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Schmetterlingswochen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am12.03.2018
Die Magie der Schmetterlinge
Als die 17-jährige Gloria im Sommercamp zum ersten Mal auf Mason trifft, hält sie ihn für einen egozentrischen Schwachkopf. Überhaupt, wo ist sie hier bloß gelandet, wenn ihr gemeinsamer (anonymer!) Literatur-Dozent sie auf seltsame Schnitzeljagden schickt? Doch was turbulent beginnt, wird zu einem unvergesslichen Sommer der überraschenden Freundschaften und der beflügelnden Selbstfindung.

Sarah Combs gibt Schreibseminare an einem gemeinnützigen Literacy Center in Lexington, Kentucky, wo sie mit ihren zwei kleinen Söhnen, zwei pazifistischen Jagdhunden und ihrem Mann lebt, den sie in einem Sommercamp kennengelernt hat, das durchaus gewisse Ähnlichkeit mit dem aus Schmetterlingswochen hat. Bevor sie begann, Seminare zu geben, hat sie als Lateinlehrerin und Bibliothekarin gearbeitet.
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Produkt

KlappentextDie Magie der Schmetterlinge
Als die 17-jährige Gloria im Sommercamp zum ersten Mal auf Mason trifft, hält sie ihn für einen egozentrischen Schwachkopf. Überhaupt, wo ist sie hier bloß gelandet, wenn ihr gemeinsamer (anonymer!) Literatur-Dozent sie auf seltsame Schnitzeljagden schickt? Doch was turbulent beginnt, wird zu einem unvergesslichen Sommer der überraschenden Freundschaften und der beflügelnden Selbstfindung.

Sarah Combs gibt Schreibseminare an einem gemeinnützigen Literacy Center in Lexington, Kentucky, wo sie mit ihren zwei kleinen Söhnen, zwei pazifistischen Jagdhunden und ihrem Mann lebt, den sie in einem Sommercamp kennengelernt hat, das durchaus gewisse Ähnlichkeit mit dem aus Schmetterlingswochen hat. Bevor sie begann, Seminare zu geben, hat sie als Lateinlehrerin und Bibliothekarin gearbeitet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641160920
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum12.03.2018
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1223 Kbytes
Artikel-Nr.2363389
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Ins kalte Wasser

Die Schmetterlinge zeigten sich zum ersten Mal in der Nacht, bevor ich ins Strebercamp fuhr. Der erste tauchte völlig unerwartet auf: ein blauer Bote aus einer anderen Welt, der auf der Windschutzscheibe des röchelnden Chrysler LeBaron, den ich erst vor ein paar Monaten von meiner Großmutter geerbt hatte, seine Flügel hob und senkte. Carol saß neben mir auf dem Beifahrersitz, und als ich sie am Knie anstupste und darauf deutete, rückte sie ihre Sonnenbrille nur ein Stück nach vorne, starrte den Schmetterling an, als könnte er eine ansteckende Krankheit übertragen, und meinte: »Die sind überall, Glo. Es ist eine richtige Plage.«

Danach begann ich, die blauen Schmetterlinge auf einmal allerorten zu entdecken, wohin ich auch sah - ein bisschen wie wenn man ein neues Wort aufschnappt und es einem plötzlich ständig über den Weg läuft.

Allerdings kann ich mich nicht erinnern, wann ich mal nicht nach Zeichen Ausschau gehalten hätte. Mit zwölf schlich ich zum Beispiel in regelmäßigen Abständen auf Zehenspitzen zu unserem mondbeschienenen Briefkasten hinaus, weil ich allen Ernstes erwartete, darin (um Mitternacht an einem x-beliebigen Dienstag!) einen Liebesbrief in ägyptischen Hieroglyphen oder eine Einkaufsliste in der zittrigen, unleserlichen Handschrift des Geists von Boo Radley zu finden. Gebt mir einen Glückskeks, einen Magic-8-Ball, eine Blaue-Schmetterlings-Plage und ich erkenne darin hundertpro irgendeine dringende Botschaft des Universums. Fragt Carol: Ihr zufolge bin ich eine Meisterin in der Kunst der geheimen Kommunikation, aber die volle Nullcheckerin, wenn abzusehen ist, dass sich wirklich was zusammenbraut. Was im Strebercamp geschah? Genau das. Ich habe es null kommen sehen, nicht mal ansatzweise.

Dieser erste magische blaue Schmetterling blieb die komplette Fahrt bis zum Dairy-Queen-Schnellimbiss auf der Windschutzscheibe des Münchs sitzen. Das ist eine Erfindung von Carol: der Münch wie in LeBaron - der Baron - von Münchhausen. Carols Vater ist Psychologe, deshalb spricht sie immer über Zeug wie das Münchhausen-Syndrom. Sie hat schon Diagnosen für unsere halbe Klasse erstellt, und das Münchhausen-Syndrom ist allem Anschein nach das, was Sophie Allen hat, weil sie ständig Krankheiten vortäuscht, um sich vor dem Sportunterricht zu drücken. Laut Carol bin ich ziemlich normal, habe aber einen Hang zur Übertreibung und sollte an meiner Impulskontrolle arbeiten. Impulskontrolle? Im Ernst? Wir saßen gerade mal zehn Minuten im Auto, und Carol hatte ihrem Freund Oscar, der wie ein kubanischer Halbgott aussieht, mindestens 4000 SMS geschrieben.

Nicht zuletzt deshalb konnte ich es kaum erwarten, dass das Strebercamp losging: Ich war verpflichtet, meinen ganzen Kommunikationstechnikkram abzugeben, wenn ich dorthin ging. Laut der Hochglanzbroschüre verfolgt das Strebercamp das Konzept, Kentuckys »hellsten und klügsten Köpfen« unter den angehenden Zwölftklässlern einen Vorgeschmack auf das Collegeleben zu vermitteln. Deshalb muss man sich auch einen Kurs aussuchen und all so was. Erst habe ich mit Forensik geliebäugelt (zu unappetitlich), dann kurz über Theaterwissenschaften nachgedacht (zu naheliegend), um mich schließlich als erste Wahl für den Kurs mit dem kryptischen Titel Geheimnisse des geschriebenen Wortes einzuschreiben. Der Kursleiter - ein Typ namens Dr. Weston A. Xavier - hatte in der Hochglanzbroschüre keinerlei Infos über seinen Kurs zur Verfügung gestellt. Nichts als ein Titel und ein Name, hier ankreuzen und gut. Dieser mysteriöse Mangel an Informationen war es, der letztendlich den Ausschlag gab. Ich kreuzte das Kästchen an, schickte meine Bewerbung weg und hoffte auf etwas Wunderbares. Dr. Weston A. Xavier enttäuschte mich nicht: Mehrere Wochen später erhielt ich einen Brief in wunderschöner Handschrift, der sogar mit echtem Wachs versiegelt war.

Liebe Teilnehmer,

ich freue mich darauf, euch im Juni begrüßen zu dürfen. Bevor wir loslegen, habe ich aber noch eine Bitte, nämlich dass ihr jegliche Laptops, Handys und auch alle sonstigen technischen Spielereien, mit denen ihr euch einloggen und abtauchen könnt, zu Hause lasst. Das ist nicht leicht, aber ich ersuche euch, euch dieser Herausforderung zu stellen. Wir verfahren nach dem Ehrenkodex, und ich vertraue darauf, dass es funktioniert. Mit eurer Unterschrift verpflichtet ihr euch vertraglich, für die Dauer unserer vierwöchigen Zusammenarbeit auf eure Gerätschaften zu verzichten. Nehmt ein Notizbuch und etwas zum Schreiben mit, mehr braucht ihr nicht.

Mit besten Grüßen

X.

»Das klingt verdammt nach Verschwörung«, war Carols Kommentar, als ich ihr den Brief gezeigt hatte. »X? Er nennt sich X?«

»Nicht mal Doctor X. Nur X.«

»Was für ein Depp«, murmelte Carol und ließ elegant die Finger über ihr Smartphone gleiten.

»Online ist überhaupt nichts über einen Weston A. Xavier zu finden«, informierte ich sie. »Es ist ein Pseudonym, Carol, hallo?« Ich musste zugeben: Ich war fasziniert.

»Oh, Verzeihung«, sagte Carol. »Mr Pseudonymus X natürlich. Mr Prätentiöses Monogramm. Klingt wie ein geheimes psychologisches Experiment, bei dem irgendein Kerl, der vermutlich voll der Perversling ist, abchecken will, ob ihr es ohne den Sog überhaupt aushaltet.«

Der Sog: Das ist Carol-Sprech für TumblTwittFaceGram, wo sie im Grunde genommen ihr Leben zubringt, abgesehen von ein paar kurzen Abstechern zur Schule, zum Ballettstudio und zu Dairy Queen.

»Wer sagt, dass er ein Perversling ist? Wahrscheinlich ist er nur ein einsamer, frustrierter Kerl vom Typ J. Alfred Prufrock, der lieber in Yale unterrichten würde statt in irgendeinem pseudoakademischen Provinz-Highschoolcamp.«

»Ich meine ja nur«, sagte Carol und schwenkte den Brief vor meiner Nase hin und her. »Vielleicht ist das deine goldene Eintrittskarte, und - oh, warte mal, oh mein Gott! - wenn du es schaffst, einen Monat lang die Finger von deinem Handy zu lassen, gewinnst du am Ende eine Schokoladenfabrik!«

Ich verdrehte die Augen. Verschwörung hin oder her - ich freute mich auf eine Auszeit vom ständigen Rummel der modernen Technologie. Erstens bin ich im Sog eher eine Art stiller Beobachter als ein aktiver Teilnehmer. Für mich ist das wie die Büchse der Pandora: Es stellt eine ständige Bedrohung für mein Seelenheil dar. Zweitens habe ich die schlechte Angewohnheit, kleine, teure Dinge zu verlieren oder kaputt zu machen (meine Zahnspange, meine Kontaktlinsen), sodass ich, als ich schließlich auf Drängen meines paranoiden Vaters nachgegeben und mir zwecks unvorhersehbarer Notfälle ein Handy habe aufschwatzen lassen, mit etwas bedacht wurde, was das Mobiltelefonäquivalent zu einem Jurassicpark-Dinosaurier darstellt. Und die berühmt-berüchtigten unvorhersehbaren Notfälle? Bis jetzt ist noch keiner eingetreten. Bislang hat sich der Dinosaurier nicht als Lebensretter erwiesen, sondern als bessere Nabelschnur, die mich mit mehr Lärm und Wirrwarr verbindet, als mir lieb ist. Drittens: Es ist mir körperlich unmöglich, SMS nicht in vollständigen Sätzen und Wörtern abzufassen, die all ihre naturgegebenen Buchstaben enthalten. Bis ich auf, sagen wir mal, eine dringende SMS von Carol (»omg, haste gehört?????????«) in meiner mühsamen, umständlichen Art mit korrekter Großschreibung und sorgfältiger Interpunktion eine Antwort reingehackt habe (»Nein. Habe ich etwas verpasst? Erzähl doch mal!«), schickt Carol mir in der Zwischenzeit schon immer circa drei noch dringlichere Nachrichten. Ich komme mit Latein klar, ich kann den lieben langen Tag amo, amas, amat rauf- und runterbeten, aber in SMSisch bin ich ein Totalausfall und hinke ständig hinterher.

Egal. Ich hatte noch ein paar kostbare Stunden vor mir, bis ich mich für vier Wochen X und dem technikfeindlichen Leben ergeben musste. Carol und ich futterten unser Blizzard-Eis im Münch. Das Faltdach war offen, und das Sonnenlicht, das schräg durch die Bäume fiel, wurde langsam weich und warm wie Honig - genau jene Art Licht, die einen nostalgisch stimmt und Dinge vermissen lässt, die noch nicht mal vorbei sind. Das war unser Abschiedstrip zu Dairy Queen, denn Carol würde schon ganz bald zu ihrem eigenen Sommerabenteuer aufbrechen, einer wahnsinnig elitären Ballettschule in New York City.

»Weißt du«, meinte Carol mit nachdenklicher Stimme, »in New York kann man früh um vier ein Riesensandwich oder ein ugandisches Gemüseomelett oder sonst was auf der Straße kriegen, aber ich glaube nicht, dass es dort Dairy Queen gibt.«

»Echt jetzt?«

»Echt jetzt. Kein Blizzard-Eis.«

»Geht ja gar nicht. Vielleicht muss ich mir das mit New York noch mal überlegen.«

Carol schob sich mit Nachdruck die Sonnenbrille in die Haare und warf mir einen scharfen Blick zu. »Du überlegst dir das nicht noch mal, Glo. Wenn du dich echt von diesem Stipendium ködern lässt, dann ... dann ... keine Ahnung, was ich dann mache. Sterben vielleicht?«

»Du wirst nicht sterben und ich werde das Stipendium nicht annehmen.«

Carol verengte die Augen und suchte in meinem Gesicht nach Anzeichen von Halbherzigkeit. »Versprochen?«

»Versprochen.«

»Gut. Denn, meine Liebe, der große Plan steht. Der große Plan übertrumpft das Stipendium. Wenn nötig, werde ich dir das ins Gesicht tätowieren.«

Das Stipendium, das Stipendium. Ständig lagen mir alle damit in den Ohren und ich hatte es dermaßen satt, darüber zu reden, dass ich hätte schreien können. Es ist nämlich so, dass ein Platz im staatlich...

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Autor

Sarah Combs gibt Schreibseminare an einem gemeinnützigen Literacy Center in Lexington, Kentucky, wo sie mit ihren zwei kleinen Söhnen, zwei pazifistischen Jagdhunden und ihrem Mann lebt, den sie in einem Sommercamp kennengelernt hat, das durchaus gewisse Ähnlichkeit mit dem aus Schmetterlingswochen hat. Bevor sie begann, Seminare zu geben, hat sie als Lateinlehrerin und Bibliothekarin gearbeitet.