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Ein Himmel voller Bücher

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
HarperCollinserschienen am04.06.20181. Auflage
Eine bunte Postkarte aus Malibu, eine alte Ausgabe von Shakespeares Der Sturm und der kleine, kurz vor dem Bankrott stehende Buchladen Prospero Books in Los Angeles. Die junge Lehrerin Miranda Brooks staunt nicht schlecht über das einzigartige Vermächtnis ihres Onkels Billy. Schon immer hat er ihr Rätsel aufgegeben. Warum hat er ihrer Familie den Rücken gekehrt? Warum spricht ihre Mutter nie über ihn? Miranda folgt der Spur der Botschaften, die er für sie versteckt hat - und die sie nicht nur in die Welt der Bücher führt, sondern ihr Leben von Grund auf ändert.mehr

Produkt

KlappentextEine bunte Postkarte aus Malibu, eine alte Ausgabe von Shakespeares Der Sturm und der kleine, kurz vor dem Bankrott stehende Buchladen Prospero Books in Los Angeles. Die junge Lehrerin Miranda Brooks staunt nicht schlecht über das einzigartige Vermächtnis ihres Onkels Billy. Schon immer hat er ihr Rätsel aufgegeben. Warum hat er ihrer Familie den Rücken gekehrt? Warum spricht ihre Mutter nie über ihn? Miranda folgt der Spur der Botschaften, die er für sie versteckt hat - und die sie nicht nur in die Welt der Bücher führt, sondern ihr Leben von Grund auf ändert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959677288
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum04.06.2018
Auflage1. Auflage
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2351336
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
EINS
Das letzte Mal, als mein Onkel mich besuchte, schenkte er mir einen Golden Retriever mit traurigen Augen und herzförmiger Nase. Ich hatte den Welpen nicht lange genug, um ihm einen Namen zu geben. Den einen Moment lief er noch kreuz und quer durchs Wohnzimmer und ließ mich auf die vielen Abenteuer hoffen, die wir gemeinsam erleben würden, den nächsten war er verschwunden. Genauso war es mit Onkel Billy. Eben hat er mir noch zum Abschied zugewinkt, während er im Rückwärtsgang aus der Einfahrt fuhr, dann sah ich ihn nie wieder.

Meine Mutter wollte nie einen Hund haben. Ich hatte sie angefleht und versprochen, jeden Tag mit ihm rauszugehen und sogar den Teppich zu reinigen, falls ein Malheur passierte, aber sie ließ sich nicht erweichen. Das hatte nichts mit dem Teppich oder den Schuhen zu tun, die der Hund auf dem Gewissen hatte. Und an der fehlenden Liebe lag es auch nicht. Mutter bezweifelte nicht, dass ich den Hund lieben würde. Sicher hätte sie ihn sogar selbst geliebt. Vielmehr ging es ihr bei einem Haustier, und das galt für sie in jeder Beziehung, um Verantwortung, nicht um Liebe. Ich war damals ein junger Teenager. Jungs und Freundinnen waren mir wichtiger als Taschengeld, wichtiger als Hunde und Familie. Immer wieder führten wir das gleiche Gespräch. Kein Hund. Ich wusste es.

Onkel Billy wusste es auch.

Der Hund war ein Geburtstagsgeschenk. Für meinen zwölften Geburtstag hatten meine Eltern eine Spielhalle gemietet, wo man sogar Baseballschläge üben konnte. Das war Anfang 1998 in Culver City. Wir feierten immer erst im Januar, weil ich kurz vor Silvester geboren worden bin.

Meine Freunde hatten sich hinter der Endbase versammelt und mich angefeuert, während ich noch mit dem Helm kämpfte und ängstlich den Schlagkäfig betrat. Mein Vater gab mir in letzter Minute noch ein paar Ratschläge - die Füße schulterbreit auseinanderstellen, den rechten Ellenbogen anheben -, und bestimmt hätte meine Mutter noch ihre übliche Warnung zum Besten gegeben, doch bitte vorsichtig zu sein, wenn sie nicht an den Servicetresen gegangen wäre, um zu telefonieren.

»Macht nichts, Miranda, du schaffst das«, sagte mein Vater, als ich beim ersten Schlag den Ball nicht getroffen hatte. Meine Mutter kam zurück und stellte sich an seine Seite, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Zum nächsten Schlag holte ich erst aus, als der Ball bereits an mir vorbeigeflogen war. »Inzwischen solltest du doch wissen, wie unzuverlässig er ist«, sagte mein Vater zu meiner Mutter. Dann rief er mir zu: »Du musst besser aufpassen, Miranda!«

»Er hat versprochen, zu kommen«, hörte ich meine Mutter flüstern.

»Lass uns jetzt nicht weiter darüber sprechen«, gab mein Vater leise zurück.

»Er sollte nichts versprechen, was er nicht halten kann.«

»Nicht jetzt, Suze.«

Ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, den Ellenbogen richtig zu halten und die Knie so zu lockern, wie mein Vater es mir beigebracht hatte, aber ihre tonlosen Stimmen lenkten mich ab.

Es gab nur einen Menschen, der meine Eltern zum Flüstern brachte.

Ich konnte es nicht ausstehen, wenn sie über Billy sprachen, als müssten sie mich vor ihm beschützen oder von ihm fernhalten. Ich wandte mich von der Maschine ab, die mir automatisch die Bälle entgegenschleuderte, und sah meine Eltern an, die am Käfig lehnten und sich böse anfunkelten.

Ich hörte den Aufprall, bevor ich ihn merkte.

Es knallte, und dann schien meine Schulter zu explodieren. Schreiend brach ich zusammen. Zwei weitere Bälle zischten an meinem Kopf vorbei. Mein Vater brüllte, jemand solle doch das Gerät ausschalten, als er und meine Mutter auch schon in den Käfig gerannt kamen.

»Alles in Ordnung, Süße?« Meine Mutter nahm mir den Helm ab und wischte mir die verschwitzten Haare aus der Stirn. Der Schmerz hatte mir den Atem verschlagen. Keuchend lag ich auf dem kalten Betonfußboden und konnte nicht antworten. »Miranda, sprich mit mir«, sagte sie eine Spur zu panisch.

»Alles in Ordnung«, presste ich hervor. »Wahrscheinlich brauche ich nur ein Stück Kuchen.«

Normalerweise hätten sie darüber gelacht, doch jetzt warfen sie einander nur besorgte und enttäuschte Blicke zu, als wäre allein Billy dafür verantwortlich, dass ich mir die Schulter geprellt hatte. Mit einem wütenden Schnauben, das sie an Vater richtete, stürmte meine Mutter an den Servicetresen, um den Geburtstagskuchen zu holen.

»Ist mit Mom etwas nicht in Ordnung?«, fragte ich meinen Vater, als wir sie am Tresen mit einem Teenager sprechen sahen.

»Nichts, was ein Stück Kuchen nicht richten kann«, sagte er und tätschelte mir den Kopf.

Nachdem der Kuchen verschlungen und der Eisbeutel, den ich mir meiner Mutter zuliebe an die Schulter drückte, geschmolzen war, sodass mir das Wasser vorne übers T-Shirt lief, ging ich mit meinen Freunden zu den Spielautomaten und ignorierte den stechenden Schmerz in meiner Schulter, während ich kleine Bowlingkugeln in eine Minibahn warf. Zwischen den Würfen sah ich zu meinen Eltern hinüber. Sie wischten gerade die letzten Krümel meines Geburtstagskuchens vom Tisch, wobei meine Mutter wie eine Furie über die Plastiktischdecke schrubbte, bis mein Vater sie an sich zog und in die Arme nahm. Er strich ihr übers Haar und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Ich konnte nicht verstehen, warum sie sich so aufregte. Schließlich blieb Billy oft weg, wenn er gesagt hatte, dass er kommen würde. Ich konnte mich nicht einmal erinnern, wann er zuletzt meinen Geburtstag mitgefeiert hatte. Wenn es in Japan oder Italien ein Erdbeben gab, saß er im erstbesten Flugzeug, zusammen mit anderen Seismologen, Ingenieuren und Soziologen. Meist hatte er nicht einmal die Zeit, uns über seine Abreise zu informieren. Doch statt enttäuscht zu sein, war ich stolz. Mein Onkel war ein wichtiger Mann. Er rettete Leben. Meine Mutter hatte mir beigebracht, ihn so zu sehen. Bei einem sonntäglichen Grillen, zu dem Billy nicht erschienen war, sagte sie: »Dein Onkel wollte kommen, aber es ist sein Job, die Welt in einen sicheren Ort zu verwandeln.«

Er war mein Superheld. Captain Billy, der die Welt nicht mit übermenschlichen Kräften rettete, sondern mit seinem Superhirn. Auch als ich schon zu alt war, um noch an Superhelden zu glauben, glaubte ich immer noch an Billy. Ich hatte angenommen, meine Mutter würde ebenfalls an ihn glauben, aber jetzt stand sie da und weinte, bloß weil er eine Geburtstagsparty verpasst hatte.

***

Meine beste Freundin Joanie, die an diesem Abend bei mir übernachten durfte, und ich gingen an diesem Abend früh zu Bett. Ich war schon fast eingeschlafen und in meine Traumwelt abgetaucht, als ich es an der Tür klingeln hörte. Es folgten leise Schritte und flüsternde Stimmen, die von unten im Haus nach oben drangen. Ich schälte mich aus dem Bett und huschte in den Flur. Von dort konnte ich meine Mutter an der Haustür stehen sehen, wie sie sich ihren Bademantel aus schimmerndem Satin um den schmalen Körper zog.

Vor der Tür stand Billy auf der Veranda.

Ich war im Begriff, die Treppe hinunterzulaufen und ihm in die Arme zu fallen. Eigentlich war ich schon zu groß dafür, aber wahrscheinlich würde ich ihn auch als erwachsene Frau noch so begrüßen und vor lauter Liebe praktisch erdrücken. Als ich die ersten Stufen genommen hatte, ließen mich die Worte meiner Mutter erstarren.

»Verdammt, was soll das? Es ist drei Uhr nachts.«

Ich blieb wie eingefroren stehen. Meine Mutter wurde nur selten laut. Fluchen kam für sie nicht infrage. »Du hast vielleicht Nerven, hier mitten in der Nacht aufzukreuzen und mir Vorwürfe zu machen. Du willst es echt wissen.«

Wie gelähmt stand ich oben am Treppengeländer. Die Wut meiner Mutter machte mir Angst. So hatte ich sie noch nie erlebt.

»Es war deine Entscheidung.« Sie versuchte, die Stimme zu dämpfen. »Hast du das kapiert? Ganz allein deine Entscheidung. Wage es ja nicht, das auf mich abzuwälzen.«

Billy wandte sich ab, während meine Mutter ihn erneut anschrie, zu welcher Uhrzeit er sich hier blicken ließ, bevor sie ihn Arschloch nannte und ihn dann mit »Narzisst« und einigen anderen Ausdrücken bedachte, die ich noch nicht kannte.

Als er mich oben an der Treppe entdeckte, waren seine Wangen gerötet, seine Augen glasig. Meine Mutter folgte seinem Blick. Als ich in ihr blasses Gesicht sah, wirkte sie plötzlich viel älter. Abwechselnd schaute ich zu ihr und meinem Onkel. Bei dem Streit ging es nicht um meinen Geburtstag. Etwas anderes musste passiert sein.

»Geh wieder zu Bett, Süße«, rief meine Mutter zu mir hoch. Als ich nicht gleich reagierte, bat sie mich erneut darum.

Blitzartig zog ich mich in mein Zimmer zurück, verstört und auf eine unerklärliche Weise auch peinlich berührt von dem, was ich gesehen hatte.

Joanie drehte sich um, als sie mich neben ihr ins Bett kriechen hörte.

»Wie spät ist es?«

»Nach drei.«

»Warum kommt jemand noch so spät?«

»Keine Ahnung.«

Sie rollte sich zusammen und murmelte etwas Unverständliches. Ich konnte nicht wieder einschlafen. Immer wieder gingen mir die Worte meiner Mutter durch den Kopf.

Verdammt.

Arschloch.

Du hast vielleicht Nerven.

Wage es ja nicht, das auf mich abzuwälzen.

Es war deine Entscheidung.

Die Sonne schien durch die Vorhänge, als die Dämmerung der Morgenröte wich. Ich hatte die ganze Nacht wach gelegen, ohne zu verstehen, für welche Entscheidung...
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Autor

Amy Meyerson unterrichtet kreatives Schreiben an der University of Southern California und hat in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht. "Ein Himmel voller Bücher" ist ihr erster Roman.