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Wiener Tod

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am29.01.2015
Ein toter Schüler, versteckte Obsessionen und eine Mauer des Schweigens
Eine Militärschule in der Nähe von Wien: Ein Schüler wird tot aufgefunden, aber es kann keine Todesursache festgestellt werden. Der junge Psychoanalytiker Max Liebermann, den Inspektor Rheinhardt zu Hilfe ruft, stößt bei den Mitschülern auf eine Mauer des Schweigens. Aber mit seinem psychologischen Geschick spürt er ein Netzwerk von Abhängigkeiten und Gewalt auf. Und von amourösen Verwicklungen, die er in seinem dritten Fall nur allzu gut verstehen kann - ist er doch selbst von Eifersucht gegenüber der von ihm verehrten Engländerin Miss Lydgate getrieben, die sich mit einem geheimnisvollen Fremden trifft.
Der dritte Teil der Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann.

Frank Tallis ist Schriftsteller und praktizierender klinischer Psychologe. Für seine Romane, vor allem für seine Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann, erhielt er zahlreiche Preise, u. a. den »Writers' Award from the Arts Council of Great Britain« und den »New London Writers' Award«. Tallis lebt in London.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin toter Schüler, versteckte Obsessionen und eine Mauer des Schweigens
Eine Militärschule in der Nähe von Wien: Ein Schüler wird tot aufgefunden, aber es kann keine Todesursache festgestellt werden. Der junge Psychoanalytiker Max Liebermann, den Inspektor Rheinhardt zu Hilfe ruft, stößt bei den Mitschülern auf eine Mauer des Schweigens. Aber mit seinem psychologischen Geschick spürt er ein Netzwerk von Abhängigkeiten und Gewalt auf. Und von amourösen Verwicklungen, die er in seinem dritten Fall nur allzu gut verstehen kann - ist er doch selbst von Eifersucht gegenüber der von ihm verehrten Engländerin Miss Lydgate getrieben, die sich mit einem geheimnisvollen Fremden trifft.
Der dritte Teil der Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann.

Frank Tallis ist Schriftsteller und praktizierender klinischer Psychologe. Für seine Romane, vor allem für seine Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann, erhielt er zahlreiche Preise, u. a. den »Writers' Award from the Arts Council of Great Britain« und den »New London Writers' Award«. Tallis lebt in London.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641163358
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum29.01.2015
Reihen-Nr.3
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4129 Kbytes
Artikel-Nr.1571713
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

4

Rheinhardt fragte sich, ob er die Bemerkungen des Kutschers zu wenig ernst genommen hatte. Der Waldbewohner war in der Tat sehr seltsam gewesen. War es denkbar, dass solch ein Mann Fremde vorsätzlich auf eine gefährliche Straße lockte? Rollten sie in diesem Augenblick unbekümmert einem schrecklichen Abgrund entgegen?

Erneut fühlte er sich an die alten Geschichten über Wölfe, Hexen und übermenschliche Wesen erinnert, deren Erscheinen unweigerlich den Tod bedeutete. Um sein Unbehagen zu vertreiben, begann er, »Rosen aus dem Süden« zu summen. In Gedanken kehrte er zu dem Ball der Detektive zurück. Was das Orchester jetzt wohl spielte? »Künstlerleben« vielleicht oder »Wein, Weib und Gesang«?

Plötzlich war die Stimme des Kutschers zu vernehmen:

»Herr Inspektor! Herr Inspektor! Das muss es sein!« Rheinhardt öffnete das Fenster. Sie fuhren durch ein schmiedeeisernes Tor, eine baufällige hohe Mauer entlang. Der Nebel hatte sich etwas gelichtet, und in der Ferne, jenseits eines großen Platzes, sah Rheinhardt erleuchtete Fenster. Er seufzte vor Erleichterung.

Die Kutsche ratterte eine lange Auffahrt entlang und kam endlich zum Stehen. Der Inspektor und sein Assistent sprangen heraus und nahmen ihre Umgebung in Augenschein. Vor ihnen stand eine Statue, deren Gesichtszüge durch die Witterung vollkommen geglättet waren. Dennoch ließ sich ausmachen, dass es sich um einen bärtigen Krieger handelte, der eine Lanze in der Hand hielt und einen Fuß auf einen Kübel gestellt hatte.

»Der heilige Florian«, sagte Rheinhardt.

»Er sieht eher aus wie ein römischer Soldat«, meinte Haussmann.

»Das war er ja auch, er war in der Militärverwaltung und hier in Österreich stationiert. Weiter reichen meine Kenntnisse leider nicht.«

Rheinhardt wandte sich der Schule zu, einem dreistöckigen Gebäude mit gotischen dreigeteilten Fensternischen und vier achteckigen Türmen. Durch einen Torbogen fiel der Blick in einen Kreuzgang. Rheinhardt und Haussmann betraten den Innenhof. In diesem Augenblick öffnete sich eine Tür, und ein älterer Mann kam heraus. Eindeutig ein Bediensteter, der jedoch eine militärische Auszeichnung an seiner Jacke trug.

»Meine Herren!«, rief der alte Mann.

Als Rheinhardt und Haussmann auf ihn zutraten, veränderte sich der Gesichtsausdruck des Veteranen. Er wirkte jetzt nicht mehr engagiert, sondern enttäuscht.

»Du liebe Zeit, entschuldigen Sie vielmals, ich habe Sie mit jemandem verwechselt.«

»Bitte?«, fragte Rheinhardt.

»Der Direktor erwartet zwei Herren vom Sicherheitsamt.«

»Gut. Ich bin Inspektor Rheinhardt, und das ist mein Assistent Haussmann.« Der alte Mann runzelte die Stirn. »Es stimmt«, fuhr Rheinhardt fort, dem bewusst wurde, dass ihr Erscheinungsbild möglicherweise einer Erklärung bedurfte, »wir sind etwas unpassend gekleidet, aber unglücklicherweise rief man uns von einem Ball hierher.«

»Haben Sie Ball gesagt?«

»Ja«, erwiderte Rheinhardt mit Nachdruck, »vom Ball der Detektive.«

Der Mann murmelte etwas Unverständliches, nahm sich dann zusammen und sagte: »Zu Diensten, hier entlang bitte.«

Er führte sie zu einer Tür im Kreuzgang. Dahinter verbarg sich ein langer, düsterer Korridor, an dessen Ende zwei Männer in Gehröcken standen, im bläulichen Lichtschein der von der Decke herabhängenden Petroleumlampen.

»Herr Direktor«, rief der alte Mann. »Sie sind da, gnädiger Herr. Die Herren vom Sicherheitsamt. Inspektor Rheinhardt und sein Assistent.«

»Danke, Albert«, erwiderte einer der Männer. »Wegtreten.«

Der alte Soldat schlug die Hacken zusammen, salutierte und schlurfte davon. Der Direktor sah Rheinhardt an und flüsterte: »Guter Mann, 48 bei der Belagerung von Budapest an der Front.«

Der Direktor war ein Mann Ende fünfzig mit grauem, fast weißem Haar. Weiße Strähnen waren über den Schädel gekämmt, um eine beginnende Glatze zu kaschieren. Er hatte hohe, gewölbte Brauen und trug einen kleinen Kinnbart. Trotz seiner runden, rötlichen Wangen wirkte sein Gesicht aufmerksam und streng. Nach einer nachlässigen Verbeugung sagte er: »Ich bin Prof. Julius Eichmann, der Leiter der Schule.« Er deutete auf seinen Begleiter: »Das ist mein Stellvertreter, Dr. Bernhard Becker.«

Der stellvertretende Direktor nickte ihnen zu.

»Danke, dass Sie gekommen sind, Inspektor«, fuhr Eichmann fort. »Noch dazu von einer gesellschaftlichen Verpflichtung, wie es den Anschein hat.« Er betrachtete den Polizeibeamten von Kopf bis Fuß. Rheinhardts verschmutzte Schuhe und fleckige Hosen riefen den Ausdruck leichter Missbilligung auf seinem Gesicht hervor.

»Ein Missgeschick«, meinte Rheinhardt.

Der Direktor nickte nachdrücklich und sagte: »Nun denn, Inspektor, dies sind wirklich außergewöhnliche Umstände. Wir befinden uns ganz in Ihren Händen. Wie wünschen Sie vorzugehen?«

»Ich würde den«, er zögerte und entschied sich gegen den Ausdruck Leichnam, »Jungen gern sehen.«

»Bitte. Wir werden Sie in die Krankenstube begleiten.«

Rheinhardt runzelte die Stirn.

»Was? Hat man ihn weggebracht?«

»Ja«, antwortete der Direktor.

»Warum das?«

»Warum?«, wiederholte der Direktor. »Warum?« Seine Stimme veränderte sich plötzlich und wurde höher und lauter. »Was hätte ich denn sonst tun sollen? Hätte ich ihn im Laboratorium liegenlassen sollen?« Sein rhetorischer Sarkasmus verriet jahrelange Erfahrung im Umgang mit Schülern. Er sah seinen Stellvertreter an. Sie schienen sich wortlos zu verständigen. Als der Direktor weitersprach, war seine Stimme wieder gelassener. »Ich fürchtete das Schlimmste, zögerte aber dann doch, den Jungen für tot zu erklären. Ich bin kein Mediziner, Inspektor, deshalb hielt ich es für das Beste, ihn in die Krankenstube bringen und Schwester Funke holen zu lassen. Wie ich jedoch vermutet hatte, konnte sie nichts mehr für ihn tun.«

Rheinhardt suchte automatisch nach seinem Notizbuch, erinnerte sich dann aber plötzlich daran, dass er seinen Frack trug, und ließ die Hand wieder fallen. Dem Direktor war unmissverständlich anzusehen, dass er Rheinhardt für einen Idioten hielt. Der Inspektor holte tief Luft und setzte seine Befragung fort.

»Und nachdem Sie Schwester Funke geholt hatten?«

»Habe ich telefonisch Dr. Kessler und die Polizei verständigt. Die ersten Gendarmen waren innerhalb einer Stunde hier. Sie sind sogar noch da, einer steht vor der Krankenstube, ein weiterer hält sich im Laboratorium auf. Wo Kessler sich befindet, entzieht sich meiner Kenntnis.«

»Und Kessler ist der Schularzt?«

»Ja.«

»Von wo kam er, wissen Sie das?«

»Aus seiner Wohnung im sechzehnten Bezirk.«

»Die Landstraße oberhalb von Aufkirchen ist nicht passierbar, offenbar aufgrund eines umgestürzten Baumes. Wahrscheinlich wurde er dadurch aufgehalten, genau wie wir.«

Der Direktor schüttelte den Kopf, als hätte Rheinhardt ihm eine lahme Entschuldigung dafür geliefert, weshalb er seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte.

»Die Krankenstube ist im Obergeschoss, Inspektor«, sagte der Direktor. Dann eilte er mit raschen Schritten voraus und rief über die Schulter zurück: »Hier entlang ...«

Rheinhardt und Haussmann folgten dem Direktor und seinem Stellvertreter den Korridor entlang. Dann ging es eine schmale Stiege hinauf. Als Rheinhardt den Direktor wieder eingeholt hatte, begann dieser ihm von den Vorfällen des Abends zu berichten.

»Mein Stellvertreter und ich waren in meinem Büro. Wir hatten gerade erst mit der Konferenz begonnen, als Prof. Gärtner in der Tür erschien. Er hatte Licht im Laboratorium gesehen und trat ein, weil er erwartet hatte, den stellvertretenden Direktor vorzufinden.«

»Ich bin für die Naturwissenschaften zuständig«, warf Becker ein.

»Gärtner«, fuhr der Direktor fort, »fand den Jungen, Zelenka, mit dem Oberkörper auf einem Labortisch liegend.«

»Wann war das?«

»Das muss ...«, der Direktor sah seinen Stellvertreter fragend an, »... kurz vor sieben gewesen sein.«

Becker nickte.

»Was hatte Zelenka im Laboratorium zu suchen?«, wollte Rheinhardt wissen.

»Er arbeitete an einer Hausaufgabe«, antwortete Becker.

»Die Sie ihm vermutlich aufgegeben hatten?«

»Ja«, entgegnete Becker. »Es handelte sich um eine einfache Untersuchung: wie Essig mit unterschiedlichen Stoffen reagiert.«

Rheinhardt betrachtete Becker eingehender. Er war etwa zehn Jahre jünger als Eichmann, hatte relativ langes, aber schütteres Haar, was seine hohe, gerundete Stirn noch mehr hervorspringen ließ. Seine wachen Augen und die Brille mit Goldrand verliehen ihm das Aussehen eines Mannes mit überragendem Intellekt. Sein sorgfältig gewichster Schnurrbart ragte seitlich über die Kieferpartie hinaus. Auch sein übriger Bart war ungewöhnlich gepflegt und zu zwei auslaufenden Spitzen gestutzt.

»Weshalb beschäftigte er sich mit dieser Aufgabe alleine? Handelte es sich um eine Strafarbeit?«

»Nein«, antwortete Becker. »Ganz und gar nicht. Zelenka war einer unserer motiviertesten Schüler. Er bat immer um zusätzliche Aufgaben.«

»Der stellvertretende Direktor und ich ...«, nahm Eichmann seinen Bericht mit etwas lauterer Stimme wieder auf, die nahelegte, dass er sich ein wenig darüber ärgerte, dass Rheinhardt seine Aufmerksamkeit dem Jüngeren zugewandt hatte. »Der stellvertretende Direktor und ich eilten in Begleitung von Prof. Gärtner zum Laboratorium. Wir versuchten den Jungen aufzuwecken ... aber unsere Bemühungen zeitigten keine Wirkung. Ich kehrte in mein Büro zurück und...

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Frank Tallis ist Schriftsteller und praktizierender klinischer Psychologe. Für seine Romane, vor allem für seine Erfolgsserie um den Psychoanalytiker und Detektiv Max Liebermann, erhielt er zahlreiche Preise, u. a. den »Writers' Award from the Arts Council of Great Britain« und den »New London Writers' Award«. Tallis lebt in London.