Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Erpressung auf Krankenschein

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am28.04.20171. Auflage
Daß ein feinfühliger Kunstprofessor, der mit Sport nichts im Sinn hat, sich ausgerechnet mit einer Hantel erschlägt, das glaubt wirklich keiner. Nicht einmal die Polizei. Zudem zeigen Papiere aus dem Schreibtisch des Toten, daß er nebenbei eine höchst unschöne Kunst pflegte: Erpressung. Man glaubt, den Täter schon gestellt zu haben, als die ganze Geschichte eine unglaubliche Wendung nimmt ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Richard Barth ist ein US-amerikanischer Krimi-Autor, dessen bekannteste Reihe von einer amerikanischen Version der Miss Marple handelt. Ähnlich wie ihr Vorbild, ermittelt auch die rüstige Margaret Binton gerne auf eigene Faust - und das vorzugsweise in ihrer Heimatstadt New York.
mehr

Produkt

KlappentextDaß ein feinfühliger Kunstprofessor, der mit Sport nichts im Sinn hat, sich ausgerechnet mit einer Hantel erschlägt, das glaubt wirklich keiner. Nicht einmal die Polizei. Zudem zeigen Papiere aus dem Schreibtisch des Toten, daß er nebenbei eine höchst unschöne Kunst pflegte: Erpressung. Man glaubt, den Täter schon gestellt zu haben, als die ganze Geschichte eine unglaubliche Wendung nimmt ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Richard Barth ist ein US-amerikanischer Krimi-Autor, dessen bekannteste Reihe von einer amerikanischen Version der Miss Marple handelt. Ähnlich wie ihr Vorbild, ermittelt auch die rüstige Margaret Binton gerne auf eigene Faust - und das vorzugsweise in ihrer Heimatstadt New York.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105617571
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum28.04.2017
Auflage1. Auflage
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1060 Kbytes
Artikel-Nr.2362884
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Halten Sie mich ruhig für verrückt. Ich bin griechischer Abstammung und bildete mir eine Ewigkeit lang ein, Whiskey würde nur in Bars, nicht aber in feinen Restaurants »abgeschüttet«. Gekellnert habe ich irgendwann mal vor zwanzig Jahren für Onkel Sam, und der zahlte sehr viel besser als mein Onkel Spiros oben in der Bronx. Doch damals hatte der gute Onkel seine Bude, die er treffend »Spiros« nannte, gerade erst aufgemacht und konnte sich nicht mehr als fünfzig pro Woche und einen Haufen altbakkener Donuts leisten. Onkel Sam hingegen zahlte das Doppelte, gab drei ordentliche Mahlzeiten am Tag dazu und uns die Chance, die Welt zu sehen. Als Küchenhilfe in der Bronx wäre ich wohl besser dran gewesen, aber wer konnte damals schon wissen, daß aus Spiros´ Bude das Restaurant Akropolis mit Privatparkplatz für vierzig Autos werden würde?

Aufgewachsen bin ich in Staten Island; dort hatten sich meine Eltern, die aus einem kleinen Dorf bei Athen stammten, Ende der vierziger Jahre niedergelassen. Eines mußte man Staten Island in den Vierzigern und Fünfzigern lassen: es war das echte Amerika. Weiträumig, fleißige Menschen, wenig Neon, kaum Kriminalität. Autoritätspersonen wurden respektiert, und ganz besonders wichtig war ein Mann in einer blauen Uniform. Zurück aus Vietnam, wurde ich erst einmal von einem Taxifahrer aus Pakistan übers Ohr gehauen. Zwei Jahre im Feld, sagte ich mir, und jetzt das? Ich war so sauer, daß ich innerhalb einer Woche beschloß, Polizist zu werden. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte, und ich war auch achtzehn Jahre dabei - bis zu dem Vorkommnis.

Es passiert wohl jedem Polizisten einmal etwas. »Vorkommnis« bedeutet - höflich gesagt -, daß man Scheiße gebaut hat. Jemandem, der Streife geht, kann das auf hunderterlei Weise passieren, und wenn man Glück hat, kommt man unbeschadet davon. Hat man Pech, verzieht sich der andere, und für einen selbst tritt die Krankenversicherung in Kraft oder die Sterbekasse. Ich hatte bei meinem Vorfall Glück. Der Haken war nur, daß der andere die Waffe, die er anscheinend ziehen wollte, nicht hatte, und daß ich zu früh abdrückte. Was in den Tunnels von Vietnam klappte, war in einem New Yorker Ghetto eindeutig nicht angebracht.

Wäre dies mein erster Todesschuß im Dienst gewesen, hätte man die Sache vielleicht nicht ganz so ernstgenommen, aber ich hatte nun schon zum dritten Mal in meiner achtzehnjährigen Dienstzeit mit tödlicher Folge abgedrückt. Bei den ersten beiden Malen war ich allerdings nicht allein gewesen, und meine Kollegen hatten mir Rückhalt gegeben. Wie aber sollte ich wissen, daß der Junge Chefredakteur einer Schulzeitung war? Eine Waffe fand man bei ihm nicht, wohl aber Crack, das er dealte, doch das nützte mir auch nichts.

Die Lokalzeitungen bekamen Wind von meinen ersten beiden Todesschüssen und brachten sie groß heraus. Ich erkannte rasch, daß Fakten wie Huren in einer Bar sind - sie gehen mit jedem, solange der Preis stimmt. In diesem Fall war der Preis mein Kopf, und am Ende bekamen die Presse und die öffentliche Meinung auch, was sie wollten. Ich wurde »bis auf weiteres vom Dienst suspendiert«, und die Herren im Präsidium machten mir keine großen Hoffnungen auf eine Wiedereinstellung. Nach einer Weile gab mir Everett Barnet, der Präsident, über andere Mitarbeiter zu verstehen, ihm seien die Hände gebunden - Politik und so. Man ließ mich also ganz offiziell im Stich.

Vom Dienst suspendiert, das ist ein Übergangsstadium ohne absehbares Ende. So etwas kann Jahre dauern, und in der Zwischenzeit kommt kein Gehalt und auch nichts in die Kranken- und Pensionskasse. Die Entscheidung lag bei mir, doch ich gab nicht auf. Die Alternative wäre der Verzicht auf das Altersruhegeld gewesen, das ich mir in zwei Jahren verdient gehabt hätte, und das endgültige Ausscheiden aus dem Dienst. Achtzehn Jahre lang war der Dienst mein Leben gewesen; dem konnte ich nicht einfach den Rücken kehren. Ich biß also die Zähne zusammen und hielt durch, während in der Sache »ermittelt« wurde - und das nun schon seit einem guten Jahr. Meine Kollegen rieten mir, weiter auszuhalten, bald gäbe es einen Durchbruch. Meinten die vielleicht mein Magengeschwür?

Meine Frau Helen, Kassiererin im Akropolis, sagt, ich solle mir keinen Kummer machen. Unser Sohn Hector geht aufs Gymnasium, redet vom Studium, und da soll ich mir keine Sorgen machen? Aber Helen war schon immer optimistisch gewesen, und diesen Zug hatte ich von Anfang an attraktiv an ihr gefunden. Wir lernten uns 1974 kennen, das war das Jahr, in dem Nixon zum Rücktritt gezwungen wurde. Auf dem Höhepunkt des Watergate-Skandals. Als es Tag für Tag neue Enthüllungen über unsere korrupte Regierung gab, beruhigte sie mich und meinte, es würde schon alles gut werden. Wir warteten also ab, und obwohl Ford seinen kriminellen Vorgänger begnadigte, schien sich die Lage tatsächlich zu bessern. Die Bikinis wurden immer knapper. Die Menschen wurden lockerer, das Leben ging weiter. Für Helen ist ein Glas nicht halb leer, sondern halb voll, und so sieht sie auch das Leben.

Als deutlich wurde, daß meine Suspendierung nicht über Nacht beendet werden würde, schlug Helen mir vor, zu Onkel Spiros zu gehen. Ich schluckte meinen Stolz und suchte den alten Griesgram auf, bekam Kaffee und einen frischen Donut und die Eröffnung zu hören, seine Geschäfte gingen schlechter denn je. »Natürlich, wenn du hinten spülen willst«, meinte er. Wenn ich diesen miesen Job annehme, schmeiß ich ihm sein ganzes Geschirr kaputt, dachte ich stinkwütend.

Und so kam es, daß ich im St. Bartletts College einen einigermaßen akzeptablen Job erhielt. Ich trage jetzt graue Hosen, eine blaue Krawatte und einen weinroten Blazer mit der Dienstmarke, Nummer 8079. Die Marke ist zu glanzvoll poliert und auf der Schulter steht St. Bartlett´s Security Service, nicht wie bisher NYPD, das Kürzel der New Yorker Poliżei. Eine Waffe habe ich nicht, aber wenigstens ein Sprechfunkgerät, über das ich mit der Zentrale und meinem Schutzengel Verne Newton verbunden bin.

Wir zwei kennen uns schon lange, und unser Verhältnis war immer seltsam gewesen. Verne, hundert Kilo schwer, schwarz und ehemaliger Football-Spieler, kümmerte sich um den unerfahrenen Streifenbeamten Kostas Agonomou, 70 Kilo leicht, weiß und total naiv. Ich fand bald heraus, daß die Straßen von New York so gefährlich waren wie die brennenden Felder von Vietnam. Zwei Jahre lang zeigte er mir, wo es langging; dann wurde er zum Lieutenant befördert und ins Präsidium versetzt. »Vater-Sohn-Beziehung« hätte ein Psychologe gesagt, aber in Wirklichkeit war Verne mit 54 gerade mal zehn Jahre älter als ich. Im Laufe der Jahre sah ich ihn hin und wieder auf Versammlungen, und alle sechs Monate luden er und seine Frau uns zum Abendessen ein. In letzter Zeit war mir aufgefallen, daß wir bei diesen Anlässen drei Flaschen Wein tranken, aber große Gedanken hatte ich mir darüber nicht gemacht. Dann aber hörte ich von einem Lieutenant, daß Verne in Pension geschickt worden war - wegen Trunkenheit im Dienst. Ein paar Mal nahm ich mir vor, ihn anzurufen, kam aber doch nie dazu.

Und nun erfuhr ich, daß er bei St. Bartlett´s einen Job als Chef des Sicherheitsdienstes ergattert hatte. Für Cops ist das so eine Art goldener Fallschirm. Es ist bei den Kollegen allgemein bekannt, daß im Privatbereich sehr gerne ehemalige Polizisten eingestellt wurden. Verne, der Frontkämpfer gegen das Verbrechen, nahm sich an diesem zahmen College aber wie der Hai im Goldfischteich aus.

Er erledigte seine Arbeit ordentlich, wenngleich ohne großen Enthusiasmus; immerhin mußte er sich zu neunzig Prozent mit Fundsachen, Bagatelldiebstählen und Türkontrollen beschäftigen. Verne brachte also sein Leben in Ordnung, trank weniger, und als er von meinen Problemen hörte, bot er mir eine Stellung an. Das möge Gott ihm vergelten; zu diesem Zeitpunkt hatte ich nämlich gerade die Wahl zwischen Taxifahren oder Tellerwaschen bei Spiros.

Zehn Monate war das nun her. Inzwischen bin ich seine rechte Hand bei der Leitung der zwanzigköpfigen Abteilung. Er thront über allem und bestimmt, wer wo eingesetzt wird, und ich prüfe dann nach, ob die Leute auch auf ihren Posten sind. Außerdem gehe ich ans Telefon, wenn Verne mal Pause macht - ein simpler, langweiliger Job also. Aufregend wird es nur am Freitag, wenn der Lohnscheck kommt.

Gut die Hälfte meiner Zeit verbringe ich auf Streife in den Korridoren, derer es viele gibt. Das ganze Anwesen besteht aus sechs Gebäuden mit über sechzig Geschossen und nimmt in Brooklyn zwei Häuserblocks ein. Verstecke gibt es genug für ein ganzes Bataillon bewaffneter Guerillas. Da die Studenten St. Bartlett´s überwiegend zum Lernen und nicht zum Blutvergießen besuchen, ist unsere tägliche Routine recht entspannt. Auf meinen Streifengängen prüfe ich Türen, rede mit Studenten und Dozenten, und hin und wieder stelle ich mich einfach nur an den Hauseingang. Außerdem soll ich als stabilisierende »Präsenz« wirken. Im großen und ganzen also habe ich einen ruhigen Posten und kann viel spazierengehen. Das College hat mehr als fünfzehn Fakultäten, jede mit Hörsälen, Laboratorien, Ateliers, Dunkelkammern und Computerräumen, ganz zu schweigen von den Turnhallen und den Räumen fürs Krafttraining, den Restaurants, Auditorien und Spielsälen. Wie eine kleine Stadt mit gut ausgelasteten Fabriken, die Bildung produzieren, ist das Ganze. Wer weiß, vielleicht färbte etwas davon auf mich ab? Ich lerne nämlich gerne jeden Tag etwas Neues.

Vor einem Monat erfuhr ich, daß Verne entlassen werden sollte. Hap Wilson,...
mehr

Autor

Richard Barth ist ein US-amerikanischer Krimi-Autor, dessen bekannteste Reihe von einer amerikanischen Version der Miss Marple handelt. Ähnlich wie ihr Vorbild, ermittelt auch die rüstige Margaret Binton gerne auf eigene Faust - und das vorzugsweise in ihrer Heimatstadt New York.