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Die Männer der Arluk

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.11.20161. Auflage
Die Männer der USS «Arluk», eines kleinen Schiffs der amerikanischen Küstenwache, fahren einen Einsatz, der im Zweiten Weltkrieg nicht seinesgleichen hat: Im ewigen Eis der Arktis, in der bedrohlichen wie atemberaubend schönen Eisberg-Welt rund um Grönland machen sie Jagd auf Wetterschiffe und -stationen der deutschen Marine. Ein Kampf also, der mindestens so sehr von den Urgewalten der Natur bestimmt wird wie vom harten und findigen Gegner. Einer der großen Seekriegsromane - zugleich ein packendes menschliches Dokument. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Sloan Wilson (1920-2003) war ein US-amerikanischer Schriftsteller.
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Produkt

KlappentextDie Männer der USS «Arluk», eines kleinen Schiffs der amerikanischen Küstenwache, fahren einen Einsatz, der im Zweiten Weltkrieg nicht seinesgleichen hat: Im ewigen Eis der Arktis, in der bedrohlichen wie atemberaubend schönen Eisberg-Welt rund um Grönland machen sie Jagd auf Wetterschiffe und -stationen der deutschen Marine. Ein Kampf also, der mindestens so sehr von den Urgewalten der Natur bestimmt wird wie vom harten und findigen Gegner. Einer der großen Seekriegsromane - zugleich ein packendes menschliches Dokument. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Sloan Wilson (1920-2003) war ein US-amerikanischer Schriftsteller.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105614440
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum15.11.2016
Auflage1. Auflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2134208
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erster Teil

1

Den Überfall auf Pearl Harbor zelebrierten die Leute aus der Fieldstone Road in Wellesley, Massachusetts, mit einem Riesenfest. Paul Schuman fuhr kurz nach Einbruch der Dunkelheit beim Haus seines Schwiegervaters vor. Übers Wochenende hatte er an der Yawl der Familie, einem alten Zweimaster, gearbeitet, der auf einer verlassenen Werft am Ende des Piers lag. Das Radio hatte er nicht eingeschaltet und gehörte an diesem Sonntagabend um halb sieben zu den wenigen Menschen in Amerika, die die große Neuigkeit noch nicht gehört hatten. Kriege zwischen Nationen lagen seinen Gedanken fern, die voll beschäftigt waren mit einem kleinen und ihm höchst rätselhaften Krieg mit seiner Frau, der ihm ein kläglich einsames Wochenende beschert hatte.

Sylvia war jung und hübsch und ging für ihr Leben gern auf Parties - das konnte er ihr nun gewiß nicht zum Vorwurf machen. Ihr Vater war ein Bankier, der seinen bescheidenen Wohlstand selbst während der Depression irgendwie gewahrt hatte, und ihr fiel es schwer zu verstehen, daß ihr junger Gatte keinen Cent besaß, den er sich nicht verdient oder sonstwie ergattert hatte, während er versuchte, sich durchs College zu schlagen. Paul und sein Bruder Bill verbrachten viel Zeit mit Arbeit an der uralten Yawl der Familie, und zwar nicht nur, weil sie für ihr Leben gern segelten, sondern auch, weil sie sie im Sommer überaus einträglich vercharterten. Und obgleich er sich dessen ein wenig schämte, verbrachte Paul viele Abende in Verbindungsheimen und Jachtclubs bei Bridge und Poker, weil er herausgefunden hatte, daß er beim Kartenspiel mit überraschender Leichtigkeit Geld verdienen konnte, indem er schlicht und einfach nur nüchtern blieb.

Als Paul bedrückt die Haustür öffnete, sah er zu seiner Überraschung, daß anscheinend eine Cocktailparty in vollem Gange war, und zu seinem völligen Erstaunen kam Sylvia - wie üblich wunderschön, aber erregter als gewöhnlich - auf ihn zugeeilt und umarmte ihn, drückte ihn mit mehr Leidenschaft an sich, als sie seit Wochen an den Tag gelegt hatte.

«Ach, Paul!» rief sie. «Wir haben ja versucht, dich zu erreichen!»

«Was ist denn los?» fragte er.

«Mein Gott, hast du es denn noch nicht gehört? Die Japse haben Pearl Harbor bombardiert. Jetzt gibt´s Krieg, Freundchen! Jetzt geht´s los!»

 

Am Morgen, ehe Paul Gelegenheit hatte, jemanden anzurufen, telefonierte sein Bruder Bill.

«Ich gehe zu den Heeresfliegern», sagte Bill überschwenglich. «Da gibt´s nämlich die echte Aktion! Und was hast du vor?»

«Das weiß ich noch nicht», erwiderte Paul.

«Paß auf, ich habe eine Idee. Ich höre, daß die Küstenwache einen ganzen Schwung Jachten für die Küstenpatrouille übernimmt. Wenn sie die Valkyrie akzeptierten, würden sie sie ganz neu herrichten und dich vielleicht als Skipper fahren lassen. Wahrscheinlich machen sie dich zum Oberbootsmannsmaat. Du wirst ordentlich bezahlt und kannst wahrscheinlich jede Woche oder so zurück nach Boston.»

«Warum tust du das nicht selbst?»

«Meinst du vielleicht, ich will auf einer ollen Yawl gegen die Deutschen kämpfen? Gib mir lieber eine P-38. Und du warst ja ohnehin immer der große Seemann in der Familie.»

«Ich will mich erkundigen», sagte Paul, hatte aber schon entschieden, daß auch er keine Lust verspürte, die Deutschen mit einer alten Yawl anzugehen, obgleich der Plan seine Reize hatte. «Mal sehen, was ich tun kann.»

Paul beneidete seinen Bruder um die scheinbar sorglose Tapferkeit, mit der er sich zu den Heeresfliegern zu melden gedachte. Nur eines schreckte ihn noch mehr als der Gedanke, in einem schlammigen Schützengraben von MG-Feuer zerfetzt zu werden: die Vorstellung, in einer brennenden Maschine abzustürzen. Er zog seinen besten blauen Anzug an und fuhr zum Bostoner Hauptquartier der Küstenwache.

 

An diesem Tag, Montag, dem 8. Dezember 1941, waren die Straßen und Gehsteige voller Menschen, und die Bars quollen über. Lange Schlangen, die teils sogar um die Hausecke herum in die nächste Seitenstraße reichten, bildeten sich vor jeder Rekrutierungsstelle. In jedem Auto und Laden, in jeder Bar lief das Radio in voller Lautstärke, da man auf weitere Nachrichten wartete, und Musik mischte sich mit erregtem Stimmengewirr.

Ans Bezirksamt der Küstenwache kam Paul überhaupt nicht erst heran. Eine halbe Stunde lang stand er in einer Schlange, die sich über eine Hügelkuppe hinwegzog, scheinbar bis ins Unendliche. Ergraute Männer, die Kragen ihrer dicken alten Seemannsjacken um die Ohren gestellt, warteten in der Schlange, Männer mittleren Alters, denen teils die lange Wartezeit von ihren Frauen vertrieben wurde, und viele Jungs, die aussahen, als hätten sie noch nicht einmal die High School hinter sich. Fast alle waren ungewöhnlich gut gelaunt und rissen Witze über die Möglichkeit, daß der Krieg schon vorbei sein könnte, ehe sie auch nur Gelegenheit bekamen, sich anwerben zu lassen. Ihr Atem gefror in der kalten Dezemberluft, und manche vollführten kleine Tänze, um sich aufzuwärmen. Viele hatten Flaschen dabei und waren rasch bei der Hand, wenn es galt, einem Fremden einen Schluck anzubieten.

Alles dies war interessant, aber Paul wurde es bald kalt und langweilig. Er sagte sich, daß mit einem Telefonanruf wohl mehr zu erreichen sei, und drückte sich in eine Bar. Auch dort mußte man sich anstellen, sowohl vor den beiden Telefonzellen als auch vor der Theke, aber es war wenigstens warm.

Paul brauchte nur rund zwanzig Minuten, um eine Telefonzelle zu ergattern. Es überraschte ihn nicht, als er die Küstenwache anrief und das Besetztzeichen hörte, und er machte sich daran, alle zwei Minuten neu zu wählen. Überrascht war er, als er beim vierten Versuch durchkam. Da er sich keinen Erfolg ausrechnete, wenn er nach dem überlasteten Werbeoffizier fragte, sagte er dem geplagten Mädchen, das sich meldete, er wolle den Bezirksoffizier der Küstenwache sprechen. Nach Geknack und Gesumm meldete sich eine müde Männerstimme: «Hier Lieutenant Christiansen ...»

«Sind Sie der Bezirksoffizier der Küstenwache?»

«Nein, einer seiner Stellvertreter. Wer spricht?»

«Mein Name ist Paul Schuman. Ich führe ein Charterboot, war dreieinhalb Jahre am College und zwei Jahre im Ausbildungskorps für Reserveoffiziere. Kann ich bei der Küstenwache Offizier werden?»

«Da sollten Sie sich an den Werbeoffizier wenden.»

«Ich weiß, aber der ist für niemanden erreichbar. Ich dachte nur, Sie könnten mir sagen, ob ich eine Chance habe, und mir vielleicht ein paar Formulare zuschicken.»

Lieutenant Christiansen lachte. «Aufs Organisieren scheinen Sie sich ja zu verstehen. Sie gäben bestimmt einen guten Versorgungsoffizier ab.»

«Ich will zur See. Mit kleinen Schiffen komme ich gut zurecht.»

«Aha, da kennt er sich also aus. Wenn Sie mir Ihren Namen und Ihre Anschrift geben, schicke ich Ihnen die Formulare zu.»

«Paul Schuman, zwei-null-neun Fieldstone Road, Wellesley, Massachusetts.»

«Da haben Sie aber Glück», meinte Christiansen. «Sie wohnen wenigstens in der Nähe. Wir haben Leute von Gott weiß wo, die in Bedürfnisanstalten und auf Bahnhöfen übernachten müssen.»

«Das muß Ihnen allerhand Kopfzerbrechen machen.»

Christiansens Ton wurde plötzlich scharf. «Hören Sie, ich kann Ihnen die Formulare schicken, ansonsten aber nichts für Sie tun.

«Schicken Sie mir nur die Formulare und beantworten Sie mir eine Frage», dämpfte Paul. «Was geschieht, wenn ich alle Bedingungen erfülle? Wie sieht der Zeitplan aus?»

«Sie legen am 2. Februar beim Massachusetts Institute of Technology eine zwölfstündige Prüfung in Navigation und Nautik ab. Wenn Sie bestehen, stecken Sie bis April in der Uniform eines Ensign. Passen Sie auf, hier ist alles so verstopft, daß wir Ihre Formulare erst nach Tagen in die Post geben können. Kommen Sie um sieben herum vorbei, dann können wir zusammen einen trinken.»

 

Und auf diese Weise wurde Paul rasch Offizier der Küstenwache. Sechs Wochen lang hatte er wie wild gebüffelt, um die zwölfstündige Prüfung zu bestehen.

Die Geschwindigkeit, mit der Paul alle diese Vorkehrungen traf, verwirrte Sylvia. Immerhin planten alle seine Kommilitonen, erst einmal ihr Studienjahr zu beenden, ehe sie sich meldeten. «Man meint ja, du könntest es nicht erwarten, von mir wegzukommen», sagte sie eines Abends vorwurfsvoll, als sie nach einem merkwürdig unbefriedigenden Liebesakt im Bett lagen.

«Du weißt genau, daß das nicht stimmt.»

«Was ist es denn sonst?»

Eine Antwort darauf fiel ihm schwer. Er konnte höchstens Patriotismus anführen, was, wie er wußte, größtenteils eine Lüge war. Gut, er wollte sein Land verteidigen helfen, hatte es aber nicht zu eilig, hinauszukommen, wo die Granaten flogen und die Hurrikane tobten. Nein, die Wahrheit war, wie naiv sie auch klingen mochte, daß die Ernennung zum Offizier allerhand Freude mit sich brachte. Zum einen stellte er fest, daß er, wenn auch nur vorübergehend, im Rang höher stand als sein herablassender älterer Bruder. Während seiner Ausbildung zum Heeresflieger war Bill nur ein Gemeiner, Paul als Ensign aber ranggleich mit einem Lieutenant. Sollten sie einander jemals in Uniform begegnen, was angesichts Bills Einberufung zum Pilotentraining vermutlich unwahrscheinlich war, müßte der hochgewachsene Harvard-Absolvent Bill seinen jämmerlichen kleinen Bruder, bei dem es nur zur Boston University gelangt hatte, grüßen. Schadenfreude war eindeutig unangebracht, aber Paul empfand sie...

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