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Angeklagt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am11.12.20091. Auflage
«Ich habe sie getötet.» Das ist das Letzte, was Kevin Brace sagt, als man ihn blutverschmiert neben der Leiche seiner Freundin findet. Ganz Toronto hält den Atem an, als der bekannte Radiomoderator des Mordes angeklagt wird. Warum schweigt er, statt sich zu verteidigen? Während Staatsanwalt Fernandez alles daransetzt, seinen ersten großen Fall zu gewinnen, und Staranwältin Nancy Perish an ihrer Verteidigung bastelt, interessiert Detective Greene nur eines: die Wahrheit. «Dies ist eines der besten Bücher, die ich in den letzten zehn Jahren gelesen habe.» (Douglas Preston)

Robert Rotenberg ist ein bekannter kanadischer Strafverteidiger. Er weiß also, worüber er schreibt. Angeklagt stand in seinem Heimatland lange Zeit auf der Bestsellerliste.Der Autor lebt mit seiner Frau, einer erfolgreichen TV-Produzentin, seinen drei Kindern und dem Hund Fudge in Toronto.
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Produkt

Klappentext«Ich habe sie getötet.» Das ist das Letzte, was Kevin Brace sagt, als man ihn blutverschmiert neben der Leiche seiner Freundin findet. Ganz Toronto hält den Atem an, als der bekannte Radiomoderator des Mordes angeklagt wird. Warum schweigt er, statt sich zu verteidigen? Während Staatsanwalt Fernandez alles daransetzt, seinen ersten großen Fall zu gewinnen, und Staranwältin Nancy Perish an ihrer Verteidigung bastelt, interessiert Detective Greene nur eines: die Wahrheit. «Dies ist eines der besten Bücher, die ich in den letzten zehn Jahren gelesen habe.» (Douglas Preston)

Robert Rotenberg ist ein bekannter kanadischer Strafverteidiger. Er weiß also, worüber er schreibt. Angeklagt stand in seinem Heimatland lange Zeit auf der Bestsellerliste.Der Autor lebt mit seiner Frau, einer erfolgreichen TV-Produzentin, seinen drei Kindern und dem Hund Fudge in Toronto.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644419018
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2009
Erscheinungsdatum11.12.2009
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse2631 Kbytes
Artikel-Nr.1434503
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



2


Officer Daniel Kennicott betrat den Market Place Tower im Laufschritt. «Wo soll ich hin?», rief er über die Schulter. Seine Kollegin Nora Bering war nur einen halben Schritt hinter ihm.

«Ich überwache die Lobby», sagte sie. «Du gehst in die Wohnung.»

Ein uniformierter Portier stand an einem imposanten Empfangstresen aus poliertem Holz und schaute von seiner Zeitung auf, als die Polizisten an ihm vorbeirannten. Reliefs veredelten die Marmorwände, und außer dem obligaten Weihnachtsbaum schmückten frische Blumen die Halle. Aus einer Lautsprecheranlage drang leise klassische Musik.

Als Dienstältere oblag Bering die Einsatzleitung. Als der Notruf bei ihr eingegangen war, hatte sie sich per Handy bei der Zentrale über Einzelheiten informiert, denn sie wollte verhindern, dass Dritte, die den Polizeifunk abhörten, von dem Geschehen genauso schnell erfuhren wie die Polizei selbst. Demnach hatte Kevin Brace, der berühmte Radiomoderator, um 5 : 31 Uhr, also vor zwölf Minuten, seinem Zeitungsboten, einem Mr. Singh, an der Tür seiner Penthousewohnung Nr. 12A anvertraut, dass er soeben seine Frau getötet habe. Darauf hatte er Singh die Tote gezeigt, die in einer Badewanne lag. Singh hatte sie berührt und festgestellt, dass sie kalt war. Brace sei ruhig und unbewaffnet.

Dass ein Tatverdächtiger ruhig war oder sogar einen lethargischen Eindruck machte, war bei Fällen von häuslicher Gewalt nicht ungewöhnlich. Kennicott wusste das. Der Affekt, die kurzzeitige Erregung, hatte sich gelegt, und langsam setzte der Schock ein.

Bering zeigte auf die Treppe neben dem Fahrstuhl und sagte: «Zwei Möglichkeiten.»

Kennicott nickte und atmete tief durch.

«Falls du den Fahrstuhl nimmst, denk dran, dass du laut Vorschrift zwei Stockwerke tiefer aussteigen musst.»

Wieder nickte Kennicott. Das hatte er schon in der Grundausbildung gelernt. Einige Jahre zuvor waren zwei Kollegen zu einem Fall von häuslicher Gewalt in ein Hochhaus gerufen worden. Alles hatte ganz normal gewirkt. Aber als die Kollegen im vierundzwanzigsten Stock aus dem Fahrstuhl stiegen, wurden sie auf der Stelle von dem Familienvater erschossen, der gerade seine Frau und sein Kind getötet hatte.

«Ich nehme die Treppe», entschied Kennicott.

«Denk dran, dass alles, was der Tatverdächtige sagt, wichtig sein kann», sagte Bering, während Kennicott tief durchatmete. «Achte darauf, dass du dir alles wörtlich notierst!»

«Klar.»

«Betritt die Wohnung mit vorgehaltener Waffe», riet Bering. «Und sei vorsichtig.»

Kennicott nickte. «Okay.»

«Melde dich bei mir, kurz bevor du den zwölften Stock erreichst.»

«Mache ich.» Kennicott rannte auf die Treppe zu. Die Aufgabe desjenigen Polizisten, der als Erster am Tatort eintraf, bestand vor allem darin, den Ist-Zustand zu bewahren. Das klang einfach, aber es war, als wollte man eine Sandburg vor Sturmböen schützen, denn jede Sekunde konnte wertvolles Beweismaterial vernichtet werden. Am liebsten hätte Kennicott immer drei Stufen auf einmal genommen, aber seine kugelsichere Weste, seine Waffe und das Funkgerät wogen zusammen gut acht Pfund. Langsam, sagte er sich. Es hatte keinen Sinn, wenn er zu schnell außer Atem geriet.

Zwischen dem zweiten und dritten Stock fand er den richtigen Rhythmus und kam gut voran, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Zusammen mit Bering hatte er vier Tage hintereinander Nachtschicht geschoben. Eine Stunde vor Beginn einer viertägigen Freischicht war der Notruf eingegangen, als sie sich gerade auf der anderen Straßenseite in den Hallen des St.-Lawrence-Markts befanden, dem größten Markt für frische Lebensmittel in Toronto, und die Marktleute hatten gerade angefangen, ihre Stände für den Tagesbetrieb herzurichten.

Im sechsten Stock merkte Kennicott, wie ihm der Schweiß, der sich in seinem Nacken bildete, langsam den Rücken runterzulaufen begann. Bis zu diesem Notruf war es eine ruhige Nacht gewesen. Ein Tamile in Regent Park hatte seiner Frau ein Stück Ohr abgebissen, aber als sie dort ankamen, sagte die Frau, sie sei auf eine Glasscherbe gefallen. Jemand war ins Haus eines schwulen Pärchens eingebrochen und hatte als Visitenkarte einen stinkenden Haufen auf dem Perserteppich hinterlassen. In der Jarvis Street hatte eine minderjährige Prostituierte behauptet, der Säufer, der ihr eine Bleibe angeboten hatte, wenn sie ihm dafür jeden Tag einen blies, hätte sie geschlagen. Aber als sie Kennicott sah, hatte sie sofort begonnen, ihn anzubaggern. Eine ganz normale Nachtschicht also.

Im zehnten Stock begann Kennicott zu keuchen. Erst vor dreieinhalb Jahren war er in den Polizeidienst eingetreten und hatte dafür eine vielversprechende Karriere als Anwalt in einer der angesehensten Kanzleien der Stadt aufgegeben. Der Grund war sein Bruder Michael, der zwölf Monate zuvor ermordet worden war. Als sich abzeichnete, dass die polizeilichen Ermittlungen im Sande verliefen, hatte Kennicott die Anwaltsrobe gegen eine Dienstmarke eingetauscht.

Das hier war genau das, worauf er seitdem gewartet hatte: in einem Mord zu ermitteln. Er nahm jetzt drei Stufen auf einmal und schaltete sein Funkgerät an. «Kennicott hier», sagte er zu Bering. «Bin gleich im elften Stock.»

«Roger. Die Spurensicherung, jemand von der Mordkommission und jede Menge Wagen sind unterwegs. Ich habe die Fahrstühle blockiert. Niemand ist runtergekommen. Schalte das Gerät jetzt aus, damit du keinen Krach machst, wenn du die Wohnung betrittst.»

«Roger. Over und out.»

Im zwölften Stock blieb Kennicott stehen und orientierte sich kurz. Vor ihm lag ein langer Gang, der nach einigen Metern abbog, vermutlich zum Fahrstuhl und der anderen Gebäudeseite. Gedimmte Wandleuchten warfen ein milchiges Licht auf die blassgelben Wände. Diese Seite des Hausflurs führte zu einer einzigen Wohnung: 12A.

Vorsichtig bewegte er sich auf die Tür zu. Sie stand halb offen. Er atmete tief durch, zog seine Waffe und stieß die Tür mit dem Fuß ganz auf. Dann trat er in eine große Diele mit Parkettboden. Alles war ruhig. Es war ein merkwürdiges Gefühl, so ohne weiteres in diese friedliche, gepflegte Wohnung einzudringen. Und dann die Waffe! Kennicott kam sich vor wie ein kleiner Junge, der mit den anderen Jungs Räuber und Gendarm spielte.

«Polizei», rief er laut.

«Wir sitzen in der Küche, am Ende der Diele», rief jemand mit indischem Akzent. «Die verstorbene Dame befindet sich in dem Badezimmer, das von der Diele abgeht.»

Kennicott schaute hinter die Wohnungstür, dann ging er langsam durch die Diele. Es kam ihm so vor, als machten seine Stiefel einen ungeheuren Lärm auf dem Holzfußboden. Eine Tür in der Mitte der Diele stand einen Spaltbreit offen. In dem Zimmer dahinter brannte Licht, und eine Reihe weißer Fliesen war zu erkennen. Kennicott trug keine Handschuhe, deswegen stieß er die Tür mit dem Ellbogen auf.

Es war ein kleines Badezimmer. Zwei Schritte - und Kennicott stand vor der Badewanne, in der eine schwarzhaarige Frau lag. Ihr Gesicht war fast so weiß wie die Wanne. Sie rührte sich nicht.

Kennicott kehrte in die Diele zurück, ohne etwas zu berühren. Er schwitzte jetzt am ganzen Körper, und alles fühlte sich klebrig an.

«Wir sind hier hinten», rief der Mann mit dem indischen Akzent.

Kennicott ging weiter die Diele entlang, bis eine Küche mit großem Esstisch vor ihm lag. Dort saß Kevin Brace, der berühmte Radiomoderator, ganz still auf einem schmiedeeisernen Stuhl. In der Hand hielt er einen Keramikbecher. Er trug Hausschuhe und einen alten Morgenmantel, dessen Kragen er hochgeschlagen hatte. Eine traurige Figur, aber eindeutig zu identifizieren an seinem zottigen Bart und seiner großen, altmodischen Nickelbrille. Ein Gesicht, das man kannte, da er seine Radiosendung schon seit Jahren moderierte und sein Foto häufig in Zeitungen oder im Fernsehen gezeigt wurde. Brace schaute nicht einmal auf.

Ihm gegenüber saß ein älterer braunhäutiger Mann. Er trug Anzug und Krawatte und beugte sich vor, um Brace Tee nachzuschenken. Zwischen den Männern hing eine bunte Tiffanylampe über dem Tisch. Wie eine große Sprechblase in einer Comiczeichnung, in der nur noch der Text fehlt, dachte Kennicott. Unter der Lampe stand ein Teller mit Orangenspalten. Dabei musste es sich um einen Rest handeln. Die meisten waren offenbar schon aufgegessen worden. Sie waren ungewöhnlich rot. Blutorangen, dachte er.

Auf der anderen Seite der Küche war ein großes Fenster, das nach Süden rausging und einen atemberaubenden Blick über den Ontariosee bot, der jetzt wie ein schwarzes Brett dalag. Ganz schwach zeichnete sich in der ersten Morgendämmerung die schmale Inselkette ab, die der Stadt halbmondförmig vorgelagert war.

Kennicott kam sich wie im falschen Film vor. Der phantastische Ausblick, die friedliche Tischszene ... Die Waffe noch im Anschlag, betrat er den glatten Kachelboden der Küche. Plötzlich rutschte er mit dem rechten Fuß aus. Sofort ließ er die Arme sinken, um den Sturz abzufedern, ließ dabei jedoch die Waffe fallen, die über den Fußboden schlitterte, bis sie mitten in der Küche liegenblieb.

Idiot, dachte Kennicott, als er wieder aufstand. Der Inspector, der gleich den Fall übernimmt, wird begeistert sein!

Am Tisch träufelte Brace Honig in seinen Becher und rührte den Tee um, als sei nichts geschehen.

Vorsichtig ging Kennicott auf seine Waffe zu, um nicht wieder auszurutschen. «Kevin Brace?», fragte er.

Brace mied jeglichen Blickkontakt. Zudem waren seine Brillengläser ziemlich verschmiert. Er sagte kein Wort, sondern rührte einfach nur weiter seinen Tee...

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Autor

Robert Rotenberg ist ein bekannter kanadischer Strafverteidiger. Er weiß also, worüber er schreibt. Angeklagt stand in seinem Heimatland lange Zeit auf der Bestsellerliste.Der Autor lebt mit seiner Frau, einer erfolgreichen TV-Produzentin, seinen drei Kindern und dem Hund Fudge in Toronto.geboren 1953 in Bremen. Sie studierte Anglistik und Politik sowie Diplompädagogik in Marburg. Seit 1980 lebt und arbeitet sie als freie Autorin, Übersetzerin und Redakteurin in Hamburg.