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Weißglut

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kiepenheuer & Witsch GmbHerschienen am08.01.20151. Auflage
»Sentimental, rau, gut beobachtet« DIE ZEIT Brütende Hitze liegt über Kopenhagen, und mit Vizekriminalkommissar Axel Steen geht es immer weiter bergab. Sein Ha­schisch­konsum steigt, seine Todesängste fressen ihn auf, und schließlich wird auch noch sein Intimfeind Jens Jessen sein Chef. Doch dann fordert ein neuer Fall seine ganze Aufmerksamkeit: Nach einer Vergewaltigung werden DNA-Spuren gefunden, die zu dem Mord an Marie Schmidt vor vier Jahren passen. Dem Mord also, den er nie aufklären konnte. Der Bluthund in Axel erwacht und nimmt die Fährte auf. Jesper Stein, dessen Erstling es gleich auf die Krimibestenliste der Zeit geschafft hat, ist mit diesem Roman wieder ein großer Wurf gelungen: atemlose Spannung bis zur letzten Seite.

Jesper Stein ist Journalist und arbeitete als Kriminalreporter in Kopenhagen. 2008 erschien sein Bestseller über Bent Isager-Nielsen, den Leiter der Sektion 1, dem dänischen Pendant zum FBI. Das Buch erklärt u.a., warum Dänemark die weltweit höchste Aufklärungsrate bei Mordfällen aufweisen kann. Jesper Stein lebt in Nørrebro, ist verheiratet und hat zwei Kinder. »Aisha« ist sein vierter Roman um den Kommissar Axel Steen. Eine Verfilmung der ersten drei Bände ist in Planung. Jesper Stein ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem »Goldenen Lorbeer«, dem wichtigsten dänischen Literaturpreis.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext»Sentimental, rau, gut beobachtet« DIE ZEIT Brütende Hitze liegt über Kopenhagen, und mit Vizekriminalkommissar Axel Steen geht es immer weiter bergab. Sein Ha­schisch­konsum steigt, seine Todesängste fressen ihn auf, und schließlich wird auch noch sein Intimfeind Jens Jessen sein Chef. Doch dann fordert ein neuer Fall seine ganze Aufmerksamkeit: Nach einer Vergewaltigung werden DNA-Spuren gefunden, die zu dem Mord an Marie Schmidt vor vier Jahren passen. Dem Mord also, den er nie aufklären konnte. Der Bluthund in Axel erwacht und nimmt die Fährte auf. Jesper Stein, dessen Erstling es gleich auf die Krimibestenliste der Zeit geschafft hat, ist mit diesem Roman wieder ein großer Wurf gelungen: atemlose Spannung bis zur letzten Seite.

Jesper Stein ist Journalist und arbeitete als Kriminalreporter in Kopenhagen. 2008 erschien sein Bestseller über Bent Isager-Nielsen, den Leiter der Sektion 1, dem dänischen Pendant zum FBI. Das Buch erklärt u.a., warum Dänemark die weltweit höchste Aufklärungsrate bei Mordfällen aufweisen kann. Jesper Stein lebt in Nørrebro, ist verheiratet und hat zwei Kinder. »Aisha« ist sein vierter Roman um den Kommissar Axel Steen. Eine Verfilmung der ersten drei Bände ist in Planung. Jesper Stein ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem »Goldenen Lorbeer«, dem wichtigsten dänischen Literaturpreis.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783462308556
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum08.01.2015
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2
SpracheDeutsch
Dateigrösse3090 Kbytes
Artikel-Nr.1455067
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Axel Steen raste auf einem Bob durch die Nacht. Festgeschnallt und stocksteif, die Arme windschnittig seitlich an den Körper gepresst, fühlte er sich wie ein Pfeil am Himmel. Er war in der Stadt, sah sich selbst eine weiße Sekunde lang auf der Milchstraße der Nørrebrogade, die Seen wie ein Gedächtnisverlust in grelles Licht getaucht, dann rauschten die Neonleuchten am Nørreport-Bahnhof und die Vester Voldgade vorbei. Federleicht schoss er durch die blinkenden Straßenschluchten der Stadt, ihre Pulsadern, Venen, umgeben von Nervensträngen, die phosphoreszierend glitzerten. Der Rathausplatz eine Explosion, schwerelos über den Lichtstrom des Verkehrs am H.C. Andersens Boulevard. Die Stadt war sein Körper, sein Fleisch und Blut, die er in einem Chaos aus Lärm und Geschwindigkeit hinter sich ließ.

Er landete auf dem Dach des Polizeipräsidiums. Der Bob war weg, die Leichtigkeit verschwunden. Sein Körper schien randvoll mit Flüssigkeit, Pulsschlägen, Krämpfen, Urin und Kot zu sein. Mit dem Körper kam das Bewusstsein, langsam, schleichend. Er stieg hinauf zur Oberfläche, das Erwachen war eine Heimsuchung aus Schweiß, Schmerz und Durst.

Seine Augen tasteten durch den Raum, versuchten alles zu berühren, worauf ihr Blick fiel, zu verstehen, was es war, wo er war, bis sein klebriger, panischer Blick an dem Egon-Schiele-Plakat über seinem Bett hängen blieb und Ruhe fand. Es war sein Schlafzimmer. Sein Handy blinkte.

Es gab etwas, was er tun musste. Heute. Aber es war ihm gleichgültig. Heute. Morgen. Der Tag danach. Es war ohne Bedeutung. Er schloss die Augen wieder, lag da und versuchte, einen Weg in sein Leben zu finden. Wohin hatte es ihn nur verschlagen?

Die letzten fünf Tage hatte er Überstunden abgebaut, und sie waren im Nichts versunken. Haschisch, Glotze, Sex mit Dorte Neergaard, mehr Glotze, mehr Haschisch, dann wieder Glotze, Haschisch und Rotwein irgendwo in der Stadt und schließlich wieder Sex mit Dorte Neergaard. Zwischendurch hatte er sich mit drei alten Mordfällen herumgequält, hatte Stunden der Klarheit, die er als Verrat empfand, mit Gimme Shelter in den Ohren auf dem Sofa verbracht, in den Akten gestochert und nach Zusammenhängen gesucht, die plötzlich und wie leuchtende Sterne inmitten seines Rauschs auftauchten und sich genauso schnell wieder im Nebel verloren. Die Vergangenheit, die er nicht loslassen konnte, nicht loslassen wollte. Die Fälle, die er hätte lösen müssen, selbst sie verloren ihre Bedeutung, während er sich völlig teilnahmslos durch die ihm längst bekannten Informationen wühlte, ohne Neues zu entdecken. Und gestern hatte er sich einfach vollgedröhnt. Alleine.

Aber jetzt war es vorbei. Das kleine, fünftägige Vakuum Freiheit, in dem er seinen Niedergang hatte vorantreiben können, war vorüber. Er musste ins Präsidium, schlug die Decke zur Seite, setzte die Füße auf den Boden und stieß dabei den Aschenbecher um.

Er rauchte jetzt jeden Tag. Zwei, drei Joints, wenn er nicht im Dienst war. Und jeden Abend einen. Am Wochenende noch ein paar mehr. Er fühlte sich nicht etwa abhängig, aber er wusste, dass es ihn auffressen würde. Und er wusste, dass es ihn eines Tages den Job kosten würde. Ein Bulle, der Haschisch rauchte, war ein No-Go. Die Todesangst war immer noch da. Turmhoch, wenn er am Morgen aufwachte. So wie jetzt gerade. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, ein Unfallfahrer auf der Flucht. Dieses verdammte, pochende Herz.

Aber es gab auch Wochen, in denen er nicht rauchte, was ja bewies, dass er nicht abhängig war. Dann lebte er gesund, arbeitete, trainierte, nur der Schlaf blieb aus, und nach einer Woche oder zwei war er ausgebrannt und begann wieder zu rauchen. Nur um endlich schlafen zu können. Und wenn er nicht abhängig war, konnte er sich ja hin und wieder mal einen Joint gönnen. So war es ein Jahr lang gegangen. Auf und ab. Meistens ab. Er hatte seiner Exfrau Cecilie versprochen aufzuhören, aber so war es nicht gekommen. Und als sie ihm gesagt hatte, sie werde für ein Jahr nach Haag gehen und Emma mitnehmen, hatte er den Schmerz weggeraucht. Und die Wut.

Er war damit einverstanden gewesen, dass Emma bei Cecilie blieb, als sie ihn vor dreieinhalb Jahren hatte sitzen lassen, um sich ein hohes Tier beim PET zu angeln, hatte sich damit abfinden müssen, dass die Zahl seiner Tage mit Emma reduziert wurde, ein ums andere Mal, dass Urlaube verschoben und Absprachen nicht eingehalten wurden, gerade so wie es Cecilie in den Kram passte. Und vor einem halben Jahr dann das. Zuerst hatte er versucht, es ihr auszureden, aber es gab nichts zu reden. Jedes dritte Wochenende und in den Ferien. Als er gesagt hatte, dem werde er nicht zustimmen, hatte sie mit Jugendamt und Gerichtsverfahren gedroht, und dem wollte er seine Tochter unter keinen Umständen aussetzen. Ihr eines Tages sagen zu müssen, dass Mama und Papa sich vor Gericht gestritten hatten, wegen ihr. Niemals, niemals, niemals. Zwei Monate später hatte er aber doch beim Jugendamt angerufen und bekam zu hören, er habe seine Chance verpasst. Irgendein Sachbearbeiter hatte ihm erklärt, der Zug sei abgefahren, ohne ihn. Es war, als sei ihre Liebe endgültig zu Grabe getragen worden. Aber war es wirklich so? Einerseits war er entschlossen, ihr keinen Millimeter entgegenzukommen, nachdem sie ihm das Wichtigste genommen hatte, das er im Leben besaß. Er hasste sie, wenn er Emma vermisste. Andererseits war sie nach Haag gezogen, weg von Jens Jessen. Was bedeutete das? Dass sie vorhatte, ihn zu verlassen? Dass sie ihren Job mehr liebte als ihn? Jedenfalls bedeutete es nicht, dass sie in glücklicher Dreisamkeit in ihrer Luxuswohnung am Islands Brygge lebten. Axel hatte Zweifel. Und er hasste seine Zweifel und seine Spekulationen, seine Kaffeesatzleserei, immer auf der Suche nach Anzeichen, dass sie vielleicht ... vielleicht was? Nein, man musste schon ein veritabler Volltrottel sein, wollte man ihren Entschluss, nach Haag zu gehen, als eine Öffnung ihm gegenüber deuten. Aber eine Öffnung Jens Jessen gegenüber war es immerhin genauso wenig, oder? Ihm wurde speiübel, wenn er daran dachte, aber es war so. Er vermisste sie. Cecilie.

In der Wohnung war es drückend warm. Er ging zum Erker, zog die Jalousien hoch und öffnete ein Fenster. Die trockene Luft, die hereinströmte, traf ihn wie ein Faustschlag. Verdichtet mit den Abgasen der Nørrebrogade konnte man die Luft nahezu greifen.

Er musste etwas finden, was seinem Leben einen Sinn gab. Emma kam morgen Abend, für zwei Tage. Und danach? Danach würde alles so sein wie vorher. Grau und sinnlos. Die Arbeit hing ihm zum Hals heraus. John Darling wollte ihn in ein Kompetenzteam drängen, das Strategien zur Effizienzsteigerung der Ermittlungsarbeit entwickeln sollte. Axel hatte abgelehnt. Zwar war Darling sein Chef, aber es war noch nicht sehr lange her, dass sie Partner auf der Straße gewesen waren, und deshalb konnte er sich das erlauben. Aber Darling hatte nicht lockergelassen, und so hatten sie sich darauf geeinigt, dass Axel während seiner freien Tage darüber nachdenken würde. Er würde zusagen müssen, wenn ihm nichts einfiel, womit er sich herausreden konnte.

Er schloss das Fenster wieder und sah hinunter auf die Nørrebrogade. Der Asphalt glitzerte in der flirrenden Hitze. Der morgendliche Verkehr hatte seinen Höhepunkt erreicht, und die Sonne spiegelte sich in den Scheiben der Autos und schälte die Schatten von den glasierten Dachziegeln der Häuser. Überall stachen kleine blaue und rote Schilder an den Fassaden hervor, auf denen die Rufnummern irgendwelcher Immobilienmakler zu lesen waren. Seit die Preise ins Bodenlose fielen, versuchten alle verzweifelt, ihre Genossenschafts- und Eigentumswohnungen loszuwerden.

Er ließ die Jalousie wieder herunter und ging in die Küche. Goss sich eine Tasse Kaffee von gestern ein, nahm einen Schluck und kippte den Rest in den Ausguss. Dann ging er ins Badezimmer, putzte sich die Zähne und zog sich an. Das war immerhin ein Anfang. Er nahm sein Portemonnaie aus der Jackentasche und ging die Treppe hinunter. Als er die Tür öffnete, war es, als steige er an einem Ferienort irgendwo weit im Süden aus dem Flieger. Die Hitze umarmte ihn, drückte ihn an sich, und er rang nach Luft.

Vor der Bank drängten sich Säufer, Invaliden und Drogensüchtige. Maskenhafte Gesichter, kreideweiße Hängehaut über dünnem lila Stoff, Schorf über blauen Flecken und halb verblasste Tätowierungen, Augen, die schmal wie Schlitze waren oder wie paralysiert auf einen Riss im Asphalt starrten. Sie standen an und stritten sich um die Plätze in der Schlange, ein fetter Kerl in einem schwarzen Jogginganzug saß auf seinem Rollator, jammerte und stieß die Leute von sich. Vor ihm stand eine kleine, knochige Dame, sonnengebräunt und runzelig wie eine vertrocknete Dattel.

»Das ist mein Platz, verdammt noch mal«, quiekte sie den Fetten an, der als Antwort ein drohendes Brummen von sich gab.

Axel warf einen Blick auf die Kirchturmuhr. Fünf nach halb zehn. Noch 25 Minuten bis zur Auszahlung der Stütze, Zahltag für den Bodensatz der Gesellschaft.

Er überquerte den Zebrastreifen. Die Hitze floss förmlich über die Straße, die in gleißendes weißes Licht getaucht war. Er kniff die Augen zusammen und öffnete die Tür zur Bäckerei. Die zwei Kunden vor ihm nahmen sich ausgiebig Zeit für ihre Bestellungen, einer nach dem anderen. Kaffee, Brötchen, Zimtschnecke. Beide trugen einen Stapel Ausgaben Der Wachtturm unter dem Arm, den sie sorgfältig auf dem Verkaufstresen ablegten, bevor sie umständlich ihre Portemonnaies hervorkramten und gewissenhaft die passende Summe...
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Autor

Jesper Stein ist Journalist und arbeitete als Kriminalreporter in Kopenhagen. 2008 erschien sein Bestseller über Bent Isager-Nielsen, den Leiter der Sektion 1, dem dänischen Pendant zum FBI. Das Buch erklärt u.a., warum Dänemark die weltweit höchste Aufklärungsrate bei Mordfällen aufweisen kann. Jesper Stein lebt in Nørrebro, ist verheiratet und hat zwei Kinder. »Aisha« ist sein vierter Roman um den Kommissar Axel Steen. Eine Verfilmung der ersten drei Bände ist in Planung. Jesper Stein ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem »Goldenen Lorbeer«, dem wichtigsten dänischen Literaturpreis.Patrick Zöller studierte Skandinavistik, Neue Geschichte und Politikwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum und an der Aarhus Universitet. Er hat mehrere Romane, darunter »Tochter des Lichts« von Anne Lise Marstrand-Jørgensen, sowie Kinder- und Jugendbücher aus dem Dänischen übersetzt.