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Kopflos

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am28.01.2015
Die Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann geht weiter!
Max Liebermann, der junge Psychoanalytiker aus dem Wien des frühen 20. Jahrhunderts, muss erneut seinem Freund, Inspektor Rheinhardt, bei einem ominösen Mordfall helfen. Ein Mönch wird enthauptet im Schatten einer Kirche, gleich neben einer der berühmten Pestsäulen gefunden. Sein Kopf ist mit übermenschlicher Gewalt vom Körper gerissen worden. Als ein weiterer Mord in derselben Manier begangen wird, macht das Gerücht um einen 'Wiener Golem' die Runde. Liebermann glaubt nicht an solche Schreckgespenster. Bis er selbst zu ermitteln beginnt ...
Bestialische Morde im Wien der Jahrhundertwende.

Frank Tallis ist Schriftsteller und praktizierender klinischer Psychologe. Für seine Romane, vor allem für seine Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann, erhielt er zahlreiche Preise, u. a. den »Writers' Award from the Arts Council of Great Britain« und den »New London Writers' Award«. Tallis lebt in London.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDie Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann geht weiter!
Max Liebermann, der junge Psychoanalytiker aus dem Wien des frühen 20. Jahrhunderts, muss erneut seinem Freund, Inspektor Rheinhardt, bei einem ominösen Mordfall helfen. Ein Mönch wird enthauptet im Schatten einer Kirche, gleich neben einer der berühmten Pestsäulen gefunden. Sein Kopf ist mit übermenschlicher Gewalt vom Körper gerissen worden. Als ein weiterer Mord in derselben Manier begangen wird, macht das Gerücht um einen 'Wiener Golem' die Runde. Liebermann glaubt nicht an solche Schreckgespenster. Bis er selbst zu ermitteln beginnt ...
Bestialische Morde im Wien der Jahrhundertwende.

Frank Tallis ist Schriftsteller und praktizierender klinischer Psychologe. Für seine Romane, vor allem für seine Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann, erhielt er zahlreiche Preise, u. a. den »Writers' Award from the Arts Council of Great Britain« und den »New London Writers' Award«. Tallis lebt in London.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641163365
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum28.01.2015
Reihen-Nr.4
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2302 Kbytes
Artikel-Nr.1571074
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Liebermann stieg aus dem Fiaker.

Zwei Gendarmen in langen Mänteln und Pickelhauben standen mitten auf der Straße und versperrten den Weg. Einer von ihnen trat auf ihn zu.

»Herr Dr. Liebermann?«

»Ja.«

»Hier entlang, bitte.«

Die Sonne war eben erst aufgegangen, und die morgendliche Luft war kalt und feucht. Auf der Straße standen vier schwarz lackierte Fuhrwerke, eines davon war ein fensterloser Leichenwagen. Ein heller Lichtblitz machte die Pferde scheu und ließ auf die Anwesenheit des Polizeifotografen schließen. Liebermann und der Gendarm gingen weiter auf einen gepflasterten Platz zu, der von einer weißen Kirche mit einer geschwungenen, konvexen Barockfassade dominiert wurde.

»Die Kirche Maria Treu«, sagte der Gendarm.

Liebermann war auf dem Weg zum Theater in der Josefstadt oft an dieser Kirche vorbeigekommen, hatte aber nie innegehalten, um sie in ihrer vollen Größe in Augenschein zu nehmen. Er musste den Kopf in den Nacken legen, um alles sehen zu können. Die beiden Turmhelme waren mit Kugeln dekoriert und flankierten eine klassische Säulenfassade. Unter dem Giebeldreieck stand zu lesen: Virgo Fidelis Ave Coelestis Mater Amoris. Darunter verriet eine Uhr die frühe Stunde, es war sechs Uhr. Geflügelte Skulpturen spähten über das Giebeldreieck hinweg. Sie tummelten sich unterhalb eines goldenen Kreuzes, dessen Schnittpunkt von goldenen Stäben gekreuzt wurde, den Strahlen des göttlichen Lichts.

Auf beiden Seiten des Platzes ragten identische dreistöckige Häuser auf, einfach, zweckmäßig und mit Rauputz versehen. Unter einem Wappen war das Wort Gymnasium in einen Stein gehauen.

Vor der Kirche standen zwei Gaslaternen. Unter der einen hatte sich eine Gruppe Männer zusammengefunden. Der Fotograf und sein Assistent bereiteten alles für die nächste Aufnahme vor. Wieder blitzte es auf, und etwas Dunkles und Unförmiges ließ sich auf der Erde ausmachen. Der Rauch des Magnesiumstreifens hing in der Luft. Liebermann vernahm das Geräusch von Hufen und ein nervöses Wiehern.

Einer der Männer drehte sich um, ein korpulenter Herr mit einem nach oben gezwirbelten Schnurrbart.

»Max!«

Kriminalinspektor Oskar Rheinhardt marschierte auf ihn zu, um ihn zu begrüßen.

»Danke, dass du gekommen bist, Max.« Der Gendarm schlug die Hacken zusammen und eilte auf seinen Posten zurück. »Wann hast du Haussmanns Anruf erhalten?«

»Gegen fünf«, erwiderte Liebermann und unterdrückte ein Gähnen.

»Tut mir leid«, sagte Liebermann mitfühlend. »Ich dachte, da du ja nicht so weit weg wohnst ...«

»Natürlich«, sagte Liebermann, wobei ein leiser Vorwurf in seiner Stimme nicht zu überhören war.

»Wann musst du in der Klinik sein?«

»Um halb acht.«

Rheinhardt nickte und bedeutete Liebermann dann, ihm zu folgen.

»Hat dir Haussmann alles erzählt?«

»Ja, allerdings.«

»Du weißt also, was dich erwartet. Gut.«

Rheinhardt packte den Fotografen am Arm und sagte: »Einen Augenblick, bitte.« Dann geleitete er seinen Freund weiter vor.

Im Lichtschein der Gaslaterne lag etwas, was auf den ersten Blick wie ein großes Bündel Kleider aussah, umgeben von schillerndem Schwarz mit unregelmäßiger Kante, ähnlich den Umrissen eines Landes auf einer Landkarte. In der Luft lag der Geruch von rostendem Eisen.

»Bruder Stanislaw«, sagte Rheinhardt.

Der Leichnam des Paters wirkte aufgrund der Piaristenkutte, die denen der Jesuiten glich, konturlos. Sein Mönchsgewand wurde vorne von drei Lederknöpfen zusammengehalten. Der Leichnam lag auf dem Rücken, die Füße waren unter dem Saum der Kutte verborgen. Auf einer Seite ragte eine Hand mit gekrümmten Fingern hervor. Diese bleiche, knochige Kralle war das Einzige, was von Bruder Stanislaws Körper zu sehen war. Die Kapuze war blutdurchtränkt, plattgedrückt und ganz offensichtlich leer.

Liebermann blickte über die Leiche hinweg und entdeckte den Kopf des Paters. Er war auf den Anblick vorbereitet worden, was den Schock aber kaum zu mindern vermochte.

»Er wurde um halb vier entdeckt«, sagte Rheinhardt. »Einer der Piaristen, Bruder Wendelin, konnte nicht schlafen und ging hinaus, um etwas frische Luft zu schnappen.«

»Wo ist Bruder Wendelin jetzt?«, fragte Liebermann.

»Er betet in der Kirche.«

»Hat er etwas gesehen oder gehört?«

»Nichts.«

Liebermann trat näher und ging dabei vorsichtig um die Blutlache herum. Er kniete sich nieder und betrachtete den Halsstumpf des Paters aus der Nähe. Die Morgendämmerung bot genug Licht, um die kopflose Leiche in Augenschein nehmen zu können. Was er vor sich sah, erinnerte jedoch in keiner Weise an die Sezierleichen seiner Anatomievorlesung, die ihn stets an das fettmarmorierte Fleisch eines frischen Bratens erinnerten. Die Öffnung der Luftröhre und die harten Knorpel waren verschoben. Die Halswirbel waren zertrümmert, die Muskeln zerrissen und verdreht. Eine gummiartige Arterie hing noch tropfend über den Trapezius herab. Etwas Lilafarbenes, von Venen durchzogenes Läppchenartiges lag nahe der rechten Schulter des Paters auf der Erde. Liebermann vermutete, dass es sich um einen Teil der Schilddrüse handelte.

Plötzlich hatte er die Stimme seines alten Anatomieprofessors im Kopf: Scalenus medius, sternocleidomastoideus, omohyoideus. Der junge Arzt war bestürzt. Er war zwar kein Pathologe, kannte sich jedoch gut genug mit der Anatomie aus, um bei dem Anblick, der sich ihm bot, eine große Beunruhigung zu empfinden.

»Was ist, Max?«

Liebermann machte eine abwehrende Handbewegung, um zu bedeuten, dass er noch nicht bereit war, einen Kommentar abzugeben. Er erhob sich und ging auf den abgetrennten Kopf zu. Es schien eine übermäßig lange Zeit in Anspruch zu nehmen, diese relativ kurze Strecke zurückzulegen, wobei der fürchterliche Anblick eine seltsame Faszination auf ihn ausübte. Er hörte, wie Rheinhardt ihm folgte, und vernahm halblaute Stimmen. Die Welt schien vor ihm zurückzuweichen.

Erneut beugte Liebermann sich vor.

Das Gesicht des toten Paters war an die Pflastersteine gedrückt, seine Augen waren geschlossen, die Lippen leicht geöffnet. Haare und Bart waren von silbrigen Strähnen durchzogen, auf der bleichen Haut hafteten Blutspritzer, die große Adlernase war zur Seite gedrückt. Obwohl sich Liebermann bewusst war, dass der Pater nichts mehr wahrnahm, verspürte er plötzlich das dringende Bedürfnis, die Hand auszustrecken und den Kopf umzudrehen, damit er es ein wenig bequemer hatte. Jahrelang hatte er dafür gesorgt, dass seine Patienten in ihren Betten bequem lagen, und diese Sorge war ihm in Fleisch und Blut übergegangen, selbst jetzt unter Umständen, in denen sie fraglos überflüssig war.

Liebermann betrachtete eingehend den Hals des Paters und stellte dieselbe anatomische Verwüstung fest: überdehnte und verdrehte Muskulatur, identische Verschiebungen und Schlitterschäden. Der Rand der papierenen Haut sah besonders makaber aus.

»Und?«, fragte Rheinhardt.

Liebermann richtete sich wieder auf.

»Es hat den Anschein, als sei ihm der Kopf ... vom Körper gerissen worden.«

»Das dachte ich auch. Vielleicht sollte ich heute Nachmittag in den Prater gehen.«

»Wie bitte?«

»Um die starken Männer zu befragen.«

Die Klänge eines Leierkastens: Herren in weißem Trikot und schwarzen Turnhosen, die ihre Oberarmmuskeln spielen ließen.

Liebermann konnte sich keinen dieser eitlen, sich in Pose werfenden Clowns dabei vorstellen, wie er den Kopf des Paters packte und ihn ihm von den Schultern riss.

»Oskar«, meinte Liebermann, »ist dir eigentlich klar, wie viel Kraft man braucht, um jemandem den Kopf abzureißen?«

»Ganz offensichtlich recht viel Kraft.«

»Selbst mit einem Pferd - und einer Vorrichtung, die den Rumpf festhielte - wäre es schwierig.«

»Dann haben wir es hier vielleicht mit mehreren Tätern zu tun?«

»Möglicherweise ...«

»Wie viele?«

»Zwei oder drei schwere Burschen setzten sich auf das Opfer, und ein dritter und vierter drehten den Kopf herum ... das dürfte aber recht viel Zeit in Anspruch genommen haben.«

»Wie viel?«

»Schwer zu sagen. Aber wie lange auch immer sie gebraucht haben mögen, es scheint sie nicht sonderlich gekümmert zu haben, ob man sie erwischt! Sie haben ihre abscheuliche Tat hier unter der Gaslaterne verübt! Sieh dir einmal das Muster an, das der Blutschwall erzeugt hat.« Der junge Arzt führte mit den Händen vor, wie das Blut in die Luft gespritzt sein musste. »Schau dir diese Flecken an. Sie zeigen, wie der Kopf vom Rumpf weggerollt sein muss. Bruder Stanislaw wurde ganz offenbar in der Stellung geköpft, in der wir ihn jetzt vor uns sehen. Vermutlich war er jedoch nicht bei Bewusstsein, als er ermordet wurde. Seine Augen sind geschlossen ... ein Mann, der sich gegen vier oder fünf Angreifer zur Wehr setzte, hätte mit allergrößter Sicherheit weit aufgerissene Augen gehabt.«

»Könnten die Mörder ihm nicht die Augen geschlossen haben, nachdem sie den Kopf abgetrennt hatten?«

»Das schon. Aber das wäre dann doch etwas seltsam gewesen, findest du nicht? Einem Toten die Augen zu schließen, ist üblicherweise doch ein Zeichen des Respekts.«

Die Tür der Kirche wurde geöffnet, und ein älterer Pater kam heraus. Er bemerkte Rheinhardt und ging auf ihn zu.

»Hochwürden?«, sagte Rheinhardt.

»Mein Sohn, die Kinder ...« Der andere wirkte verlegen. »Bruder Stanislaws sterbliche Hülle muss entfernt werden, bevor die Schule beginnt. Ich fürchte, ich...

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Frank Tallis ist Schriftsteller und praktizierender klinischer Psychologe. Für seine Romane, vor allem für seine Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann, erhielt er zahlreiche Preise, u. a. den »Writers' Award from the Arts Council of Great Britain« und den »New London Writers' Award«. Tallis lebt in London.