schon.«

Er musste einen langen Umweg fahren, bevor er wieder auf dem richtigen Weg war. Claire beobachtete ihn aus den Augenwinkeln.

Die letzten Abende hatten sie immer lange telefoniert. Hatten sich immer wieder gesagt, dass sie sich liebten, über alles Mögliche geredet und peinlich genau darauf geachtet, nichts anzusprechen, das einen Streit auslösen würde. Und jeden Abend war Gilles danach auf dem Sofa mit einer Flasche in Reichweite eingeschlafen. Er hatte zwischen Whisky, Wodka, Cognac und Armagnac abgewechselt. Genau wie in einer Beziehung durfte man auch beim Trinken auf keinen Fall Routine einkehren lassen.

Die Routine, die ihnen gerade so zu schaffen machte, war die schlimmste von allen. Die Routine beharrlicher Fragen. Eine neue hatte gerade in seinem Kopf Gestalt angenommen, der leider wieder so klar und aktiv arbeitete wie gewöhnlich. Gilles konnte nicht anders, er musste die Frage stellen. Er musste die Antwort wissen, bevor sie bei ihren Gastgebern eintrafen.

»Wusste Fanny Bescheid?«

»Worüber?«

»Was denkst du denn?«

Er hörte Claire neben sich seufzen. »Wieso sollte sie? Denkst du etwa, ich hätte es an die große Glocke gehängt?«

»Sie hätte etwas mitbekommen können.«

»Das hat sie sich mir gegenüber nie anmerken lassen.«

Die Scheinwerfer der entgegenkommenden Fahrzeuge erleuchteten das Wageninnere fast permanent mit einem gelben Licht. Es war viel Verkehr, alle waren unterwegs zu einer Silvesterfeier. Die meisten von ihnen waren wahrscheinlich glücklich, oder es gelang ihnen zumindest, so zu tun. Wenn es doch nur das vergangene Jahr nie gegeben hätte ...

»Mach es nicht noch schlimmer, bitte«, flehte Claire ihn an. »Wir sind immer sehr diskret gewesen. Es hat an der Schule und auch anderswo nie irgendwelche zweideutigen Berührungen zwischen uns gegeben. Niemand hat etwas davon mitbekommen.«

Gilles biss sich auf die Oberlippe. War Claire wirklich so naiv, oder machte sie sich absichtlich etwas vor, damit sie sich nicht so schuldig fühlen musste? Wie konnte sie annehmen, dass die Vertrautheit zwischen ihnen und schließlich auch die starke ... Zuneigung zu diesem ... diesem anderen Mann unentdeckt hätte bleiben können? So wenig reichte schon aus: eine leichte Berührung, ein Lächeln, ein längerer, sanfterer Blick als sonst. Er wusste, dass Menschen, die sich zueinander hingezogen fühlten, eine besondere Aura umgab. Den meisten fiel das nicht auf, aber manchen eben doch. Gilles erinnerte sich, dass er damals auf dem Kommissariat in Chartres als einer der Ersten bemerkt hatte, dass zwischen zwei Kollegen etwas lief. Er war Inspecteur bei der öffentlichen Sicherheit, sie in der Finanzabteilung. Sie hatten sich ebenfalls für diskret gehalten, hatten nur wenig miteinander gesprochen und immer einen Abstand von mindestens zwanzig Zentimetern zueinander gehalten. Und doch hatte Gilles es gewusst. Schon lange vor allen anderen. Denn irgendwann hatten es alle erfahren. Das Verhältnis lief schon eine ganze Weile, und die beiden waren unvorsichtiger geworden. Jemand, der ihnen Böses wollte oder neidisch war, hatte die jeweiligen Ehepartner informiert. Sie hatte sich dann scheiden und er sich versetzen lassen. Er hatte versucht, weit weg von Chartres seine Beziehung zu retten. Gilles hatte nie wieder von ihm gehört; vielleicht war es ihm ja gelungen.

Ein Arbeitsplatz ist ein Mikrokosmos, in dem es vor Gerüchten nur so brummt. Es war durchaus möglich, dass im Fall von Claire und ... Simon die Gerüchteküche schon brodelte, bevor sich überhaupt mehr aus ihrer Freundschaft entwickelt hatte.

»Ihr habt euch oft mittags oder nach der Arbeit getroffen, oder?«

Claire nickte lediglich.

»Und ihr seid immer mit zwei Autos unterwegs gewesen?«

»Abends ja. Mittags nicht immer, das stimmt ...«

»Und Pascale und Véronique wussten natürlich davon, oder?«

Claire seufzte erneut. Pascale und Véronique waren zwei sehr gute Freundinnen, mit denen Claire Sport machte und manchmal abends ausging, zum Beispiel ins Kino oder ins Theater, wenn Gilles das Programm nicht interessierte.

»Pascale ja, aber Véronique nicht. Zu der Zeit steckte Véro ja gerade mitten in der Scheidung, und ihr ging es so schlecht, da wollte ich sie damit nicht belasten.«

Gilles spürte, dass das nur die halbe Wahrheit war, er war ja nicht dumm. Letzten Sommer hatte Véronique sich von ihrem Mann getrennt, weil er sie betrogen hatte. Sie war also nicht gerade die beste Ansprechpartnerin für diese Art von Geständnissen gewesen. Vermutlich hatte Claire nicht verurteilt werden wollen.

»Und wie hast du Pascale davon...


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Autor

Philippe Georget wurde 1963 geboren. Nach mehreren Jahren als Journalist für Rundfunk und Fernsehen hat er 2001 seine Familie in einen Campingbus gepackt, um einmal mit ihr das Mittelmeer zu umrunden. Seit seiner Rückkehr lebt er als Autor mit Frau und Kindern in der Nähe von Perpignan und läuft leidenschaftlich gern Marathon. Für seine Krimis hat er in Frankreich mehrere Preise gewonnen.